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Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist *)
In Deutschland geht das Jahr des hektischen Stillstandes zu Ende. Seit den Bundestagswahlen im September 2017 war die deutsche Politik geprägt durch langwierige Koalitionsverhandlungen, Seitenwechseln sowie durch Streitereien in der umstrittenen GroKo. Die Wähler in Bayern und Hessen haben der CDU und der SPD die verdiente Quittung beschert.
Die Koalitionsverhandlungen in Bayern dauern noch an. Mit einem baldigen Abschluss wird gerechnet mit einer Zweier-Koalition zwischen der CSU und den Freien Wählern als Juniorpartner.
Die Wahlen in Hessen haben die bestehende Regierung von CDU und Grünen bestätigt – rein rechnerisch mit einer Stimme Mehrheit. Die FDP steht bereit, in eine Dreierkoalition einzutreten, um die schwache Mehrheit zu stärken.
Jetzt beginnt besonders in beiden Parteien CDU/CSU und SPD die Diskussion, welchen Weg die Parteien in die schwierige Zukunft einschlagen sollen, um weitere Rückschläge zu verhindern. Mit dem derzeitigen „Spitzenpersonal“ wird das kaum gelingen.Für die CDU kommt es zu einer Zäsur, nachdem Frau Merkel am Tage nach der Wahl erklärt hat, dass sie bei dem CDU-Parteitag im Dezember 2018 nicht wieder für den Parteivorsitz und auch nicht für die nächsten Bundestagswahlen als Kanzlerkandidatin und Abgeordnete zur Verfügung stehen würde. Außerdem würde sie auf alle politischen Ämter verzichten und keine neuen anstreben
Der Nachfolger – oder Nachfolgerin – im Parteivorsitz wird vermutlich auch der CDU-Spitzenkandidat für die werden – spätestens 2021.
Das macht die Entscheidung der Nachfolge nicht einfacher.
In der SPD soll es keine schnellen Veränderungen geben. Allerdings hat sie dem Regierungspartner de facto ein Ultimatum gestellt, dessen Erfüllung Grundlage ihrer „ Halbzeitbilanz“ werden soll.
Selbst die AfD kann nicht gelassen in die Zukunft schauen. Sie ist zwar fünf Jahre nach ihrer Gründung im Bundestag nun in allen 16 Landtagen vertreten. Dabei hat sie ihr theoretisch vorhandenes Potential nicht völlig ausgeschöpft. Der Streit zwischen der de facto „ AfD-West“ und der „ Afd-Ost“ mindert die Anziehungskraft der „ Alternative für Deutschland“ besonders im Westen.
In Deutschland werden die nächsten Tage, Wochen und Monate wieder bestimmt werden durch die politischen Diskussionen über mögliche Koalitionen und über das Personalkarussell im In- und Ausland – einschließlich weiterer Veränderungen in der Spitze. An diesem Kasperletheater will sich der Verfasser dieses Kommentars nicht beteiligen.
Das Versagen der Regierungen und der „Altparteien“ hat die Politik- und Politikerverdrossenheit in Deutschland weiter verstärkt. Ein großer Teil des notwendigen Vertrauens ist verspielt. Der Ruf nach „starken“ Führern wird lauter. Er bedroht sogar die demokratische Verfassung.
Nach der nationalen Nabelschau sollte sich der Blick jetzt nach vorne richten – zu den Europawahlen im Mai 2019. Der Kampf um Spitzenpositionen hat bereits in einigen EU-Ländern begonnen – auch in Deutschland.
Wer wird in den EU-Ländern gewählt?
Es geht um die Wahl von rd. 750 Abgeordneten, die in den dann vermutlich noch 27 Mitgliedsstaaten der EU durch nationale Wahlen bestimmt werden. Es gibt – zum Glück – noch keine länderübergreifende Wahl. Es gibt einen Länderschlüssel, der bei einem Austritt oder Beitritt eines oder mehrerer Länder neu verteilt werden müsste. Würde zum Beispiel die bevölkerungsreiche Türkei Mitglied der EU, müssten die bisherigen Mitgliedsstaaten anteilig auf Sitze im Parlament verzichten. Die früheren fünf bzw. drei Prozenthürden gibt es nicht mehr. Für einen Sitz im EU-Parlament genügen 0,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Eine Erleichterung für kleinere Parteien.
