(www.conservo.wordpress.com)
Von Dr.Phil.Mehrens
Die Reaktionen auf den mutmaßlich rechtsextremen Hintergrund des Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sind gefährlich. Sie könnten der linken Orthodoxie als Vorwand für die weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit dienen. Vor allem die Reaktion der CDU, deren neue Vorsitzende Hoffnungen auf eine Abkehr vom Linkskurs nährte, verstört.
Stellen wir uns doch einfach mal vor, es hätte in den achtziger Jahren, auf dem Höhepunkt des Streits um die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf einen Mordanschlag auf den Regierungspräsidenten der Oberpfalz, Karl Krampol, gegeben. Der setzte 1985 per amtlicher Weisung die Erteilung der WAA-Baugenehmigung durch. Er hat es nicht gesagt, aber er hätte – mit dem nötigen Mangel an Respekt vor Atomkraftgegnern und den Argumenten von Bürgerinitiativen – sagen können: „Wer sich in diesem Land, das sich für die friedliche Nutzung der Kernenergie entschieden hat, nicht mehr wohl fühlt, der kann es jederzeit verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.“
Er hätte sich mit einer solchen Aussage zweifellos zur Zielscheibe des geballten Hasses der WAA-Gegner gemacht, unter denen es nicht wenige Gewaltbereite gab. Hätte es nach einem Mordanschlag auf Krampol landauf, landab aus den Redaktionsstuben von Zeitung, Funk und Fernsehen geschallt: „Der Staat muss endlich mehr tun gegen Linksradikale“?
- Hätte es seitens der Grünen einen glühenden Appell an den Verfassungsschutz und an die politisch Verantwortlichen gegeben, es müsse mehr getan werden gegen linke Extremisten?
- Und wäre es legitim gewesen, Petra Kelly oder Antje Vollmer mit ihrer Kritik an den provozierenden Aussagen des Mordopfers eine Mitschuld zu geben an dem Mord, oder hätte dies nicht vielmehr einen von der linksextremen taz angeführten Empörungstsunami ausgelöst?
- Wäre es legitim gewesen, nach Maßnahmen zu krakeelen, deren Ziel gewesen wäre, verbale Hassangriffe der Linken auf konservative Politiker und Atomkraftbefürworter zu unterbinden?
- Ein eigens zu schaffendes Anti-Hass-Gesetz für Atomkraftgegner? Was noch? Ein Verbot des beliebten „Atomkraft? Nein danke“-Buttons als Trägers einer Hassbotschaft? Wenn alle, die jetzt in unserem Land unisono die Anhänger rechter Bewegungen zu Hauptverantwortlichen des Lübcke-Mordes erklären und Konsequenzen fordern, diese Fragen nicht mit einem uneingeschränkten Ja beantworten können, dann sind sie mit ihren Forderungen nach mehr Intoleranz „gegen rechts“ die Hüter einer doppelten Moral.
Während man freilich von Katrin Göring-Eckardt nichts anderes erwarten konnte als die übliche Rechts = Hass = AfD-Gleichung, war die Reaktion von Annegret Kramp-Karrenbauer, der neuen CDU-Vorsitzenden, eine herbe Enttäuschung für alle Konservativen. Als bekennende Katholikin hatte sie es vor einiger Zeit noch gewagt, mit der „Ehe für alle“ eine der fettesten heiligen Kühe der Linken durch ein paar geschickt verabreichte Fußtritte zu entweihen, indem sie die Argumente von konservativen Kritikern aufgriff. Wer die Ehe in der Form, wie sie das Grundgesetz unter seinen Schutz stellt, verneint, begibt sich, hatte AKK angedeutet, im christlich geprägten Abendland auf Abschiedstour und wird auch Forderungen nach alternativen Ehemodellen seitens anderer Interessengruppen argumentativ nicht lange erfolgreich standhalten können.
Die SPD-Migrationsbeauftragte Aydan Özoguz hatte ja bereits 2016 beim Thema Kinderehen mehr Toleranz eingefordert. Schließlich sollen die Mohammedaner, die Kinderehen bejahen, später auch die SPD bejahen. Den Geist des Grundgesetzes geben Sozialisten in solchen Fällen bereitwillig preis. Mit ihrem amüsanten Fastnachtswitz zum Genderquatsch im Sanitärbereich drängte sich dem erleichterten Ex-CDU-Wähler dann endgültig der Eindruck auf: Die Frau hat Courage. Die pfeift auf den linken Meinungsimperialismus!
