Kennt ihr noch den SCHELLEN-URSLI?

BERN: Anti-Covid-Demonstrationen mit Trychler-Gruppen

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dr. Juliana Bauer

Flurina und Schällenursli
Zeichnung von de:Alois Carigiet an einem Haus in Davos-Laret; Author= Adrian Michael
 

Kennt ihr noch den Schellen-Ursli? Den kleinen Schweizer Jungen aus dem Engadin, der nicht aufgab?

Der sich nicht mit seiner kleinen Schelle zufriedengab, mit der er gehänselt und dazu verdonnert wurde, am Schluss des Kinderzugs zu gehen, die den Winter austrieben.

Ursli, der sich auf den beschwerlichen Weg zur elterlichen Almhütte machte, um die größte Kuhglocke/Kuhschelle, in der Schweiz Trychle genannt, zu holen – und um damit nun, stolz und von den anderen Kindern geachtet, den Zug anzuführen (Schellen-Ursli. Ein Engadiner Bilderbuch. Von Selina Chönz, illustriert von Alois Charigiet, 1.Aufl. 1945).

Schellen-Ursli und Flurina, seine Schwester

An Ursli erinnerte mich der erste Demonstrations-Zug, den ich Ende des Sommers über Videos aus der Schweiz sah: eine eindrückliche, friedliche, mich begeisternde Demo in Chur gegen viele widersinnige Corona-Maßnahmen. In dem langen Zug fiel visuell wie vor allem akustisch eine besondere, in sich geschlossene Gruppe auf, die den ganzen Zug unnachahmlich prägte: die Trychler und Trychlerinnen. Bedächtig und aufrecht marschierten sie mit und ließen das durchdringende Schellen ihrer, aus gehämmertem Blech hergestellten Viehglocken hören.

Die Trychler, die in weiten Teilen der Schweiz eine jahrhundertealte Tradition verkörpern und normalerweise bei regionalen Festlichkeiten und Bräuchen anzutreffen sind, so beim Eidgenössischen Trychlertreffen, bei Festumzügen aller Art wie dem Umzug zu St. Nikolaus, zu Silvester, zur Fasnacht,

gehören seit Herbst 2020 zu den Demonstranten gegen zahlreiche Corona-Einschränkungen.

Sie sind dabei, die vor allem aus der Ur-Schweiz (den Kantonen Uri, Schwyz und Unterwalden) stammenden Trychler; sie sind dabei, bei „bewilligten und unbewilligten Demonstrationen,“ wo sie sich die „Freiheitstrychler“ nennen.

Die bislang größte und wieder sehr friedfertige Demonstration der Schweiz mit etwa 100.000 Menschen, viele von ihnen mit Sonnenblumen in den Händen, fand am vergangenen Samstag, den 23.Oktober in Bern unter dem Motto Menschenwürde statt. Münster- und später Bundesplatz platzten aus allen Nähten (unter den informierenden Videos von vielen Usern aus Deutschland, Frankreich, Italien mit überwältigendem Lob und warmen, ermunternden Worten versehen, ungeachtet der Kommentare des ZDF vom 30.September, dessen kleinmütig-kriechende Journalistinnen, mit Bildung nicht gerade gesegnet und sich selbst disqualifizierend, versuchten, die „radikalen“ Schweizer und ihre „Kuhglocken,“ ins Lächerliche zu ziehen). Ein französischer Sender berichtete am Samstag unter dem Titel „Manifestation Berne“ mehr als zwei Stunden lang von der Demo, auch als historische oder helvetische Demo bezeichnet. Eines seiner Videos unterschrieb der Sender mit der Erläuterung: “Mobilisation du samedi 23 octobre 2021 à Berne contre le pass sanitaire. Avec la présence des sonneurs de cloches (Freiheitstrychler).“

Ja, die Trychler und Trychlerinnen gaben dem Zug wieder ihr eindrucksvolles, markantes Gepräge.

Plakate und Transparente „liefen“ zahlreich und in großer Vielfalt mit, in Deutsch und in Französisch. Darauf las man u.a. „Zurück zur Verfassung!“ – Covid-Gesetz Nein! – Lügerei und Verarscherei. Nein. – Ta Liberté! – Gott befreie unser Vaterland aus den Fängen der Kapital-Elite – Einigkeit, Recht und Freiheit – Massen-Überwachung? Nein! Illusriert mit einem blauen Auge – Lied der Freiheit – Covid-19-Pass? Nein! – Denkpflicht statt Maskenpflicht – Menschen diskriminieren? Nein!“

Aus dem Menschenmeer, den Schellentönen und den unzähligen Rufen „Liberté“ erklang plötzlich die Melodie von Nenas „99 Luftballons“, der Text entsprechend variiert:

„99 Impftermine … den Mächt‘gen wollen wir nicht dienen, mit 99 Impfterminen…“ (Teil 1, ab Min.26:20, v.a. Min.27:00 – 27:20).

An einer anderen Stelle ein Song in Schwyzerdütsch „‘s Maß isch voll.“

Noch eine Anmerkung zu einem Vorfall, der vor wenigen Stunden veröffentlicht wurde und nun im Internet die Runde macht: am 21.Oktober, zwei Tage vor der Groß-Demo, umstellte die Berner Polizei den „King Burger“ und ein anderes Lokal, wo Gäste miteinander redeten, lachten, aßen. Gäste wurden festgehalten und einzeln abgeführt, s.u.

„Die Zeichen steh‘n auf Sturm“, kommentierte ein Wiener unter dem Video zur Groß-Demo in Wien am 26.Oktober.

Links zu den Videos aus Bern

Bern, 23.10, Menschenwürde, Teil 1

Bern, 23.10., Menschenwürde, Teil 2

Bern, Historische Demo

https://www.google.com/search?q=youtube+bern+polizei+in+restaurants&rlz=1C1PRFI_enDE828DE828&oq=youtube+bern+polizei+in+restaurants&aqs=chrome..69i57.12064j0j15&sourceid=chrome&ie=UTF-8

Polizeigewalt gegen Restaurant-Gäste in Bern, 21.Oktober

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