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Von Notan Dickerle, Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen „Bunt“
Natürlich hat er die Stichwahl wie erwartet gewonnen, der rote Sheriff mit dem stechenden Blick. Da konnte die attraktive junge Dame dem Wähler (und der Wählerin) noch so funkelnde Blicke entgegenwerfen: Die Landeshauptstadt bleibt in roter Hand, Reiter reitet weiter.
Er hatte auch die meisten Plakate in der Stadt, viele davon hinter Glas und erhöht an Hausmauern befestigt – Maßnahme gegen Vandalismus? Nur ganz vereinzelt fanden sich böse Kommentare wie „Arschkriecher“ oder „Antifa-SS“ auf ihnen. Reiter hat die Antifa zur Chefsache erklärt, da war er auf der sicheren Seite. Patrioten sind in der Regel zu gut erzogen, um Plakate zu zerstören. In solchen Fällen sind die schrecklichen Sekundärtugenden, mit denen man bekanntlich auch KZ‘s leiten kann, gar nicht so unerwünscht. Das Beschmieren oder gar Zerstören von Reiter-Plakaten wäre auch unverzeihliche Hasskriminalität gewesen. Hass in Zeiten von Corona, das geht gar nicht! Wenn schon Hass, dann richtig kanalisiert. Gegen diejenigen, die Hass schüren, wie zum Beispiel die AfD. „Hassen? Ja, aber das Richtige!“ riet ein gewisser Jens Balzer neulich im DLF Kultur. Der muß es wissen, denn der DLF gehört dem öffentlich-rechtlichen Deutschlandradio, für den wir alle Demokratieabgabe berappen müssen. Wie die ARD (das ZDF natürlich auch) ist dieser „von uns, mit uns und für uns geschaffen“. „Wir sind Ihr“ hat es eine gewisse Elisabeth Wehling im „Framing Manual der ARD“ formuliert – gemeint natürlich: sie sind wir bzw. es passt kein Blatt Papier zwischen Sender (Regierung) und Hörer (Volk alias Bevölkerung). Noch Fragen?Fast alle Münchner Oberbürgermeister der Nachkriegszeit waren von der SPD, die meisten von ihnen genießen überzeitlichen Kultstatus. Der einzige CSU-Bürgermeister, der 1978 im ersten Anlauf und mit Vorschusslorbeeren gewählte Erich Kiesl, bekleckerte sich dagegen nicht mit Ruhm. Er musste 1984 seinem Vorgänger weichen, dem Kronawitter Schorsch, der sechs Jahre vorher wegen Unstimmigkeiten mit seiner Partei nicht kandidiert hatte. Er war der SPD nicht progressiv genug gewesen. Zu dieser Zeit gab es noch alte Nazis, aber fast keine Antifa. Für beide hatte Kronawitter ebenso wenig Sympathie wie der legendäre Olympia-Bürgermeister Hans-Jochen Vogel, aber das war damals kein Thema. Die wenigen Antifanten, die es gab, wurden der DKP bzw. deren politischen Paten in Ostberlin zugerechnet. Staatsknete aus dem Programm „Demokratie leben“ war nicht und das „Kafé Marat“ in der Thalkirchener Straße noch das Städtische „Tröpferlbad“. Es gab noch ziemlich viele Arbeiter damals, dafür wenig Geschwätzwissenschaftler und keine „Zivilgesellschaft“. Menschen mit Migrationshintergrund hießen einfach Ausländer.
Lange her. Ob die schöne Kristina Frank bei ihrem Slogan „Wieder München werden“ an diese Zeiten gedacht hat? Wahrscheinlich nicht. Zum einen ist sie dafür zu jung, zum anderen hätte sie ohnehin nur innerhalb der neuen Söder-Linie agieren dürfen, der die CSU im „BreiBuBü“ verankert hat, dem Breiten Bunten Bündnis. In einem solchen darf man es sich weder mit den Grünen noch mit der Antifa verderben, mit der SPD sowieso nicht. Auf Söder verübt die Linke gewiss keine Anschläge, er muß nicht gestoPPt werden wie seinerzeit StrauSS. Ein bisschen Pragmatismus muß schon sein, wenn man sich alle politischen Optionen offenhalten will – Söder hat aus den Erfahrungen des seligen FJS offenbar gelernt.
Linksextremen den Geldhahn zuzudrehen hat schon eine andere Kristina von der Union einmal vergeblich versucht: Kristina Schröder, Familienministerin im Kabinett Merkel Zwo. Sie wollte Subventionen im Kampf gegen Rechtsextremismus von einem Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung abhängig machen und mit einem Teil des Budgets auch Linksextremismus bekämpfen. Das kam nicht nur bei den Linken schlecht an, sondern auch in der eigenen Partei: Linksextremismus und Rechtsextremismus auf die gleiche Stufe zu stellen, also das geht mit der Merkel-CDU gar nicht! Kristina Schröder hat sich dann bald von der Politik verabschiedet und ins Privatleben zurückgezogen. Das Problem soll demnächst über ein sog. „Demokratieförderungsgesetz“ im Sinne nachhaltiger Finanzierung der „Zivilgesellschaft“ gelöst werden. Renate Künast hatte erst vorletzte Woche dieses Gesetz im Bundestag angemahnt, die Antifa brauche schließlich finanzielle Planungssicherheit.
