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Eigener Bericht *)
Peking will auch Gebiete „zurückholen”, die es noch nie beherrscht hat
„Sei bereit für den Kampf” – so fasste die Hongkonger Zeitung »South China Morning Post«, die zunehmend die Linie der Kommunistischen Partei wiedergibt, den ersten Auftrag von Xi Jinping (65) in diesem Jahr an die Volksbefreiungsarmee (PLA) zusammen. Xi forderte in einer landesweit ausgestrahlt Ansprache: „Bereiten Sie sich auf einen umfassenden militärischen Kampf von einem neuen Ausgangspunkt aus vor.”
Chinas Staatschef hat in den letzten Monaten wiederholt Nachbarländer und die USA bedroht. ,,Xi spielt nicht nur mit Krieg”, schrieb Professor Dr. Victor Mair (75) von der Universität Pennsylvanien. „Er traut sich zu, einen zu beginnen. Er ist in einer gefährlichen geistigen Verfassung.” Von Washington bis Neu-Delhi fragen sich Politiker, ob China den nächsten großen Konflikt der Geschichte beginnen wird. Peking will natürlich ,,kampflos gewinnen”, aber die Maßnahmen, die Xi Jinping ergreift, bergen Kriegsgefahr.
Besonders beunruhigend ist der Anstieg des Einflusses des chinesi- schen Militärs in Chinas Machtzirkel. Die ,Volksbefreiungsarmee” (PLA), wie das chinesische Militär genannt wird, rüstet rasch auf, und diese Entwicklung löst Alarm aus. Peking hat immer behauptet, dass sein Militär nur zu Verteidigungszwecken dient, aber kein Land bedroht das von China kontrollierte Gebiet. Die Aufrüstung sieht daher wie Kriegsvorbereitung aus. Ein Großteil der Ausrüstung, die die Volksbefreiungsarmee beschafft – Flugzeugträger, amphibische Truppenträger und Tarnkappenbomber – dient der Projektion von Macht und nicht der Verteidigung der Heimat.
Chinesische Führer – nicht nur Xi Jinping – glauben, daß ihre Herrschaftsdomänen viel größer sein sollten als heute. Die Sorge ist, daß sie, nach eigener Rhetorik, glänzende neue Waffen einsetzen werden, um Territorium zu erobern und unter Ausschluß anderer den internationalen Wasser- und Luftraum zu besetzen. In Chinas Führung und Volk ist eine irredentistische Stimmung verbreitet, die sogar Gebiete ,,wiederbeschaffen“ will, die sie tatsächlich nie beherrscht haben. Das bedeutet nicht unbe dingt militärische Eroberung als Mittel zum Erwerb riesiger „verlorener Gebiete”. Sie glauben, dass Einschüchterung und Nötigung für eine gewaltlose Einnahme genügt.
Die Aufrüstung hat auch andere Ziele. Professor Dr. Arthur Waldron (70), ebenso von der Universität Pennsylvanien, mutmaßt, Chinas Ziel sei, ,,seine Großartigkeit in den Augen der Welt zu erhöhen, so daß ihr Aufbau als Versuch zu verstehen ist, stark genug zu werden, um das internationale Svstem ohne Konsequenzen missachten zu können.”
Trotz der Rhetorik kennen die Chinesen die ,,Unwägbarkeiten“, tatsächlich in den Krieg zu ziehen. Seit Jahrhunderten sind sie nicht sehr gut darin und ertragen eine Niederlage nach der anderen und eine Invasion nach der anderen. Ihre militärische Bilanz während der Zeit der Volksrepublik ist ähnlich wenig beeindruckend. Zwar hat China die Kontrolle über die Paracel-Inseln und die Spratlys im Südchinesischen Meer in etlichen Gefechten mit diversen vietnamesischen Regierungen übernommen, aber das waren im Vergleich zu den Rückschlägen geringfügige Zwischenfälle.
Mao Zedong nahm etwa 600.000 Tote – darunter auch seinen Sohn Mao Anying – in Kauf, um Anfang der 1950er-Jahre in Korea ein Unentschieden zu erzielen. Sein Nachfolger, Deng Xiaoping, startete 1979 einen Überfall, ,,um Vietnam eine Lehre zu erteilen”, und erlitt statt- dessen eine demütigende Niederlage durch den kleinen kommunistischen Nachbarn.
