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Von Gerold Keefer
Quatsch, Quatscherzähler, Quatschgeschichten, Quatschfragen, Quatschmissbrauch, Quatschtexte, Quatschtraum und so weiter und so fort. Fünfunddreißig mal baut Jan Böhmermann „Quatsch“-und-sonst-noch-was in die rund 3600 Quatschworte seines Gastbeitrags – Verzeihung -Quatschbeitrags bei ZON (ZEIT ONLINE) ein (Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2018-12/claas-relotius-faelschung-spiegel-journalismus-jan-boehmermann/komplettansicht ).
Ein Kürzung um ungefähr den Faktor 1000 hätte die Sache inhaltlich auf den Punkt gebracht: Fünfunddreißig Quatschworte wären einsam übrig geblieben und der Leser hätte viel Zeit gespart. Zu Zeiten einer seriösen ZEIT-Herausgeberschaft hätte der Leser sogar noch mehr Zeit gespart.
Böhmermann hat offenbar begriffen, dass Relotius von dem Ast gefallen ist, auf dem er selbst noch sitzt. Nun kommt Fracksausen auf. Das ist nicht lustig. Es geht jetzt um Verniedlichung des Betrugs. Alles nicht so schlimm, alles nur ein Spiel, Quatsch halt.
Das hätte klappen können, wenn Böhmermann die Satire beherrschte. Stattdessen beherrscht die Satire ihn, aber dazu später mehr.Der allerschlimmste Makel des Beitrags: AfD und PEGIDA kommen in seinem Quatschbeitrag nicht vor – nicht einmal als Gäste!
Doch Böhmermann wäre nicht Jan, wenn es in seiner Quatscherzählung nicht wenigstens doch einen „betrügerischen Deutschen“ gäbe, neben dem der betrügerische Deutsche Relotius zu vernachlässigen ist. Dieser betrügerische Herr mit Namen Peter Minuit (auf Deutsch „Mitternacht“) soll 1626 einem edlen Indianer die Halbinsel Manhattan für eine Handvoll Glasperlen abgekauft haben.
Aber es bleibt auch hier beim Quatsch: Die ethnische Herkunft des Herrn Minuit war die Wallonie. Sein Vater war als Glaubensflüchtling nach Wesel ausgewandert. Dort wurde ihm offenbar Asyl gewährt – von einem Hatz IV-Bezug wird allerdings nichts berichtet. Man versuchte es in diesen dunklen Zeiten meist mit eigener Arbeit. Der betrügerische Herr Minuit war offenbar ein früher Fall von gescheiterten Integrationsbemühungen der fremdenfeindlichen deutschen Mehrheitsgesellschaft….
In einer anderen Quelle wird übrigens berichtet, dass Manhattan von einem ganz anderen Stamm besiedelt wurde, als jenem dem der betrogene Indianer angehörte. Für Jan Quatschkopf natürlich undenkbar, dass ein edler Indianer etwas verkauft, dass ihm gar nicht gehört. So schnell geraten Weltbilder ins Wanken.
Aber vielleicht endet der Quatsch ja immerhin für Herrn Relotius nach dem Bekanntwerden seines Spendenquatsches wegen Betrugs vor Gericht. Da hört dann der Quatsch auf – oder beginnt er dann erst richtig?
Böhmermann übt sich schon mal auf eine für seine politische Himmelsrichtung bekannten Weise im Schutz des Täteropfers: „Wer kümmert sich gerade um den mutmaßlichen 33-jährigen Täter, …? .. Mitleid und Sorge. Nicht mit dem mutmaßlichen Täter, sondern mit dem ausgelieferten Berichterstattungsobjekt Claas R.“
Habe ich’s nicht gesagt: Die Satire beherrscht Böhmermann und nicht andersherum. „Mitleid und Sorge“ um seine „Berichterstattungsobjekte“ hatte Claas Relotius eher nicht, als er beispielsweise die Bürger von Fergus Falls zu Protagonisten seines Gruselmärchens machte. Nun aber wird er laut Böhmermann „von seinen mutmaßlich mitverantwortlichen Kollegen und Vorgesetzten öffentlich aufgeknüpft und so schonungslos durchgewolft, wie nicht einmal ein prominenter, mächtiger Chefredakteur durchgewolft werden würde, der der Vergewaltigung einer Mitarbeiterin … beschuldigt worden wäre.“. Hinweis an Jan Quatschkopf: Es ist etwas Furchtbares passiert: Der Lügner lebt!
Sollte ihm Relotius trotzdem an einer Laterne hängend begegnet sein, dann war’s entweder ein linksversiffter Albtraum oder Jan ist mal wieder seiner eigenen Fantasie aufgesessen. Das kann passieren. Immerhin wurde ja nochmal das eigene Weltbild durch den herbeierfundenen Chefredakteur bestätigt, der, gedeckt vom Verlag, vergewaltigend durch die Redaktionsräume zieht.
Frauen, die so etwas im Jahre drei nach der Grenzöffnung erleben wollen, heuern übrigens nicht mehr beim Spiegel an, sondern gehen direkt in den nächstgelegenen Stadtpark. Aber das hat Jan noch nicht mitbekommen. Denn er liest sich vor dem Schlafengehen noch immer zwei oder drei Relotius-Reportagen laut vor – und wenn die nicht helfen, schaut er Böhmermann.
Wir wollen diesen Beitrag aber nicht zu Ende führen, ohne im Sinne der politischen Ausgewogenheit, einen so verdienstvollen wie unbekannten ZON-Kommentator zu Wort kommen zu lassen:
„Ein Lesevergnügen! Vor allem aber danke ich Ihnen, dass sie Herrn Relotius wieder als Menschen sichtbar und unserem Mitgefühl zugänglich machen.“
In diesen zwei Zeilen deutet sich vielleicht schon eine Quatscherzähler-Nachfolge für Relotius in der Spiegel-Redaktion an. Denn wenn die „Haltung“ stimmt, kommt es auf Recherche, Integrität und vor allem Verstand, ja gar nicht mehr so großartig an. A star is born!