(www.conservo.wordpress.com)
Von Renate Sandvoß *)
Satire?
Ich hab da mal eine Frage…..
Die Einwohner meiner Stadt wollen einen sogenannten “Nachbarschaftspakt” schließen und haben mich gefragt, ob ich mitmache. Ehrlich gesagt, haben sie nicht nur gefragt, sondern versuchten, mich mit allen erdenklichen Argumenten zu überzeugen. Ich wohne in der sogenannten Villengegend mit Blick auf die gesamte Ortschaft mit den Weinbergen. Mein Haus ist geräumig, ja, sogar luxuriös zu nennen und wurde einst von meinen Großeltern erbaut.
Meine Eltern kauften Grundstücke dazu und errichteten einen wundervollen Park mit altem Baumbestand und einem wunderbaren Blumengarten mit seltenen Rosenzuchten. Ein jeder Besucher bewundert mein Anwesen, das auch mein ganzer Stolz ist. Die Bürger aus der Nachbarstadt blickten mit Neid und Missgunst auf uns, denn ihre Felder waren Mangels Pflege vertrocknet und ihre Ernte deshalb spärlich. Und da die Bürger keinen Gewinn aus ihren Gütern ziehen konnten, schafften sie sich viele Kinder an, in der Hoffnung, künftig von ihnen ernährt zu werden. Doch der Plan ging schief und viele Kinder von ihnen gerieten auf die “schiefe Bahn”.
Der Bürgermeister der Stadt, in der ich wohne, sah dieses Leid und überlegte sich, dass man ihnen doch den Zugang zu allen Häusern, Wohnungen Einrichtungen bei uns ermöglichen sollte, damit sie auch – wie wir – ein gutes Leben führen könnten. Alles wäre ganz einfach, wenn wir ein wenig von unserem Reichtum abgeben würden, denn uns würde es dann immer noch gut gehen. Im Gegenzug aber würden wir ein gutes Werk für die Bürger der Nachbarstadt tun und sie bräuchten nichts an ihrem Lebensstil zu verändern.
Im Gegenzug, dass wir ihnen jederzeit den Zugang zu unseren Wohnungen und Häusern erlauben, dürften wir auch ihre Stadt besuchen und in ihren baufälligen Ruinen wohnen. Wir dürfen versuchen, ihre runtergewirtschafteten Felder zu bestellen, damit die paar Rückkehrer, die sich in unserem Luxus nicht so wohl fühlen würden, eine Starthilfe in der alten Heimat finden.
Selbstverständlich ist unser reich gefüllter Kühlschrank immer für alle zugängig zu halten und man sollte stets ihre Lieblingsspeise bereitstellen. Uns wurde gesagt, dass die Häuser uns nach wie vor gehören und wir für unsere Wohnungen weiter Miete zahlen müssen, aber wir künftig nicht mehr frei über sie verfügen können. Wir dürfen auch weiter unserer gewohnten Arbeit nachgehen, müssen aber einen Teil des Lohnes an die armen Menschen aus der Nachbarstadt abgeben, damit die nicht unbedingt arbeiten müssen.
Leider ist das so, dass diese Bürger ihre Wünsche oftmals mit Gewalt durchsetzen. Das sind die so gewohnt. Darauf müssen wir Rücksicht nehmen. Auf die Frage nach den vielen Kindern, die in unserer Stadt in Armut leben, nach den vielen Obdachlosen und die armen Rentner, sagte der Bürgermeister nur, dass es uns in unserer Stadt besonders gut geht, da muß man auch etwas vom Reichtum an andere, die in unserer Stadt leben wollen, abgeben.
Ja, und nun frage ich mich: soll ich den Nachbarschaftspakt unterschreiben?
Renate Sandvoß
(Original: https://www.facebook.com/renate.sandvoss/posts/2113908205335724)
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