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von Redaktion Philosophia Perennis *)
Dass die Katholische Kirche in einer historisch schweren Krise steckt: Das ist so ziemlich das Einzige, worüber sich wohl alle einig sind, egal ob sie selber katholisch sind oder nicht. Worüber sich fast niemand mehr einig ist, auch und gerade die Katholiken selbst, ist die Frage: Warum?
Einen überraschenden Bestseller mit einer ganz eigenen Antwort auf diese Schlüsselfrage hat der Theologe Taylor Marshall geschrieben. Nun liegt seine Antwort auch in deutscher Übersetzung vor – eine Antwort, die besonders im deutschsprachigen Raum erst selten gehört, und dann gerne lauthals belächelt, vielleicht auch vehement bestritten werden wird. Zum Teil zurecht, denn der Vorwurf gefährlicher Vereinfachungen und kruder Verkürzungen ist berechtigt. Umso mehr ein Grund, die aufsehenerregende These einer gezielten Infiltration der Kirche zu lesen: Gibt es ernsthafte Anzeichen einer echten Verschwörung, die älteste fortwährende Institution der Geschichte – die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche – systematisch zu unterwandern und von innen zu zerstören? Nein. Warum also dieses Buch lesen?
Marshall mag umstritten sein, aber er ist kein x-beliebiger amerikanischer Verschwörungstheoretiker, wie mancher Leser schon dem Titel seines Buches entnehmen könnte:
„Infiltriert. Die Verschwörung zur Zerstörung der Kirche“
Das klingt nicht nur reißerisch, sondern geradezu nach grobem Unfug à la Dan Brown. Doch Marshall meint ernst: Das macht der Konvertit zum Katholizismus mit einem eigentlich schönen Satz deutlich, dem er seinem Buch voranstellt. Er widmet dieses Werk seinen „acht Kindern, der nächsten Generation im Kampf für Christus und seine Kirche“. Und Marshall muss man in einer Hinsicht ohnehin ernst nehmen:
Vor allem in traditionellen Kreisen ist der Mann ein Begriff – und das nicht nur, weil er ein Fachmann für Thomismus ist. Sein Video über den Rücktritt Benedikts wurde über 1,3 Millionen Mal abgerufen. Seine Sendung auf YouTube hat über 250.000 Abonnenten.
Das Vorwort seines Buchs hat der bekannte Weihbischof Athanasius Schneider geschrieben. Was das Anliegen des Buches betrifft, dafür lässt Marshall den hl. Franz von Sales zu Wort kommen:
“Ich nenne hier vor allem die offenkundigen Feinde Gottes und seiner Kirche; sie muss man offen anprangern, soviel man nur kann. Es ist ein Liebesdienst, laut vor dem Wolf zu warnen, wenn er in die Schafherde einbricht oder sie umschleicht.“
Marshall stellt zunächst viele Fragen; nicht zuletzt jene, ob man nicht als Ausweg aus der Krise der Kirche und um seinen eigenen Frieden in diesem Leben finden zu können, es sinnvoll wäre, lieber modernistisch oder atheistisch zu werden. Seine allererste Frage im Buch geht zurück auf den 28. Februar 2013:
Er fragt, warum Papst Benedikt XVI. abdankte und warum ein Blitz in die Kuppel des Petersdoms einschlug.
Natürlich kann man die Frage so stellen. Doch verbreitet er dazu dann im Buch einen verkürzten Irrtum: „Am 11. Februar 2013 verkündete Papst Benedikt XVI. der Welt offiziell, dass er vom Papstamt zurücktreten werde. In dieser Nacht erschien ein Zeichen, als ein Blitz in die Kuppel des Petersdoms einschlug.“
Solche Schwachstellen finden sich leider immer wieder in diesem Werk – und sie schaden der Glaubwürdigkeit der scheinbar verführend attraktiven These einer „Infiltration“.