Deutschland hat 96 Sitze im EU-Parlament.
Die national gewählten Abgeordneten können sich übernationalen Fraktionen anschließen bzw. werden von diesen eingeladen. Diese Mitgliedschaft gewährt dem einzelnen Abgeordneten bessere Möglichkeiten, im Parlament Reden halten zu können. Die Redezeit des einzelnen Abgeordneten ist generell auf eine Minute (!!!) begrenzt. Nicht viel Zeit für einen inhaltsreichen Beitrag.
Daher ist der Einfluss einzelner Abgeordneter relativ gering. Dennoch kann der einzelne Abgeordnete in den angesprochenen Fraktionen mehr Gewicht und Einfluss erringen.
Macht und Einfluss des Europäischen Parlaments
Trotz zahlreicher Verbesserungen in der Vergangenheit hat das Europäische Parlament weniger Macht und Einfluss als die meisten Parlamente der Mitgliedsstaaten.
So kann es z.B. die von der EU-Kommission vorgeschlagene Zusammensetzung der nächsten EU- Kommission nur „in toto“ ablehnen, was bisher nicht geschehen ist.
In Verbindung mit dem Europäischen Gerichtshof stützt es die erkämpfte Errungenschaft: „Europäisches Recht bricht Landesrecht“. Der Umweg über den EuGH wird häufig dann gewählt, wenn man im Parlament mit seinem Antrag nicht durchgekommen ist.
Ein Mitgliedsstaat kann auch vom EuGH bestaft werden, wenn er Gesetze und Vorgaben der EU nicht zeitgerecht für seinen Bereich umgesetzt hat, was Deutschland wiederholt erleiden musste. Der EuGH gilt allgemein als europaaffin.
Um was geht es bei den Wahlen im Mai 2019?
Letztlich geht es um die entscheidende Frage : Welches Europa wollen wir? Diese Frage bleibt seit der Gründung der EU und des Parlamentes unbeantwortet. Das ist unbefriedigend, denn es arbeiten permanent zwei Denkschulen gegeneinander: Die eine will den zentral geführten Bundesstaat mit sehr begrenzter nationaler Souveränität und einem gemeinsamen „sozialen Netz“, die andere ein „Europa der Vaterländer“ mit einem Höchstmaß an nationaler Souveränität und hoher Eigenverantwortung – so bestimmte es der Maastricht-Vertrag mit seiner sog. „No-bail-out- Klausel“ ( Ein Verbot für die Unterstützung einer finanziellen und wirtschaftliche selbstverschuldeten Krise in einem Mitgliedsland).
Diese tragende Säule des Vertrages wurde in der Nacht vom 9./10. Mai 2010 besonders auf Betreiben des französischen Präidenten Sarkozy und der deutsche Kanzlerin zerstört.
Ein schwerwiegender Vertragsbruch! Das Ende der Stabilität in Europa!
Dieser Vertragsbruch steht auf einer Ebene mit der einsamen Entscheidung der Kanzlerin, am 4. September 2015 die deutschen Grenzen für eine unkontrollierte, illegale Masseneinwanderung zu öffnen, sowie für ihre einsame Entscheidung, die Grenzen am 13. September 2015 nicht wieder zu schließen. Die Folgen hat nicht nur Deutschland zu tragen, sondern weitere „attraktive“ europäische Staaten. Der Riss geht heute durch Merkels Fehlentscheidung durch die deutsche Gesellschaft und zu den Staaten, die den Staaten, die Merkel nicht gefolgt sind.
Die entscheidenden Probleme, die wir heute in Deutschland haben, haben ihre Ursache in den beiden gravierenden Fehlentscheidung der Kanzlerin.
Nach Angaben der Regierung leben heute noch rd. 450.000 nicht-registrierte, unbekannte Personen in Deutschland an unbekannten Orten.
