(www.conservo.wordpress.com)
von Peter Helmes
Idol versus Ideal – Ideale adé? Christlich statt materialistisch!
Es fing damit an, daß wir statt von Idealen zu sprechen und sie zum Vorbild zu nehmen, immer mehr zum Kult der Idolen-Verehrung gelangten. Idol versus Ideal, Pomp gegen Klasse, moralische Leitfigur gegen Zeitgeist-Idol. Mögen die Übergänge auch fließend sein, irgendwann haben wir uns von „Vorbildern“ verabschiedet und sind zu „Anhängern von…“, neudeutsch: Groupies – geworden, und viele scheinen nicht einmal zu wissen, warum. Weil sie sich blenden lassen vom Glamour, und weil „ideal“ anstrengend ist?
Der wahre Sinn des Lebens
Das Gefährliche an dieser Entwicklung: Die Gesellschaft verliert ihre Ideale und damit den wahren Sinn des Lebens. Die Erfüllung der eigenen Wünsche wird zum Hauptzweck des Lebens. Dabei geht die tiefe Dimension menschlicher – und für Gläubige: auch göttlicher – Liebe verloren, auch die Liebe zu sich selbst.Der leider viel zu früh verstorbene Schriftsteller Thomas Merton (1915-1968), römisch-katholischer, französischer Trappistenmönch, stellt sehr treffend fest: „Was nützt es uns, zum Mond reisen zu können, wenn es uns nicht gelingt, den Abgrund zu überwinden, der uns von uns selbst trennt? Dies ist die wichtigste aller Entdeckungsreisen; ohne sie sind alle anderen nicht nur nutzlos, sondern zerstörerisch.“
Menschen, die nicht nur dem Materiellen verfallen sind, stellen sich meist zwei Fragen: Die erste lautet: „Gibt es einen Sinn des Lebens?“ Die zweite schließt daran an: „Wenn es einen Sinn des Lebens gibt, was ist der?“
Für positiv eingestellte Menschen gibt es eine klare Antwort: Ein wichtiges Lebensziel ist Lebensfreude. Diese Überzeugung ist uralt. Bereits für die antiken Philosophen bestand der Sinn des Lebens in der Hauptsache in der Erlangung der Glückseligkeit (eudaimonía) durch eine gelungene Lebensführung. Dies kann jeder individuell erhöhen, wenn er an Gott glaubt; denn Gott gibt dem Leben den höchsten Sinn. Der Sozialist fällt am Ende seines Lebens in eine Gruft – und das war´s dann. Der Christ hofft – und glaubt fest – auf seine Erlösung und darf sich deshalb im Tode freuen. Sein Leben hatte einen Sinn!
Das unterscheidet uns (auch) vom Sozialismus, der nur materialistisch eingestellt ist. Das „Paradies auf Erden“ der Sozialisten sieht völlig anders aus als das Paradies der Christen und läßt sich – so man kein Träumer ist – reduzieren auf „genug zu essen und genug zu trinken“ sowie „genug zum Leben“. „Alle Menschen sind gleich.“ Daran glauben die Sozialisten, die einem jeden menschlichen Wesen ein Recht auf Individualität absprechen („die Masse versus das Individuum“).
Zu Ende gedacht werden Marxisten wie Sozialisten keinen wahren Sinn des Lebens finden können; denn ihr Verständnis von Sinn ist rein materiell bestimmt, Christen haben jedoch einen Glauben, der weit über dem Materiellen steht.
Materialismus statt Werte – der Mensch ist „denkende Materie“
Der Zeitgeist, der tief von Marx und Materialismus geprägt ist, läßt nicht viel Raum für Gefühle. Er bringt uns zwar bei, was erstrebenswert sei, aber „wahre Werte“ stören da nur. Materialismus ersetzt Glauben und Werte.
Auch das ist eine der dramatischen Folgen der „Frankfurter Schule“, die uns Menschen jeglichen Glauben an echte Ideale verbieten und stattdessen einen Neuen Menschen schaffen will. Dieser Neue Mensch hat keine Ideale, sondern „funktioniert“: Aus „Liebe“ wird Sex, aus „Ehe“ wird eine Zweckgemeinschaft (zweier oder mehrerer) Partner, egal welchen Geschlechts usw. Logisch, daß die Institution Familie – ebenfalls ein (gewesenes) Ideal – dabei vor die Hunde geht.
Für die Frankfurter Schule ist der Mensch „denkende Materie“, eine Seele braucht er nicht, weil man eine Seele auch nicht beweisen kann. Wie der Urvater der Frankfurter Schule, Karl Marx, schon feststellt: „Religion ist Opium für das Volk.“ In seiner „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, verfaßt 1834/44, schrieb er u. a. wörtlich: „Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“ (Da Marx mit Heine befreundet war, der ähnliche Gedanken von Ludwig Börne erwähnt, ist der Originaltext eher Heine zuzuschreiben – was aber hier nicht wichtig ist.)
Karl Marx: „Knechtschaft brechen durch Revolution“
Das Volk berauscht sich nach Marx also selbst und bekommt das Gift nicht verabreicht, wie es die Wendung „Opium für das Volk“ suggerieren würde. Nach Ansicht von Marx müßten die Menschen sich in der materiellen Welt emanzipieren zur „Überwindung der Entfremdung, insbesondere der Entfremdung des Menschen in der Arbeitswelt des Kapitalismus“ (Entfremdungstheorie). Nach seiner Ansicht wird sich dadurch auch die Religion erübrigen.
