Robert Menasse von Köpenick: EU-Werbetexter, so korrupt wie die EU selbst

(www.conservo.wordpress.com)

Von Aaron Scholl 

Nun hat er sie also, die Carl-Zuckmayer-Medaille und die 30 Liter Nackenheimer Wein, die das Land Rheinland-Pfalz als höchste Auszeichnung für Literaten bereithält.

Und das ist nicht gut so! Es ist eine Sache, zu betrügen und dabei erwischt zu werden. Es ist eine andere Sache, eine viel schlimmere nämlich, wenn man dem ertappten Betrüger anschließend auch noch den roten Teppich ausrollt.

Den Teppich, auf dem er an der Seite von Ministerpräsidentin Dreyer und Schwester Eva zur Verleihung eines Staatspreises schreiten darf. In der Affäre Robert Menasse geht es nicht um Klitteratur alleine. Es geht darum, wie der Zweck der Schaffung des EU-Zentralstaats jedes Mittel heiligt, wenn es nur der angeblich so guten Sache dient.

Anders als bei Menasse soll es aber hier zuvorderst um die Fakten gehen.„Der Europäische Landbote“, Auftragswerk sponsored by Novomatic

Die Fakten zu Menasse sollen mit seinem Essay „Der Europäische Landbote“ beginnen. Dieses Buch wird am 26.09.2012 an einem bemerkenswerten Ort vorgestellt, nicht in einem Wiener Kaffeehaus, auch nicht in einer ehrwürdigen Buchhandlung, sondern im „Novomatic-Forum“ Gumpoldskirchen. [1]

Das klingt nicht nach Literatur. Das klingt nach Geschäft. Es ist ein Geschäft!

Offizieller Sponsor dieses Buches ist nämlich ein exportstarker österreichischer Glücksspielkonzern namens Novomatic. Dessen Gründer und Alleininhaber, Johann Graf, ist zu diesem Zeitpunkt zufällig der reichste Österreicher. Das Grußwort des Novomatic-Managers Franz Wohlfahrt endet mit folgendem Satz:

„Durch seinen Einsatz fördert er die Stärkung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und ein Umdenken zur nachnationalen Demokratie.“

Neben seiner unbändigen Leidenschaft für belanglose Literaten ist Franz Wohlfahrt durch die Novomatic-Affäre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. In die war auch der berüchtigte „schöne Karl-Heinz“ Grasser als vermeintlich korrupter Finanzminister verwickelt. Es ging um eine Gesetzesänderung zur Aufweichung des Glücksspielmonopols zu Gunsten von Novomatic. [2]

Novomatic betätigt sich offenbar intensiv in der Pflege eines vorteilhaften politischen Umfelds. Neuzugang bei Novomatic war 2018 übrigens Eva Glawischnig, die damit einen nahtlosen Übergang aus ihrer Position als Bundessprecherin der Grünen in die österreichische Privatwirtschaft meisterte. Diese Aktivitäten wurden durch das Menasse-Sponsoring auch auf das literarisch-kulturelle Umfeld ausgedehnt: Rent-a-Writer.

Mit Johannes Hahn hat es ein ehemaliger Novomatic-Manager übrigens bis zum EU-Kommissar für „Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen“ gebracht. Er amtiert dort seit 2010 [3].

Hahn und Menasse treten damit ungefähr zur gleichen Zeit auf die Brüsseler Bühne. Johannes als EU-Kommissar und Robert als EU-Werbetexter.

Hahns vielfach diskutierte, 254-seitige Doktorarbeit enthält laut Gutachten 76 „Plagiatsfragmente“ auf 64 Seiten – der Doktortitel der Universität Wien aber, der bleibt. Daran gemessen sind Menasses Werke geradezu Heimstätten der Integrität.

In diesem Zusammenhang völlig überraschend, zeichnet „Der Europäische Landbote“ ein erstaunlich anderes Bild der EU-Institutionen als jenes, das uns bisher bekannt ist. Das uns bekannt ist, beispielsweise durch einen José Manuel Durão Barroso, Ex-Chef der EU-Kommission, und schnell danach in Diensten von Goldman-Sachs, rein zufällig in Sachen Brexit-Beratung. Die neue Tätigkeit hat natürlich rein gar nichts mit seiner beruflichen Vergangenheit zu tun. Und seine Kumpels bei der Kommission, wie Jyrki Katainen, trifft er natürlich nur, um über den nächsten Skat-Abend zu sprechen … [4]

