Blind draufhauen! Ein Rückblick auf die Landtagswahlen am 1. Sept. ´19 in Sachsen und Brandenburg

(www.conservo.wordpress.com)

Quittung für Borniertheit

Von Peter Helmes

„quidquid agis, prudenter agas et respice finem“

Was auch immer Du tust, handle klug, und bedenke die Folgen!   (aus Äsops „Fabeln“)

Die Blamage haben sich die Altparteien selbst zuzuschreiben. Sie handelten und handeln weder klug, noch bedenken sie das Ende. Blind draufhauen auf die AfD – das scheint ihre Triebfeder zu sein. Daß sie damit einen großen Teil der Wähler „verhauen“, dämmert ihnen vielleicht erst in fünf Jahren, wenn weitere unter ihnen verschwunden oder noch mehr marginalisiert sein werden.

Die AfD ist nun zweitstärkste Partei in diesen Bundesländern. Und das mit Ergebnissen, die sie faktisch zur Volkspartei machen.

Die Stärke der AfD, aber auch die schwindende Bindungskraft der Volksparteien SPD und Union, haben die politische Landschaft in Brandenburg verändert. War die AfD bislang eine Partei der frustrierten Alten, zieht sie nun auch immer mehr jüngere Wähler an, die die zunehmende Abneigung gegen die traditionellen Parteien von ihren Eltern übernommen haben.

Ein Viertel der Sachsen und Brandenburger steht hinter der AfD. Das zwingt die Beteiligten zum Überdenken ihrer Programme und zu mehr Kompromißbereitschaft – die aber noch auf sich warten läßt. Ein Ausgleich der Interessen unter den Beteiligten wird schwieriger werden. Die Demokratie erfordert mehr Offenheit – auch für das vermeintlich Undenkbare.

„Wir gegen die!“

Die Siege waren auch Ergebnis einer deutlichen Frontstellung: „Wir gegen die!“ Doch “Wir gegen die” kann langfristig keine Lösung sein. Denn es verstärkt die Spaltung der Gesellschaft und treibt der AfD womöglich noch mehr Wähler zu.

Es gehört nicht viel Phantasie dazu vorauszusagen, daß Ähnliches auch in den anderen mitteldeutschen Bundesländern zu erwarten wäre. Die „Alternative für Deutschland“ soll unter allen Umständen von Macht und Regierung ferngehalten werden. Das wird sich rächen, auch im Westen.

Wertet man die Stimmen aus den Altparteien zu den beiden Landtagswahlen, erkennt man die Gefahr, daß der Aufschrei im politischen Berlin eher nach Erleichterung klingt: „Wir sind noch einmal – mit einem blauen Auge – davongekommen.“ Gleichgültig zur Tagesordnung überzugehen, wäre jedoch selbstmörderisch, vor allem für die Parteien der Großen Koalition. Woidke und Kretschmer können, wenn auch mit besagtem blauen Auge und in veränderten Koalitionen, weiterregieren. Mit „Veränderung“, „Öffnung“ und „Nähe zum Wähler“ hat das wenig zu tun. Zukunftsorientiert ist es schon gar nicht.

Es ist schierer Machterhalt um der Macht willen.

Die „Etablierten“ wollen uns glauben machen, sie hätten das „Recht“, eben ´mal ein Viertel der Wähler auszugrenzen, in die rechte Ecke zu stellen und für unreif zu erklären. Das aber wird den (bald nicht mehr „Etablierten“, sondern Ausrangierten) noch hart auf die Füße fallen. Die SPD hat´s als erste sehr schmerzhaft abbekommen, die SED/Linke auch, und die FDP spielt schon länger nicht mit. Wem sollte das leidtun?

Eine Genugtuung bleibt auch noch: Der herbe Verlust, den die Kommunisten (Linkspartei) hinnehmen mußten, scheint kein singuläres Ereignis zu sein.

DIE LINKE „hat fertig“.

