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Von Dr. Udo Hildenbrand
Das Freitagsgebet in Istanbul am 24.Juli 2020, in dem die Umwidmung der HAGIA SOPHIA vom Museum zur Moschee in Anwesenheit des türkischen Staatspräsidenten Erdogan und seiner Regierungsmitglieder unter weltweiter Beachtung vollzogen wurde, war voller Symbolik. Sie erinnerte an die Eroberungsgeschichte des Islams und dokumentierte diese zugleich. Darüber wurde vom Verfasser dieser Ausführungen in den vorausgegangenen drei Artikeln berichtet. (HIER I, II, III – siehe Links am Ende dieses Artikels)
In folgenden Ausführungen geht es nicht um Symbolisches, sondern um Symptomatisches, das sich widerspiegelt in den Reden von Imam Ali Erbas, dem Leiter der Umwidmungsfeier, der zugleich Vorsitzender der Obersten türkischen Religionsbehörde und oberster Imam des Landes ist.Mit „Symptomatisches“ wird hier bezeichnet: Charakteristische Denk-, Sprech-, Verhaltens- und Verständnisweisen, die unter Muslimen weithin üblich sind, die jedoch bei Nichtmuslimen in etlichen Fällen etwas völlig anderes bedeuten. So versteht man nach dem Islamwissenschaftler Rainer Brunner z. B. Religionsfreiheit im Islam „immer und ausnahmslos die Freiheit, den Islam auszuüben, zu ihm zu konvertieren und für ihn zu werben“ –. Gleiche Worte bedeuten also keineswegs immer gleiche Inhalte. Durch das oft gegensätzliche Verständnis bestimmter Begriffe kommt es in den Beziehungen mit der nichtmuslimischen Welt allzu oft zu Missverständnissen, Spannungen und trügerischen Verhaltensweisen. Dabei ist auch ein Wort des Ethikers und Philosophen Prof. Martin Rhonheimer zu berücksichtigen:
„Man muss den Islam zunächst einmal so verstehen, wie er sich selbst versteht, und nicht, wie wir oder ´aufgeklärte´ westlich orientierte säkulare Muslime oder im interreligiösen Dialog engagierte Christen ihn gern sehen möchten.“
In diesem Kontext sei hier im Blick auf das Problem des „trügerischen Redens“ das islam-theologische Prinzip der Taqiyya wenigstens benannt. Danach ist die Taktik des Verschleierns und Täuschens, des Lügens und Betrügens um des islamischen Glaubens willen durchaus legitim. Dieses im Islam praktizierte Prinzip ist im Blick auf das individuelle und kollektive Zusammenleben mit Muslimen jedoch hochproblematisch und kann verstörend, gar zerstörerisch wirken.
Wohlklingende Wort: Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit
Die Berichterstattung über den Inhalt der Ansprachen bei der Umwidmungszeremonie ist vergleichsweise recht dürftig. Mit dem Schwert in der Hand, das Symbol der Eroberung, drohte Imam Erbas unverhohlen: „Möge die Ayasofya-Moschee bis zum Tag der Abrechnung (= des Jüngsten Gerichtes) eine Moschee bleiben“. Und: „Sultan Fatih hat diesen prächtigen Tempel bis zum Jüngsten Tag zur Moschee erklärt. Wer sich gegen dieses Erbe wendet, wird verdammt sein“. Dabei betonte er gleichzeitig: Die HAGIA SOPHIA „stehe auch allen aufrichtigen Menschen offen“.
Diese (Droh)sätze, unter denen der „Verdammungssatz“ in der Türkei ein gewisses Aufsehen erregte, bleiben hier unkommentiert. Wohl aber sollen die beiden anderen indirekt zitierten Sätze aus der Rede des schwerttragenden „Top-Imams“ kritisch beleuchtet werden. Sie lauten:
„Die Muslime rief Ebras auf, auf der ganzen Welt für Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit einzutreten. Dies entspreche der Botschaft des Islam.“
Wohlklingende Worte vom Frieden, von der Toleranz und der Gerechtigkeit. Es sind jedoch zugleich Worte, die recht abgegriffen sind, da sie so oder ähnlich nahezu täglich in irgendwelchen offiziellen politischen und religiösen Verlautbarungen zu lesen bzw. zu hören sind.
