(www.conservo.wordpress.com)
Von Dr. Juliana Bauer *)
In Frankreich beginnt die Freude zu wachsen
Der Frühling steht vor der Tür und mit ihm Ostern. Das Fest des Lebens, die Frohbotschaft der Auferstehung.
Blüten beginnen, sich zu entfalten. Neues Leben.
Auch andere Blüten treiben erneut aus: „Corona-Blüten.“ Im Grunde ist es ein Jammer um das schöne, ja geradezu poetische Wort, das durch diesen vermaledeiten Virus verhunzt und verfremdet wird. Das italienische Wort corona (la corona) heißt, deckungsgleich mit dem gleichlautenden und gleichbedeutenden lateinischen Wort corona, dem es entstammt: der Kranz, die Krone.
Ein Blütenkranz. Blütenkränze, die Kinder so gerne flechten. Auch heute noch. Trotz Computer, Smart Phones und Apps. Die überwältigenden kindlichen Reaktionen auf meine Angebote an alten Kinderspielen, die ich vor einigen Jahren im Stadtmuseum Crailsheim in Hohenlohe machte, bestätigten dies.Nichtsdestoweniger treiben auch sie aus, die Corona-Blüten. Die giftigen Blüten, die das Leben zu zerstören suchen: die Begegnungen und die Gemeinschaft, die Kultur in ihrer reichen Vielfalt… Sie terrorisieren das Leben, die giftigen Blüten, deren Terror sich so viele Menschen beugen. „Ein einfacher Virus lässt den Terror regieren“ folgerte der Arzt und Erzbischof von Paris, Michel Aupetit, kurz vor Weihnachten (Sainte-Geneviève, 20.12.2021).
Frühling. Werden unsere Kinder auf Wiesen spielen können, tollen, Ballspielen, Kränze flechten…? Ohne, dass hörige Polizisten der Eis-Königin sie wie die rodelnden Kinder im zu Ende gehenden Winter vertreiben und den Eis-Hauch weiterverbreiten, der Frühling und Sommer im Ewigen Eis einzugefrieren droht?
Ostern. „Zweites Corona-Ostern steht bevor.“ So titelte kürzlich ein katholischer, deutschsprachiger Internet Blog. Dann folgten Informationen über die „Anordnungen der Bischofskonferenzen“ für Gottesdienste (kathol. info). Zu den Regeln gehören die Pflicht zum Maskentragen (die in jedem Land gilt, in Deutschland in der Weise „Gnadenlos“), Zugangsbeschränkungen zu bestimmten lokalen Punkten, Unbrauchbarmachen der Hälfte von Bänken oder Stühlen, Verbot von Chor- und Gemeindegesang. Anordnungen! Allerdings nicht nur von der Deutschen Bischofskonferenz. Genügende Anordnungen und Empfehlungen – letztere stellen die weichere Variante dar – sind ebenso aus dem Vatikan gespeist. Leider!
Plexiglaswände stehen nach wie vor trennend in manchen Kirchenräumen – so im Hohen Dom zu Köln –, um jeglichen Kontakt zwischen Empfängern und Spendern der Eucharistie zu vermeiden. Ob sich wohl die „Zangen-Kommunion“ in deutschen Gotteshäusern durchgesetzt hat? Sie war vor dem letztjährigen Pfingstfest der „letzte Schrei“ einer klerikalen Erfindung deutscher Lande, deren Utensilien nach den Zeiten von „Corona“ gleich den Latex-Kommunion-Handschuhen ihren Weg in Raritätenkabinette oder den Komödienstadel finden dürften. Denn eines ist mir sicher: diese explizit „kreative“ Erfindung einer klein-klerikalen Intelligenz bewirkte nicht der feurige Gottesgeist.
Ja, die Heilige Woche! Die Vorschriften für sie fangen bereits an, zur Meterware zu werden. Ins Auge sprang mir dabei vor allem die Osternacht.
Die Auferstehungsnacht! Das Herzstück der Christenheit! Sie darf nur in Kathedral- oder Pfarrkirchen gefeiert werden. Immerhin!!! Aber – der Finger ist jetzt beschwörend erhoben – Taufen sollen ganz unterbleiben!
Taufen sollen ganz unterbleiben! In Deutschland scheinen die Heilands-Klagen des Karfreitags auch am Osterfest 2021 nicht enden zu wollen! Nicht nur in der erbärmlichen Politik dieses Landes, auch die Kirchen werden in den Abgrund gezogen… Und lassen sich jämmerlich mitziehen.
