(www.conservo.wordpress.com)
Es ist nicht nur noch ein weiter Weg bis zur Koalitionsfähigkeit. Es ist ein mindestens genauso weiter Weg, bis die AfD aus tiefster Überzeugung und nicht wahrheitswidrig sagen kann: All unsere Mandatsträger stehen auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und verteidigen die Demokratie als die beste aller möglichen Staatsformen! Die entscheidende Frage wird sein: Sieht das tatsächlich die Mehrheit der Partei auch so?
Ein Gastbeitrag von Michael van Laack *)
„Nestbeschmutzer“, Merkel-U-Boot“, „ANTIFA-Versteher“ – Das waren nur einige der „Ehrentitel“, die ich im Juni diesen Jahres neben viel Zuspruch für meinen Artikel „Selbstreinigung oder -zerstörung: Die alternativlosen Alternativen der AfD“ verliehen bekam. Dennoch will ich drei Monate später erneut einen Blick auf die Frage werfen: Wieviel Sezession und Identitarismus kann die AfD sich leisten, kann sie verkraften; wieviel Subnationales kann eine Partei kompensieren, die eine liberal- und gleichzeitig nationalkonservative Alternative für Deutschland sein will.
Fass das Thema nicht an, Du verbrennst Dich und andere!
Ein guter Freund, dem ich vorab diesen Artikel zu lesen gab, sagte mir gerade eben: „Du kannst nur verlieren, der Blog kann nur verlieren. Bei diesem Spagat holst Du Dir einen Leistenbruch ab. Die im Text kritisierten Personen und die Entourage um Götz Kubitschek werden bestenfalls einen kurzen Blick darauf werfen, mit den Achseln zucken, irgendwas vom „weit unter unserem intellektuellen Niveau“ murmeln und ihren Weg unbeirrt weitergehen.
Ihre „Fans“ werden das tun, was sie im Juni mit Dir und später mit David Berger taten: Diskreditieren, mit Verbal-Müll überschütten und persönlich bedrohen.
Ihre „Fans“ werden das tun, was sie im Juni mit Dir und später mit David Berger taten: Diskreditieren, mit Verbal-Müll überschütten und persönlich bedrohen. Die Flügler werden jegliche Kritik an Weidel als ungehörig, zum falschen Zeitpunkt und in der falschen Form geschrieben verurteilen. Und selbst von denen aus der sogenannten Mitte der Partei wird kaum einer öffentlich zustimmen, die Einheit vor den wichtigen Wahlen in Thüringen und dem BPT im Januar anmahnen und darauf hinweisen, dass interne Kritik wesentlich effektiver sei. Du kannst nichts gewinnen und wirst nichts erreichen!“ We will see!
Es geht ein Spalt durch die AfD, in dem Kubitschek immer neu Wasser gefrieren lässt
Meinem oben genannten Artikel nachgeschoben hatte ich zur Erklärung und in gewissem Maß zur Entschärfung wenige Tage später „Flügelkämpfe sind demokratische Normalität, Notwendigkeit und Heilmittel!“. Dieser fand interessanterweise deutlich weniger Beachtung, was daran gelegen haben mag, dass jene, die zu diesem Zeitpunkt schon ihre Flak geladen hatten, um auf David und mich zu feuern, fürchteten, dass sich inhaltliches Einlassen zur Munitionsknappheit führen könne.
Das christliche Abendland ist ihnen ein ähnlicher Unwert wie der Bundesregierung oder der türkischen Ditib.
Die „wahren, schönen und guten Rechten“ auf dem Bauernhof Schnellroda (ich würdige deshalb gezielt herab, weil „Rittergut“ nicht nur ein falsche Bild hinsichtlich der Immobilie in manchen Köpfen erzeugen mag, sondern wir es bei den Bewohnern und Besuchern definitiv nicht mit Menschen zu tun haben, für die Ritterlichkeit ein erstrebenswertes Ziel ist, an dem sie ihr Denken, Schreiben und Handeln orientieren) sind durchgängig sehr kluge, intellektuelle, teilweise gar schöngeistige Menschen. Gleichzeitig aber ist ihr philosophisches Fundament fast deckungsgleich mit dem der Identitären Bewegung: Evola, Heidegger und Dugin! Das christliche Abendland ist ihnen daher ein ähnlicher Unwert wie der Bundesregierung oder der türkischen Ditib.
