(www.conservo.wordpress.com)
Von Helmut Roewer *)
Wikipedia im Alltag: Wer beim Lügen ertappt wird, ist genötigt, hernach die Wahrheit umzugestalten.
Heute erneut: Zum Lügenkonstrukt von Wikipedia und wer dahintersteckt – zum Beispiel Harald Krichel alias Seewolf
Das angebliche Internet-Lexikon Wikipedia brauche ich dem Leser nicht vorzustellen. Er kennt es. Es ist… Ja, was ist es eigentlich? Fangen wir mit dem Unumstrittenen an: Es handelt sich in Deutschland um ca. 20.000 Personen (mit abnehmender Tendenz), die sich an der Internet-Plattform mit dem Namen Wikipedia zu schaffen machen. Diese Personen sind nach einer Selbstbenennung die User (Nutzer = Autoren). Sie sorgen für den Inhalt dessen, was man zu lesen kriegt, wenn man einen Beitrag auf einer Seite von Wikipedia aufruft.
Doch das ist nicht die volle Wahrheit. Dieser bunte Menschenhaufen hat eine streng hierarchische Gliederung, die dafür sorgt, dass die Gleichen nicht alle gleich sind, sondern manche eben ein bisschen gleicher. An der Spitze dieser Gliederung stehen die Administratoren (gleich werde ich einen davon vorstellen). Diese Administratoren haben letztlich das Sagen, was in der Wikipedia inhaltlich steht (oder auch was nicht) und wer es verfassen darf (und wer nicht).
Da die Personen von Wikipedia vom User an aufwärts selbstgewählte Decknamen tragen, ist es für Außenstehende meist unmöglich herauszufinden, wer hier für was in Person die Verantwortung trägt – ein Anliegen, das so manch einer hat, insbesondere wenn es sich um falsche, verfälschende oder diffamierende Inhalte handelt. Sucht man nach einer historischen Analogie, wird einem vielleicht als erstes der Geheim-Orden der Illuminaten des Ingolstädter Juraprofessors Adam Weishaupt aus dem Jahre 1776 einfallen. Weishaupt war nicht nur Ordensgründer, sondern er hat sein Konstrukt, nachdem es aufgekippt war, im Detail beschrieben. Böse Zungen behaupten, er habe dies getan, um sich vor dem Galgen zu retten.
Liest man die Schriften von Weishaupt nach, so könnte man denken, er habe an der Wikipedia Maß genommen.
Adam Weishaupt : Das verbesserte System der Illuminaten mit allen seinen Einrichtungen.
Frankfurt/Leipzig, Grattenauerische Buchhandlung, 1787.
Doch das ist natürlich Quatsch, denn anders herum wird bestenfalls ein Schuh daraus. Hier wie da finden wir eine strikte Hierarche unter den Ordens-Oberen, Zwischeninstanzen und schließlich mindere Brüder geringerer Einweihung und parallel ein Decknamensystem, dessen Entschlüsselung auf einige wenige beschränkt ist. Um blödsinnigen Kommentaren vorzubeugen: Ich behaupte nicht, dass Wikipedia die Illuminati sind oder von diesen unterwandert oder was sonst auch immer, sondern dass wir zwei Strukturen vor uns haben, die sich fast aufs Haar gleichen.
Den Juristen interessiert nun, was Wikipedia eigentlich – rein rechtlich betrachtet – für ein Menschenhaufen ist. Normalerweise spricht man bei einem personalen Zusammenschluss von einem Verein. Und siehe da: Da ist auch einer, die Wikimedia Deutschland e.V., also ein eingetragener Verein mit einem Sitz und den üblichen vom BGB vorgeschriebenen Vereins-Organen. Doch jetzt kommt der entscheidende Trick. Dieser Verein hat sich bislang in juristischen Auseinandersetzungen von der Verantwortung für den Inhalt von Wikipedia herausgeredet. Er behauptet, mit Wikipedia inhaltlich oder sonstwie nichts zu tun zu haben, sondern nur die Spendensammelstelle zu sein, um dieses wunderbare Projekt betreiben zu können. Stimmt das?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, sollte man erst einmal die Selbstbeschreibungen von Wikipedia/Wikimedia einer Inspektion unterziehen. Jahr für Jahr erscheint um die Weihnachtszeit ein Banner auf allen deutschen Wikipedia-Beiträgen, wo der deutsche Wikipedia-Gläubige zum Spenden für Wikipedia aufgerufen wird. Es fehlt in diesem Banner nicht die Größenordnung, die für den Betrieb von Wikipedia nach Eigeneinschätzung benötigt wird. Es handelt sich um Beträge im Millionenbereich. Der angestrebte Betrag wird nach Eigenangaben Jahr für Jahr überschritten.
