#wir sind noch mehr – wirklich?

(www.conservo.wordpress.com)

von altmod

Vor drei Jahren erschien eine Gemeinschaftspublikation renommierter Journalisten und Publizisten aus dem »alternativen« Lager. Darunter etliche, die als ehemalige »Edlefedern« von den Qualitätsmedien wegen ihrer kritischen Positionen als nicht mehr akzeptabel ausgespien worden waren. Fast alle hatten sich denn einen Namen als politische Blogger gemacht. In einer selbstgewählten faktischen Machtlosigkeit.

Ein Rezensent schrieb zu #wirsindnochmehr:

»Das Buch ist denn konsequenterweise auch nicht eine Harmonie-Veranstaltung. So viele Autoren wie hier schreiben, so viele Meinungen sind es auch. Es ist im Grunde eine einzige Aufforderung: Lasst uns streiten! Lasst uns diskutieren. Hier schreiben Menschen, die nachgedacht haben, legen dar, was sie herausgefunden haben, ihre Sicht der Dinge. Zum Teil sich widersprechend, zum Teil sich deckend, zum Teil parallel verlaufend oder sich ergänzend. Der Tenor: Die Probleme, die wir zu lösen haben, sind viel zu wichtig, als dass man es beim gegenseitigen Niederbrüllen bewenden lassen kann… Hier wird nicht weniger als der Versuch angetreten, das große Ganze zu erfassen.«

Was ist davon geblieben?

Ich bin ja ein unverbesserlicher Optimist, trotz meiner kritischen Zeit- und Weltsicht und so dachte ich, endlich entsteht eine (mediale) Gegenmacht und es wird das so oft beschworene, so notwenige Netzwerk von konservativen, (national-)liberalen, patriotischen Publzisten und Unterstützern aufgebaut. Von all denjenigen, die jenseits des links-grünen Meinungsspektrums angesiedelt sind. Das Buch war eine durchaus beeindruckende Publikation. Durch die Wahl der Themen, die Art der Behandlung und natürlich aufgrund der Autoren. Die Anteilnahme der etablierten Medien schwankte von mäklerischer Betrachtung bis Verschweigen. Und das Buch erlebte einen kurzzeitigen Verkaufserfolg.
Und dann?
Schweigen im Walde: im Blätterwald und in dem angeblichen neu gegründeten »Netzwerk«. Ein Netzwerk, das nach meinem Eindruck gar nicht erst entstanden war.

Nur nebenbei: Ich hatte bei den Verantwortlichen meine Mitarbeit angeboten und dort nachgefragt. Schweigen im Walde! Ich überschätze mich und die Wirkung meiner Veröffentlichungen in keiner Weise, aber ich dachte, es braucht doch gewiss auch Leute, die jenseits von einer eigenen Popularität und Eitelkeit sich für die notwendige Kärrner- und Knüpfarbeit bereit erklären.

»#wir sind noch mehr« erschien mir dann bald als totgeborenes Kind. Ich schreibe das nicht aus gekränkter Eitelkeit, sondern als eine durchaus nüchterne Bestandsaufnahme. Die Autoren zogen sich wieder in ihre eigenen Biotope zurück und wurstelten im alten Sinne weiter separat vor sich hin. Natürlich engagiert für ihre Sache wie eh und je, doch weiterhin ineffizient und ohne große Breitenwirkung wie vordem.

Und dabei hat es seither noch mehr Anlässe gegeben, um zu zeigen, »wir sind Immer noch mehr«. Anlässe, die früh auf einen verhängnisvollen Weg hinwiesen, der sich dann im Ergebnis bei der jüngsten Bundestagswahl zeigte.

Bin ich zu blauäugig, um anzunehmen, man hätte das mit einer vereinten und einigen publizistischen Gegenmacht verhindern oder zumindest abmildern können?

Ist Uneinigkeit, die ideologische Unschärfe, nicht das alte Dilemma der konservativen Kräfte? Natürlich ist es problematisch, vom Konservativen im Allgemeinen zu sprechen, da der Konservatismus wie kaum eine andere Ideologie von seinem jeweiligen Kontext geprägt ist. Und das gilt auch für deren Vertreter.

Ich bin kein (studierter) Partei- oder Politstratege, der eine Patentlösung für eine gemeinsame konservative, liberale und patriotische Publizistik und eine daraus entstehende Strategie auch nur phantasieren könnte – gegenüber einer marxistisch grünen und linken medialen Übermacht und deren erreichten kulturellen Hoheit in unserem Lande.

So wurstelt man weiter allein vor sich hin und bildet sich dabei weiter ein, wir sind eigentlich doch noch mehr…
»Lasst uns streiten! Lasst uns diskutieren …!«
Mit wem streiten? Wer lässt zur Diskussion eigentlich zu – außer die »Follower« und Kommentatoren auf den Blogs?

Weiß jemand eine Lösung oder einen Ansatz? Ohne ein neues Etikett, das jeweils kürzer tauglich ist, als der Inhalt, den es beschreiben möchte. In all den Werken, die sich bei mir stapeln und die ich durchforstete, fand ich keine Lösung oder auch nur  einen Ansatz dahingehend.

Mein Vorsatz bleibt: ich werde meine Klappe nicht halten – nicht auf meinem Blog noch in meinem sozialen Umfeld.

Und so hoffe ich …

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*) Blogger „altmod“ (http://altmod.de/) ist Facharzt und seit vielen Jahren Kolumnist bei conservo

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