Dennoch gilt es, diese Begriffe zu hinterfragen: Was versteht wohl der Imam, was versteht man vor allem im Islam unter Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit? Es sind Begriffe, die zusammen mit dem hier nicht gehörten Begriff „Freiheit“ auf allen Ebenen des zwischenmenschlichen Zusammenlebens überall auf der Welt von alles entscheidender Bedeutung sind. Und welches Verständnis von Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit sollen die Muslime auf der ganzen Welt verbreiten?
Dunkle Begriffe in der islamischen Tradition
Vor der Beantwortung dieser Fragen soll hier zunächst eine Auswahl dunkler Begriffe aus dem Koran, den Hadithen und islamischen Rechtsgutachten stichwortartig notiert werden. Sie erinnern an alles andere, nur nicht an Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit:
Friedliches? Angreifen – Bekämpfen (auch in Bruderkriegen) – Beschimpfen – Einmarschieren – Sabotieren − Überfallen
Tolerantes? Augenausstechen – Diskriminieren – Erniedrigen – Hände/Füße-Abhacken – Hassen – Mekka-Verbot – Rächen – Täuschen – Heucheln – Töten bei Glaubensabfall – Tributerzwingen
Gerechtes? Erniedrigen – Schlagen – Steinigen – Verfluchen – Versklaven – Verstoßen
Zur unterschiedlichen Bedeutung und Mehrdeutigkeit von Begriffen
1. Zum Begriff „Frieden“
In den Ausführungen zu den symbolischen Vorgängen in der HAGIA SOPHIA am 24.7.2020 wurde bereits im Kontext der aufgezeigten Eroberungsthematik das tiefgreifend unterschiedliche Verständnis dessen dargestellt, was der Begriff „Frieden“ im Islam einerseits und in der nichtmuslimischen Welt andererseits bedeutet. (HIER II)
Diese Aussagen korrespondieren mit Hinweisen des Islamologen Prof. Bassam Tibi, der schon vor eineinhalb Jahrzehnten darauf aufmerksam gemacht hat, dass im islamischen Kulturkreis bestimmte Begriffe eine andere Bedeutung haben wird als in der nichtmuslimischen Welt. Dabei ist auch die Möglichkeit der Mehrdeutigkeit von Begriffen miteingeschlossen. So konstatiert Bassam Tibi im Blick auf das unterschiedliche Verständnis von Frieden:
„Um ehrlich miteinander sprechen zu können, müsste man sich zunächst eingestehen, dass nicht einmal die gemeinsam benutzten Begriffe für beide Seiten dasselbe bedeuten. So bezeichnet das Wort ‘Friede’ im Islam nichts anderes als die Ausweitung der dar- al islam auf die gesamte Welt – etwas ganz anderes also als der aufgeklärte ewige Friede Immanuel Kants.“
Zugleich stellt er folgende Forderung an seine eigene Religionsgemeinschaft:
„Es führt kein Weg daran vorbei, von den Muslimen zu fordern, ihr Verständnis von Toleranz und von Frieden im Sinne einer Akzeptanz des Pluralismus zu revidieren und auf die Doktrin des Dschihad als Eroberung zu verzichten.“
Symptomatisch für den Islam ist:
Muslime sprechen andauernd vom Frieden. Mit massiver Unterstützung nichtmuslimischer islamophiler Apologeten und Meinungsbildner glorifizieren sie dabei auch ständig und überall ihre Religion als eine „Religion des Friedens“, ihre Kultur als eine „Kultur des Friedens“. Sich selbst und die „meisten“ bzw. die „allermeisten“ Muslime bezeichnen sie stereotyp als „friedliebend“ u. ä.