Das jeweils angegebene Konto gehört indessen nicht Wikipedia, sondern dem Verein Wikimedia. Was passiert nun mit all dem schönen Geld? Es wird irgendwie verteilt, und genau hierüber entsteht unter Personen, die sich selbst nach Eigenangaben Wikipedia (nicht Wikimedia) zuordnen, viel Streit. Dieser Streit hat bei mir den Verdacht ausgelöst, aus dem Spendengeld könnten Zuwendungen an die Gleicheren unter den Gleichen von Wikipedia geleistet werden. Doch das genau wird von den Sprechern der Organisationen bestritten. Doch wer spricht hier eigentlich? Es ist zum Beispiel der Pressesprecher von Wikimedia e.V. – ein, wie ich vermute, hauptamtlicher Bediensteter der Wikimedia. Woher weiß er das, was er behauptet, und wieso kann er überhaupt für Wikipedia sprechen? Ja, das ist rätselhaft, denn, wie gesagt, beide Organisationen haben miteinander nichts zu tun – sieht man einmal von der Kleinigkeit ab, dass die eine die andere finanziert.
Es gibt ein deutsches Sprichwort: Wer bezahlt, bestellt die Musik. Wenn das stimmt, würde Wikimedia die Wikipedia lenken. Hierfür gibt es nahezu untrügliche Indizien: (1) Selbstauskünfte, (2) personale Identität der scheinbar getrennten Organisationen.
(1) Selbstauskünfte des Wikimedia e.V.: Wie schon erwähnt, hat der Wikimedia e.V. einen Pressesprecher, der Erstaunliches äußert, wenn man ihn danach fragt. Beispielhaft erwähne ich hier die Auskünfte an Paul Schreyer und an das Autorenduo Markus Fiedler & Dirk Pohlmann.
Wikihausen-Website: www.wikihausen.de; hier speziell der Beitrag vom 1. Mai 2019 http://wikihausen.de/2019/05/01/boehmermann-wikipedia-und-filter-248-reloaded-23-wikihausen/.
Ich fasse zusammen: Der Pressesprecher von Wikimedia – er heißt Jan Apel – gibt verbindliche Auskünfte für Inhaltliches und Strukturelles von Wikipedia. Das ist so, als würde der Verein der Kirchensteuerzahler des Erzbistums Köln das Gehalt des Kölner Erzbischofs regeln. Alle würden sich an den Kopf greifen. Bei Wikimedia/Wikipedia ist dies anders. Das kann nur bedeuten, der Mann ist größenwahnsinnig, oder er spricht autorisiert. Dann adieu, schöne Trennungslegende.
(2) Personale Identität: Vorstand bzw. Vorstandsmitglied bei Wikimedia e.V. ist für viele Jahre Harald Krichel. Dieser Mann führt auch ein Wikipedia-Leben. Dort ist er nicht irgendwer, sondern der Administrator mit dem Decknamen Seewolf. Administrator, wir erinnern uns, das sind die strikt abgeschirmt wirkenden Führungsfiguren. Sie sind es, die das letzte Wort über das Inhaltliche und die User der Plattform haben. In dem Leben als Seewolf geht Krichel einer speziellen Profession nach. Zusammen mit einem zweiten Mann betreibt er den Upload-Filter 248. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine automatisierte Routine, die Beiträge bzw. Veränderungsbemühungen nach bestimmten Reizwörtern durchsucht und bei Trefferfällen den Zugriff auf die Dateien automatisch sperrt. Eines dieser Reizwörter ist Psiram. Der Begriff benennt den Namen einer Co-Plattform, die vermutlich einen Sitz auf Island hat, und sich in besonders übler Form auf Naturheilverfahren und deren Vertreter eingeschossen hat. Was immer man von solchen Verfahren und ihren Machern hält, ist hier nicht die Frage, sondern was Wikipedia befugt, einen automatisierten Schutzschild für Psiram zu benutzen, der jegliche Diskussion des Gegenstandes a limine abblockt.
