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Von Notan Dickerle, Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen “Bunt”
Eigentlich war er ein griechisch-dänisch-deutscher Prinz, der in wenig harmonischen, materiell prekären Verhältnissen aufwuchs und zudem schon im Kindesalter nach einem Militärputsch in Griechenland den Eltern ins Exil folgen mußte.
Dennoch dürfte Prinz Philipp von Griechenland und Dänemark, der spätere Herzog von Edinburgh, der seit seinem 14. Lebensjahr in Großbritannien lebte, die allgemeine Vorstellung vom klassischen Engländer wie kaum ein zweiter geprägt haben: Groß, hager, mit rotblonden Haaren und markanter Nase, ein Freund des Reitsports, stets klassisch-dezent in meist gedeckten Farben und Stoffen gekleidet, dabei kein Freund von Traurigkeit sondern von einem etwas kauzigen Humor, der politischen Übercorrecties manchmal das Blut in den Adern gefrieren liess und nicht zuletzt: regelmäßig zwei Schritte hinter seiner Frau, der britischen Queen Elizabeth II., die Philip im November 1947 – also vor über 73 Jahren! – geheiratet hatte.
Sein Beruf war seither weitgehend identisch mit seinem Privatleben: er war Prinzgemahl, eine Art Grüßaugust ähnlich dem deutschen Bundespräsidenten, allerdings auf Lebenszeit. Spätestens seit der Krönung seiner Frau im Juni 1952 musste Philip diese undankbare Funktion ausfüllen – er tat dies mit bewundernswerter Ausdauer und Disziplin bis zum Sommer 2017, als er mit 96 Jahren bekanntgab, sich aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückzuziehen.
Im Gegensatz zu seinen Kindern und Enkeln sorgte Prinz Philip niemals für skandalöse Schlagzeilen, was nicht bedeutet, er habe stets einen makellosen Lebenswandel geführt. Er gehörte indessen einer Generation an, in der der vielzitierte Satz “Adel verpflichtet” noch lebendige Bedeutung hatte, der auch Boulevard und Sensationspresse eine gewisse Zurückhaltung auferlegte: wer sich wie Prinz Philip nicht vordrängte, weder Allüren noch ein Übermaß an “Stiff Upper Lip” entwickelte, sondern dezent aus dem Hintergrund wirkte, für den galt der Satz “Don’t tell, don’t ask!” Schließlich muß auch bei einem “Royal” nicht jede Mücke zu einem verkaufsfördernden Elefanten aufgeblasen werden.
Erst ganz am Ende seines Lebens erschien der Prinzgemahl etwas aus der Zeit zu fallen: nachdem ein von ihm Anfang 2019 verursachter Autounfall, bei dem zwei junge Frauen leicht verletzt wurden, die Diskussion in GB über ein Alterslimit am Steuer neu belebte, wurde er nur wenig später erneut bei einem Straßenverkehrsdelikt ertappt: er war – horribile dictu! – unterwegs, ohne den Sicherheitsgurt angelegt zu haben! Kurz darauf gab Philip seinen Führerschein freiwillig ab.
Das von George Dabbljuh Bush im Gefolge von 9/11 losgetretene Zeitalter der “Measures for your own safety” war ebensowenig seines wie das der wehleidigen “Schneeflöckchen”, die in jeder Frozzelei oder auch nur Jovialität “Mikroaggression” wittern.
Daß der fließend Deutsch sprechende Herzog von Edinburgh Helmut Kohl einmal mit “Guten Tag, Herr Reichskanzler!” begrüßte nahm ihm dieser nicht übel. Für die “Generation beleidigt” sicherlich eine “Verhöhnung der Opfer”, der Popularität des für sein verhältnismäßig lockeres Mundwerk bekannten Philip tat dies indes keinen Abbruch.
Seine deutsche Abstammung hatte man ihm in GB dagegen zunächst verübelt, weswegen er vor seiner Hochzeit den Familiennamen “von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg” in Mountbatten umänderte und auch auf den Titel “Prinz von Griechenland und Dänemark” verzichtete.
Den ursprünglichen deutschen Namen Battenberg hatte bereits Philips Großvater Ludwig, im Ersten Weltkrieg Oberbefehlshaber der britischen Kriegsmarine, im Hinblick auf die antideutsche Stimmung bei seinem Arbeitgeber geopfert. Auf Anraten unter anderem von Winston Churchill tragen die Kinder des britischen Königspaares entgegen dem geltenden Namensrecht dennoch den Familiennamen “Windsor” ihrer Mutter. Philip und Elizabeth waren übrigens weitläufige Verwandte: die legendäre Queen Victoria war beider Ururgroßmutter.
Am Morgen des 9. April 2021 ist Prinz Philip auf Schloß Windsor gestorben – zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag. Covid scheint in diesem Falle keine Rolle gespielt zu haben – er starb weder “an” noch “mit” noch “im Zusammenhang” – eine Herzoperation im März war für den alten Herrn offensichtlich doch zu viel.
Präse Steinmeier würdigte nicht etwa einen freundlichen, verlässlichen und pflichtbewussten Quasi-Landsmann, sondern einen beherzten Kämpfer gegen das bitterböse Nazi-Deutschland als Marineoffizier in WK II. Dem verstorbenen Prinzen wird’s egal sein, ebenso wie die Sottisen seiner Schwiegertöchter, -enkelinnen sowie anderer aktueller und nicht mehr aktueller “Royals” ihn nun nichts mehr können. Wir neigen den Hut vor einem der letzten Aristokraten und “Englishmen” im guten Sinne und wünschen dem Verstorbenen, im Jenseits das zu finden, was er sich zu Lebzeiten erhofft hat.