(www.conservo.wordpress.com)
Von Jörg Gebauer *)
- Der moderne Brain-Wash braucht weder Stakkato noch Gebrüll.
- Widersprüche in der Sprache und im Denken bei den “Führungskräften des gesellschaftlichen Hauptstroms” werden von “der Herde” großzügig übersehen oder wohlwollend verziehen.
- Die Grundstruktur des heutigen Toleranz-Begriffs ist stark von einem opportun zurechtgelegten “Nathan” (Lessing) geprägt.
- Fehlende Stringenz in den Narrativen “der gesellschaftlichen Führungskräfte” wird entschuldigt, wie man dies jemandem gegenüber macht, der einfach nur sein Hemd zu früh wechselt:
Er hat es doch gut gemeint.
Wer weiß, was er uns damit erspart hat?
Im Zweifel für die Sauberkeit.
Anlässlich der immer wieder erfolgenden islamistischen Anschläge in Europa und der jeweils sich anschließenden Rechtfertigungs-Phrasen des Establishments soll der Blick darauf gerichtet werden, wie die höchsten Repräsentanten des Staates gewöhnlich mit Terrorakten umgehen.
„Gewöhnlich“ im doppelten Sinne:
Wir haben uns an bestimmte Sprachfetzen „gewöhnt“.Und: Viele sagen, dass die Defensivität und die Schieflage des sprachlichen Pathos in den Reden – insbesondere die der Kanzlerin – einen verharmlosenden, einen gewöhnlichen Charakter eingenommen haben:
Wenig Mitleid mit den Opfern. Permanentes Wiederholen der gleichen Begriffe, welche nicht staats-, nicht standes- und nicht situationsgemäß sind.
Hingegen kennt man durchaus von ihr auch anderes: Als die USA aus dem Pariser Abkommen ausstiegen, ja… …da hieß es „unsere Schöpfung“ gilt es zu bewahren.
Und weiter: „Nichts kann und wird uns dabei aufhalten – für unsere Mutter Erde.“
Dabei weiß jeder Atheist, jeder Christ, jeder Jude und jeder Moslem, dass weder die Erde unsere Mutter ist, geschweige denn, dass dieselbige …schwups… im nächsten Moment nun etwa „unsere Schöpfung“ wäre.
Man lässt ihr den Kauderwelsch durchgehen.
Dabei – so scheint es – gibt es viel tiefere Gründe für das sprachliche, politische und geistige Durcheinander.
Die folgenden Ausführungen können als theoretische Grundlage einer Abrechnung mit dem – im medial-politischen Milieu vorherrschenden – Konstruktivismus eines – nicht nur – „Wir schaffen das“ sondern auch eines: „Wir schaffen alles“ gewertet werden.
Dem Gegenstand ist geschuldet, dass „Theorie“ der zivilen Polemik bedarf, um aufzurütteln.
Dem Populismus von links und dem versuchten Brain-Wash „von oben“ muss ein in der Mitte verortetes „Stühle-Geraderücken“ entgegengesetzt werden.
Die Werte sind verrückt im wortwörtlichen Sinne, die Werte spielen verrückt. Wir bauen uns eine Welt („widde widde witt“) nach unserem Plan, mit den Mitteln unseres Baukastens.
Der Name für diese Haltung ist „Konstruktivismus“…
In der Ideengeschichte des Westens wurde der Konstruktivismus zuletzt und mehrheitlich als anmaßend kritisiert.
Der deutsche Michel – wenn er ausreichend sensibilisiert ist – würde es auch anders nennen:
Nicht den Konstruktivismus in der Politik würde er kritisieren sondern bestenfalls ein „Social Engineering der 70er Jahre“ als Machbarkeits-Wahn.
Der Wahn der Machbarkeit hat sich um so mehr in die Sprache hineingeschlichen, desto weniger in einer komplexen Welt wirklich steuerbar ist.
Doch worin besteht genau die Verbindungslinie zwischen dem „Neusprech“, unserer „Art zu leben“, den meist respektlosen Gedenk-Ritualen und „Werte“-Reden anlässlich des gewöhnlichen Terrors, wie wir ihn in den letzten Monaten und Jahren zunehmend erleben?
Mittlerweile typische Ausgangslage: Islamisten bejubeln im Internet einen neuen Anschlag. Von „der Politik“ ist wieder nur zu hören: „Das war ein Anschlag auf unsere Art zu leben.“
Woher kommt diese Verschleierung der Realität, die Verharmlosung der Gefahrenlage, die hinter diesem Regierungs-Neusprech steckt? Handelt es sich um bewußte, um taktische Verniedlichung oder steckt dahinter ein tief eingeprägtes Muster derjenigen, die uns nicht schützen wollen?
Soll die gerühmte Freiheit des Westens sich wirklich nur daran festmachen, daß wir frei entscheiden können, die Nudeln mit dem Löffel oder mit der Gabel oder mit beiden zu essen? Mit Käse oder ohne Käse?
