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Von Inge Steinmetz, Satirikerin
Liebe Fridays-for-Future-Kinder, am Heiligen Abend, musste ich an meine Kindheit denken und an euch! Ich bin in den 50ern geboren als drittes von fünf Kindern. Unser Vater war damals Betriebsprüfer beim Finanzamt, fuhr mit einem Motorrad zum Amt und natürlich auch zu den von ihm zu prüfenden Firmen! Ein Auto hatte damals kaum jemand, den Beruf wählte man nach den vor Ort gegebenen Möglichkeiten. Waren nur ein Bäcker, ein Schreiner und Schlosser da, dann suchte man sich dort einen Ausbildungsplatz und nur wenn Bus- oder Bahnverbindungen da waren – oder man ein Motorrad oder Moped besaß – konnte man auch etwas weiter entfernt seinen Lebensunterhalt verdienen!
In dieser Zeit hatten wir in der Adventszeit einen selbstgebundenen Kranz auf dem Tisch, vor dem wir Kinder mit strahlenden Augen saßen, dazu wurden Weihnachtslieder gesungen, unser Vater spielte dazu auf der Geige. An Heilig Abend standen wir alle rausgeputzt vor dem festlich mit Lametta geschmückten Baum in froher Erwartung, was das Christkind uns wohl gebracht hätte. Es gab dann einen Pappteller mit Nüssen, Plätzchen und einem Apfelmännchen drauf, einen von unserer Mutter selbst gestrickten Norwegenpullover (das konnte sie wirklich gut!) und für EIN Spielzeug hat das Geld auch noch gelangt. Geschenke von Großeltern oder Onkeln und Tanten gab es damals nicht, die lebten in Ost-Berlin und mussten mit Paketen „aus dem Westen“ versorgt werden!
Trotzdem sehe ich auf den kleinen Schwarz-Weiß-Fotos glückliche Kinder; schließlich ging es denen, die wir kannten ja auch nicht viel besser. Anfang der Sechziger – unser Vater war inzwischen Steuerberater, es ging wirtschaftlich bergauf und wir hatten inzwischen sogar schon einen VW-Käfer, in den sich die damals noch 6köpfige Familie quetschte – warteten wir gespannt auf unseren Zimmern auf die Bescherung! Die Sendung „Wir warten auf`s Christkind“ konnte nicht gesehen werden, denn der einzige Schwarz-Weiß-Fernseher, den wir besaßen, stand in dem Raum, in dem „das Christkind“ den Baum schmückte und die Geschenke ablegte!
Nun musste ich an damals denken, und wie sich die Zeiten doch geändert haben. Inzwischen habe ich selbst Kinder und Enkel und sehe, dass die Vorfreude, die wir erlebt haben, nicht mehr so groß ist wie damals. Ein super leckeres Essen gibt es häufiger, Fleisch ist nichts Besonderes mehr und niemand hält mehr die Luft an, ob er – wie ich in den Sechzigern – die Rollschuhe mit Gummirollen bekommt oder weiter mit den Eisenrollschuhen fahren muss, die so laut waren und mehr am Asphalt hingen als rollten! Geblieben ist aber, dass von den Großeltern bis zu den Enkeln alle gemeinsam feiern, gemeinsam gegessen, gelacht und erzählt wird.
Ich musste an euch und an Frau Bundeskanzlerin denken, und dass ihr ES SCHAFFEN werdet, dass glänzende Kinderaugen bei einem Sonntagsbraten und bei einer Bescherung für die hart arbeitende Bevölkerung wieder normal werden. Ihr werdet es schaffen, dass sich die Menschen wieder einen Arbeitsplatz in der Nähe ihres Wohnortes suchen werden, weil der Unterhalt eines PKW zu teuer wird. Ihr werdet es schaffen, dass die Mehrzahl der Erwerbstätigen nicht mehr in Urlaub fliegen sondern im Schwimmbad oder am heimischen Baggersee verbringen (das macht aber nichts, da trifft man inzwischen mehr „Südländer“ als am Strand in deren Herkunftsländer)! Nun wäre das ja fast ein Grund zur Freude, wenn ein bisschen Demut aufkommt, wenn da der bittere Beigeschmack nicht bleiben würde, dass das, was jetzt geschieht, so gewollt ist. Dass es nicht erwünscht ist, dass es JEDEM gut geht, sondern dass DAS einer Elite vorbehalten werden soll. Und dass ihr mit eurem Satz „Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei“ gezeigt habt, welchen Respekt ihr der Generation entgegenbringt, die euch ermöglicht hat, dass ihr freitags die Schule schwänzen könnt und nicht – wie früher oft üblich – schon zum Lebensunterhalt der Familie mit beitragen müsstet.
Lasst mich euch etwas zum Schluss sagen: Ich werde euch nicht mehr FFF nennen sondern FdJ, „FREItag der Jugend“ passt irgendwie besser zu euch und was damals die FDJ für die DDR war – also „Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule“ – das seid ihr für die DDR 2.0, in der wir nun gelandet sind.