Doch glauben sie selbst an diese faktenfreie Behauptung? Wie können sie ihre Selbsteinschätzung glaubwürdig in Übereinstimmung bringen mit den über 200 Gewaltaufrufen im Koran? Wollen sie der Welt ganz bewusst ein Trugbild vorgaukeln? Oder ist dieses permanente Betonen der eigenen Friedfertigkeit nur Ausdruck unerfüllter Sehnsucht? Sind sie womöglich Opfer ihrer eigenen Ideologie?
Diese andauernde „Selbstbeweihräucherung“ steht jedenfalls im scharfen Kontrast zur 1400-jährigen Islamgeschichte, die als Eroberungs-, Unterwerfungs-, Versklavungs- und Drangsalierungsgeschichte zu charakterisieren ist, ganz abgesehen von den innerislamischen Bruderkriegen insbesondere zwischen Sunniten und Schiiten. Auch die zeitgeschichtlichen Ereignisse bestätigen dieses bedrückende Phänomen. Insgesamt gründet diese Dschihad-Geschichte im Wesen und im Selbstverständnis des Islams.
Ob die „meisten“ bzw. die „allermeisten“ Muslime, die angeblich so „friedliebend“ sind, wohl Verständnis dafür haben, dass Nichtmuslime, die über den Islam informiert sind, sich bedrängt und bedroht fühlen angesichts der zahlreichen gegen sie gerichteten Gewaltsuren im „ewig-gültigen“ Koran, auch angesichts aktueller Erfahrungen vielfältiger Gewalt im Raum des Islams? Wie viele von den „allermeisten“ Muslimen wären wohl bereit, die oben zitierte Forderung ihres Glaubensgenossen Bassam Tibi zur Überprüfung des Verständnisses von Frieden und Toleranz im Islam sowie auch zur Revision der islamischen Dschihad-Doktrin zu unterschreiben? Wie viele wären überdies bereit, ggf. entsprechende Konsequenzen im islamüblichen Maß auf sich zu nehmen?
Erst dann, wenn der maßgebliche orthodoxe Mainstream-Islam glaubhaft erklärt und den Islam-Gläubigen weltweit verkündet, dass alle gegen Nichtmuslime gerichteten Gewaltsuren nur noch unter historischen Gesichtspunkten zu verstehen sind, heute also keine Gültigkeit mehr haben sowie auch in Zukunft keine Gültigkeit mehr haben werden, erst dann wird die Rede vom Islam als der „Religion des Friedens“ und von den „friedliebenden“ Muslimen in den Bereich der Glaubwürdigkeit rücken. Derzeit sind Vorstellungen dieser Art lediglich utopische Gedankenspiele.
2. Zum Begriff „Toleranz“
Nach der Weisung des schwerttragenden Imams Ebras sollen die Muslime auch die Toleranz in die Welt hineintragen. Nach Bassam Tibi versteht aber der Islam unter Toleranz inhaltlich „etwas anderes als die westliche Aufklärung, nämlich die Duldung nichtislamischer Monotheisten – also nur von Juden und Christen – als dhimmi (Gläubige, jedoch zweiter Klasse), das heißt: als geschützte, aber unmündige Minderheiten“.
Wahre Toleranz ist dem Islam grundsätzlich fremd, da Toleranz die Anerkennung der Gleichwertigkeit verschiedener Personen oder gesellschaftlichen Gruppen sowie die gleichen elementaren Rechte für alle Menschen voraussetzt, unabhängig ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit
Wahre Toleranz ist dem Islam auch deswegen fremd, weil er die beiden anderen zentralen Wesensmerkmale des Toleranzbegriffes nicht kennt: Gegenseitigkeit (Reziprozität) und Universalität. Unterschiedslos kommen Gleichwertigkeit, Gegenseitigkeit und Universalität allen Völkern, allen Religionen und allen Ideologien gleichermaßen zu. Nach diesem Toleranzverständnis ist der Islam von Natur aus intolerant, da auch die angebliche islamische Toleranz gegenüber Monotheisten in Wahrheit lediglich eine trügerische Toleranz, eine Scheintoleranz ist. Der in der islamischen Doktrin verankerte universale Herrschafts- und Totalitätsanspruch sowie die Unterwerfungsideologie lassen grundsätzlich keine Toleranz zu.