Der Menschenstrom nach Deutschland reißt nicht ab. Die Folgen sind bekannt. Die Integration scheitert. Regierung und die meisten überregionalen Medien versuchen, diese Fakten zu verschleiern. Es lebe die Meinungs- und Pressefreiheit.
An welchen Spitzenpositionen muss Deutschland besonders interessiert sein?
Eine Warnung zu Beginn: Es geht nicht um deutsche Interessen, obwohl Deutschland seit Jahrzehnten der größte Nettozahler der EU ist. In Wahrheit geht es in erster Linie um persönliche Interessen.
An der Spitze der Wunschliste steht der Präsident der EU, da der Amtsinhaber nicht mehr antritt.
Für dieses finanziell und politisch attraktive Amt gibt es naturgemäß viele Bewerber:
# An der Spitze stand bisher die Bundeskanzlerin, die jedoch am 29.10. 18 verkündet hat, aus der Politik auszusteigen.
# Ein weiterer deutscher Politiker hat sich für eine Spitzenposition im Europäischen Parlament an den Start begeben: Manfred Weber, im Parteivorstand der CSU und seit Jahren Fraktionsvorsitzender der EVP – eine konservative Gruppierung. Er hat sich den Segen der Kanzlerin geholt, die ihm jedoch keine Unterstützung zugesagt hat für eine europäische Spitzenkandidatur, die mit seiner Absicht verbunden ist, nach einem Sieg bei den Wahlen Ende Mai 2019 Nachfolger von Herrn Juncker zu werden.
Seine Chancen haben sich durch sein Eigentor in der Sache „Global Compact on Migration“ deutlich gemindert. Dieses Abkommen, das er mit seiner Fraktion bereits unterzeichnet hat, ist besonders für Deutschland eine tickende Zeitbombe. Es soll zunächst für die Unterzeichner unverbindlich sein, aber langfristig wird das Abkommen als „soft law“ sein Ziel erreichen: Die Abschaffung jeglicher Hürden für Migration. Jeder Bürger soll ohne Diskriminierung in dem Land leben können, in dem er mit seiner Familie leben will. Ein neues Menschenrecht. Die sanktionsbewehrte Verbindlichkeit. Wegen dieser langfristigen Gefahr haben einige Staaten – u.a, Österreich, Australien und die USA – die Unterzeichnung abgelehnt.
In Deutschland hat es noch keine Debatte im Bundestag gegeben. Ein Skandal im Hinblick auf mögliche Gefahren folgender Generationen!
Dieser Politiker (Weber) ist für den Verfasser unwählbar – in Deutschland und in der EU.
In dem ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten Alexander Stubb hat er einen Gegner, der ihm die Kandidatur als Spitzenkandidat für Europa – hoffentlich – streitig machen und gewinnen wird.
# Ein Name, der in Deutschland auffallend häufig fällt, ist der von Ursula von der Leyen. Sie wird mit Spitzenverwendungen in der NATO und in der EU in Verbindung gebracht. Als langjähriger harter Kritiker ihrer Performance als deutsche Verteidigungsministerin wäre eine solche Verschiebung zwar eine Erlösung für die Bundeswehr und ihre Soldaten und Soldatinnen, aber eine Ohrfeige für die NATO oder auch für die EU.
# Jens Weidmann, der bestmögliche deutsche Kandidat für die Nachfolge von Mario Draghi als Präsident der EZB, ist schon früh von der Kanzlerin aus dem Rennen genommen worden. Jeder deutsche Name in dem Personalkarussell um Spitzenpositionen vermindert die Chancen von anderen deutschen Politikern – auch für den für die Nachfolge des Präsidenten des Europäischen Rates, dem Polen Donald Tusk.
# Die spät erkorene Kandidatin der SPD, Katarina Barley, ist nur Zählkandidatin. Die Unterstützung ihrer stark angeschlagenen Partei ist irrelevant und geht gegen Null.
