Die Konsensfabrik

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dr. Wolfgang Caspart

Das System der „indirekten und scheinbar konsensbestimmten Hegemonie der Vereinigten Staaten“ wurde in der Zeit des Kalten Krieges ausgebaut und ist komplex. Es setzt sich aus vielen ineinandergreifenden Elementen und Verfahrensabläufen zusammen, die „Übereinstimmung herstellen und ein Ungleichgewicht an Macht und Einfluß verdecken sollen.“ (Zbigniew Brzezinski: „Die einzige Weltmacht”, 3. Aufl. 2000, S. 48)

Anders als frühere Imperien ist dieses gewaltige und komplexe globale System nicht hierarchisch organisiert. Amerika steht im Mittelpunkt eines ineinandergreifenden Universums, in dem Macht durch dauerndes Verhandeln, im Dialog, durch Diffusion und in dem Streben nach offiziellem Konsens ausgeübt wird, selbst wenn diese Macht letztlich von einer einzigen Quelle, nämlich Washington, D.C., ausgeht.“ (Zbigniew Brzezinski: „Die einzige Weltmacht”, 3. Aufl. 2000, S. 49)

Wichtiger noch als die militärische Vorherrschaft ist für ihren Imperialismus die Einflussnahme auf Eliten in Politik, Wirtschaft und Medien. Für viele Menschen ist die globale Herrschaft der USA nicht durchschaubar, weil sie in der Propaganda von Politik und Medien als eine verbündete, ja befreundete Macht erscheinen, deren Lebensziele mit den eigenen identisch sind.

Bei der großen Masse der Menschen ist ein hinreichender Durchblick nicht vorhanden, da sie beansprucht durch den täglichen Daseinskampf in ein Netz ständiger medialer Manipulation einer schier total wirkenden „Bewusstseinsindustrie“ eingesponnen sind, aus der auszubrechen für die meisten unmöglich scheint.

(Herbert Ludwig in Aktuell am 2. Mai 2014, http://www.geolitico.de/category/aktuell/)

Die Berufspolitik beschaffte sich ihre eigenen Hüter und mit ihr liierte Kontrollinstanzen. Sie alle spielen ihre Rolle in dem Stück „Demokratie als Fassade“. Die „Schweigespirale“ des durch Isolationsangst hervorgerufenen Konformitätsdrucks bestimmt indes das öffentliche Leben der „mündigen“ Bürger und führt aufgrund ihres Konsonanzstrebens allmählich zu sozial selektiven Wahrnehmungs- und Beeinflussungsprozessen (Elisabeth Noelle-Neumann: Öffentliche Meinung: die Entdeckung der Schweigespirale. Erweiterte Ausgabe, Ullstein Verlag, Frankfurt a.M. 1991. Und dieselbe: Die Schweigespirale. Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut. 6., erweiterte Neuauflage. Langen Müller Verlag, München 2001). Die öffentliche Meinung wird parametrisiert und in allen wirklich entscheidenden Dingen gleichgeschaltet (Noam Chomsky: Wege zur intellektuellen Selbstverteidigung. Medien, Demokratie und die Fabrikation von Konsens. Trotzdem Verlag, Hamburg 2001).

Die Wolfowitz-Doktrin ist die Grundlage der Politik der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber Russland (und China):

„Unser erstes Ziel ist es, das Wiedererstarken eines neuen Rivalen, sei es auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo, der eine Drohung in dem Ausmaß darstellt, wie es die Sowjetunion war, zu verhindern. Das ist eine dominierende Überlegung, auf der die neue Strategie der regionalen Verteidigung beruht, und diese verlangt, dass wir bestrebt sind, jede feindliche Macht daran zu hindern, eine Region zu beherrschen, deren Ressourcen unter konsolidierter Kontrolle ausreichen würden, globale Macht zu erzeugen.“

Die Wolfowitz-Doktrin rechtfertigt Washingtons Beherrschung aller Regionen. Sie geht Hand in Hand mit der neo-konservativen Ideologie von den Vereinigten Staaten von Amerika als dem „unentbehrlichen“ und „außergewöhnlichen“ Land, das berufen ist, die Welt zu beherrschen. (Paul Craig Roberts, antikrieg.com, 2. Mai 2014)