Froh-Botschaft
Man kann im Gegenteil zu den Marxisten eine ganz andere, nämlich eine höhere Perspektive bieten: Viele Menschen glauben an einen Gott und an höhere Daseinsstufen, um ihrem Leben einen Sinn zu verleihen. Das ist z.B. für mich der Grund, an Gott zu glauben. Das sozialistische Wesen hat keinen höheren Sinn, sondern nur einen materiellen – mit der Folge, daß eine echte Freude des Lebens und am Leben verborgen bleibt.
Nebenbemerkung: Diese unsere Überzeugung ist auch der Grund, daß wir Christen von der „Frohbotschaft des Herrn“ sprechen. Die christliche Religion ist keine materielle und schon gar keine Trauerveranstaltung, sondern ein Fest der Freude – wobei ich offengestanden bezweifle, ob alle Christen diese Botschaft so verstehen (wollen). Menschlich ausgedrückt: Es ist allemal leichter, die Menschen traurig zu stimmen denn heiter. Wer gram- und leid-gebeugt durchs Leben geht, kann letztlich dem Leben nichts Freudvolles abgewinnen. Ein unverdächtiger Zeuge dieser Denkwelt ist Martin Luther, dem man den treffenden Satz nachsagt: „Aus einem verzagten Hintern kommt kein fröhliche Furz!“
Da Marx die Ursachen zur Überwindung der Entfremdung und zur Beseitigung der Religion in der materiellen Welt sieht, müssen auch die Ursachen der Religion hier zu finden sein. Die Verehrung jenes Gottes halte den Menschen davon ab, sich seiner eigenen Möglichkeiten und Kräfte gewahr zu sein, und er verfalle so in religiösen Fanatismus.
Zum Verständnis unserer (christlich-konservativen) Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist, dem neuen Gegner jeglicher Kultur des Denkens und dem Feind immaterieller Werte (Ideale), ist das Folgende besonders bemerkenswert und (leider) heute erst recht aktuell:
Für Marx ist die „Emanzipation des Menschen“, natürlich auch die von der Religion, nur möglich, wenn dem Menschen die „Befreiung in der Arbeitswelt“ gelingt. Auf Deutschland bezogen, kommt er dann zum Ergebnis, daß „in Deutschland (…) keine Art der Knechtschaft gebrochen werden (kann), ohne jede Art der Knechtschaft zu brechen. Das gründliche Deutschland kann nicht revolutionieren, ohne von Grund aus zu revolutionieren. Die Emanzipation des Deutschen ist die Emanzipation des Menschen. Der Kopf dieser Emanzipation ist die Philosophie, ihr Herz das Proletariat. Die Philosophie kann sich nicht verwirklichen ohne die Aufhebung des Proletariats, das Proletariat kann sich nicht aufheben ohne die Verwirklichung der Philosophie.“
Allerdings, wie die „Emanzipation des Menschen“ nach Marx funktioniert, durften Deutsche-Ost vier bittere Jahrzehnte erfahren. Aber durch Marx´s Gedankenwelt, die über die Generation(en) der ´68er auch und besonders im Westen blühte, wurden viele alte Werte zerstört, verschwanden Ideale – und an seine Stelle trat der Neue Mensch, die seelenlose Marionette des Zeitgeistes.
Ideale – „angestrebte Idee der Vollkommenheit“
Ein krasses Beispiel für den Verfall der Ideale sind die Vielfach-Scheidungen deutscher Politiker und vieler „Aushängeschilder“ (Idole) des deutschen Staates. Notabene, der ehemals höchste Mann unseres Staates, der Bundespräsident vor Steinmeier, lebt seit vielen Jahren mit einer Lebenspartnerin zusammen, ohne von seiner Ehefrau geschieden zu sein. Früher nannte man das Bigamie, heute redet niemand drüber. Sollen so unsere Vorbilder aussehen?
Der Neue Mensch ist „genormt“, ein Einheitsmensch. Da passen schon rein logisch keine Ideale; denn sie sind eine „individuelle Idee“ – siehe z. B. Kant, Hegel oder Schiller. Diese individuelle Idee strebt ständig nach einem höheren Ziel, kann aber eine höchste Norm nicht erreichen. So bleibt das Ideal ein als höchster Wert erkanntes Ziel, eine angestrebte Idee der Vollkommenheit – ganz im Gegenteil zur Frankfurter Schule, die vom genormten Menschen träumt(e) und alles für machbar hält.
Das sozialistische „Paradies auf Erden“
Und da sind wir zum Schluß wieder bei der Religion: Für Christen ist der Mensch „unvollkommen“, er soll zwar zum höchsten Glück streben, aber er wird es hienieden nicht erreichen. Anders Karl Marx und seine Sozialismus-Nachfahren in aller Welt: Der Irrglaube des Sozialismus – und damit der Schlüssel zu viel Unterdrückung und Elend – liegt in seiner Vorstellung vom „Paradies auf Erden“, wie z. B. vom „Arbeiter- und Bauern-Paradies“, aus dem die Arbeiter und Bauern millionenfach flohen.