Doch nun erlebt der deutsche Wahlbürger eine Parteivorsitzende, die auf dem letzten Loch pfeift, eine Mutter Mutlos, die dem Druck ihrer Kritiker nachgegeben und alle Courage hat fahren lassen. Unter dem Eindruck des abscheulichen Mordes an dem Kasseler Migrationspopulisten Lübcke und der daraufhin wie auf Kommando öffentlich hochgeschäumten Empörungswelle, die die gesamte CDU-Führung umwarf und ins rote Meer plumpsen ließ, reagierte AKK nun geradezu willfährig auf die von entrüsteten Medienschaffenden geschürte Stimmung. Sie reagierte ganz genau so, wie die Empörten sich das gedacht haben:
Anstatt den durch geschickt gesetzte Piekser gegen das linke Establishment erzielten Vertrauenszuwachs unter Konservativen nun durch eine strikte Fortführung dieses Kurses zu konsolidieren, und noch selbstbewusster zur Attacke gegen Linksgrün zu blasen, ließ AKK keinen Zweifel daran, dass die miserablen Umfragewerte und die geschmacklose Ausschlachtung des Lübcke-Mordes durch die Anhänger einer linken Einheitsmeinung sie endgültig auf Kurs gebracht haben.
Damit verschärft sich die Krise der deutschen Demokratie: Die Bluttat von Kassel könnte, wenn jene sich als schwach genug erweist, zum Kotzebue 2.0 werden. Wir erinnern uns: Vor 200 Jahren erstach ein Burschenschaftler den Systemlakaien August von Kotzebue und rechtfertigte damit die Karlsbader Beschlüsse, durch die elementare bürgerliche Freiheiten ausgehebelt wurden.
Schon werden auch hierzulande Stimmen laut, die das illiberale Netzwerkdurchsetzungsgesetz für viel zu zahnlos halten, um unpopuläre Meinungen wirklich zu unterbinden, Stimmen, die etwa die Identitären, die man mit einigem Recht als Seelenverwandte, als geistige Nachfahren der Burschenschaftler von 1819 sehen kann, kriminalisieren und aus dem Verkehr ziehen wollen. Wie dereinst für den Restaurationsfürsten Metternich ist der Mord an Lübcke ein willkommener Anlass, um zum Endkampf gegen Vaterlands- und Freiheitsliebe zu blasen, also gegen alles, was der Achtundsechziger-Orthodoxie als Ketzerei gilt, pauschal subsumiert unter „rechts“.
Es ist alarmierend: Nur zwei Jahre nach dem von Linksautonomen unter bereitwilliger Schützenhilfe der Hamburger Grünen angezettelten Mini-Bürgerkrieg anlässlich des G-20-Gipfels in der Hansestadt ist linker Terror aus dem öffentlichen Bewusstsein fast vollständig verschwunden. Die letzten Reste kehren SPD, Linke und Grüne, aus deren gemeinsamer Ideologie dieser Terror hervorspross, gerade mit hämischem Grinsen vor die Tür.
Die Reaktionen auf den Lübcke-Mord stehen überdies – auch das eine höchst unwillkommene Beobachtung – in einem beispiellosen Kontrast zu der Art und Weise, wie auf die 14 Messerstiche eines afghanischen Flüchtlings auf eine 17-Jährige letztes Jahr in Flensburg reagiert wurde. Denn diese Tat versinkt förmlich in der Masse gleichartiger Fälle. Auch der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 ist in der aktuellen Debatte wie ausgelöscht. Migrantenterror gibt es im deutschen Sprachgebrauch gar nicht. Das Wort hätte aber sowieso kaum Überlebenschancen, weil es durch einen Sieg bei der nächsten Wahl zum Unwort des Jahres ganz schnell wieder aus dem Sprachgebrauch verbannt werden könnte.
Würde man in der Bundesrepublik nicht notorisch mit zweierlei Maß messen, hätten Göring-Eckardt, Giffey und Co. nach Vorfällen wie auf dem Berliner Breitscheidplatz einen sofortigen Zuwanderungsstopp fordern müssen. Niemand wagte bei Anne Will an diese Gräuel zu erinnern. Es hätte nach Relativierung der Bluttat von Kassel gerochen. Für linke Demagogen wie Martina Renner (Liste Links), die bereits mehrfach durch Hassbotschaften gegenüber AfD-Vertretern aufgefallen ist, liefert der Anschlag hingegen einen willkommenen Anlass, die Meinung in unserem Land weiter in Richtung linken Konsens zu drücken. Der Verfassungsschutz habe schlecht gearbeitet, ließ sie am Donnerstag im NDR-Interview durchblicken.