Doch schauen wir einmal über den Rhein! Ins Herzland unserer französischen Nachbarn. Nach Paris. Wo der Frühling beginnt. Mit Licht und Farben. Am ersten Fastensonntag verkündete der rührige Erzbischof Michel Aupetit in der Abendmesse, dass er gerade in zwei feierlichen Gottesdiensten etwa 400 erwachsenen Taufbewerbern die öffentliche Zulassung zur Taufe erteilte. Diese würde ihnen in der diesjährigen Osternacht gespendet.
Ich horchte auf. Mitten in Corona-Zeiten, in Zeiten, in denen man vor allem in Deutschland, getrieben von einer „widersinnigen Angst“ (Aupetit), auf die „dritte große Welle“ starrt, werden in Paris rund 400 Erwachsenen-Taufen stattfinden. In der Osternacht! Mein Herz hüpfte. Nicht nur wegen der Taufen. Sondern weil dieser mutige Mann und seine Gläubigen sich nicht um Vorschriften und Restriktionen in kleinkarierter Manier kümmern. Weil er nicht (mehr) gewillt ist, jegliche Begegnungen der Menschen untereinander wie auch ihre Begegnung, die sie mit Gott wünschen, zu unterbinden. In seiner Predigt, mit der er sich an die Katechumenen, die Taufwilligen, wandte, drückte er dies auch aus:
„Wir sind für persönliche Beziehungen untereinander geschaffen und die Beziehungen, die uns am glücklichsten machen, sind jene, die auf Zuneigung, Zärtlichkeit, Achtung und Liebe gründen.“
Einen Vorgeschmack der Taufen erhielten Gläubige wie Interessierte bereits mit den beiden, oben genannten Gottesdienstfeiern am Samstag vor dem ersten Fastensonntag. Sie sind dokumentiert in einer umfassenden Fotoreihe.
Die zweitgrößte Kirche von Paris, Saint-Sulpice, war sehr gut besetzt. Aufgrund der hohen Zahl an Katechumenen – von denen die jüngste 18, der älteste 91 Jahre alt ist –, ihren Angehörigen und Paten waren mit Blick auf die vorgeschriebenen Maßgaben und Einschränkungen zwei Feiern notwendig. Zumal die Gottesdienste nicht allein aus Still-Sitzen und Gebet bestanden (und m. S. auch aus Singen, auf das z.B. am Sonntagabend in keiner Messe verzichtet wird). Die Taufbewerber und ihre Paten waren unterwegs: im Rahmen der Zeremonie trug jeder von ihnen seinen Namen in den Registern künftiger Getaufter ein, die dem Gebet der Kirche anvertraut werden. Die Namensregister wurden dann den kontemplativen Gemeinschaften von Paris übergeben. Darüber hinaus erhielt jeder als Zeichen innerer Umkehr einen violetten Schal, den ihm der Erzbischof persönlich umlegte. Und dies nicht in einem Abstand von 1,50 m.
Diese Fülle an eindrucksvollen Fotos sind Balsam für die Seele von vielen Gläubigen und Bürgern diesseits des Rheins. Ein zarter Hoffnungsschimmer steigt auf: sehen diese Fotos auch Michel Aupetits Kollegen? Werden sie sie zur Nachahmung anregen? Zur Imitatio! Die Bilder, die zweifelsfrei Hoffnung verbreiten. Eine Hoffnung in all diesen Beschränkungen, Einschränkungen, Vorschriften, Verboten, Drohungen… Sie zeugen von der Farbigkeit und Lebendigkeit der menschlichen Gemeinschaft und ihren Begegnungen, die in ihre spirituell-religiöse und kulturelle Dimension eingebettet sind und bei denen trotz der vielen Menschen in Saint-Sulpice von Paris – selbstverständlich unter Berücksichtigung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen wie dem Tragen von Masken (keine FFP2-Masken!) – weder Berührungsängste, noch künstliche Abstände beobachtet werden. Und sie zeugen von Mut, von Gelassenheit und von Zuversicht des Oberhirten und seiner Gläubigen, zeugen von Courage, sich nicht hinter Anhäufungen von Corona-Vorschriften und Kontakt-Verboten zu verschanzen, sondern sich die menschlichen Begegnungen und die feierlichen Gottesdienste nicht kaputt machen zu lassen.
So wird die Diözese von Paris mit Ihrem Bischof voll Freude Ostern feiern können. Trotz aller Widrigkeiten. Lasst euch davon anstecken, ihr Christen in deutschen Landen. Von dieser Zuversicht und Freude. Und von diesem Mut, sich nicht zu ducken, sondern aufzustehen!