Mit dem Young-Leaders-Programm betreibt die Atlantikbrücke eine Art Elitebildung in ihrem Sinn. Junge Leute aus Wirtschaft und Politik werden von ihren Mentoren empfohlen und in das Programm aufgenommen. Besonders fällt auf, dass sehr viele Korrespondenten, die von ihren Sendern und Verlagen in die USA entsandt worden sind, in der Liste vertreten sind. Das hat aber durchaus seinen Sinn. Damit werden so ziemlich alle Korrespondenten, bevor sie ihren Dienst in den USA antreten, zu Treffen der Atlantikbrücke eingeladen. Die Verbindungen der Brücke, sind hervorragend.

Bereits im März 2013 wurde im Blog „Spiegelkabinett” eine Liste der Journalisten veröffentlicht, die laut der Jahresberichte der Atlantikbrücke 2006/2007 bis 2011/2012 an ihren Veranstaltungen teilnahmen. Der Autor kommt dabei auf 89 Journalisten, davon allein 26 aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich. Im Übrigen sind alle großen meinungsbildenden Publikationen vertreten. So kommt es in Europa zu dem, was kommen soll.

http://spiegelkabinett-blog.blogspot.de/2013/03/journalisten-der-atlantikbrucke-in.html

„Aufgrund der Tatsache, dass die Bundesregierung sowie deren Umfeld eine hohe Konzentration an Young Leaders und Sympathisanten aufweist …, liegt es nahe zu schlussfolgern, dass es in Deutschland so gut wie keine autochthonen Eliten mehr gibt, die primär die Interessen Deutschlands und das Wohlergehen dieses Landes im Auge hätten“. (Friederike Beck: Das Guttenberg-Dossier“, Ingelheim 2011 S. 182, 183)

Die „offene Methode der Koordinierung“ bezeichnete schon vor 13 Jahren eine Arbeitsmethode der europäischen Zusammenarbeit. Wörtlich (Quelle: Europäische Kommission: Europäisches Regieren. Ein Weißbuch, Juli 2001):

„Die ´offene Koordinierungsmethode´ wird fallweise angewandt. Sie fördert die Zusammenarbeit, den Austausch bewährter Verfahren sowie die Vereinbarung gemeinsamer Ziele und Leitlinien von Mitgliedstaaten, die manchmal wie im Falle der Beschäftigung und der sozialen Ausgrenzung durch Aktionspläne von Mitgliedstaaten unterstützt werden. Diese Methode beruht auf einer regelmäßigen Überwachung der bei der Verwirklichung dieser Ziele erreichten Fortschritte und bietet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ihre Anstrengungen zu vergleichen und aus den Erfahrungen der anderen zu lernen.“

EU-Handelskommissar Karel De Gucht will durchsetzen, dass die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten nicht über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU entscheiden. Dieses Abkommen ist in den meisten Mitgliedsstaaten der EU hoch umstritten. Sensibilisierte Beobachter sehen in der Vorgehensweise De Guchts und der EU-Kommission das Werk von Lobbygruppen der US-Industrie, internationaler Großkonzerne und Finanzgruppen.

Der Kreis schließt sich: Für den ehemaligen US-Sicherheitsberater Brzezinski stellt Europa nichts weiter als ein Protektorat und einen Brückenkopf zum euroasiatischen Raum dar (Zbigniew Brzezinski: Die Einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Verlag Beltz Quadriga, Weinheim 1997, S. 89 ff.). Laut ihm ist der gesamte eurasische Kontinent „von amerikanischen Vasallen und tributpflichtigen Staaten übersät, von denen einige allzu gern noch fester an Washington gebunden wären“ (Zbigniew Brzezinski: Die Einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Verlag Beltz Quadriga, Weinheim 1997, S. 41). Was immer die Europäische Union macht, tut sie im Interesse des transatlantischen Establishments.                   *Quelle: Aula 7/8 2014. Graz, Aulaverlag 2014, S. 52-53

www.conservo.wordpress.com     22.2.2019
Über conservo 7863 Artikel
Conservo-Redaktion