Bei den Sozialdemokraten ist der Niederländer Frans Timmermans, Vize-Präsident der EU-Kommission, der Favorit für die europäische Spitzenkandidatur. Im Falle seines Sieges hätte er große Chancen auf die Nachfolge von Jean-Claude Juncker. Er ist ein starker Vertreter einer weiteren Vertiefung der Integration der EU.
Er ist gegen ein Weiterbestehen der Nationalstaaten.
Er ist der „ Chefankläger“ der EU gegen Polen und Ungarn. Er will ihnen im laufenden Verfahren das Stimmrecht entziehen, was allerdings illusorisch ist, da er die geforderte Einstimmigkeit aller Mitgliedsstaaten braucht, was sehr unwahrscheinlich ist. Er ist nicht bekannt als Freund Deutschlands. Er will die EU zum Bundesstaat führen. Keine Empfehlung für seine Wahl.
Die Geier kreisen schon über der EU und der Eurozone. Dennoch besteht ein Großteil der Menschen in Europa auf der Hypothese, dass es für beide Allianzen keine friedliche Alternative gibt.
Wie schaffen es Norwegen und die Schweiz als Nichtmitglieder in Frieden und Freiheit mit einem Wohlstand der Bevölkerung, der weit über den Durchschnitt der meisten Mitgliedstaaten der EU und der Eurozone hinausgeht? Beide Staaten und weitere europäische Staaten haben keine Kriege gegeneinander und gegen andere Staaten geführt.
Warum sonst wirbt die „EU der dann 27“ so emsig um die Schweiz, die sich bereits einige Rosinen aus dem EU-Kuchen herausgepickt hat? Die Schweizer Bevölkerung ist trotz der Offerten der EU mit großer Mehrheit gegen einen Beitritt. Sie haben das abschreckende Beispiel ihres nördlichen Nachbarn ständig vor Augen.
Gibt es wirklich keine erfolgsversprechende Alternative für ein besseres Europa?
Die Mitgliedstaaten der EU haben um die noch 28 einen hohen virtuellen Zaun gezogen – mit der besonderen Enklave Eurozone.
Für sie gibt es keine Alternative. Großbritannien wird für die Absicht des Brexit bestraft und dient als Abschreckung für etwaige Nachahmer.
Angesichts der Verflechtungen zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa ist keine Verständigung eine „lose-lose“ Situation. Beide Vertragspartner zahlen einen hohen Preis für ihre Sturheit. Falls ein Abkommen der Vernunft bei einer Verlängerung möglich wäre, sollte der Zeitraum für weitere Verhandlungen verlängert werden.
Was in West- und Zentraleuropa zu wenig wahrgenommen wird, sind bereits bestehende und neue Gruppenbildungen in Nord-, Mittelost- und Südosteuropa.
EFTA
Die vier Mitglieder der Europäischen Freihandelszone (EFTA) – Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz – haben große Teile der EU-Binnenvorschriften übernommen und sich auch in anderen Politikbereichen (z.B. Schengenraum) der EU angeschlossen. Die EFTA – mit Ausnahme der Schweiz – und die EU-Staaten bilden den europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU wäre die EFTA eine Möglichkeit für Großbritannien, neue wirtschaftliche Verbindungen aufzubauen und die EFTA zu aktivieren – allerdings offen für die Mitgliedschaft anderer potenter Staaten.
Nordischer Rat
Norwegen könnte die Klammer zu dem Nordischen Rat sein – mit seinen Mitgliedern Dänemark, Island, Norwegen, Schweden und Finnland. Es darf nicht übersehen werden, dass Großbritannien traditionell gute Beziehungen zu den skandinavischen Staaten – besonders zu Dänemark – unterhält. Die englischen Sprachkenntnisse in den skandinavischen Bevölkerungen sind deutlich höher als auf dem europäischen Kontinent. Es gibt keine nennenswerten kulturellen, ethnischen und religiösen Hürden für eine wirtschaftliche Union mit Großbritannien, das durch den Commonwealth besonders attraktiv ist.
Ostseerat
Der Ostseerat, der 1992 mit 13 Mitgliedern – Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Polen, Russland, Schweden, Russland und die Europäische Union – gegründet wurde, darf in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden.