Krichel ist also bei Wikipedia/Wikimedia nicht irgendwer. Er befindet sich in einer absoluten Spitzenfunktion sowohl im Wikimedia e.V. als auch in dem Geheimorden Wikipedia. Identischer geht es wohl kaum. Bleibt die Frage, was er sonst so macht. Auf die Frage von Markus Fiedler, ob Krichel bzw. Seewolf von Wikimedia oder Wikipedia für sein umfassendes Tun besoldet wird, hat wiederum der Pressesprecher von Wikimedia für beide Organisationen, die angeblich nichts miteinander zu tun haben, geantwortet: Nein, er kriegt nichts, er arbeitet ehrenamtlich. Darüber wunderten sich Fiedler und Pohlmann. Sie hielten den Mann für schizophren, weil er in seiner Freizeit zwischen beiden Funktionen berührungslos hin und her springen kann, und stellten sich sodann die Frage, wovon er eigentlich lebt.
Versuchen wir eine Antwort. Ich habe ein bisschen in meinem Archiv gekramt und bin dann auf eine Eigenauskunft von Krichel gestoßen. Ich gebe sie hier im Wortlaut wider und sage danach, was aus der Antwort folgt.
Waren Sie als Vorstand dann beim Verein angestellt, oder handelte es sich stets um ehrenamtliche Tätigkeiten?
Also der Verein sammelt ja die Spenden und hat auch um die 15 Angestellten, etwa Geschäftsführer, Pressesprecher und verschiedene Projektleiter, auch für „Wikipedia macht Schule“. Das sind also „richtige“ Angestellte, zum Teil ehemalige Autoren. Ich habe jedoch die Vorstandsarbeit gemacht, das läuft alles ehrenamtlich. Und was machen Sie hauptberuflich? Einmal komme ich an Schulen und Medienzentren und erkläre, wie Wikipedia läuft und wie man damit umgehen kann und sollte, dass man das sinnvoll in der Schule verwerten kann, so wie am Stadtmedien-Zentrum im April. Also auch wie man mit Texten von anderen umgeht, damit einem das nicht passiert, dass einem nachher der Doktortitel aberkannt wird oder man durch die Abiturprüfung fällt. Das andere wäre, Wissensmanagement, wie wir es mit Wikipedia im Allgemeinen machen, im Speziellen für Firmen anzubieten. https://www.lmz-bw.de/nc/newsroom/aktuelle-beitraege-aller-bereiche/detailseite/ein-blick-hinter-die-kulissen-der-wikipedia-interview-mit-harald-krichel/ [Kopie im Archiv d. Verf.]. |
Die Antwort auf die Frage, wovon Krichel lebt (zumindest zur Zeit des Interviews lebte), lautet: von Wikipedia. Er schöpft Steuergelder ab, indem er Wikipedia bei den Schulen anpreist, und er bekommt Geld von Firmen, denen er mit etwas dient, was er selbst als Wissensmanagement bezeichnet. Ich übersetze mal, was ich mir darunter vorstelle. Es gibt Firmen, denen es sehr daran gelegen ist, ob – und wenn ja: wie – sie bei Wikipedia vorkommen. Ich nehme an, dass dieses Daran-gelegen-sein seinen Preis hat. Bei solcherlei Austausch von Wissen und Honorar, so stelle ich mir vor, wäre es praktisch, wenn der Wissensträger mit den Rechten eines Administrators aus dem Vollen schöpfen kann – oder auch ins noch nicht Volle hineinschöpfen. Ob es so ist, weiß ich nicht. Zumindest sagt Krichel selbst, dass er den Firmen den Gebrauch von Wikipedia als Leistung anbietet.
Wikipedia als Leistungsangebot für zahlungskräftige Kunden: Schnuckelchen-Blick des Wikipedia-Administrators Seewolf mit stilechtem Pullover als selbstgewählte Illustration zum Twitter-Account von Wikimedia-Funktionär Harald Krichel.
Alles in allem zeigt es sich, wie wichtig das Ehrenamt in Deutschland ist. Und wie lukrativ es sein kann. Vielleicht macht sich mal einer daran, den Sumpf von Wikipedia und derlei Schöpfern ein bisschen trockenzulegen. Bei solchen Drainagearbeiten würde von der Gemeinnützigkeit von Wikimedia wohl nicht viel übrigbleiben. Es bleibt also viel zu tun, oder wie Marcus (nein, nicht Fiedler, sondern) Cato der Ältere weise bemerkte: Wikipediam esse delendam.
©Helmut Roewer, Mai 2019
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