Reiter hat dagegen weiterhin ganz München im stechenden Blick aus stahlblauen Augen, die feste Entschlossenheit suggerieren. Das hat offensichtlich auch bei den angeblich so milden Freunden der Grünen seine Wirkung nicht verfehlt: die Habenschaden-Klientel fand sich zum größten Teil an seiner Seite wieder und blieb auch nicht zu Hause in der Annahme, die Wahl sei ohnehin gelaufen. Allgemein überraschend die hohe Wahlbeteiligung unter erschwerten Bedingungen. Politikverdrossenheit sieht anders aus.
Auf den Plakaten erinnerte Reiter an einen anderen Ritter im Kampf gegen Rechts: an Thomas Haldenwang. Rein phänotypisch präsentiert sich dieser mit seiner akkuraten Bürstenfrisur eher wie ein Vertreter des Stahlhelms als ein Freund antifantischer Narrative – „ganz Mann der Dienste“ beschrieb ihn die FAZ. Haldenwang ist zumindest optisch ein CDU-Mann der Zeit vor Merkel, als man noch so aussehen durfte wie er – und wie’s im Kopf drinnen aussieht geht niemand was an. Seit einiger Zeit darf man wieder so aussehen, der typische „Broken windows look“ der Verdammten dieser Erde bzw. ihrer Sympathisanten (böse Menschen nennen ihn „linksgrün versifft“) scheint den bürgerlich arrivierten Kämpfern für eine bessere Welt nicht mehr ganz geheuer zu sein. Stahlhelm und Krawatte also erlaubt, vorausgesetzt, die Gesinnung stimmt. In diesem Sinne ist Reiter der ideale Mann für eine Landeshauptstadt, in der globalisierte „Anywheres“ den einst berühmt-berüchtigten Gegensatz zwischen Altbayern und Zuagroast’n in Beliebigkeit aufgelöst haben. Keine Chance für „Wieder München werden“, schließlich gibt es nichts Farbiges im „Bunten“. Der nächste „Christopher Street Day“ kann kommen…
…sofern er nicht von „Corona“ ausgebremst wird, so wie der „Internationale Tag gegen Rassismus“ am 21. März, den Reiter mit seiner Miri Heigl, der “Leiterin der Fachstelle für Demokratie“ und anderen einschlägig bekannten Mitstreitern wie Georg Restle (Leiter des „Monitor“-Politmagazins „unserer“ ARD) so schön vorbereitet hatte und dann nur im Netz und den Zeitungen präsentieren konnte. „Rassismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen“ war einst ein Slogan der Jusos, den man mit dem etwas verschachtelten „Die einzige Ansicht, die ein Verbrechen sein könnte, ist diejenige, Meinungen könnten Verbrechen sein“ kontern konnte. Solange Deutschland ethnisch einigermaßen homogen war, war das Thema auch nicht wirklich aktuell. Wind aus Übersee hat die Segel der Jusos dann mächtig aufgebläht, und die Jusos von gestern sind die SPD von heute. Jetzt haben wir „100% Menschenwürde“ gemäß Juso-Definition, und wem das nicht passt bekommt eine aufs Maul – „BreiBuBü“ macht’s möglich!
Der Vollständigkeit halber: Miriam Heigl, die bereits bei Ausschreitungen rund um den Gipfel der G8 in Genua 2001 ihren Mut und ihr großes Herz unter Beweis gestellt hat, wurde nebst ihrer „Fachstelle“ nicht von Reiter sondern bereits von seinem Vorgänger Christian Ude in Amt und Würden gebracht, einem der Kultbürgermeister Münchens. Auch er hatte ein ausgesprochen bürgerliches Image, das nicht unbedingt auf einen Willen zu verbissenem „Kampf gegen Rechts“ schließen ließ. Dieser „Kampf“ mit dem „Aufstand der Anständigen“ begann bekanntlich im Herbst 2000 unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder im Gefolge eines Anschlags auf die Synagoge in Düsseldorf und entsprechenden Forderungen der damaligen Leitung des Zentralrats der Juden in Deutschland. Als Täter des Anschlags, bei dem keine Personen zu Schaden kamen, wurden später zwei junge Araber ermittelt, die mit ihrer Tat gegen den umstrittenen Besuch Ariel Scharons auf dem Tempelberg von Jerusalem protestieren wollten. Der „Aufstand der Anständigen“ dauert seither an. Wer nicht mitmacht ist eben unanständig.
Genau genommen ist Dieter Reiter für München ähnlich alternativlos wie die gute Kanzlerin für Berlin. Die Presse hat das mit der ihr eigenen Sensibilität aufgegriffen: „Roter Riese“ titelte die AZ, „Riese Reiter“ die konkurrierende tz. Wie wohltuend ist doch die Pressefreiheit im besten Deutschland, das es je gab!