Das kann nur heißen: Positionierungen, die sich im Licht des Lübcke-Mordes als „gefährlich“ (früher, als die Liste Links noch SED hieß, hätte man gesagt: „unsozialistisch“) einstufen lassen, muss man noch stärker befehden, notfalls unter Strafe stellen. Einmütig schlug das vereinigte Politik- und Meinungsgeschäft in dieselbe Kerbe, noch ehe der Täter seine Tat gestanden hatte.
Besonders erbärmlich war der Versuch von Homo-Ehe-Befürworter und Ex-CDU-Generalsekretär Tauber, konservative Oppositionelle zu diffamieren, indem er der ehemaligen Parteikollegin Erika Steinbach vorwarf, sie trage eine „Mitschuld“ an dem Mord, nur weil sie Lübckes Politik kritisiert hatte. Das ist Metternich-Rhetorik vom Feinsten – und eine Einladung zum Ausgrenzen, die AKK gern annahm:
Man solle die Augen schließen und sich Walter Lübcke vorstellen und werde nie mehr auf die Idee kommen, „dass man mit einer Partei wie der AfD als Christdemokrat zusammenarbeiten kann“, erklärte sie gegenüber Anne Will in deren gleichnamiger Talkshow am 23. Juni.
In einem letzten Auflodern von journalistischer Überparteilichkeit bemerkte diese verdeckte Hassbotschaft sogar die Moderatorin. Dafür bleckte sie umso deutlicher die Zähne, als sie auf Joachims Gaucks Forderung nach mehr „Toleranz gegen rechts“ zu sprechen kam.
Steilvorlage für den ebenfalls geladenen Talkgast Katrin Göring-Eckardt, selbst als Predigerin von Hassbotschaften („Arschlöcher“) im Bundestag auffällig geworden und Aushängeschild einer Partei, die die Ausschreitungen beim G20-Gipfel 2017 durch Rückzugsräume für Krawallmacher begünstigte. Der Kirchentagsikone bereitete es sichtlich Vergnügen, vom Gewaltproblem der eigenen Partei ablenken zu können. Denn die konnte 2007 den RAF-Terroristen und Schwerverbrecher Christian Klar gar nicht schnell genug von seiner verdienten Haftstrafe erlösen, um ihn wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Schließlich sind die Grünen Integrationsobermeister.
Werden sie sich um den Lübcke-Mörder dermaleinst wohl auch so liebevoll kümmern? Auf solche bizarren Inkongruenzen bei den Grünen hätte die CDU-Chefin ruhig hinweisen dürfen, anstatt bei Katrin Göring-Eckardt demütigste Liebedienerei zu betreiben, die wohl der nächsten Koalition auf Bundesebene das Feld bereiten soll.
Doch anders als der Bundespräsident a.D., der nicht auf Umfragewerte zu schielen braucht und einfach sagen kann, was er denkt, dass nämlich die perfide Gleichsetzung von konservativ und rechtsradikal, von AfD und Neonazis eine demokratiefeindliche Irreführung ist, muss Annegret Kramp-Karrenbauer um ihre Karriere als CDU-Frontfrau besorgt sein. Sie weiß: Jede Medienkampagne kann diese zertrümmern wie die Präsidentschaft Christian Wulffs oder die ehrenwerte Arbeit von Hans-Georg Maaßen.
Göring-Eckardt und ihre linken Mitkombattantinnen nutzten die Chance, die durch Gauck angestoßene Debatte gleich wieder mit dem Knüppel des Lübcke-Mordes zu atomisieren. AKK verpasste die Chance, Rückgrat zu zeigen und erkennen zu lassen, dass nicht Journalisten und andere Linksintellektuelle den Kurs ihrer Partei bestimmen, sondern der Wähler und der gesunde Menschenverstand.
Einen Tag nach Kramp-Karrenbauers Auftritt in der ARD-Sendung gab ihre Partei dem Druck der Meinungslenker nach und erklärte Kooperationen mit der AfD zur Tabuzone. Welch glorreicher Dienst an der Demokratie!