Kein Zukunftskonzept, nur Nabelschau – „wir früher“ und „in der DDR war nicht alles schlecht…“ Das überzeugt(e) kaum noch einen Bürger. Und das abgestandene linke Führungspersonal erst recht nicht!

Über alle Unterschiede hinweg sind sich jedoch alle Alt-Parteien offenbar nur darin einig, daß sie nicht mit der AfD koalieren werden – eine äußerst dürftige und kaum tragfähige Basis für eine breit angelegte Politik.

Nein, sagen wir es offen: Es ist borniert!

In der AfD mag es „Rindviecher“ geben, in den anderen Parteien aber auch. Es gibt hie wie da genügend fähige Köpfe, mit denen sich zumindest ein Diskurs lohnte. Wer aber schon dazu nein sagt, hat die Demokratie nicht verstanden.

In eine starke Oppositionsrolle gedrängt, wird die AfD – so sie die Chance wahrnimmt – an Profil gewinnen und den „Etablierten“ nicht nur große Schwierigkeiten, sondern einigen auch den Garaus bereiten.

Nach dem „Geheimnis des Erfolges der AfD“ zu forschen, ist eigentlich nicht schwer. Aber bereits hier zeigt sich die Borniertheit ihrer Gegner. „Schuld“ am AfD-Erfolg sei der überlaute „Rechtspopulismus, der niedere Instinkte bediene“. So lautet – in einem Satz zusammengefaßt – die „Analyse“ der Altvorderen. Oh Gott, wie armselig!

„Hau drauf!“ statt „denk nach!“

Wie wäre es mit mehr Ehrlichkeit?! Mir kann doch niemand erzählen, daß es unter den Altparteien nicht auch noch – wenn auch nur wenige – kluge Köpfe gibt, die genau wissen, worin der Erfolg der AfD begründet liegt. Aber sie dürfen es nicht sagen – oder trauen sich nicht. Draufhauen ist halt einfacher, als eine innere Auseinandersetzung zu suchen.

Wetten wir, daß mindestens jeder zweite der lautstarken AfD-Kritiker das Parteiprogramm der AfD nicht kennt! Aber die gleichgeschalteten Medien und die Merkel-gesteuerten Hofschranzen beten das Mantra wohl schon beim Morgengebet vor: Die AfD – das sind „Rechtspopulisten, Faschisten“ usw.! Und mit Schmuddelkindern spielt man nicht.

Das gemeine Volk jedoch ist viel feinfühliger, als es den Etablierten guttut. Die Bürger fühlen mehr und mehr, daß ihnen ein Popanz vorgeführt wird, auf daß man ihn so richtig vermöbeln kann. Wieder „Hau drauf, statt denk nach“! Schaut man in die Köpfe und Herzen (zumindest) eines Viertels der Wähler, offenbart sich das „Geheimnis“:

Die AfD spricht aus, was in den anderen Parteien nicht gesagt werden darf. Wenn „(Stief-) Mutti Merkel“ z. B. vorgibt „Zuwanderung ist eine Bereicherung“, dann haben dies gefälligst alle nachzukauen. Und sie tun es auch. Aber eben nicht die AfD, sie widerspricht deutlich. Und das ist nach den Regeln der politischen Korrektheit „Populismus“.

Aber eben dieser Populismus ist ein Schlüssel zum Erfolg der AfD. Wenn CDU und SPD den „Menschen im Lande“ nicht das Gefühl geben, Probleme offen ansprechen zu können, werden sie weiter an Boden verlieren. Selbst aus dem linken Lager sind Wähler zu den bürgerlichen Rechten abgewandert; denn auch sie sind gegen eine weitere Aufblähung des „Molochs Brüssel“ und gegen die zu weitgehende Aufnahme von Flüchtlingen. Genau damit hat die AfD es geschafft, ihre Wähler zu mobilisieren und ein hervorragendes Ergebnis zu erzielen. Fazit:

Die AfD hat sich damit in Mitteldeutschland weiter etabliert, während die großen Parteien SPD und CDU erneut geschwächt wurden.