Zumal gleichzeitig so manche „Erkenntnis“ niemanden überraschen wird – vom vorgeschlagenen Lösungsrezept ganz zu schweigen. Dabei gibt sich Taylor Marshall nicht damit zufrieden, Spekulationen zu verbreiten. In akribischer Weise hat er die Kirchengeschichte durchforstet und insbesondere in den letzten 150 Jahren viele Löcher und Spalten gefunden, durch die seines Erachtens der „Rauch Satans“, wie Papst Paul VI. es bezeichnete, in die Kirche eingedrungen ist. Dabei hat er zwar keine neuen Fakten gefunden. Aber er hat viele historische Ereignisse in einen groben Zusammenhang gestellt.
Seine Überlegungen bringen ihn dazu, von Infiltration zu sprechen, die darauf abziele, die Kirche und ihr Glaubensgut zu zerstören.
Immer wieder wird beschrieben, wie etwa Freimaurer und Modernisten zu dieser Krise beigetragen haben sollen. Dass zwar die Maßnahmen gegen den Modernismus, der für das Eindringen des satanischen Rauches in der römisch-katholischen Kirche mitverantwortlich sei, von Papst Pius X. initiiert wurden, aber nicht von allen seinen Nachfolgern mit demselben Eifer weiter verfolgt worden sind. Bild ist nicht neu, und in seiner Beschreibung von Phänomenen bekannt:
Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg verbanden sich die modernistischen Bewegungen in der Kirche mit einem politischen Liberalismus.
Dass sich der Katholizismus mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil selbst in einen Widerspruch zur eigenen Tradition begab, wurde bewusst in Kauf genommen.
Die heute in der Kirche vorhandenen Verwirrungen und Streitereien, sogar de facto Abspaltungen, sind zudem noch in dem theologischen Wandel des römischen Katholizismus zu erkennen. Auf diesem Weg und mit weitreichenden päpstlichen Verlautbarungen wurde das Glaubensgut vernachlässigt und die Disziplin fast völlig aufgegeben, stellt Marshall fest.
Die 33 Kapitel des Buches könnten manchen Leser dazu verleiten, seinen Abschied von der Kirche zu nehmen. Davon abgesehen, dass die Frage der Mitgliedschaft in der Kirche nicht erörtert wird, findet Marshall aber immer wieder auch den Weg zur Wahrheit: Er lässt bei aller Verkürzung und Spekulation auch einfach Fakten sprechen und zeichnet ein Bild der modernen Kirchengeschichte.
Seine Bilanz, das ist klar: Marshall meint, dass die katholische Kirche „von Kopf bis Fuß infiltriert“ sei.
Seine Beispiele sind ja belegt, und wirken deshalb prima facie durchaus nachvollziehbar. Auch wenn dazu eine gehörige Verkürzung nötig war. Gleichzeitig wird hier nicht zur Revolution aufgerufen. Es gibt nicht einmal die Erwartung, dass sich etwas verändern könnte. Letztendlich müssen die dämonischen Feinde mit geistlichen Waffen bekämpft werden, so der Autor. Und auch diese Mittel sind eigentlich nur, was fromme Katholiken seit Jahrhunderten kennen und bis heute viele leben:
„Die Laien müssen für deren Schutz sorgen, damit sie ihre Aufgabe erfüllen können, dies tun wir, indem wir die demütigen Waffen zum geistigen Kampf ergreifen: den Rosenkranz, das Skapulier, das Gebet, das Fasten, die Abstinenz, die Novenen, das Almosen, Advent und die Fastenzeit, die Quatembertage, die Vigilien, die Herz-Jesu-Freitage, die Herz-Mariä-Sühnesamstage, Keuschheit, Sittsamkeit, die regelmäßige Katechese für die Kinder und das gründliche Studium der Lehren unseres katholischen Glaubens. Ebenso müssen wir die unverfälschte katholische Lehre, nachdem wir sie gründlich kennengelernt haben, als Waffe gebrauchen, und vor möglichen Häresien und Schismen, die auch unsere Reihen gefährden könnten, auf der Hut sein.“
Das Buch kann hier bestellt werden: http://www.renovamen-verlag.de/infiltriert
Dieser Beitrag stammt von tu domine: https://tudomine.wordpress.com/