Nur dort, wo der Islam nicht an der Macht, sondern in der Minderheit ist, ist er tolerant, ggf. auch dort, wo er so fest im Sattel sitzt, dass er sich Toleranz leisten kann. Auch im letztgenannten Falle aber ist diese islamische Toleranz, die in islamischen Überlegenheitssituationen eingeräumt wird, immer nur taktisch oder eigennützig motiviert.
Als angeblicher Beweis für die praktizierte Toleranz, Humanität und Großzügigkeit des Islams wird regelmäßig auf Sultan Saladin sowie auf „Andalusien“ verwiesen, gelegentlich auch auf die islamische Zwangseinrichtung der Dhimmitude.
Z- Zum nur scheinbaren Toleranzverhalten des nicht nur im Islam hochverehrten Saladin notiert die Autorin Nekla Kelek:
„Saladin im Stück (= „Nathan der Weise“) hat nichts von dem, was wir von dem Herrscher als historische Gestalt wissen. Saladin ließ die Tempelritter unbarmherzig hinrichten. Dass er einen von vielleicht Tausenden überleben ließ, erscheint im Stück als Güte und Toleranz – ein dramaturgischer Kniff, der nur funktioniert, wenn man die historischen Tatsachen ausblendet.“
– Zum viel gerühmten islamischen Toleranzverhaltens während der islamischen Herrschaftszeit in Andalusien ist zu bemerken: Sie war zeitlich, insbesondere auch geographisch vergleichsweise recht begrenzt. Hinsichtlich dieses viel gerühmten islamischen Toleranzverhaltens gab es nämlich keine Parallele in allen anderen, viel größeren Ländern und Regionen, die zu damaliger Zeit im Vorderen Orient, in Afrika und Asien bereits islamisiert waren.
– In der mittelalterlichen islamischen Zwangseinrichtung der Dhimmitude lebten Juden und Christen, die schönfärberisch als „Schutzbefohlene“ (=Dhimmis) bezeichnet wurden. In Wirklichkeit aber galten die „Dhimmis“ als „minderwertige“ Menschen und deswegen rechtlich als Menschen zweiter Klasse. Sie waren in vielen Lebensbereichen benachteiligt, entrechtet und als Unterdrückte ständig der Willkür und Laune ihrer Unterdrücker ausgesetzt. Dazu stellt der Historiker Hans Meiser fest:
„Islamische Toleranz bedeutet bis auf den heutigen Tag: Duldung der Unterworfenen nur als Gedemütigte und Erniedrigte. Wer weiterhin das Märchen von der islamischen Toleranz verbreitet, sollte die Geschichte und die heutige Praxis islamischer Staaten studieren, in denen Christen diskriminiert oder gänzlich unterdrückt werden.“
Symptomatisch für den Islam ist:
Wenn Muslime in der Minderheit leben, pochen sie mit ihren ständig neuen Forderungen auf das Toleranzverhalten der nichtmuslimischen Mehrheitsbevölkerung ihnen gegenüber. Nachdrücklich berufen sie sich auf die Religionsfreiheit, die sie aber selbst in Missachtung des Prinzips der Gegenseitigkeit in Staaten mit islamischen Mehrheitsverhältnissen anderen religiösen Minderheiten generell nicht oder nur sehr eingeschränkt gewähren. So warnt der Philosoph Karl Popper mit eindrücklichen Worten vor der Toleranz den Intoleranten gegenüber:
„Wenn wir die unbeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“
Nach diesen Worten müsste eigentlich in allen demokratischen Staaten die Devise lauten: Für Intoleranz gibt es keine Toleranz. Wahre Toleranz ist nur unter toleranten Menschen möglich. Entsprechend vertritt auch Kardinal Walter Kasper die keineswegs selbstverständliche Auffassung: „Wer nicht toleranzbereit ist, kann nicht selbst Toleranz erwarten oder gar fordern.“ Bezeichnenderweise gibt es unter den 57 islamischen Staaten keine einzige Demokratie, weil es dort auch keine wirkliche Toleranz gegenüber Andersgläubigen- und Andersdenkenden gibt.
