Geburtenraten in Europa: Entscheidend sind wirtschaftliche Stabilität und kulturelle Selbstbehauptung

(www.conservo.wordpress.com)

Von Jürgen Liminski *)

Geburtenraten in Europa – iDAF_Nachricht 3 / 2019

Verehrte Interessenten, liebe Wohlgesonnene des iDAF,

Sie werden bemerkt haben, dass wir in den letzten Monaten von unserem wöchentlichen Rhythmus abgewichen sind – unfreiwilligerweise. Die „Kriegskasse“ ist wieder leer, aber die Mitarbeiter und Autoren haben ihre Honorare verdient und vieles wird schon ehrenamtlich geleistet. Auch anfallende Kosten müssen beglichen werden. Als gemeinnütziger Verein dürfen wir zudem nicht erwerbsmäßig auftreten und wollen auch aus prinzipiellen Gründen die Informationen und Fakten weiterhin gratis zur Verfügung stellen. Staatliche Subventionen machen ebenfalls abhängig, abgesehen davon sind uns solche noch nie angeboten worden. Mehrere Projekte liegen auf Eis (z.B. der Druck der aktualisierten Broschüre zu den Themenkreisen Immigration-Integration-Islam und Ehe-Partnerschaft- Familie). Die verbleibenden Groschen in der Kasse reichen vielleicht noch für einen Monat. Deshalb wenden wir uns mit der dringenden Bitte an Sie: Schauen Sie doch mal, ob eine Spende möglich ist. Sie würden uns und der wachsenden Nutzer-und Leserschar (deutlich mehr als 50.000 pro Aussendung, täglich mehr als 900 Besuche auf der Webseite mit einer Verweildauer von mehr als elf Minuten) einen großen Dienst erweisen. Angesichts der je nach Thema lauten bis hysterischen Debatte ist die Versachlichung des Diskurses durch Fakten und Analysen notwendiger denn je.

g1g2Unsererseits tun wir alles, was wir können und haben auch Pläne für die Zukunftssicherung. Aber zur Realisierung bedarf es einer Überbrückung, auch finanziell. Vielleicht können Sie einen Stein zur Brücke beitragen – es darf auch ein kleiner Pfeiler sein.

Mit herzlichem Dank für Ihr Verständnis und Interesse,

Ihr

iDAF-Team

Informationen über die Möglichkeit der Spende zur Fortführung der Arbeit des iDAF – VIELEN DANK

*****

Zitat des Monats, 03 / 2019:

Malthus ist wieder da – jetzt in ökologischem Gewand

So feiert Malthus derzeit ein neues Comeback in der Ökologie, sein Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs, das zentrale Element der malthusianischen Theorie, wird jetzt schlicht auf das Klima und die Umwelt angewandt. … Man hat dann schnell dasArgument zur Hand, dass das Schrumpfen der Bevölkerung in Europa durch das Wachstum in Afrika oder Asien neutralisiert werde. Herwig Birg meint dazu lakonisch: Das wäre so, wie wenn man mit einem Bein in einem Eimer voll heißem und mit dem anderen in einem Eimer mit eiskaltem Wasser stünde. Insgesamt stimme die Temperatur, trotzdem sei das kein angenehmes Gefühl. …. In den Vereinigten Staaten von Amerika, einem Land mit maßvollem Bevölkerungswachstum, war in den siebziger Jahren so wie in Europa Bevölkerungspessimismus Trumpf. Die apokalyptischen Reiter der Malthusianer hatten vor allem in den Medien so ziemlich alle Andersdenkenden niedergeritten. Von jener intellektuellen Arroganz, die wegen der „Bevölkerungsexplosion“ den Weltfrieden gefährdet und überall Hungersnöte und in Amerika selbst Unruhen wegen knapper Lebensmittel aufkommen sah, ist heute nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Das größte Gesundheitsrisiko für amerikanische Kinder heute ist das Übergewicht. Natürlich ist der Hunger ein Weltproblem. Aber dieses Problem ist lösbar, denn es ist im Kern ein politisches, kein demographisches Problem. Wer es sich malthusianisch einfach macht, der verweigert politische Lösungen.

Aus: Jürgen Liminski, Die verratene Familie – Politik ohne Zukunft, Augsburg 2007, Seiten 57 ff.

