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Von Niki Vogt * („Die Unbestechlichen“)
Nach der Bayernwahl ist vor dem Koalitionskarussell. Die Zeiten, in denen die CSU selbstverständlich allein regierte und niemanden brauchte, sind vorbei. Das war die schmerzhafteste Wahlniederlage seit 50 Jahren. Zehn Prozent verloren die Christsozialen und sehen sich jetzt in der Verlegenheit, eine Braut zu suchen, mit der sie doch noch eine Regierung Bayerns hinbekommen. Nur sind sie nicht in der Situation des „Rich Daddy“, sondern der Brautwerber sieht ziemlich gerupft aus und hat ein blaues Auge. Das wird in keinem Falle eine Liebesheirat.
Die SPD ist derartig vom Wähler zusammengeprügelt worden, dass ihr die Lust auf das Ehebett mit der CSU vergangen ist. Die FDP hat nur gerade eben so den Einzug in den Landtag geschafft. Sie wird die CSU nicht rausreißen können, vielleicht aber der Dritte im Bund sein. Bleiben also die Grünen, die Freien Wähler und die AfD.
Was tun? Die Grünen, das ist klar, sind inhaltlich so gar nicht kompatibel mit der CSU. Das wissen beide. Und jeder würde unter Stress stehen. Die CSU müsste die Interessen der Grünen respektieren und würde bei der nächsten Wahl noch mehr Watsch’n einfangen. Schon die jetzige Einbuße ist der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit des Herrn Seehofer gegenüber der Kanzlerin sowie der Rücksichtnahme für den ungeliebten „Sozi“-Partner geschuldet. Der bodenständige Bayer außerhalb Münchens hält nicht viel von Linken und auch nichts von der Kanzlerin. Die Grünen sind nun noch einen Tacken linker. Das würde eine konfliktträchtige Partnerschaft werden.
Die AfD ist der Feind. Und der schärfste Konkurrent. Mit denen „redt mo scho glei goar ned“. Die 10 Prozent, die die AfD aus dem Stand erreicht hat, sind wahrscheinlich zu einem Großteil entnervte CSU- und ein paar SPD-Wähler.
Bleiben also die freien Wähler. Deren Zuwachs speist sich auch zum Teil aus den frustrierten Wählern der ehemals unangefochtenen Volksparteien, nur wollen diese nicht gleich die AfD wählen, sondern trauen sich, für den Anfang, mal vorsichtig an die FW heran, deren Programm dem der CSU aber auch der AfD nicht unähnlich ist. Darüberhinaus haben sich die Freien Wähler durch ihre bürgernahe Arbeit und ihr Engagement für die echten Probleme und Sorgen im Land einen guten Ruf erworben und das Vertrauen der Bevölkerung. Diese Leute, so sehen es ihre Wähler, sind an Lösungen und dem Allgemeinwohl interessiert, pragmatisch, unideologisch und unvoreingenommen.
Darum gab der Parteichef der als „konservativ“ apostrophierten Freien Wähler auch gleich der mit Blumenstrauß vor seiner Tür werbenden CSU eine Kröte zu schlucken: Noch vor den Koalitionsgesprächen mit der CSU machte Hubert Aiwanger (FW) klar, dass er mit allen Parteien reden werde, auch mit der AfD. Es müsse „das Ziel sein, unter allen Parlamentariern einen Grundkonsens zu pflegen“.
Wie schön, da hat jemand das Prinzip der parlamentarischen Demokratie verstanden.
Die Reaktion der CSU auf diese Ansage steht noch aus. Begeisterung wird sie nicht auslösen. Doch die CSU ist nicht in der Situation, allzu wählerisch sein zu können und die AfD ist auch in der neuen Parteienlandschaft kaum noch zu marginalisieren. Man wird lernen müssen, sie ernst zu nehmen.
Die Freien Wähler sind nicht nur der unkompliziertere Partner, von dessen Volksnähe ein Abglanz auf die CSU abfärben könnte, sie gehen auch ein Risiko ein. Die CSU wird im Laufe der Zusammenarbeit versuchen, die besten Leute aus der Partei der Freien Wähler abzuwerben. Die Erfolgsaussichten sind nicht schlecht, denn hat man einmal die Annehmlichkeiten eines Abgeordneten, eines schönen Gehaltes als Staatssekretär oder gar eines Ministerpostens gekostet, wird man wahrscheinlich schon offen für einen weiteren Karrieresprung sein.
Diese Gefahr des Auswaidens der FW sieht auch ihr Gründer und Ehrenvorsitzender Armin Grein. Er warnte sogar offen, insbesondere vor Markus Söder: „Bisher war es immer so: Wenn sich eine Partei als Koalitionspartner mit der CSU ins Bett gelegt hat, lag sie nicht sehr lange dort, sondern wurde von der CSU aufgefressen.“ So sei es sowohl der FDP als auch der Bayernpartei ergangen. Herr Grein schätzt den versierten Taktierer und Politiker Söder „vom Naturell wie vom politischen Agieren“ her als „zumindest ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen“ gegenüber Aiwanger ein und riet diesem, sich „keinesfalls über den Tisch ziehen zu lassen“.