(www.conservo.wordpress.com)
Von Michael van Laack (PP-Redaktion)
Es gibt Tage, da wünschte ich mir, eine Minicam im Auge zu tragen, auch wenn das vermutlich beim Schlafen etwas hinderlich wäre. Auf der anderen Seite wäre das selbstverständlich auch nutzlos wegen des Rechts aufs eigene Bild und anderen sinnvollen Gesetzen.
Gestern war jedenfalls so ein Tag. Ich stehe bei Feneberg an der Kasse in einer relativ langen Schlange, vor mir zufällig eine Bekannte, die im „Dorf“ ein paar Häuser weiter wohnt mit ihrer süßen kleinen, vor ein paar Monaten fünf Jahre alt gewordenen Tochter. Nennen wir sie Laura. Im Korb nur Ökopapier-Produkte und Süd-Früchte der Marke „Von hier“.
Das Kind selbstverständlich standesgemäß gekleidet. Soweit ich sehen konnte – denn mittlerweile interessiere ich mich nicht mehr nur für Politik und Theologie, sondern auch für Kindermode – ein strassbesetzter Ermanno Scervino-Sweater (zumindest etwas kindgemäßer als der Kaschmircardigan in Altrosa, den sie im letzten Sommer trug, dachte ich so bei mir), eine Hose aus der Kidswear-Collection von Boss und farblich wegen ihrer Grellheit gar nicht zum sonstigen Outfit passende Nike-Sneaker. Wie auch immer…Langeweile ist weder vegan noch klimaneutral
Laura schaut sich wegen des langen – sicher schon zwei Minuten überschreitenden Wartens an der Kasse – nochmal ein wenig um, was sie denn noch so brauchen könnte als Wegzehrung. Sie entdeckt Überraschungseier einer bekannten Schokoladenfirma und legt gleich mal fünf aufs Band. Sehr zum Missfallen der Mama:
„Leg das bitte wieder zurück! Du weißt, dass wir so etwas nicht essen.“
„Esse ich wohl! Gestern noch bei Lisa zu Hause!“
„Was?“ ruft Mama erschrocken, laut und mit weit aufgerissen Augen aus, als hätte Töchterchen ihr so eben mitgeteilt, der Knollenblätterpilzsalat, den die Mutter ihrer Freundin gestern zubereitet habe, sei ihr erstaunlich gut bekommen.
„Dir ist aber schon klar, dass Du ein verheerendes Produkt konsumiert hast, oder!“
Ich weiß: Man soll schweigen, wenn Anständige reden
Und nun mache ich einen Fehler. Hatten bis dahin einige Umstehende und ich diesem kurzen Dialog nur interessiert zugehört, frage ich unbefangen: „Was bitte ist ein verheerendes Produkt? „Komm, jetzt misch Du Dich bitte nicht ein. – Laura, leg das zurück!“ Das Mädel setzt ihren treusten Hundeblick auf: „Darf ich drei mitnehmen, wenn ich Dir einen abgebe, Mama?“
Das ist dann zuviel für die Gute! Hektisch greift sie nach den Süßigkeiten, so dass ich mir denke: „Hoffentlich zermatscht sie die jetzt, dann muss sie doch noch bezahlen!“. Dann stellte sie die Ü-Eier zurück in die Packung. Laura reagiert prompt, nimmt sie wieder heraus und legt sie fast zärtlich in den Einkaufswagen. „Immer verbietest Du mir alles. Lenas Mama sagt, das machen alle Ökotanten.“
„Mit der spielst Du ab heute nicht mehr! Pass auf, Kind! Wir essen nichts, wo Gift drin sein könnte. Wir essen nichts, wo irgendwas von Tieren drin sein könnte und wir essen nichts, wofür in Afrika arme Menschen schuften müssen, um es herzustellen! Und wir kaufen nichts, das so umweltschädlich verpackt ist.“
Dann richtet sie einen strengen Blick auf mich und meint:
„Und Du sagst jetzt besser nichts, weil Deine Veganer-, Greta- und Afrikafeindlichkeit kenne ich zur Genüge! Mein Mann sagt immer: Bei solchen Leuten wie Dir hilft kein gutes Zureden. Das Problem muss sich irgendwann mal von alleine biologisch lösen“.