*****

Geburtenraten in Europa: Entscheidend sind wirtschaftliche Stabilität und kulturelle Selbstbehauptung

Mehr Emanzipation, die Überwindung traditioneller „Rollenbilder“, mehr Erwerbstätigkeit von Müttern und vor allem mehr staatliche Kinderbetreuung: Über viele Jahre wurde dies als der Ausweg aus der demografischen Krise in Deutschland (aber auch international) angepriesen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte Frauen und Paaren wieder mehr Lust auf Kinder machen. Das propagierten die Meinungsführer in den Medien, in den internationalen Organisationen und auch die Bundesregierung, die in ihrer Stellungnahme zum 7. Familienbericht das Ziel verkündete, mehr Familie in die Gesellschaft und mehr Kinder in die Familien zu bringen (1). Um dieses Ziel ist es still geworden, obwohl die Geburtenrate in den letzten Jahren tatsächlich gestiegen ist. Doch das ist kein Erfolg der Familienpolitik, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Denn die Geburtenraten der Frauen deutscher Staatsangehörigkeit (zu denen auch viele mit einem sog. Migrationshintergrund gehören) verharren auf dem niedrigen Niveau von 1,4, das seit Jahrzehnten für Deutschland typisch ist (2). Damit wird der wirtschaftliche Stabilität und kulturelle Selbstbehauptung um rund ein Drittel verfehlt, die Bevölkerung überaltert dramatisch und große und traditionsreiche Regionen in Deutschland veröden.

Dass die Geburtenraten insgesamt gestiegen sind, liegt de facto nur an der Massenzuwanderung. In deren Folge sind die Geburtenraten der Ausländerinnen 2014—2016 auf weit über 2 Kinder pro Frau gestiegen. Das Phänomen können Demografen leicht erklären. Seit langem beobachten sie, dass Zuwanderinnen oft kurz nach ihrer Immigration sehr hohe Geburtenraten aufweisen. Die Gründe dafür liegen nahe, nicht zuletzt ist es der Wunsch nach Aufenthaltsverfestigung (Schutz vor Abschiebung etc.). Zu dieser Art von Geburtenboom verhält sich die Bundesregierung wohlweislich still, denn allzu offensichtlich sind seine Neben- und Folgeprobleme, gerade im Blick auf die Schulen, die mit der Integration immer mehr überfordert werden.

Die Integrationsprobleme in Westeuropa werden in Zentral- und Osteuropa aufmerksam registriert. Sie sind ein wichtiger Grund dafür, warum man dort die Zuwanderung als vermeintliche Lösung der demografischen Probleme ablehnt. Die Regierungen insbesondere in Ungarn und Polen setzen stattdessen auf eine geburtenfördernde Politik, indem sie versuchen, Familien finanziell besserzustellen (3). Staatliche Betreuungspolitik kennt man dort aus kommunistischen Zeiten, sie wird mit gemischten Gefühlen betrachtet, als eine Notwendigkeit, aber nicht als emanzipatorisch und innovativ. Dies gilt insbesondere für Tschechien, wo sich Kinderärzte schon zu kommunistischen Zeiten kritisch mit zu frühzeitiger Kinderbetreuung auseinandergesetzt haben. Dort wurde die Krippenbetreuung von Kleinstkindern stark zurückgefahren und dagegen die häusliche Betreuung finanziell gefördert (4). Das bedeutet für Familien auch wirtschaftliche Stabilität. Der Kontrast zu Deutschland, wo das Betreuungsmodell der DDR beibehalten und sogar auf den Westen ausgedehnt wurde, ist eklatant. Dennoch ist die Geburtenrate in Tschechien höher als in Deutschland und auch als in den neuen Bundesländern. Sie liegt mittlerweile sogar höher als in angeblich so fortschrittlichen nordischen Ländern wie Finnland und Norwegen, wo die Geburtenzahlen zuletzt deutlich zurückgegangen sind.

Die Gründe für diese Entwicklung zu erforschen, wäre Aufgabe der Demografen und Sozialwissenschaftler. Ihr altes Narrativ von den „fortschrittlicheren“ Ländern mit mehr Staatsbetreuung und höheren Geburtenraten stimmt jedenfalls nicht mehr. Wie immer bestimmt ein Bündel von Überlegungen das generative Verhalten. Ein Schlüsselfaktor für die Geburtenentwicklung scheint indes der Arbeitsmarkt zu sein: In Tschechien herrscht Vollbeschäftigung und auch sonst sind in Ostmitteleuropa die Geburtenraten parallel zur Beschäftigung gestiegen. In Südeuropa und besonders in Italien stecken Wirtschaft und Arbeitsmarkt dagegen tief in der Krise und die ohnehin niedrige Geburtenrate rutscht weiter ab. Einen starken Rückgang der Geburtenrate trotz relativ guter Wirtschaftslage erlebt dagegen Irland (5). Hier ist offensichtlich der Verlust an katholischer Identität und Familienwerten eine wichtige Ursache. Erstes Fazit: Wirtschaftlicher Niedergang und Verlust kultureller Identität auf der einen Seite – wirtschaftliche Stabilität und kulturelle Selbstbehauptung auf der anderen erweisen sich als entscheidende Faktoren auch für die Demografie.