Das Problem der Augenhöhe
Dass sich innerparteilich der Flügel nicht nur im Osten, wo er geboren wurde, so stark profilieren konnte, liegt vor allem am rhetorischen Defizit der alternativen Mitte, einer fehlenden gemeinsamen Strategie und am Ressourcenmangel. Intellektuelle sehen wir hüben wie drüben. Aber kaum einer aus der Mitte – und das meine ich aufrichtig, lieber Götz Kubitschek, nicht geheuchelt – würde in einer Podiumsdiskussion oder einem Kommentardialog z.B. auf Facebook gegen ihn, gegen Sellner, Kositza oder Lichtmesz bestehen. Auch nicht gegen Maximilian Krah, der zwar offiziell nicht dem Flügel zuzurechnen ist, ihn aber klug und leise eskortiert.
Eine rationale Erklärung für diesen Ist-Zustand kann ich nicht liefern. Es fehlen uns in der Mitte solche, die mit Sprache zu spielen vermögen, die im Subtext doppelt so viel auszudrücken vermögen wie im gedruckten Wort, die mitreißen. Das weiß man in Schnellroda, das weiß der Rechtsanwalt im Europäischen Parlament und deshalb haben sie mehr als ein Achselzucken nicht übrig, wenn sie die Mitte lesen! Die wenigen, von denen sie allerdings vermuten, sie könnten offenbaren, was sie sind und sich ihnen erfolgreich entgegenstellen, lassen sie nach dem Moriarty-Prinzip systematisch diskreditieren oder milder durch Dritte „einhegen“. Mal mit Schmeicheleien, mal mit verschleierten Drohungen.
Die Strategie
Das entscheidende Problem: Die alternative Mitte hat keine Strategie
Hinter vorgehaltener Hand höre ich immer wieder von Mandatsträgern der AfD: „Der Flügel ist in der Minderheit. Machen sie sich keine Sorgen. Die werden wir einhegen. Wir fangen ja schon an. Schauen sie nur auf die Parteiausschlussverfahren. So, und nun lassen sie uns über Erfreulicheres reden…“.
Das entscheidende Problem: Die alternative Mitte hat keine Strategie, was daran liegt, das man kein eigenes philosophisches Fundament hat und der Wille zur Macht fehlt! Sie ist ein Sammelbecken aller Anständigen, der Non-Nationalkonservativen, derer, die zwar den Zerstörungskurs der Altparteien beenden wollen, die aber keinerlei Konzept haben, wie denn Macht, so man denn irgendwann auf demokratischem Weg legitimiert würde, gestaltet werden soll. Es fehlt jegliches Zukunftskonzept.
Götz Kubitschek und die Seinen haben dieses Konzept. Das macht sie auch für Menschen wir Maximilian Krah oder Alice Weidel so anziehend. Denn beide gehören zu jenem Typ, die sicher wissen, was sie wollen, die beruflich stets erfolgreich waren oder noch sind. Es treibt sie schier in den Wahnsinn, von solchen umgeben zu sein, bei denen dieses Konzept und somit auch der Wille zur Macht fehlt, die keinerlei politik-theoretischen oder philosophischen Unterbau haben, die ihre Reden mit Schlagworten bestreiten, vielleicht sogar noch Visionen haben, aber keine Strategie. Für die Opposition das einzig erstrebenswerte Ziel ist.
Julius Evola – Die „Konservative Revolution“
Faktisch aber sind die Schnittmengen bei ihm groß, in Kernaussagen geht er auch über den italienischen Faschismus und den Nationalsozialismus hinaus.
Einer der Hauptpfeiler der (noch) subnationalen Sezessions-Bewegung um Götz Kubitschek ist Julius Evola. In zahlreichen Kolumnen auf der Netzseite der Sezession oder auch in solchen der gleichnamigen Zeitschrift wird seiner positiv gedacht. Besonders gefällt, dass Evola unverdächtig erscheint, weil er sich vom Faschismus abgewendet habe. Faktisch aber sind die Schnittmengen bei ihm groß, in Kernaussagen geht er auch über den italienischen Faschismus und den Nationalsozialismus hinaus.
