Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist
Das vorl. Endergebnis der Bundestagswahlen vom 26. 09.2021 hat keine eindeutige Klarheit gebracht. Die SPD hat einen hauchdünnen Vorsprung von 1,7 Prozent gegenüber CDU/CSU erzielt. Es wird eine Deierkoalition geben – ein Novum in der deutschen Politik. Allerdings ist noch offen, welche drei Parteien die Regierung bilden werden.
Eines scheint sicher: Die Koalitionsverhandlungen werden lange dauern – mindestens bis Weihnachten. Merkel darf kommissarisch als „Lame Duck“ weiter wurschteln.
Die SPD hat die Wahl gewonnen
Aber es reicht nicht zur Regierung, obwohl die Medien überwiegend die SPD unterstützt haben. Die TV- Diskussionen haben Scholz weitestgehend geschont. Zum Teil war diese Einseitigkeit peinlich.
Seine schwerwiegenden Fehler und Versäumnisse wurden nicht thematisiert. Die Medien haben ihm einen Schongang gewährt.
Es ist erstaunlich, dass diese übertriebene Werbung für Scholz ihm nur einen hauchdünnen Sieg gebracht hat.
CDU/CSU kämpfen um die Führung
Der Anspruch von Laschet, Kanzler zu werden, steht auf tönernen Füßen.
Laschet muss um Unterstützung der Parteien FDP und der „Grünen“ kämpfen – wie auch Scholz. Die schwachen Ergebnisse von SPD und CDU/CSU werden beide zu Zugeständnissen in den Verhandlungen zwingen. FDP und die „ Grünen“ werden diese „Schwäche“ nutzen.
Es ist zu befürchten, dass jede 3er Koalition weniger Stabilität hat als bisherige 2 er Koalitionen.
Bemerkenswerte Einzelentscheidungen.
- Es ist für mich erfreulich, dass die „Linke“ den Einzug in den Bundestag nicht geschafft hat. Ihre Sicherheitspolitik und ihre Distanz zur NATO und zu unseren Streitkräften machen sie zu unsicheren Kantonisten.
- Damit ist eine Rot-Rot-Grüne Koalition nicht mehr möglich.
- Die Kleinstparteien haben ein großes Stück vom Kuchen abbekommen. Sie werden sich über die finanziellen Zuschüsse freuen. Eine politische Bedeutung haben sie dadurch nicht.
- In Berlin hat es die umstrittene Spitzenkandidatin Giffey geschafft, die meisten Stimmen zu ergattern. Die Begleitumstände der Wahl in Berlin stimmen nachdenklich.
Wie geht es weiter ?
Das britische Wirtschaftsmagazin „The Econmist“ hat Merkel in ihren Regierungsjahren sehr wohlwollend begleitet. Es hat Merkel auch in ihrer Rolle für Europa stets gelobt.
In seiner Ausgabe vor der Bundestagswahl hat es seine Meinung über Merkel stark verändert. Sein knallharter Kommentar zu Merkels Regierung ist klar und deutlich: Merkel „leaves a mess behind“. (Freie Übersetzung: Merkel hinterlässt ein Schlamassel.)
Dieses Urteil beschreibt einen schweren Rucksack von gravierenden Fehlern und Versäumnissen, die die Zukunftsfähigkeit Deutschlands schwer belasten.
Eine schwierige Ausgangslage für jede Regierung – besonders für eine Dreierkoalition.
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*) Brig.General a.D. Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingezogen. Nach einer Verpflichtung auf Zeit wurde er Berufssoldat des deutschen Heeres in der Panzergrenadiertruppe.
Vom Gruppenführer durchlief er alle Führungspositionen bis zum Führer einer Panzerdivision. In dieser Zeit nahm er an der Generalstabsausbildung an der Führungsakademie in Hamburg teil. National hatte er Verwendungen in Stäben und als Chef des damaligen Amtes für Militärisches Nachrichtenwesen.
Im Planungsstab des Verteidigungsministers Dr. Manfred Wörner war er vier Jahre an der Schnittstelle Politik-Militär tätig und unter anderem an der Erarbeitung von zwei Weißbüchern beteiligt. Internationale Erfahrungen sammelte Dieter Farwick als Teilnehmer an dem einjährigen Lehrgang am Royal Defense College in London.
In den 90er Jahren war er über vier Jahre als Operationschef im damaligen NATO-Hauptquartier Europa-Mitte eingesetzt. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung des NATO-Programmes ´Partnership for Peace` beteiligt.
Seinen Ruhestand erreichte Dieter Farwick im Dienstgrad eines Brigadegenerals. Während seiner aktiven Dienstzeit und später hat er mehrere Bücher und zahlreiche Publikationen über Fragen der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte veröffentlicht.
Nach seiner Pensionierung war er zehn Jahre lang Chefredakteur des Newsservice worldsecurity.com, der sicherheitsrelevante Themen global abdeckt.