(1) Eingehend hierzu Stefan Fuchs: Gesellschaft ohne Kinder. Woran die neue Familienpolitik scheitert, Wiesbaden 2014.

(2) Siehe hierzu Grafik „Geburtenentwicklung in Deutschland“

(3) https://www.i-daf.org/aktuelles/aktuelles-einzelansicht/archiv/2019/01/10/artikel/ostmitteleuropa-familienpolitik-statt-willkommenspolitik-fuer-immigranten.html

(4) http://altewebsite.i-daf.org/files/idaf_-_woche_9_-_2009.pdf

(5) Zur Geburtenentwicklung: „Fertilität in Europa: Neue Konvergenz?“: Zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tipsun20/default/table?lang=de.

******

Kontoverbindung für Spenden:
Commerzbank AG, IBAN: DE26 3804 0007 0333 5049 00, BIC: COBADEFFXXX
Selbstverständlich verbreiten wir den Newsletter auch weiterhin gratis.
Falls Sie nach Artikeln suchen möchten, die noch weiter zurück liegen als die auf der neuen Webseite verfügbaren (vor Juni 2012), so können Sie unsere alte Webseite durchstöbern, die zu diesem Zweck weiterhin unter der folgenden Adresse erreichbar ist: http://altewebsite.i-daf.org
Eine ungefragte Weiterleitung des Newsletters ist uns jederzeit recht. Es gibt dahingehend keinerlei Beschränkungen.
Korrekturen und Verbesserungsvorschläge sind hochwillkommen. Über das Institut selber unterrichtet die Homepage. Hier finden Sie eine Druckversion des letters.
Wir wünschen eine spannende und interessierte Lektüre.
Herzliche Grüße, Jürgen Liminski, (Geschäftsführer iDAF)
—–
Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V.
Vereinsregisternummer: VR707, Olpe, Steuernummer: 33859521016
Neckarstr. 13, D – 53757 Sankt Augustin
*****
Wer ist iDAF?
Von Jürgen Liminski, Chefredakteur des iDAF
Die moderne Gesellschaft lebt bekanntlich von Voraussetzungen, die sie selber nicht geschaffen hat (vgl. Wolfgang Böckenförde). Diese Voraussetzungen entstehen vor allem in der Familie. Die Familie selbst wiederum lebt nicht autonom. Die Gesellschaft bietet ihr Schutz und Freiraum, um die Voraussetzungen für ein menschliches Leben in der Gesellschaft zu schaffen. Familie braucht Gesellschaft, Gesellschaft braucht Familie. Dieses Zusammenwirken ist grundlegend für das Allgemeinwohl und für das Wohl des Einzelnen. Ohne intakte Familie keine menschliche Erziehung, ohne Erziehung keine Persönlichkeit, ohne Persönlichkeit kein Sinn für die Freiheit (Kirchhof).
Die freiheitliche Gesellschaft ist auch die Grundlage für die soziale Marktwirtschaft. Die Schrumpfung und Unterjüngung der Gesellschaft bedrohen Wohlstand und Werte. Aber in der pluralistischen Medien-Gesellschaft ist die Wertedebatte schwierig. Das Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V. will die Zusammenhänge zwischen den Grundwerten heute, ihren geistigen Quellen und ihrer Bedeutung für die Zukunft einer liberalen Gesellschaft stärker ins Bewusstsein heben. „Nicht durch die Erinnerung an die Vergangenheit werden wir weise, sondern durch unsere Verantwortung für die Zukunft“ (George Bernhard Shaw).
Das Institut verfolgt bei seiner Arbeit vorzugsweise einen interdisziplinären Ansatz. Es ist partei- und konfessionsübergreifend. Es will die öffentliche Meinung, die „soziale Haut“ (Noelle-Neumann) befreien helfen von den Ausschlägen einer Ich-Gesellschaft. Ihre bevorzugte Methode ist die Verbreitung von Ergebnissen interdisziplinärer Forschung durch Teilnahme an Symposien, Kolloquien und an der publizistischen Debatte. Auf diese Weise sollen die Handelnden in Politik, Wirtschaft und Bildungswesen gestärkt, die Unentschlossenen und Nicht-Wissenden informiert werden. Die Initiatoren glauben, dass eine Wertedebatte von selbst entsteht, wenn die Zusammenhänge erkannt und der Mensch, insbesondere das Kind, in den Mittelpunkt der Gesellschaft gestellt ist. Das volle Entfaltungspotential des Menschen soll zum Zuge kommen.
Das Institut versteht sich also als eine Ideenfabrik, als Impulsgeber. Seine Mitglieder beteiligen sich ehrenamtlich an dieser Arbeit. Das Institut lebt ausschließlich von Spenden.
www.conservo.wordpress.com     23.10.2019
Über conservo 7863 Artikel
Conservo-Redaktion