(www.conservo.wordpresss.com)
Von Peter Helmes
Die USA finanzieren fast die Hälfte des Etats
Die Vergabe des Friedensnobelpreises ist in fast jedem Jahr ein Aufreger. Die „unmöglichsten“ Kandidaten wurden zu Preisträgern (z.B. Le Duc Tho, Arafat, Obama, Al Gore) und beschädigten damit das Ansehen dieser Auszeichnung. Neuester Preisträger (2020) ist das Welternährungs-programm der UNO. Oft war die Verleihung des Friedensnobelpreises umstritten. Aber zu den Stärken des Preises gehört nunmal auch seine Unberechenbarkeit – wie sie sich auch in diesem Jahr zeigt.
Das Welternährungsprogramm („WFP“) ist ein würdiger und verdienter Preisträger und sorgt für keine Kontroversen. Natürlich darf man fragen, ob es nicht Alternativen gegeben hätte, aber zumindest ist die diesjährige Verleihung weit weg von dem Etikett „Skandal“; denn die Organisation hat die Auszeichnung durchaus verdient. Sie kämpft an vorderster Front für die Versorgung mit Lebensmitteln kämpft – eine schwere und segensreiche Aufgabe. 211 Personen und 107 Organisationen waren für den Preis nominiert – die vierthöchste Zahl seit der ersten Preisverleihung 1901. Wie in jedem Jahr hatte es im Vorfeld der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises auch 2020 viele Spekulationen gegeben, wer die Auszeichnung erhalten könnte. Besonders gute Chancen waren unter anderem der Weltgesundheitsorganisation WHO und der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg eingeräumt worden. Auch die Nichtregierungsorganisation zum Schutz von Journalisten, Reporter ohne Grenzen, der russische Kremlkritiker Alexej Nawalny, die Demokratiebewegung in Hongkong, der Whistleblower Edward Snowden, Wikileaks-Gründer Julian Assange und US-Präsident Donald Trump waren im Gespräch für die diesjährige Auszeichnung gewesen.
Das seit 1961 bestehende Welternährungsprogramm ist das führende Hilfswerk im Kampf gegen Hunger, versorgt Menschen in Krisenregionen und betreibt Entwicklungsprojekte.
Im vergangenen Jahr etwa unterstützte die Organisation nach eigenen Angaben etwa 97 Millionen Menschen in 88 Ländern. Sie finanziert sich aus freiwilligen Zuwendungen der UN-Mitgliedsländer, der EU und einigen privaten Gebern. (Die größten Geldgeber sind die USA, Deutschland und Großbritannien.)
Hunger ist das größte Gesundheitsrisiko weltweit
An den Folgen von Hunger und Unterernährung sterben mehr Menschen als an AIDS, Malaria, Tuberkulose und den bisher am Corona-Virus Verstorbenen zusammengezählt. Er entsteht heute allerdings selten dadurch, dass rein mengenmäßig nicht genügend Nahrungsmittel vorhanden sind. Stattdessen ist es vor allem ein Problem der Verteilung:
Wer hungert, ist zu arm, um Nahrungsmittel zu kaufen. Tatsächlich wird weltweit heute genügend produziert, um davon zehn Milliarden Menschen zu ernähren Fast 100 Millionen Menschen versorgt Das Welternährungsprogramm leistet im Stillen einen großen Einsatz, und das ist gerade umso wichtiger, weil der Hunger auf der Welt im Zuge der Corona-Pandemie zunimmt. Täglich sind tausende Fahrzeuge im Einsatz, jedes Jahr werden Milliarden Rationen ausgeteilt.
Das Welternährungsprogramm bewegt etwas. Es hat Regierungen überzeugt, Häfen und Lieferketten zu reaktivieren. Als die internationalen Fluglinien am Boden blieben, hat das WFP ein Drehkreuz in Belgien aufgebaut und 20.000 Ärztinnen, Pfleger und Entwicklungshelfer, Masken und medizinisches Gerät in Flüchtlingslager und Krisenregionen geflogen Das norwegische Nobelpreiskomitee hatte gestern in Oslo erklärt, die weltgrößte humanitäre Organisation versorge fast 100 Millionen Menschen und trage wesentlich zur Schaffung von Frieden bei.
