Mach’s nochmal, Mutti!

(www.conservo.wordpress.com)

von Notan Dickerle,  Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen “Bunt”

BER 17 / 3.8.90 / Berlin: De Maiziere für Oktober-Wahltermin DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere (CDU/links) hat sich für gesamtdeutsche Wahlen bereits am 14. Oktober 1990 ausgesprochen. Am selben Tag finden in der DDR die Landtagswahlen statt. De Maiziere nannte den Termin auf einer Pressekonferenz in Ost-Berlin. Nach den bisherigen Planungen sollte das gesamtdeutsche Parlament am 2. Dezember 1990 gewählt werden. [rechts Angela Merkel] ADN/Settnik http://Bundesarchiv, Bild 183-1990-0803-017 / Settnik, Bernd / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Einer in den letzten Tagen im Auftrag der “Neuen Zürcher Zeitung” (NZZ) durchgeführten Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes “Insa” zufolge glauben 31% der Deutschen, daß Armin Laschet als Kanzlerkandidat der Unionsparteien vor der Bundestagswahl im September ausgetauscht werden wird; nur 29% der Befragten halten seine Position für stabil.

Es geschehen in letzter Zeit auch merkwürdige Dinge in der Union – nein, ich meine jetzt nicht die inhaltliche Beliebigkeit oder den Linksschwenk oder die Anbiederung an die Grünen, Phänomene, mit denen unsere gute Kanzlerin uns bereits seit längerem vertraut gemacht hat. Ich denke vielmehr an das innerparteiliche Hauen und Stechen, das in früheren Zeiten zumindest diskreter gehandhabt wurde, ohne diese Rumpelattitüde, mit einer gewissen (wenn auch manchmal vergeblichen) Zurückhaltung in der Öffentlichkeit. Die Deutschen mögen bekanntlich keinen Streit, innerparteiliche Zerwürfnisse haben den jeweiligen Parteien noch immer geschadet.

Nachdem sich die Union zu Jahresbeginn nach einigem Kopfzerbrechen auf Armin Laschet als neuen Bundesvorsitzenden geeinigt hatte galt es als ausgemacht, daß dieser die Partei auch als Spitzenkandidat in die Wahl führen würde.

Just in dem Moment, als der neue Parteichef seine diesbezügliche Bereitschaft bekannt gibt, erscheint Markus Söder und erklärt, er wolle aber auch. Seine früheren Beteuerungen, lieber in München zu bleiben, wirkten zwar nie besonders glaubhaft, dem Kollegen dermaßen brutal in die Parade zu fahren hat aber selbst diejenigen schockiert, für die die Steigerungsformel “Feind, Todfeind, Parteifreund” mehr als ein politisches Bonmot ist.

Er werde Laschet im Wahlkampf selbstverständlich unterstützen, gab der ehrgeizige Franke zu Protokoll, nachdem der Bundesvorstand der Partei sich ohne Begeisterung für Laschet als Kanzlerkandidaten ausgesprochen hatte – nicht ohne aus dem Hintergrund weiter gegen den Konkurrenten Front zu machen, zum Beispiel durch eine Online-Mitgliedschaft in der CSU für Alle, sozusagen als Zeichen der Zuneigung für den harten “Seuchen-Sheriff”, der nicht wie Laschet lieber Lockerungen als Lockdown vornimmt und braven Impflingen nicht unbedingt eine Vorzugsbehandlung gewähren möchte.

In Umfragen erreicht Söder bisher höhere Zustimmungswerte, Laschet nähert sich hingegen den Werten an, die “Gottkanzler” (alias“Kapo”) Martin Schulz vor vier Jahren für die SPD generieren konnte: die  20%-Schwelle kommt immer näher. Da ist die berühmte “Self-Fulfilling-Prophecy” im Spiel, denn wie gesagt, Zank kommt nicht gut an, und die angsterfüllten Pandemiker, deren Zahl nach über einem Jahr regierungsamtlicher Dauerpropaganda eher zu- als abgenommen hat, fühlen sich bei Zuchtmeister Söder besser aufgehoben als bei dem eher unbestimmten Laschet, dessen Name (“Nomen est Omen”) schon mangelnde Härte suggeriert.

Als Spitzenkandidat ist er jedenfalls “in einen parteiinternen Dauerwahlkampf verstrickt” (Susanne Gaschke), der zwangsläufig einen Teil seiner Energien absorbiert. “Laschets grösstes Hindernis auf dem Weg zur Kanzlerschaft heißt nicht Annalena Baerbock sondern Markus Söder” konstatiert die NZZ. 