„Robert Menasse reist nach Brüssel“, so der Klappentext des „Landboten“, „und erlebt eine Überraschung nach der anderen: offene Türen und kompetente Informationen, eine schlanke Bürokratie, hochqualifizierte Beamte und funktionale Hierarchien. Kaum eines der verbreiteten Klischees vom verknöcherten Eurokraten trifft zu.“

Mehr als Amazon-Rezensent Heinrich muss man zu diesem Buch dann auch nicht mehr schreiben:

„Aber die vom Autor beschriebene europäische Elite, die dort vermeintlich am Werk ist, und nur unser aller Wohl im Auge hat und im Herzen trägt, die ist doch zu schön um wahr zu sein.“ [5]

Neben privatwirtschaftlichen Sponsoren wie Novomatic versteht es Menasse aber auch glänzend, die Almen öffentlicher Haushalte abzugrasen. In der Summe kamen so allein bis 2012 an die 300 000 Euro Steuergeld auf Roberts Konto zusammen. [6]

Menasse handelt aber nicht als Einzeltäter, man darf vom „Familienbetrieb Menasse“ sprechen: Seine Halbschwester Eva konnte ihn in Mainz als Stadtschreiberin – oder besser Staatsschreiberin? – begrüßen und sammelte bis dahin gleichfalls viel öffentliches Preisgeld ein, das für moralinsaure Betroffenheitsliteratur mit politisch korrektem Spin so reichlich fließt.

Im Familienbetrieb Menasse kommt ein bei linken Vordenkern außerordentlich bewährtes Prinzip zur Anwendung:

Wer die Welt zum Guten wenden will, der fängt am besten bei sich selber an und erreicht somit immerhin seine persönliche Egalité mit dem bourgeoisen Klassenfeind. Über weitergehende Verteilungsfragen kann nach Champagner und Austern viel treffender diskutiert werden.

Die Klitterungen

Menasses Klitterungen flogen im Grunde bereits im Oktober 2017 auf. [7]

Damals wurde das Agitprop-Duo Robert Menasse und Ulrike Guérot vom Historiker Heinrich August Winkler im Rahmen eines SPIEGEL-Artikels direkt auf die Hallstein-Zitate hin befragt, für die Winkler keine Quellen fand. Es ist kaum denkbar, dass den beiden dieser Nachfrage nicht bekannt wurde. Eine Entschuldigung, eine Klarstellung oder überhaupt eine Antwort bekam Winkler jedenfalls nicht. Erst als die WELT, angeregt durch Winkler, über ein Jahr später nochmals nachhakte, beichtete Menasse – ein klein wenig. Eine Woche nach dem Fall Relotius und drei Wochen vor der Staatspreis-Verleihung in Mainz, wurden ihm seine Erfindungen offenbar etwas zu heiß:

„Die Quelle (Römische Rede) ist korrekt. Der Sinn ist korrekt. Die Wahrheit ist belegbar. Die These ist fruchtbar. Was fehlt, ist das Geringste: das Wortwörtliche“ lässt er die WELT-Redaktion wissen. [8] Wohl um seine mit Ignoranz getränkte Durchtriebenheit hervorzuheben, berief sich Menasse in der Kommunikation mit der WELT-Redaktion auch noch auf den Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend, einen weiteren Toten, der sich gegen Unterstellungen nicht mehr wehren kann. [13] Nirgends hat Feyerabend jedenfalls dazu aufgerufen, zu wissenschaftlicher Erkenntnis durch die Verbreitung von Lügen zu gelangen.

Johann Hinrich Claussen vom Evangelischen Magazin Chrismon nannte es – aus Gründen der Selbstzensur nur bis er den Text zurückzog – „einen länglichen, gewunden-peinlichen Rechtfertigungsversuch“ mit dem „Menasse unfreiwillig gezeigt hat, dass er nicht recht weiß, was er als Schriftsteller tut.“.

Die Klitterungen des Robert Menasse von Köpenick sind nicht nur Teil seiner Romantexte. Sie sind Ankerpunkte seiner politischen Vorträge. Menasse kann deshalb nicht die Freiheit des Literaten in einem fiktionalen Text für sich beanspruchen und sich damit billig entschuldigen. Ebenso wenig wie das nun hektisch um ihn bemühte links-intellektuelle Helfernetzwerk das kann.