Im Rahmen des aufgeklärten Toleranzverständnisses gibt es auch kein Recht darauf, nicht hinterfragt, nicht kritisiert und auch nicht (mit seiner Überzeugung) abgelehnt zu werden. Dies steht jedoch allen Prinzipien der Religion Mohammeds diametral entgegen. So verhindert der Islam Hinterfragen, Zweifel, Kritik und auch Selbstkritik.
Mit dem ominösen, im Raum des Islams erfundenen Begriffs „antimuslimischer Rassismus“ will man neuestens durch den beim Bundesinnenministerium zusätzlich zur „Islamkonferenz“ angesiedelten „Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ „Strategien zur Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit“ entwickeln. Steht dahinter etwa die Absicht, mit staatlicher Unterstützung Islamkritik zu verhindern und Islamkritiker unter Androhung strafrechtlicher Folgen zum Schweigen zu bringen?
Doch bekanntlich ist der Islam – wie auch das Christentum – keine Rasse, sondern eine Religion. Deshalb ist Kritik am Islam auch kein Rassismus. Andernfalls steht die berechtigte Frage im Raum, ob nicht alle Muslime per definitionem als Rassisten zu bezeichnen wären angesichts der zahlreichen Gewaltsuren im Koran, die ausdrücklich gegen Juden und Christen gerichtet sind. Übrigens spricht kein Mensch von einem „antichristlichen Rassismus“, obwohl die Christen weltweit die meistverfolgte Opfergruppe darstellen. Dabei sind sie vielfach Opfer von Muslimen bzw. von muslimischen Gruppen und Institutionen.
In einem demokratischen Staat müssen sich jedenfalls ausnahmslos alle Religionen und alle Ideologien der Kritik stellen, selbstverständlich auch der Islam. Kritische Auseinandersetzungen mit dem Islam zu verbieten, gar strafrechtlich zu verfolgen, wäre zweifelsfrei gleichbedeutend mit dem Anfang vom Ende unserer freiheitlichen Demokratie, die durch Religions- und Meinungsfreiheit gekennzeichneten ist. Es wäre ein entscheidender Schritt bei der Islamisierung Deutschlands bzw. Europas mit absehbaren Folgen.
3. Zum Begriff „Gerechtigkeit“
In der HAGIA SOPHIA wurden die Muslime von Imam Ebras ermahnt, nicht nur für Frieden und Toleranz, sondern auch für die Gerechtigkeit in der Welt einzutreten. Was aber versteht er wohl unter dem Begriff „Gerechtigkeit“? Was wird im Islam darunter verstanden?
Es gibt verschiedene Formen von Gerechtigkeit; so z.B. Soziale Gerechtigkeit und Generationengerechtigkeit, Chancengerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit. Gerechtigkeit gilt als höchste Tugend (Kardinaltugend). Sie ist ein Grundwert für das persönliche Leben und zwischenmenschliche Zusammenleben, gleicherweise aber auch für die nationale und internationale Gesetzgebung. In einfachen Worten könnte diesbezüglich die Zielsetzung für das individuelle wie auch für das kollektive Gerechtigkeitshandeln lauten: Ihrer Menschenwürde entsprechend sollen unterschiedslos alle Menschen zu ihrem Recht kommen.