*****
Er ist‘s
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
*
Veilchen träumen schon
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton
Frühling, ja du bist’s
Dich hab‘ ich vernommen!
(Eduard Mörike)
*****
Primavera (Ital.: Frühling)
Zwischen Siena und Arezzo
Sanfte Hügel
In zartes Licht getaucht
Wiesen
Gewoben in Samt
*
Dunkle Zypressen
Steigen die Hügel empor
Sie berühren
Das Blau des Himmels
*
Alte Dörfer
Erzählen Geschichten
Aus den Mauerritzen
Sprießen Blüten
(Giuliana, 1979)
—
Printemps (Französ.: Frühling)
Kristallblau
Grüßt das Band
Das Frühling heißt
*
Veilchenblau
Streift es das Land
Das die süßen Düfte
Aufnimmt
Ahnungsvoll
*
Hingebungsvoll
Lauscht die Luft
Dem Perlenton der Harfe
*
Maiengrün
Wandelt sich bald
Der Frühling
Und sein Garten
Heißt Hoffnung
(Juliana, 2012)
Inspiriert durch die Farbkomposition „Printemps“ des Künstlers K. J. Overkott und das
Gedicht von Eduard Mörike „Frühling lässt sein blaues Band.“
—
Verwandlung
Ich kehre zurück
In mein Land
Ich kehre zurück
Dorthin
Wo die Träume wohnen
*
Es ist die Zeit
Des Orangenbaums
Früchte
Aus der Sonne
Geboren
Bergen die Schönheit
Der Jungfrau aus den Orangen
*
Es ist die Zeit
Des Granatapfelbaums
Früchte
Aus dem Licht
Gestiegen
Umhüllen die Schöne
Der Granatäpfel
*
Die Schöne
Der ewigen Verwandlung
*
Ich kehre zurück
In mein Land
Dorthin
Wo mein Lebenstraum
Seine Wohnstatt hat
(Giuliana, 2018)
—
Geschrieben in meiner Sehnsucht nach Italien, vor allem nach Rom. Und in meiner Erinnerung an meine Arbeit über toskanische Märchen, in der das Märchen „Die Schöne aus den drei Granatäpfeln/Die Schöne aus den drei Orangen“ das faszinierendste der Mittelmeermärchen war.
Katakomben
Das römische Land
Atmet schwer
Der Wind
Spielt in den Oleanderblüten
*
Die Nacht der Gräber
Empfängt die Lebenden.
Geborgene Leiber
Der Seligen
Die Zeugnis gaben
Vom Menschsein des Menschen
Verfolgt
Gemartert
Getötet.
*
Aus den Gräbern
Strömt der Geruch
Der Jahrhunderte
*
Das römische Land
Atmet schwer
Der Wind
Spielt in den Oleanderblüten
*
Über den Dächern der Stadt
Liegt der Tag
Und begleitet die Menschen
Menschen
Die Zeugnis geben
Vom Menschwerden des Menschen
Verfolgt
Gefoltert
Getötet.
*
Aus den Mauern der Stadt
Der Ewigen
Strömt der Geruch
Des Jetzt und Heute
*
Schwer
Atmet das römische Land
Doch in den Oleanderblüten
Spielt der Wind
(Giuliana, 1982/2016)
Ich widme das Gedicht der geliebten Stadt Rom und ihren Menschen
Das Gedicht entstand in den frühen 1980er Jahren in Rom, inspiriert durch meine Besuche in den Katakomben San Callisto. Es entstand sowohl in der dortigen „Begegnung“ mit den frühen Christen, insbesondere den Märtyrern, die den lebendigen Gott bezeugten, als auch unter dem Eindruck der damaligen Terroranschläge, die Rom und Italien tief erschütterten.
Die im römischen Sommer ihren Duft so intensiv verströmenden unzähligen Oleanderblüten wurden für mich dabei immer wieder zu einem Sinnbild von Leben und Hoffnung…
Heute erhält das Gedicht durch die wiederholten Drohungen des IS gegen die Ewige Stadt und durch die Verfolgung unzähliger Christen eine neue Aktualität.
OSTERLICHT
Sprießendes Leben
Die Erde ist erwacht
Zu neuer Fülle
*
Romanisches Haus
Gottesnähe
Wir brechen das Brot
*
Der junge Tag
Verkündet die Freude
Und jubelt
Den Sonnengesang
*
Geborgenheit
Säulen
Die tragen
Das Tor
Öffnet sich
Dem Licht des Auferstandenen
(Juliana)