Die Ziele sind:
# Schaffung einer regionalen Identität
# Förderung einer Region der Nachhaltigkeit
# Förderung der Sicherheit
Der Ostseeraum ist besonders gefährdet im Falle eines Angriffs gegen einen oder alle drei Baltische Staaten. Es ist daher kein Wunder, wenn Schweden und Finnland unterhalb der Schwelle einer Mitgliedschaft die Zusammenarbeit mit der NATO üben.. Schweden hat sogar die Wehrpflicht wieder eingeführt und die Verteidigungsausgaben erhöht.
Der Verfasser hat schon in den ´90er Jahren in den Übungen im Rahmen der „Partnership for Peace“ mit Offizieren von Schweden und Finnland sowie mit Offizieren ehemaliger Warschauer-Pakt-Staaten eng zusammengearbeitet und ihr Leistungsvermögen schätzengelernt.
Intermarium und „Three seas initiative“
Die Konzentration der west- und zentraleuropäischen politischen und öffentlichen Diskussion war und ist noch so auf die EU fokussiert, dass diese Entwicklungen „Intermarium“ und „Three seas inititiative“ kaum wahrgenommen werden. Dabei sind sie von zunehmender geopolitischer und geostrategischer Bedeutung – besonders nach dem Kollaps der Sowjetunion, der für Putin „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ war. Diese Einschätzung bestimmt sein Denken und Handeln im 21. Jahrhundert. Sie führt auch zu einer Bedrohungsperzeption in den Nachbarstaaten Russlands. Mitglieder wurden zunächst Polen, Ukraine, Weißrussland und Litauen. Später kamen Rumänien, Ungarn, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Lettland, Estland und Finnland hinzu.
Den harten Kern bilden die vier Visegràdstaaten, die kritische Mitglieder der EU sind.
Die ersten Überlegungen für ein Zusammenwirken in der Region gab es bereits im 18. Jahrhundert, später nach dem 1. Weltkrieg durch den polnischen Marschall Pilsudski und mit neuer Kraft nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989.
Heute hat sich die Bezeichnung „Three seas ininitiative“ durchgesetzt. Es sind die drei „Meere“ – Ostsee, Schwarzes Meer und Mittelmeer. Er macht die geopolitische und geostrategische Dimension deutlicher und verständlicher.
Die Bedrohungsperzeption der Menschen in dieser Region führt zu einem verstärkten Sicherheitsbedarf, der für ehemalige Sowjetrepubliken Anlass war, der NATO beizutreten.
NATO
Die NATO als politisches und militärisches Bündnis hat heute die Sicherheit der o.a. Staaten übernommen. Sie hat mit Rücksicht auf Russland auf eine ständige Stationierung massiver Truppenverbände verzichtet.
Sie demonstriert ihren Verteidigungs- und Behauptungswillen, denn ein Angriff gegen ein NATO-Mitglied ist ein Angriff gegen das Bündnis.
Allerdings gibt es in der Region militärisch bislang nur einen unzureichenden dünnen „Stolperdraht“. Zeitlich begrenzte Manöver zu unterschiedlichen Zeiten von Nord nach Süd sollen den „Stolperdraht“ verstärken.
Es ist ein schlechter Scherz, wenn Russland das derzeitige Manöver „Trident Junkture“ mit rd. 50.000 Soldaten in Norwegen als „Provokation“ bezeichnet. Russland hat 2017 die „Westübung ZAPAD“ mit über 100.000 Soldaten sowie 2018 die „Ostübung WOSTOK“ mit rd. 300.000 Soldaten durchgeführt (siehe auch: https://www.conservo.blog/2017/08/30/russlands-militaerische-grossuebung-zapad-2017-eine-misstrauensbildende-massnahme/ sowie: https://www.conservo.blog/2018/09/13/wostok-18-das-groesste-militaermanoever-in-der-russischen-geschichte/)
Dass deutsche Medien und hochrangige deutsche Politiker auf diese Propaganda im Rahmen einer langfristig angelegten russischen „hybriden Kriegsführung“ hereinfallen, kennzeichnet deren Einstellung und Wissen zu Grundsatzfragen der Sicherheitspolitik. Es ist peinlich.