Der Hunger ist zurück.
In Kenia genauso wie im Sahel, der Demokratischen Republik Kongo, dem Tschad, Indien und Myanmar, den Krisenregionen dieser Erde von Libyen über Syrien, den Jemen bis zum Sudan. Laut aktuellem Welternährungsbericht hungern heute knapp 60 Millionen Menschen mehr als noch vor fünf Jahren. Natürlich war der Welthunger noch nie wirklich überwunden. Aber er war über die Jahrzehnte stetig zurückgegangen – um ganze 29 Prozent allein zwischen dem Jahr 2000 und 2015.
Bis zu 17 Milliarden Dollar pro Jahr haben die G7-Industriestaaten in den letzten Jahren zur Hungerbekämpfung investiert. Denn bis 2030 will die Weltgemeinschaft den Hunger besiegt haben. Das haben die Regierungschefs der Welt im Jahr 2015 in den nachhaltigen Entwicklungszielen festgelegt. Aber kann das immer noch klappen? Trotz Covid-19? Die Frage nach der Wahrscheinlichkeit hängt vom politischen Willen ab.
Meines Erachtens haben die Virus-Pandemie und die damit verbundenen Krisen nicht nur gezeigt, daß die Welt zusammenwirken kann, sondern daß sie auch handeln kann. Im Juli 2020 veröffentlichten die Vereinten Nationen den Welternährungsbericht: Die Zahlen legen nahe, dass bis zu 132 Millionen Menschen zusätzlich wegen Covid-19 ernsthaft vom Hunger bedroht sein werden, wenn die Weltgemeinschaft jetzt nicht entschlossen handelt. Zusätzlich zu den 690 Millionen, die schon zuvor nicht genug zu essen hatten.
Aber Nahrungsmittelhilfen können niemals das Problem des Hungers auf der Welt lösen.
Benötigt werden vielmehr Einsätze, damit die betroffenen Länder ihre Landwirtschaft durch modernere Methoden weiterentwickeln und ihre Infrastruktur ausbauen – und es braucht weniger Bevölkerungswachstum in Ländern, die nicht in der Lage sind, ihre Bewohner zu ernähren. Schätzungsweise 91 Millionen Menschen in 83 Ländern der Welt sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.
Größter Geldgeber USA
US-Präsident Trump ist zwar ein erklärter Feind der Vereinten Nationen, aber ein Blick auf die Konten dieses Programms zeigt einige Überraschungen. Die USA bleiben mit 6,3 Milliarden Dollar oder 43 Prozent des Gesamtetats bei weitem der größte Geldgeber. An zweiter Stelle steht Deutschland, das fast eine Milliarde zum WFP-Haushalt beiträgt. China gibt nur vier Millionen.
Das Coronavirus macht die Hilfe von Organisationen wie des UNO-Welternährungsprogramms noch notwendiger als zuvor. Die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen, Verbote und Lockdowns treffen vor allem diejenigen, die bereits zuvor in Armut gelebt hatten, die keine Vorräte und Ersparnisse haben, die ihre Beschäftigung verloren, von einem Tag zum nächsten leben und nur das essen, was sie gerade verdient haben.
Die Entscheidung enttäuscht allenfalls diejenigen, die erwartet hatten, daß die Auszeichnung an die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg vergeben wird.
Die in diesem Falle besonders „geneigten“ Medien hatten sie seit Wochen zur auszeichnungsreifen Ikone hochgejubelt. Aber es ist schwerlich zu leugnen, daß das Preisgeld heuer in würdigere Hände gekommen ist. Umso mehr, weil der Erfolg des Welternährungsprogramms von freiwilligen Spenden abhängig ist.