Trotz seiner schwachen Bilanz gibt China Anlass zu großer Sorge. Xi war bereits den Generälen und Admiralen verpflichtet, die das Rückgrat seiner politischen Unterstützung in
den Kreisen der Kommunistischen Partei (KP) bilden, und sie sind noch mächtiger ge- worden, da das chinesische Volk widerspenstiger geworden ist. Professor Dr. Willy Lam (66) von der chinesischen Universität Hong Kong analysiert:
Die oberste Führung sei wegen massiver sozialer Unruhen „paranoid“ und habe dem Militär und der Polizei ,.zusätzliche Macht” gegeben, die innere Sicherheit zu verschärfen […I Xi ver- stehe sehr gut, ,,daß es die Armee und die Polizei sind, die die Partei am Leben erhalten”. Xi hat versucht, das Militär sowohl mit ,,Anti-Korruptionsbemühungen” – in Wirklichkeit eine Reihe von politischen Säuberungen – und, wie Frau Professor Dr. June Teufel Dreyer (79) von der Universität Miami sagt, ,,einer umfassenden militärischen Organisation” unter Kontrolle zu bringen.
Doch diese Bemühungen waren nicht komplett erfolgreich. Deshalb versuche Xi als der ,,martialische Kaiser” zu gelten. Er kennt die Macht der PLA als „Königsmacher”, der zivile Führer unterstützen oder zu Fall bringen kann. „Der derzeitige chinesische Fokus auf das Militär hat zweifellos innenpolitische Wurzeln und steht nicht im Zusammenhang mit Veränderungen im Sicherheitsumfeld”, versichert Professor Waldron.
Kriegslust des chinesischen Militärs macht Ostasien zum Pulverfass – Experten sehen Parallelen zu Japans Expansionskurs vor dem 11. Weltkrieg
Xi hat übermäßig große Militärbudgets gesponsert und der Militärführung ermöglicht, eine provokante Außenpolitik zu bestimmen. Die Deklaration der Ostchinesischen Meeres- Luftwaffen-ldentifikationszone vom November 2013 – ein kühner Versuch, den Himmel vor ihren Ufern zu kontrollieren – ist ein klares Beispiel für den militärischen Einfluß. Die Übernahme von Scarborough Shoal Anfang 2012 und die teilweise Aneignung und Militarisierung der Spratly-lnselkette im Südchinesischen Meer sind weitere destabilisierende Ereignisse.
Zweimal drohten im Dezember 2018 hochrangige PLA-Offiziere öffentlich mit unprovo- zierten Angriffen auf die U.S. Navy. „Die Vereinigten Staaten haben am meisten Angst vor dem Tod”, sagte Konteradmiral Luo Yuan (69) beim zweiten dieser Ausbrüche. ,,Wir haben jetzt Dong Feng-21D, Dong Feng-26 Raketen. Das sind Flugzeugträger-Killer. Wir greifen an und versenken einen ihrer Flugzeugträger. Laßt sie 5.000 Tote erleiden. Angriff und Versen- kung zweier Träger, Verluste 10.000 Mann. Mal sehen, ob die USA Angst haben oder nicht”
Jeder, nicht nur die USA, sollte besorgt sein, nicht zuletzt wegen der Parallelen zwischen dem heutigen chinesischen Militär und dem japanischen in den 1930er-Jahren. In den 1930er-Jahren ergriffen Japans Militärs, wie Frau Professor Dr. lune Teufel Drever (79) aufzeigt, ,,drastische Maßnahmen, um die Regierung auf eine Kriegstour zu zwingen und sogar japanische Politiker zu ermorden, die sich solchen Schritten widersetzten”.
Damals wurde das japanische Militär, wie heute das chinesische, durch Erfolg und Ultrana- tionalismus gestärkt. Damals wie heute kontrollierten Zivilisten die größte Armee Asiens nur lose. Damals wie heute ist das größte Militär Asiens durchsetzungsstark und kriegsbereit. Darüber hinaus veröffentlichten die Medien in den 1930er-Jahren die Idee, dass Japan von feindlichen Mächten umgeben sei, die seinen Aufstieg verhindern wollten. Eri Hotta (47) schreibt in ihrem Buch „Japan 1941: Countdown to Infamy”, daß die Japaner ,,sich selbst davon überzeugt haben, daß sie eher Opfer von Umständen als von Angreifern sind”.
Das ist genau das, was auch die Chinesen im Moment tun. ,,Wenn wir fragen: ‘Wollten sie Krieg?’ so ist die Antwort ja; und wenn wir fragen: ‘Wollten sie Krieg vermeiden?’ so ist die Antwort immer noch ja”, bemerkte Maruyama Masao (1914 – 1996), ein führender Politikwissenschaftler der Nachkriegszeit. ,,Obwohl sie Krieg wollten, versuchten sie, ihn zu vermeiden; obwohl sie ihn vermeiden wollten, wählten sie bewußt den Weg, der zu ihm führte.” Ein tragisches Muster, das sich heute auch in Pekina zeigt.
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