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Von Inge Steinmetz, Satirikerin
Hallo Frau Bundeskanzlerin, ich bin blond und hab mal wieder eine Frage: Wissen Sie, dass Sie mein großes Vorbild sind?
Wenn es bei uns zuhause ein Problem gibt, dann heißt es nicht „Na, dann geh doch zu Netto“, nein, meine bessere Hälfte sagt jedes Mal: „Dann frag doch deine Busenfreundin, die Frau Bundeskanzlerin!“
Der Mann hält wirklich viel von Ihnen, und irgendwie tut es mir weh, dass er mir nicht genauso viel zutraut wie Ihnen. Seit er in Rente ist und wir 24 Stunden umeinander rumwuseln, musste sowieso etwas passieren. Ich kam also auf die Idee, so etwas wie Koalitionsgespräche abzuhalten und die K-Frage zu klären, also WER ist der Boss im Haus, und wer erledigt was. Nun habe ich im Haus mein kleines eigenes Kanzleramt mit Ministerien.
Da mein lieber Mann eine Art Gassenglänzer ist – sich also nach außen hin besser verkaufen kann als ich – hat er das Außenministerium übernommen, ist für alles, was außerhalb des Hauses stattfindet, zuständig, also Gasse kehren (dabei kann er so schön mit Passanten plaudern!), Mülltonnen rausstellen usw.; er führt auch das Umweltministerium, also Vögel füttern im Winter, und wenn mal schlechtes Klima im Haus herrscht, kann ich ihm die Schuld zuschieben! Weil er besser Traktor fahren und den Rasenmäher leichter starten kann, darf er auch Landwirtschaftsminister sein und nebenbei den Kompost rausbringen.
Auch das Justizministerium habe ich ihm überlassen, also den Ärger mit den Behörden, wenn ich wieder ein Knöllchen bekommen habe oder den Kampf mit dem Finanzamt führen. Sogar das Gesundheitsministerium überlasse ich ihm, weil er von den Apothekenhelferinnen mehr und bessere Pröbchen erhält als ich! Er kümmert sich auch um das Verkehrsministerium, also die Fahrzeuge abschleppen, wenn ich wieder vergessen habe zu tanken, und ihre Pflege, TÜV und Reparaturen!
Ich selbst habe das Innenministerium übernommen, kümmere mich ums Putzen, Kochen und alles im Haus. Ich bin auch Familienminister (also Kinder und Enkel sind mein Ressort) und Finanz- und Wirtschaftsminister. Ich lasse mir nunmal ungern das Geld aus der Hand nehmen! Und frei nach dem Motto eine Frau kann heutzutage einfach alles, hab ich mir noch das Verteidigungsministerium untergejubelt, Uschi und Annegret sind meine Leitbilder, ich gebe nun mal gerne das Kommando an!
Vor kurzem kam es zu einem Einbruchversuch in unserem Haus. Wir haben uns deshalb zu ergebnisoffenen Gesprächen an den Küchentisch gesetzt, was so viel heißt wie „wir kommen nicht zu Potte“, es gibt wieder keine gemeinsame Lösung. Da mein Mann ja für außen zuständig ist, hat er – auf meinen Befehl hin – schon den Zaun, das Tor und die Haustür abreißen lassen und möchte nun alles mit einer sündhaft teuren Videoüberwachung sichern (ich denke, dass er sich an Horsti orientiert!). Das klingt ja auch wirklich sinnvoll, aber wie soll ich ihm beibringen, dass ich als Finanzminister die schwarze Null nicht erhalten kann, weil erst mal die große Party bezahlt werden muss, zu der ich eingeladen habe?