Was er „Rassegedanken als Anti-Universalismus“ nennt, ist Götz Kubitschek das „Recht auf Ungleichheit“, an dem er wie Sellner das ganze ethnopluralistische Konstrukt hängt, dass in der NS-Rassenlehre wurzelt. Zudem denkt Evola die „Konservative Revolution“ frei von christlichen Moralvorstellungen. Kubitschek und seine Entourage wissen das selbstverständlich, verknüpfen aber immer wieder gern Evolas Revolutions-Begriff mit der Restauration des christlichen Abendlandes. Nicht aus Überzeugung. Das ist kluge Zielgruppen-Ansprache. Nicht von ungefähr sehen wir bei den römisch-katholischen Traditionalisten überdurchschnittlich viele Schnellroda-Fans.
Alexander Dugin – Ein neurechter Russe als Leitstern der Anti-Liberalen
Ihm huldigt man bei den Idealrechten, weil er den Liberalismus grundlegend ablehnt und zudem den westlichen Demokratien Kulturrassismus vorwirft. Dies kommt Kubitschek sehr entgegen, der immer wieder die Ideologie des Islams und seine intoleranten Strukturen verteidigt. Ebenso seinen Autoren, die schon häufig dem Tragen des Kopftuchs, dem Verzicht auf Schweinefleisch und der Kinderehe das Wort geredet haben.
Dugin war es auch, der den vom Politikwissenschaftler Joseph Nye eingeführten Begriff der „Soft Power“ in die „Neue Rechte“ eingeführt hat. Soft Power hat das Ziel, andere Akteure dazu zu bewegen, denselben politischen Willen zu entwickeln und folglich dieselben Ziele zu verfolgen, ohne dass man Bestechung oder Druckmittel einsetzen müsse. Die Strategie: Das Gemeinsame betonen, das Trennenden verschweigen, so dass am Ende alle glauben, für eine „Gemeinsame Sache“ zu kämpfen, z.B. die „Konservative Revolution“ oder „eine neue deutsche Republik“.
Gezielte Begriffsverwirrung. So holt man sich Weggefährten auf Zeit. Sobald diese entdecken, dass die gemeinsame Sache doch gar keine ist, weil die Unterschiedlichkeit der Ziele anhand notwendiger Zwischenentscheidungen offenbar werden, werden sie abgeschaltet.
Gezielte Begriffsverwirrung. So holt man sich Weggefährten auf Zeit. Sobald diese entdecken, dass die gemeinsame Sache doch gar keine ist, weil die Unterschiedlichkeit der Ziele anhand notwendiger Zwischenentscheidungen (Restauration des christlichen Abendlands/antiliberale religionsneutrale Republik) offenbar werden, werden sie abgeschaltet. Dies soll spätestens geschehen, wenn die Macht ergriffen ist.
Für Götz ist die AfD, ist vor allem der Flügel ein Transmissionsriemen, um die eigene Agenda und Ideologie ins Herz der deutschen Politik – nach Berlin – zu treiben, ohne selbst je als Parteimitglied oder in andere öffentlicher Funktion in Parteinähe in Erscheinung treten zu müssen. Die graue Eminenz der Partei, die es nicht einmal nötig hat, sich mit AfD-Blau zu lackieren, um gemeinsam mit ihr eine anders gefärbte Republik zu formen. Ein gewaltiges Ziel, aber machbar, da im Deutschland 2019 kaum jemand mehr wagen kann, eine Prognose der politischen Entwicklung über die nächste Legislatur hinaus zu formulieren.
Alice Weidel und Maximilian Krah bei der Sommerakademie des IfS
Darf man als Bundessprecherin der AfD oder Mitglied des Europa-Parlaments an einer Veranstaltung teilnehmen, die von Götz Kubitschek veranstaltet wird, an der zahlreiche Vertreter der in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachteten IB teilnehmen, auch Vertreter NPD-naher Burschenschaften? An einer Veranstaltung, dessen Gastgeber eindeutig demokratiefeindliche Philosophien zur Grundlage seiner politischen Arbeit macht? Selbstverständlich darf man das. Dies ist ein freies Land! Aber warum tut man es?