Soll die Freiheit des Westens – also unsere Art zu leben – sich daran festmachen, daß ein jeder immerhin frei entscheiden darf, ob er gleich-, getrennt- oder unterschiedlich-geschlechtlich leben will?
Bestehen die Werte des christlichen, jüdisch-geprägten sowie des säkular-aufgeklärten Abendlandes wirklich nur darin, frei entscheiden zu können, wann ich Sport treibe, in welchem Verein, sommers, winters oder wie ich meine Haare heute färbe?
Warum werden die Dinge nicht – von Seiten „der Politik“ – klar beim Namen genannt?
Denn, weiß man nicht:
Die Werte des Westens und unsere Freiheit verbürgen sich in dem absoluten, uneingeschränkten Schutz-Anspruch des individuellen Bürgers. Außenpolitisch und innenpolitisch.
Dafür ist der Staat da.
Dieser Schutz des einzelnen Menschen vor der Gewalt anderer ist derjenige Verfassungs-Artikel der vor der Klammer des Grundgesetzes steht.
Der Parlamentarische Rat hat dies in seinen Beratungen 1949 ausdrücklich hervorgehoben. Staatsphilosophisch geht dies auf die Kette von Hobbes, Montesquieu, Locke, Rousseau und Hegel zurück.
Dieser Schutz-Anspruch des einzelnen Bürgers gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ist verfassungs-geschichtlich und staatsrechtlich von sogar höherem Rang als das Grundgesetz samt aller seiner ikonenhaft hochgehaltenen Bürgerrechte, welche ihren Stellenwert genau dadurch verlieren, daß der Sicherheits-Schutz-Rahmen eines (eigentlich notwendigen) wehrbereiten Staates (nach innen und außen) permanent weiter ausgehöhlt wird.
An dieser Stelle sollten Sie sich entscheiden:
Entweder das Gesagte reicht Ihnen (und Sie klicken weg) oder Sie wollen weitere Hintergründe darüber erfahren, warum „die Politik“ so kläglich versagt und warum ein wortreicher Schleier („unsere Art zu leben“…) über die reale, aktuelle Gefahrenlage gehangen wird.
Im Anschluß an die sich häufenden islamistischen Anschläge heißt es huldvoll regelmäßig, es habe sich um einen Angriff „auf unsere Werte“ gehandelt: Doch, wie ermitteln säkulare Regierungen und öffentlich-rechtliche Medien eigentlich „unsere Werte“?
Und: Handelt es sich nicht eher bei diesen Anschlägen um Angriffe gegen Menschen – gegen Staatsbürger – statt gegen ‚Werte‘?
Zu postulierende Werte setzen immerhin einen vorherigen Erkenntnis-Prozeß voraus.
Was können wir wissen? Und hier insbesondere: Was können wir über die Gesellschaft, die Bürger-Gemeinschaft und ihre Werte wissen? Mit dem Satz: „Dann ist das nicht mehr mein Land“ wurden die letzten Schleusen geöffnet.
Der in den Vordergrund gestellte „Angriff auf unsere Werte“ stellt eine (wortwörtlich) ‚sagenhafte‘ Verharmlosung dar. Die Sage lautet, daß bei Anschlägen „Werte statt Menschen“ getötet werden.
Es gibt zahlreiche Wege, die Welt zu erkennen, darunter Erfahrung sowie Messung, Heuristiken, Modelle, Theorien, Vergleiche, Hermeneutik und Intuition.
In einer Rede zum sechzigsten Geburtstag Max Plancks, des Begründers der Quantentheorie, äußerte Einstein: „Zu diesen elementaren Gesetzen führt kein logischer Weg, sondern nur die auf Einfühlung in die Erfahrung sich stützende Intuition.“
Intuition ist ein einfühlendes Verstehen des Anderen, eine Form der Verschmelzung des Verstehenden mit dem Verstandenen. Das Intuitive weckt eine sympathische Kraft in der Seele; und durch diese werden Eigenschaften der uns umgebenden Wesen und Dinge von uns angezogen, die sonst verborgen bleiben.
Albert Einsteins Sichtweise zumindest nicht auszuschließen, zeichnet den konservativen Menschen aus.
Dazu im Gegensatz steht der „sich alles anmaßende“, der quasi-neue Mensch der radikalen Rationalität: Er verneint nicht nur Gott, sondern konsequent seine eigene Seele. Bleibt somit zwar Mensch mit allen Rechten und Pflichten; wird aber nicht „Person“ im jüdisch-christlich-abendländischen Sinne.
Dieser „quasi-neue“ Mensch muss immerhin nicht verschwinden:
Niemand fordert dies.
Er „hört“ es aber subjektiv immer in seinem seelenlosen Wahn.
Es klingelt geradezu ständig in seinen Ohren.
Das Schlimme ist, daß er es nämlich selber wünscht, gemäß seiner eigenen „Ideologie der radikalen und der totalen Rationalität“, zu verschwinden.
Seine narzißtische Egozentrik wird dabei überkompensiert in den wenigen Jahren (so glaubt er), die ihm auf Erden bleiben, durch Belehrungen anderer sowie durch ewiges Politisieren.