Schon aus dieser kleinen Skizze wird die Spannung zum Islam ersichtlich. Denn alle diese „Gerechtigkeits-Begriffe“ bzw. die Aussagen zur Gerechtigkeit enthalten immer zugleich auch das Moment der Gleichheit. Doch Gleichheit in seiner auf alle Menschen bezogenen Relevanz ist kein islamisches Wort. Somit ist auch das Wort Gerechtigkeit kein islamisches Wort im Sinne eines nichtmuslimischen Verständnisses.
In der christlichen Tradition ist die fundamentale Gleichheit und die Gleichwertigkeit aller Menschen vor Gott und untereinander in der Gottesebenbildlichkeit des Menschen begründet. Diese Vorstellung von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen und damit auch die von der Gleichheit und Gleichwertigkeit aller Menschen ist dem Islam fremd. So gibt es im Islam weder eine individuelle noch eine interkulturelle Gleichheit und folglich auch keine Gleichwertigkeit und keine Gleichberechtigung der Menschen.
Der gemeinsamen und gleichen Würde aller Menschenstehen steht im Islam jene praktizierte Wirklichkeit gegenüber, die auch mit dem Begriff „Apartheid“ (= Trennung) umschrieben werden kann: Die Geschlechter-Apartheid (Mann/Frau), die Religions-Apartheid (Gläubige/Ungläubige) und die Menschheits-Apartheid (Muslime/Nichtmuslime). Dazu zählt auch die vom Koran erlaubte, auch heute noch immer nicht überwundene Sklaverei (Freie/Unfreie).
In den 30 Artikeln (mit Zusatzartikel von 1985) der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ von 1948, auch UN-Menschenrechtsdeklaration genannt, werden die universal und unteilbar geltenden Individual- und Kollektivrechte des Menschen umschrieben. Sie stehen weithin im nicht zu übersehenden Gegensatz zur islamischen „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“ (1990), deren Einzelbestimmungen uneingeschränkt unter Scharia-Vorbehalt stehen. Der Islam will also nach seinen religiös-ideologischen Vorgaben die Menschenrechte für alle Menschen im Sinne seiner Scharia festlegen.
Von den 30 Artikeln (mit Zusatzartikel) sollen hier lediglich fünf Artikel der UN-Menschenrechtsdeklaration in einer Kurzfassung notiert werden, die bereits auf den ersten Blick den unüberbrückbaren inhaltlichen Gegensatz beider Deklarationen sichtbar machen:
Art. 1. Alle Menschen sind von Geburt an gleich und frei.
Art. 7. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Art. 18. Jeder Mensch hat ein Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.
Art. 19. Jeder Mensch hat ein Recht auf freie Meinungsäußerung.
Art. 30. Niemand kann einem Menschen die Menschenrechte wegnehmen.
Hinsichtlich der Gleichberechtigungproblematik von Mann und Frau im Islam konstatiert die Politikwissenschaftlerin und Autorin Ayaan Hirsi Ali:
„Bestimmte Wertvorstellungen schließen einander aus: Entweder man glaubt an gleiche Rechte für Männer und Frauen oder eben nicht. Scharia und Gleichberechtigung können nicht nebeneinander existieren.“
Diese Feststellung der Exmuslima Hirsi Ali lässt sich unschwer erweitern im Blick auf die Gleichberechtigung von Muslimen und Nichtmuslimen sowie von Gläubigen und Ungläubigen.