Man möchte fast meinen, Götz Kubitschek selbst habe den beiden die Antwort ins Stammbuch diktiert: Man muss in meiner Funktion Kontakt halten zu allen Gruppen und Flügeln der Partei und ihnen nahe stehenden Institutionen.
Entsprechend wurde im Vorfeld, als beider Zusage in der Welt war, die Lüge verbreitet: Wir tun das nicht aus Überzeugung, sondern weil wir es in unseren Funktionen müssen! – Fakt ist, dass sich die beiden äußerst wohl gefühlt haben auf der Veranstaltung. Und auch manches im Plauderton zugaben, was bis dato vehement bestritten worden war, auch im Rahmen des eskalierten Streits nach meinem ersten Juni-Artikel.
Alice Weidel geht mutig neue Wege, heißt es: Neue Wege? Nein, sie geht ihren Weg; egoistisch, ohne Rücksicht darauf, welche Signale ihr Auftritt in die Partei sendet und die kritisch beobachtende Öffentlichkeit
So erklärte Alice Weidel in ihrer Rede, dass die „geistige Neue Rechte“ Schnellrodas zwar keine innerparteiliche Strömung sei, aber doch großen Einfluss auf zahlreiche Mandatsträger und Mitglieder ausübe. Am Rittergutwesen soll die Neue Rechte genesen? Sollte dies Wirklichkeit werden, wäre der Zeitpunkt erreicht, an dem ich mich von der AfD abwende.
Friede Freude, Eierkuchen! Keine Berührungsängste mit jenen, deren Organisation auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei stehen. Alice Weidel geht mutig neue Wege, heißt es: Neue Wege? Nein, sie geht ihren Weg; egoistisch, ohne Rücksicht darauf, welche Signale ihr Auftritt in die Partei sendet und die kritisch beobachtende Öffentlichkeit. Alice Weidel sucht die Nähe zu Gegnern der Demokratie, Gegnern der Republik. Auf Kuschelkurs mit Neofaschisten. An der Ostfront nichts Neues!
Wir holen uns unser Land zurück? Gern, aber bitte nicht mit diesen Leuten!
In der nächsten Woche widme ich mich in einem Artikel ausführlich Dr. Maximilian Krah, den ich hier vorab in die Kategorie „opportunistischer Totesser der Partei“ einordnen möchte.
Selbstreinigung oder Selbstzerstörung? Vor dieser Wahl steht die AfD noch immer. Bisher gab es ein paar Lippenbekenntnisse und kosmetische Parteiausschlüsse.
Distanzierung von völkisch-nationalem Gedankengut, Vermeidung öffentlicher Termine mit Ethnopluralisten, mit Israel-, USA-, Republik- und Christenfeinden gab es nicht.
Martin Renner MdB faselt in seiner PI-Kolumne fleißig herum – neben einer Kolumne die davon spricht, die Schuld am Zweiten Weltkrieg läge nicht auf Seite der Deutschen und auf einem Forum, auf dem man Kommentare duldet, die den Holocaust relativieren bis leugnen; Alexander Gauland mahnt zwar leise auf dem Kyffhäuser, aber lässt in Niedersachsen und Bremen laufen, von NRW und Bayern ganz zu schweigen; Björn Höcke wird intern nicht einmal ermahnt, weil er permanent von „Feindzeugen“ redet und damit den Eindruck erweckt, man habe sehr wohl manches zu verbergen, was dann irgendwelche Verräter ans Tageslicht bringen könnte.
Dazu immer wieder Postings von Kreisverbänden auf FB, die unterirdisch rechtsextreme Sprache oder Botschaften zeigen. Die Partei hat die unteren Kader nicht im Griff. Hier findet auch Null Disziplinierung statt. Die gibt es nur dort, wo es gut für die PR ist.
Es ist nicht nur noch ein weiter Weg bis zur Koalitionsfähigkeit – es ist ein mindestens genauso weiter Weg, bis die AfD aus tiefster Überzeugung und nicht wahrheitswidrig sagen kann: All unsere Mandatsträger stehen auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und verteidigen die Demokratie als die beste aller möglichen Staatsformen! – Die entscheidende Frage wird sein: Sieht das tatsächlich die Mehrheit der Partei auch so? Das werden die nächsten Monate uns zeigen. Nach dem BPT 2020 werden wir deutlich schlauer sein.