Seine Moral ist umso gewaltiger, als daß sie strenggenommen grundlos und entseelt ist.
Er hat eine ausschließlich irdische Perspektive. Verstand und Moral sind bei ihm Konstrukte des Materiellen. Seine totale Rationalität schlägt in totalitäre Radikalität um, die zunehmend ihn selbst zum Gegner hat.
Die Feindschaft zu beseelten Menschen ist dabei nur ein Durchgangsstadium. Er will kinderlos bleiben als politisches Programm. Er will verschwinden. Nichts soll von ihm bleiben. Es ist nicht sein Land. Es sind nicht seine Mitmenschen.
Muslime beispielsweise sind für ihn „komisch“ aber sehr nützlich. Als wahre Mitmenschen kann er sie genau so wenig innerlich annehmen wie Christen oder Juden, weil er Innerlichkeit als Beseelung, als höhere Moral der Menschen-Gemeinschaft allemal ablehnt.
Das reine Konstrukt „Gesellschaft“ ist ihm dabei durchaus heilig, gerade weil er es im Materiellen begründet sieht. „Gemeinschaft“ hingegen gibt es nicht, die intuitive Verbindung der Seelen: reinster Hokus-Pokus.
Gesellschaft ist nur da, weil das Ganze ja irgendwie organisiert werden muss. Gemeinschaft hingegen würde zu viel abverlangen. Nicht nur Gott, nein auch der rationale Verstand stellen dabei aber (insgeheim) die Fragen zu Recht:
„Was soll Deine Seele denn dann eigentlich sein, wenn Du sie bei anderen verleugnest?
Möchtest Du Dich selber als seelenfrei sehen?
Worauf gründet Deine Moral; eine Moral der umherirrenden entseelten Gestalten?
Was willst Du von den anderen?
Warum sollen die anderen denn dann überhaupt da sein?
Brauchst Du sie für Deine irdischen, materiellen Bedürfnisse?
Warum willst Du überhaupt die Welt retten?
Was wäre denn so schlimm daran, wenn die Erde untergeht?“
All diese Fragen kann er nicht beantworten. Ihm fehlt der intuitive Zugang, die Welt zu erkennen. Bestenfalls fällt dem verkopften „neuen Menschen“ als Antwort noch ein: „Aber die Erde ist doch unsere Schöpfung“.
Er hat seine eigene Seele verstümmelt, indem er den materialistischen Ideologien folgte.
In Umkehrung des Satzes von Kant „Aufklärung sei der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ gilt für ihn: „Entseelung sei der Zugang des Menschen zu seiner selbstorganisierten, irdischen Übergangsmoral, die keine Kinder und die kein ‚morgen‘ braucht“.
Aus dem Satz: „Dann ist das nicht mehr mein Land“ macht er schon heute: „Das war noch nie mein Land“. Nathan der Weise wird von ihm idealisiert, ohne zu erkennen, daß Nathan aus purer Not – und nicht aus innerer Überzeugung – gehandelt hat.
Denn: Nathan musste eine irdische Lösung finden, weil sein irdisches Leben bedroht war. Das gefällt dem Rationalisten.
Aber Nathan wurde ihm rational und eben nicht intuitiv vermittelt. Damit wird Nathan zur seinerseits entseelten Ikone stilisiert, die es ermöglicht, Muslime als komisch aber nützlich anzusehen.
Nathan macht „den Moslem“ in Lessings Drama bekanntlich zum Clown.
Zudem ist die daraus folgende falsche Konsequenz (aus dieser dramatischen und nachhaltigen Clownerie), welche der Rationalist zieht, daß man Muslime auf geradezu wundersame Art instrumentalisieren kann und darf.
Nathan als gläubiger Jude (der er ja war) wird stattdessen überhaupt nicht wahrgenommen.
Im Ergebnis: Der Jude entseelt; der Moslem nicht ernst zu nehmen.
Es stört den Rationalisten in seinem Weltbild nicht weiter, dass es irdische Bedrohungen wie in Lessings Drama gibt. Er ist ja „lösungsorientiert“.
Das wird einfach wegorganisiert.
Er sieht – aus mangelndem Mitgefühl – nicht Nathans Not und idealisiert deswegen dessen „technische“ Lösung.
So, wie er auch nicht die Not seiner Mitbürger sieht. Es war ja nie sein Land.
Mit dem Satz der ‚Kanzlerin aller Menschen‘: „Dann ist das nicht mehr mein Land“ wurden die letzten Schleusen geöffnet:
Social Engineering statt politisch-verantwortliche Führung.
Der in den Vordergrund gestellte „Angriff auf unsere Werte“ stellt eine (wortwörtlich) ‚sagenhafte‘ Verharmlosung dar. Hemdenwechsel nach Beliebigkeit:
Regierungs-Neusprech zwecks allgemeinem Brain-Wash…
Diesem „Populismus von links oben“ muss ein in der Mitte verortetes „Stühle-Geraderücken“ sprachlich, theoretisch und auf parlamentarischer Bühne entgegengesetzt werden.