Die Klitterungen finden sich in Zeitungsartikeln, wie beispielsweise jenem vom 08.06.2015 in The European, „Eine kurze Geschichte der europäischen Zukunft“. [9]

Zweimal werden hier real Walter Hallstein, dessen Foto dem Artikel vorangestellt ist, fiktionale Zitate in den Mund gelegt:

Was immer wir in den neu geschaffenen europäischen Institutionen beschließen und durchzusetzen versuchen, Ziel ist und bleibt die Überwindung der Nationen und die Organisation eines nachnationalen Europas.“ (Walter Hallstein alias Robert Menasse)

„Das Ziel ist die Überwindung der Nationen“  (Walter Hallstein alias Robert Menasse)

Fantasie beschränkt sich allerdings nicht nur auf Walter Hallstein.

Wo Stefan Zweig den im gleichen Artikel zitierten Satz

„Der Nationalismus hat die europäische Kultur und Zivilisation zerstört“

geschrieben haben soll, bleibt ebenfalls so lange ungeklärt, bis es Menasse wieder einfällt.

The real Walter Hallstein

Über die Klitterungen hinaus ist auch der Versuch grotesk, ausgerechnet den durch seine Funktion im NS-Staat und eine bekannt gewordene Rede während der Nazi-Herrschaft durchaus belasteten Walter Hallstein als Kronzeugen eines postnationalen Europas heranzuziehen. Hallsteins Rede “Die Rechtseinheit Großdeutschlands” wurde am 23.01.1939 in Rostock vor der lokalen NS-Nomenklatur gehalten. Dies war kurz nach dem Anschluss von Österreich und dem Sudetenland an „Großdeutschland“.

Fatalerweise erinnert der Begriff der „Rechtseinheit“ stark an den von Hallstein Jahre später im Rahmen der Europäischen Einigung geprägten Begriff der „Europäischen Rechtsgemeinschaft“. „Rechtsgemeinschaft“ ist bis heute ein von Europarechtsexperten, insbesondere jener, die am Walter Hallstein-Institut der Humboldt-Universität Berlin beheimatet sind, mit anklingender Bewunderung verwendeter Begriff.

„Rechtsgemeinschaft“, „Volksgemeinschaft“, das hat doch was von Gleichschaltung – nicht wahr?

Wenn er nun diesen Walter Hallstein in seinem Roman „Die Hauptstadt“ seine Antrittsrede in Ausschwitz halten lässt, dann ist das nicht nur absurd, er spielt damit auch mit einem Grundstein der Schöpfungsgeschichte der Bundesrepublik und der EU. Niemand darf das! – Menasse als edler Gutmensch offenbar doch.

In einem gelungenen Beitrag, den er in einem Schwächeanfall der Selbstzensur nach einem Telefonat mit Eva Menasse (!) selbst zurückgezogen hat, formulierte es Johann Hinrich Claussen so: „Seine Auschwitz-Legende ist historisch unwahr, moralisch anstößig, weil sie die Shoa ideenpolitisch instrumentalisiert, und ästhetisch nicht überzeugend, weil sie ein literarisch plumper und geschmackloser Einfall ist.“

Immerhin, wie man sich in Zeiten vorauseilender Zensur seine Karriere erhält, hat Herr Claussen schon mitbekommen: „Ich habe sie (Eva Menasse), ihren Bruder und ihre Familie um Entschuldigung gebeten.“

Die Frage ist nur, wofür?

Absurde bis gefährliche politische Standpunkte

Schwerer als seine kaufmännische Finesse und seine Klitterungen zum eigenen Vorteil wiegen aber letztendlich seine tatsächlichen politischen Standpunkte. Ob er für diese wirklich steht oder nur zu stehen vorgibt, nicht mal Menasse selbst kann sich da so ganz sicher sein.

Dabei gibt es klar erkennbare und deshalb harmlose Wahnvorstellungen, die er zusammen mit Guérot vom Stapel lässt. Beispielsweise die These, dass es besser sei, auf die Integration von illegalen Zuwanderern zu verzichten, weil diese aus eigener Kraft auf hiesigem Territorium ihre Zivilisation errichten könnten: „Anstatt dass wir diese Familien trennen, Asylgeld bezahlen, die Leute auf verschiedene Stadtteile verteilen, lassen wir die Städte nachbauen. Wir bauen jetzt Neu Aleppo, wir bauen Neu Damaskus und so weiter …“ [10]

Es gibt aber auch die subtil anmutenden Thesen. Das sind die wirklich gefährlichen.