Die Hanse
Ein Blick in die deutsche Geschichte gibt Anlass zur Hoffnung. Die „deutsche Hanse“ war als Handels- und Wirtschaftsunion für rd. 400 Jahre eine Erfolgsstory ohnegleichen. Aufstieg und Fall sind im Hansemuseum in Lübeck inhaltlich und methodisch hervorragend dargestellt.
Ein wesentlicher Punkt: Es gab keine politische Ambition, sie unter eine politische Zentrale zu stellen. Es fing 1358 mit Kaufleuten in Lübeck und Hamburg an, die Handels- und Geschäftspartner in anderen europäischen Städten suchten und fanden. In ihrer Blütezeit unterhielt die Hanse 192 „Kontore“ – von Brügge im Westen in insgesamt 16 europäischen Ländern – von Norwegen im Norden bis nach Italien im Süden. Es war eine win-win Situation: Tierpelze aus Sibirien wurden mit Tüchern aus Belgien getauscht, Heringe aus dem Norden mit Gewürzen aus dem Süden.
Die geänderten geopolitischen und geostrategischen Bedingungen in der „Neuen Welt“ mit den Vereinigten Staaten mit sinkender Bedeutung der Ostsee. Innere Zwistigkeien sowie gravierende Probleme des Warentransportes über den unsicheren Landweg führten seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts zum Niedergang – mit dem weiteren engen Zusammenwirken der norddeutschen Kaufleute.
Was bedeutet die Liste von wichtigen politischen Gruppierungen für die Zukunft Europas?
Sie zeigt, dass es jenseits des „virtuellen Zaunes“ der EU mit noch 28 Staaten attraktive wirtschaftliche und politische Gruppierungen gibt, die man sich mit etwas Phantasie als attraktive Mitglieder eines besseren „Europas mit 40 Staaten“ vorstellen kann.
Es wird klar, dass drei Mythen zur Verteidigung der derzeitigen EU falsch sind:
# Wenn der Euro scheitert, scheitert die EU
# Wenn die EU scheitert, scheitert Europa
# Wenn Europa scheitert, wächst die Kriegsgefahr in Europa. Der Präsident der EU-Kommission warnte wörtlich „vor den Dämonen des Krieges“.
Natürlich kann man die Hanse nicht 1:1 auf das 21. Jahrhundert übertragen, aber über eine Lehre kann nachgedacht werden, wie eine erfolgreiche Union aussehen sollte.
Die Frage, welches Europa wir letztlich brauchen, ist nicht zufriedenstellend beantwortet. Es gibt in Europa zwei grundsätzlich unterschiedliche Denkschulen. Die eine will eine tiefe Integration eines Bundesstaates, die andere eine „Allianz der Vaterländer“ oder der „Republiken“ mit einem Höchstmaß an nationaler Souveränität und hoher Eigenverantwortung ohne finanzielle Unterstützung durch andere Staaten oder gemeinsame „ Töpfe“.
Heute sind die Eurozone und die EU nur mit ungeheuren Kosten für die Steuerzahler – besonders für Deutschland – am Leben zu erhalten. Niedrige bis negative Zinsen entlasten die Staaten bei ihrer hohen Verschuldung, plündern den Steuerzahler und Sparer jedoch aus.
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Dem Verfasser kommt es darauf an, mit neuen Visionen und Ideen über den „virtuellen Zaun“ der EU hinauszuschauen und über ein besseres „Europa der 40“ ohne Tabus nachzudenken, um die Synergiekräfte der 40 zu bündeln und zu nutzen.
Die herben Niederlagen der „Altparteien“ in Europa zeigen, dass sie bei der Jugend und bei kritisch gebliebenen Bürgern an Zustimmung verlieren.
Ein „Weiter so“ hat die „Vision Europa“ nicht verdient. Es käme einer Abmeldung von der Weltbühne gleich. Europa würde zu einem „ open-air-Museum“ degenerieren – interessant für Besucher aus dynamischen Ländern mit Sinn für Nostalgie.