Die Spannung steigt – das Publikum wächst
Mittlerweile interessieren sich die wenigsten noch für ihre Einkäufe, sondern schauen gespannt auf uns und fragen sich vermutlich, wer zuerst ein Messer zieht. Doch dazu kommt es aber Gott sei Dank nicht, weil Laura wieder aktiv wird und die Ü-Eier nun aus dem Einkaufswagen aufs Band legt, nachdem wir uns fast unbemerkt zur Kasse vorgearbeitet haben.
Vermutlich denkt sie sich, dass Mama aktuell anderweitig beschäftigt sei und das nicht merken würde. Diese aber hat einen Adlerblick, nimmt die Produkte und schreit ihre Tochter an: „Geh sofort zu Papa ins Auto!“ Daraufhin ich, weil ich bisher noch nicht viel gesagt habe, aber nun nicht mehr anders kann: „Habt Ihr eigentlich immer noch den Porsche Chayenne oder seid ihr auf E-Oberklasse umgestiegen?“ Hinter mir Lacher. Mama findet das weniger lustig. Mehr als „Futterneider!“ bringt sie dann aber nicht mehr heraus, denn mittlerweile hatte Laura drei weitere Eier der lächelnden Kassiererin gereicht!
„DU GEHST JETZT SOFORT ZU PAPA INS AUTO! Und zu Hause reden wir weiter, Fräulein!“ Darauf Laura mit keineswegs wutverzerrtem, aber doch traurigen Gesicht:
„HOW DARE YOU! HOW DARE YOU! HOW DARE YOU“
„Was? Spinnst Du jetzt oder wie“ „Nö, Lenas Mama sagt, das sagen alle Kinder von Ökomamas, wenn sie nicht kriegen, was sie wollen!“ Um uns herum mindestens fünf Leute, denen vor Lachen fast die Tränen kommen. Mir auch… Lauras Mama allerdings nicht.
—–
Beipackzettel:
Das ist eine wahre Geschichte, die sich im November 2019 genau so zugetragen hat. Oder, um ausnahmsweise mal aus Harry Potter zu zitieren, dessen Bücher ich selbstverständlich noch nie gelesen oder gehört und dessen Filme ich noch nie gesehen habe: „Ich schwöre feierlich! Ich bin ein Tunichtgut!“
—–
Nachtrag:
Gesprächsverlauf gewissermaßen aus dem Gedächtnisprotokoll wiedergegeben. Ich habe ja gleich zu Beginn geschrieben. Eine Cam im Auge wäre wichtig gewesen zur Beweisführung. Realsatire ist das halt. Was ich geändert habe sind Vornamen und Zeit. Es war also nicht November letzten Jahres. Und klar. Habe das im Plauderton geschrieben. Das Ganze hat sich ja abgespielt innerhalb von vieleicht zwei Minuten. – Und ich bin mir sicher: Wer aus dem Dorf versehentlich meinen Artikel lesen sollte, weiß ohnehin, um wen es sich handelt. Denn die Grünen liegen immer so um 2 bis 3%, was bei durchschnittlich 500 Wählern (Ausnahme Europawahl) im Wahllokal zwischen 10 und 15 Stimmen ausmacht. Und die kommen aus zwei Familien, beide politisch aktiv im Landkreis. (Original: https://philosophia-perennis.com/2020/01/09/greta-thunberg-und-das-ueberraschungs-ei/?fbclid=IwAR0xr83B6H8NKBJGKsXuv3-42RFms_iRtPWmjs_aUmGsNtQCheixslvjkIQ)