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Von Inge Steinmetz – Satirikerin·
Hallo Frau Bundeskanzlerin, ich bin blond und habe wieder – immer noch – Fragen. Kennen Sie den Begriff „Scherbengericht“? Nein, hat nichts mit einem Dienstessen zu tun. Oder vielleicht doch?
Das „Scherbengericht“ war in der Antike ein Verfahren, unliebsame oder zu mächtige Bürger aus dem politischen Leben einer Stadt zu entfernen. Als Stimmzettel wurden Tonscherben verwendet, auf die die Teilnehmer des „Gerichtes“ den Namen einer unliebsamen Person schrieben.
Ich kann so etwas nur an einem einfachen Beispiel erklären. Nehmen wir mal an, es gäbe in Ihrem direkten Umfeld eine unliebsame Person, die Sie unbedingt loswerden wollen. Diesen Namen könnten SIE dann zum Beispiel auf die Scherbe schreiben. Nehmen wir also an, Sie treffen sich mit ihren Kollegen Andrea und Horst, jeder zerdeppert etwas vom guten Geschirr und nun darf jeder einen Namen auf eine der entstandenen Scherben schreiben. Drei ist eine gute Zahl, denn es muss eine Mehrheit geben, um zu einem eindeutigenErgebnis zu kommen. Viel können musste schon in der Antike niemand, der an solch einer Abstimmung beteiligt war, nur einigermaßen der Schrift mächtig sein, das war erwünscht. Zur Not kann es aber auch der Steffen für Sie tun. Merkt doch keiner!
Sie und Andrea haben nun auf Ihre Scherbe rein zufällig „Hans-Georg“ gekrotzelt, beim guten Horst steht „Angela“ drauf! Manchmal sind auf solchen Scherben auch unfreundliche Bemerkungen zugefügt, also so, als wenn zum Beispiel Andrea zufügen würde: „Hans-Georg sagt die Wahrheit, dem kann man nicht vertrauen!“ Oder Sie vielleicht: „Hans-Georg sagt, dass ich lüge, das geht ja gar nicht!“ Horst kann wenigstens noch durchsetzen, dass Hans-Georg zwar gehen muss, aber finanziell und öffentlich nicht ganz so dumm aus der Wäsche schaut. Es ist bekannt, dass erfolgreiche Leute ein Problem mit dem Räumen des Sessels haben, also bietet man ein höheres, besser bezahltes Amt an, und schon sind alle zufrieden, kommen auf keine dummen Gedanken.
Solch ein Scherbengericht unterscheidet sich von einem normalen Gerichtsverfahren, geht schnell, ist kostengünstig. Jeder weiß, dass Sie jeden Cent zweimal umdrehen, bevor Sie ihn einmal ausgeben. Man stelle sich vor, Hans-Georg würde vor ein Arbeitsgericht gehen und Sie verklagen. Verursacht enorme Kosten und lässt Ihre Zeit nicht zu. Sie werden gebraucht in den Krisengebieten dieser Welt, als Retterin von Afrika und Friedensstifterin im Nahen Osten.
Pech, dass Andrea jetzt zuhause Ärger bekommen hat, weil sie das gute Geschirr klein geschlagen hat und statt die Scherben zu kleben nun auch noch die letzten Teile aus dem Schrank geholt hat – wir wissen alle wie emotional Andrea ist! Sollte es mal zu einem Scherbengericht kommen, bei dem Andrea gehen müsste, dann wird sie wohl im EU-Parlament durch Abwesenheit glänzen dürfen. Vielleicht macht sie aber auch mit Maddin eine Nacktbar auf, da braucht man kein Porzellan, nur Gläser.
P.S. Es gibt übrigens eine Anekdote über Aristeides, der auf die Bitte eines Mannes dessen eigenen Namen auf die Scherbe geschrieben haben soll. Vielleicht sollten Sie mal mit Steffen reden!