Die gute Kanzlerin sieht diesem Spiel ungerührt zu. Laschet galt bis vor kurzem eigentlich als “ihr” Mann, der die einstmals konservative Partei auf Merkel’schem Linkskurs halten sollte. Ob er es sich im Karneval mit ihr verdorben hat, als er die fröhliche Frage aufwarf “Wer wird Deutschlands nächste Mutti?” Die gute Kanzlerin versteht da keinen Spaß – umso weniger, als von Söder Schalmeien-Töne erklingen: Merkel-Stimmen gäbe es nur mit Merkel-Politik.

Von der CSU war die Parteilinke früher andere Töne gewöhnt, nicht von ungefähr hat Merkel sich von den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Franz-Josef Strauß 2016 ostentativ ferngehalten.

Der guten Kanzlerin ist es im übrigen gelungen, bisher noch alle potentiellen Konkurrenten in die Bedeutungslosigkeit zu verschieben: Friedrich Merz, Roland Koch, Norbert Röttgen, AKK – und jetzt womöglich auch Laschet. Nicht auszuschließen, daß ein diskreter Hinweis aus dem Kanzleramt Söder zu seinem überraschenden Coup ermutigt hat. Aber Söder polarisiert, selbst wenn er Kreide frisst, neuerdings die Antifa für weniger schlimm hält als die AfD und ganz allgemein “High Noon im Opportunisten-Saloon” zelebriert (wie ein Blog-Kollege neulich so schön formulierte).

Viele nehmen ihm diese wendehälsischen Charaden allerdings übel, Pandemiezweifler wählen ihn sowieso nicht. Er ist mit 54 Jahren zwar schon etwas älter als Merkel beim legendären “Wolfratshauser Frühstück” im Jahr 2002 gewesen ist, als es ebenfalls um die “K-Frage” ging. Für einen Politiker ist er dennoch verhältnismäßig jung und könnte sich auch in vier oder acht Jahren noch präsentieren.

Ob es zwischen Merkel und Söder vielleicht auch so ein “Frühstück” gegeben hat? Eines, bei dem der Kollege Laschet verspeist worden ist? Es ist ja kein Geheimnis, daß die gute Kanzlerin dieses miefige “Schland” mit seinem Kartoffelimage und seiner protestantischen Arbeitsethik am liebsten zusammen mit dem grünen Wunschpartner in eine Art Globalistan im Sinne der bereits 2011 erschienenen “Dialoge Zukunft – Vision 2050” des “Rates für nachhaltige Entwicklung” bzw. aktuell des “Great Reset” über einen “Green New Deal” umkrempeln möchte.

Durch den Höhenflug der transatlantisch genährten “Grünen” erscheint die Verwirklichung dieses Traumes im Herbst des Jahres und ihrer Politikerkarriere auf einmal in greifbare Nähe gerückt. Da kann man doch nicht einfach hinschmeissen und die Vision einer besseren Welt gegen das angekündigte Pensionistenprogramm mit den Rocky Mountains und Bruce Springsteen eintauschen (zumal es Bruce S. bis auf weiteres nur online geben wird)!

Von den sozialen Verwerfungen innerhalb der Unionsparteien gar nicht zu reden, die im Falle einer krachenden Wahlniederlage oder auch nur substantieller Stimmeinbußen zu befürchten wären. Sämtliche Rankings der letzten Wochen zeigen, daß Merkel vom Wahlvolk nach wie vor die besten Noten erhält und in ihrer baldrianhaften Unaufgeregtheit freundlich-narkotisierende Wirkungen erzielt. Wer anders als sie soll im September für die Union, die Bevölkerung und die Menschheit die Kastanien aus dem Feuer holen? Die Ernte von 16 langen Jahren stillen gesellschaftlichen Umbaus eines freiheitlich, marktwirtschaftlich und maskulin orientierten Nationalstaates in einen multikulturellen Nanny-Staat im Sinne einer grün gewendeten DDR light de luxe steht bevor. Zusammen mit der süßen Annalena schafft unsere gute Kanzlerin das! Mit weiblicher Doppelspitze: Angela als Köchin, Annalena als Kellnerin. Andernfalls wird es Annalena als Köchin und Armin als Kellner – oder ein ganz anderer Kellnernder…

Markus hat Zeit. Ich fürchte, Mutti wird es noch einmal wissen wollen. Spätestens wenn im Sommer schlechte Umfragewerte die Nerven blank legen wird man sie geradezu anflehen, sich noch einmal zur Verfügung zu stellen. Die Stimmenwerden nicht nur aus der eigenen Partei kommen, sondern auch aus der “Zivilgesellschaft”: “Mach’s nochmal, Mutti, bitte, bitte, Du bist alternativlos!” Vielleicht wird sich Mutti eine Zeit lang zieren – aber dann macht sie es doch.  

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