Eine neue politische Heimat

Und ein Weiteres, das in der politischen Diskussion viel zu kurz kommt: Was hat das „westliche Modell“ der Bundesrepublik Deutschland den neuen Bundesländern inhaltlich geboten? Wurde klar, für welche Werte wir stehen? Oder wurden und werden die alten Werte nicht zunehmend mit Füßen getreten, verächtlich gemacht, aufs Abstellgleis geschubst?

Der Wähler aus den neuen Bundesländern war nie und ist nicht „politischer Lehrling“.

Er versteht genauso wie wir im Westen, wie Politik läuft, wo Fallen lauern, wo unhaltbare Versprechungen gemacht oder Nebelkerzen gezündet werden. Die Bürger in Sachsen, Brandenburg, Thüringen usw. dürften sehr bald die Gewißheit erlangt haben, daß die westliche Gesellschaft weder einen tieferen Sinn zu haben scheint noch „Sicherheit“ zu bieten hat. Im Gegenteil: Das westliche Lebensmodell weckt Unsicherheit. In dieser (weit verbreiteten) Seelenlage stellt sich die AfD (übrigens in ganz Deutschland) als einzige Partei dar, die den Bürgern wirklich zuhört.

Auf dieser Plattform hat sich die AfD ganz offensichtlich als neue Volkspartei einen festen Platz in der politischen Landschaft erarbeitet und gilt nicht mehr nur als reine Protestpartei. Was CDU, SED(LINKE) und erst recht SPD versäumt haben: Die AfD bietet den Bürgern eine Heimat, eine neue politische Heimat.

Rund 56 Prozent der Brandenburger stimmen laut dem Umfrageinstitut infratest dimap der Aussage zu:

„Die AfD spricht aus, was in den anderen Parteien nicht gesagt werden darf.“

Ungeachtet des tatsächlichen Wahrheitsgehalts einer solchen Behauptung ist diese eine schallende Ohrfeige für die etablierten Parteien. De facto ist sie sogar gravierender als das eigentliche Wahlergebnis – und zeigt, wie dringend CDU und SPD, aber auch Grüne, FDP und Linke an ihrer Kommunikation arbeiten und ihre Glaubwürdigkeit verbessern müssen. Sie kommen nun nicht mehr an der AfD vorbei.

Sie können sich gegen sie verbünden, sie können deren Programm auseinandernehmen, sie können die Umtriebe des radikalen „Flügels“ geißeln – aber ignorieren können sie die AfD nicht mehr.

Gelernt haben die Altparteien das aber bis heute nicht. Obwohl ihre Wahlergebnisse von Wahl zu Wahl schlechter wurden, bleiben ihre Reaktionen die stets gleichen: Man werde sich mehr um die Sorgen und Nöte der Bürger(_Innen) kümmern, werde „Rechts“ und Kriminalität stärker bekämpfen usw., usw. Genau das aber können die Wähler nicht mehr hören. Sie haben die Nase voll von den immerwährenden Beschwörungen der „hätte, würde, könnte, sollte…“ und der Verteufelung der bürgerlichen („rechten“) Meinung.

Im Klartext bedeutet die im wahrsten Sinne des Wortes „nichts-nutzige“ Haltung der Etablierten nichts anderes als ein „Weiter so wie bisher!“ Wer wundert sich da eigentlich noch über die Wahlergebnisse?!

Die AfD wird in Deutschland nicht mehr zu stoppen sein. Deren wachsende Popularität basiert nämlich nicht auf einem kurzfristigen Protestvotum, sondern auf einer tiefen Krise der etablierten Parteien und ihrer Spitzenpolitiker. Die Wähler haben ihren Glauben an sie verloren. Davor verschließen die Volksparteien CDU und SPD immer noch die Augen. Das Aufwachen wird schmerzhaft sein.

www.conservo.wordpress.com       9.9.19

P.S.: Wegen einer vorübergehenden Sehschwäche nach zwei erfolglosen Augen-OP kann der Autor seit zwei Monaten kaum lesen und schreiben. Deshalb erfolgt dieser Kommentar leider verspätet.

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