Symptomatisch für den Islam ist:
Das Streben nach Dominanz in Verbindung mit einem Überheblichkeitsdenken sowie auch der Leitgedanke der Ungleichheit (Muslime/Nichtmuslime – Mann/Frau – Gläubige/Ungläubige) sind in der Lehre des Korans grundgelegt und sind so integraler Bestandteil des Islams. Dieses Dominanz- und Ungleichheitsdenken prägt nicht nur die Mentalität und Bildung, die Kultur und Geschichte, sondern auch die Rechtsprechung der Muslime. Dabei fordert das islamischen Rechtssystem der Scharia die Unterwerfung auch der Nichtmuslime und ahndet Rechtsverstöße mit Gewalt, so auch das Abfallen vom Islam. Die Scharia für alle ist nur ausgesetzt, solange Muslime in der Minderheit sind. Die türkische Journalistin Uzay Bulut notiert zum Verhalten von Muslimen, die in westlichen Ländern leben und ein paralleles Justizsystem fordern:
„In westlichen Ländern sind Muslime gleiche Bürger mit gleichen Rechten. Doch einige von ihnen verlangen häufig zusätzliche ´Rechte´ und Privilegien von der Regierung, wie etwa ein paralleles Justizsystem mit islamischen Schariagerichten. Werden ihre Forderungen nicht erfüllt, bezichtigen sie andere der ´Islamophobie´ oder des ´Rassismus´.“
Symptomatisches in den Medien und in staatlichen sowie in kirchlichen Verlautbarungen?
Die hier thematisierte, ausdrücklich an die Muslime gerichtete Aufforderung des schwerttragenden Imams in der HAGIA SOPHIA am 24.7.2020, entsprechend den Forderungen des Islams für Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit in der Welt einzutreten, wurde in jenen Medien, die dem Verfasser dieses Artikels zur Verfügung stehen, kommentarlos, unreflektiert wiedergegeben, ohne die Problematik „Gleiche Begriffe bei unterschiedlicher Bedeutung“ auch nur anzudeuten. Diese Verhaltensweise ist kein Einzelfall. Sie scheint für die Medien im Kontext der Islamproblematik weithin symptomatisch zu seín. Dabei wird jeweils der trügerische Eindruck erweckt, als hätten alle diese Begriffe im Islam und in der nichtislamischen Welt inhaltlich die gleiche Bedeutung.
Steht hinter diesem fatalen Unterlassen des kritischen Hinterfragens die pure Unwissenheit vieler Journalisten über den Islam? Oder fehlt ihnen einfach die Kenntnis über die unterschiedliche Bedeutung und Mehrdeutigkeit der Begriffe? Hintern sie vielleicht auch bestimmte mit Bedrohungsszenarien verbundene Ängste daran, sachkritisch auf Islam-Probleme einzugehen? Möglicherweise verzichten sie aber auch aus folgenden Gründen auf kritische Kommentare: Die Haltung der Gleichgültigkeit, die der Haltung eines relativistischen Denkens entspringt, oder auch eine gewisse Sympathie bzw. ein zielgerichtetes Engagement für das Erstarken des Islams.
Auch in gemeinsamen Verlautbarungen staatlicher und kirchlicher Vertreter und Institutionen zusammen mit islamischen Organisationen wird die Doppelbödigkeit der Sprache keineswegs immer erkannt oder berücksichtigt. So richten sich die oben an die Medien gerichteten kritischen Fragen uneingeschränkt auch an diese Zielgruppen.
Ob Papst Franziskus wohl in einer weiteren Verlautbarung, die er mit Vertretern des Islams offensichtlich demnächst veröffentlichen wird, dieses heikle Problem im Blick hat, zumal wenn darin wahrscheinlich erneut die Rede sein wird von Frieden, Toleranz und Freiheit, von Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Freiheit u.a.m.? Werden diese bedeutungsvollen Begriffe dann inhaltlich bestimmt sein vom Geist des Neuen Testamentes und der UN-Menschenrechtserklärung von 1948 oder eher von der dazu gegensätzlichen schariaorientierten Kairoer Menschenrechtserklärung von 1990? Hoffentlich wird die Antwort auf diese Frage klar und eindeutig sein. Andernfalls wird das Verwirrspiel noch größer werden.
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