Menasse steht bestenfalls für einen EU-Nationalismus, der dem Nationen-Nationalismus, den er so verachtet, auf verdächtige Weise ähnelt, und den Bürger zusätzlich völlig entrechtet. Es geht bei ihm auch noch weit schlimmer. Menasse misstraut zutiefst dem Souverän einer jeden funktionierenden Demokratie: dem Staatsvolk.

„Die höchstentwickelte und erfolgreichste Basisdemokratie in der Geschichte war der NS-Staat.“

Das gab Menasse im Anschluss an einen Vortrag am 20.01.2015 in der Humboldt-Universität Berlin von sich. [11]

Wäre historisch etwas von einer großdeutschen Volksabstimmung über den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg bekannt, könnte man auf einen solchen Humbug glatt hereinfallen. Menasse kennt den Unterschied zwischen Diktatur und Basisdemokratie nicht oder will ihn nicht kennen. Ich warte sehnlichst auf seinen Hinweis, dass es in der Schweiz dank Basisdemokratie immer noch die Todesstrafe gibt, Minderheiten unterdrückt werden und von dort 1939 zuerst angegriffen wurde…

Im „Landboten“ wird dann auch konsequent formuliert, was nur ein Feind der Demokratie formulieren kann: “Wir müssen dieses letzte Tabu der aufgeklärten Gesellschaften brechen: dass unsere Demokratie ein heiliges Gut ist.“

Menasses Vorstellung des kommenden politischen Systems ist damit eher postdemokratisch als postnational: Die Entscheidungen sind in einem elitären Kreis zu treffen, der weiß, was für die Welt und die Bürger darin gut ist. Danke, Herr Menasse, so funktioniert die EU in Grundzügen bereits heute, was sie bei den Bürgern so ungemein beliebt gemacht hat.

In der Gesamtschau erinnert Robert Menasse an jenen Friedrich Wilhelm Voigt alias Hauptmann von Köpenick, von dem auf Wikipedia am Ende Folgendes zu lesen ist:

„Noch einmal kam Voigt im Ersten Weltkrieg mit preußischem Militär in Berührung. Im von deutschen Truppen besetzten Luxemburg nahm man ihn kurzzeitig in Gewahrsam und verhörte ihn. Der mit dem Vorgang befasste Leutnant notierte in sein Tagebuch: ‚Mir bleibt rätselhaft, wie dieser armselige Mensch einmal ganz Preußen erschüttern konnte.’“ [12]

Und in einer besseren Zukunft wird des hoffentlich rätselhaft sein, wie ein notorischer Lügner in Rheinland-Pfalz einmal einen Staatspreise „für seine Verdienste um die deutsche Sprache“ erhalten konnte. [14]

[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120925_OTS0211/dr-robert-menasse-praesentiert-sein-neustes-werk-der-europaeische-landbote

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Novomatic

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Hahn_(Politiker)

[4] https://www.cnbc.com/2018/02/21/goldman-sachs-executive-jose-manuel-barroso-a-former-top-eu-chief-in-row-over-brussels-lobbying.html

[5] https://www.amazon.de/Europ%C3%A4ische-Landbote-geschenkte-Demokratie-erk%C3%A4mpften-ebook/dp/B009A7YQD6/ref=cm_cr_arp_d_product_top?ie=UTF8

[6]https://www.achgut.com/artikel/300_000_euro_staatsknete_fuer_menasse_

[7] http://www.spiegel.de/spiegel/heinrich-august-winkler-ueber-robert-menasse-europas-falsche-freunde-a-1174045.html

[8] https://www.welt.de/kultur/article186002284/Robert-Menasse-hat-Zitate-erfunden-Was-kuemmert-mich-das-Woertliche.html

[9] https://www.theeuropean.de/robert-menasse/10143-das-ende-des-nationalismus-in-europa

[10] https://www.deutschlandfunk.de/integration-lassen-wir-fluechtlinge-eigene-staedte-nachbauen.694.de.html?dram:article_id=346590

[11] https://youtu.be/bK3qwicdffc?t=4556

[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Hauptmann_von_K%C3%B6penick

[13] https://www.welt.de/politik/deutschland/article186139730/Falsche-Zitate-Co-Autorin-Ulrike-Guerot-zum-Fall-Robert-Menasse.html

[14] ttps://www.rlp.de/de/aktuelles/einzelansicht/news/detail/News/ministerpraesidentin-malu-dreyer-wuerdigt-literarisches-gesamtwerk-von-robert-menasse/

www.conservo.wordpress.com   15.02.2019
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