“Fröhlich soll mein Herze springen”

Paul Gerhardt, 1607 – 1676. Evangelisch-lutherischer Pastor und Liederdichter.

Ich weiß, es ist noch nicht Weihnachten. Dennoch wählte ich diesen Titel, da er einen Choral einleitet, der von der Freude kündet. Von der Freude, die uns immer mehr abhandenkommt.

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dr. Juliana Bauer

Zunächst hatte ich einen Leser-Kommentar zu Peter Helmes‘ Beitrag über Allerheiligen und Halloween verfasst. Doch er wurde zu lang – also, was spricht hier gegen einen eigenen Beitrag?

Was spricht dagegen, einen Text, keinen zu langen, über die Freude zu schreiben?

Über die Freude am Leben, an so vielem Schönen, über die Schöpfung und, um im Bereich von Glaube und Kirche zu bleiben, über die Botschaft Jesu.

Die Frohbotschaft Jesu wird, wie Peter Helmes nüchtern feststellt, in den Kirchen selten nur verkündet. Und ich ergänze: fast nicht mehr gelebt. Man erfährt sie nicht mehr, die FREUDE.

Doch liegen diese Wurzeln tiefer. Ich will keinen allzu langen Exkurs beginnen und kann auch nicht viele Details beleuchten – aber ich erinnere mich hier zunächst an meine Kinderjahre. Jahre, welche noch eine Endlosschleife des 19.Jhs. schienen, über die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinweg, eine Verlängerung einer mit dem Staat eng verbandelten Kirche. Einer Kirche, gespickt mit Verboten, Drohungen, insbesondere mit Blick auf das berühmte 6.Gebot, mit denen Eheleute drangsaliert wurden. Wohlgemerkt Eheleute! Denen Pfarrherren und Klosterbrüder die von Gott geschenkte Freude aneinander nehmen wollten (mein Vater, ein engagierter Katholik, schüttete mir mit 88 Jahren diesbezüglich einmal sein Herz aus). Ich erinnere mich einer Kirche, die bereits Kinder mit entsprechenden Drohungen drangsalierte.

Ich erinnere mich an eine Gesellschaft, in der viele Christen oder solche, die es glaubten, zu sein, einem vertrockneten Gesetzes-Christentum anhingen, das jedoch nicht mehr viel mit der Freude des Evangeliums gemein hatte. Ich erinnere mich an endlos lange Messen (die “Tridentinische” Messe wurde gefeiert), die sehr feierlich waren, schön fürs Auge, die aber dem als häufig überhöht angesehenen und in besonderem Gnadenstand sich wähnenden Priester in übertriebener Weise huldigten, fast wie Gott selbst. (Die Anhänger der “alten” Messe werden mich jetzt fast steinigen. Doch sei an dieser Stelle einmal festgehalten, dass die Mutter Jesu, die sich im Jahr 1846 zwei Hirtenkindern in La Salette bei Grenoble zeigte, viele Priester als “Kloaken der Unreinheit” bezeichnete, bereits 1846. Und dies trotz der „Messe aller Zeiten“).

Ich erinnere mich aber auch daran, dass wir damals trotz aller Drohungen eine tiefe, innere Freude vermittelt bekamen, die letztlich größer war, als die Macht von Drohungen und Verboten.

Und – alles in Allem ist leider auch festzuhalten, dass die Kostbarkeit und die Freude der Botschaft Jesu auch nach dem II. Vatikanum von vielen Christen und allen voran, von vielen Hirten oder solchen, die es sein möchten, nicht neu entdeckt, nicht vertieft, nicht verbreitet wurde…! Ganz entgegen der Intension, die Papst Johannes XXIII., selbst ein Mann, dessen Herz voll Hoffnung und voll Freude war, mit der Eröffnung des Konzils verband:

Nämlich der Verkündigung des Evangeliums neue Kraft zu verleihen und dieses mit neuem Enthusiasmus, mit neuer Begeisterung in alle Winkel der Erde zu tragen (handgeschriebener Text von Joh. XXIII., vgl. Cardinal Comastri, in: 60 anni fa veniva eletto Papa Giovanni XXIII/Vor 60 Jahren wurde Papst Joh. XXIII. gewählt, TV2000it).

Die Freude – sie fehlt heute. Überall! Die Vermittlung der frohen Botschaft – sie fehlt. Stattdessen Katastrophen-Alarm! Apokalypse! Wie es Peter Helmes schreibt.

Und die Kirchen gehen voraus, führen den Katastrophen-Alarm an! Die evangelische wie die katholische. Das Beispiel, das sie seit mehr als 20 Monaten geben (im Grunde schon seit langem), das sie nach wie vor geben, ist b e i s p i e l l o s.

LA JOIE – die FREUDE – wie oft nennt der Erzbischof von Paris dieses Wort begeisternd in seinen Predigten, die selbst von Freude durchdrungen sind. Er ist einer der wenigen Bischöfe, die diese Freude noch verkünden, noch lebensnah erfahren lassen. Das ist auch der Grund, warum ich immer wieder so gerne seine Predigten übersetze.

Statt Freude über Jesu Botschaft und über seine Erlösungstat zu vermitteln, statt allen Menschen ohne Ausnahme Hilfe und Trost in allen Lebenssituationen zu sein, leisten zahllose Pfarrer und Priester den staatlichen Maßregelungen Vorschub.

Verbandelt mit dem Staat. Wie einst und je. Verbandelt mit einem gottlosen, einem menschenverachtenden Staat!

Zollen auch sie, die Herren und z.T. Damen Pastoren, den 2G- und 3G-Regeln, dem Green Pass, dem Pass Sanitaire Beifall und wenden sie gar selbst an. Die Regelungen, welche die Menschen ausschließen, ausstoßen. Verwehren mitunter Nicht-Geimpften den Zutritt zur Kirche, verweigern ihnen mitunter das Kranken-Sakrament. Buckeln vor den Regierungsherren wie vor jenem in hessischen Landen, der jeglichen Menschenrechten den Rücken kehrt, wenn er sogar die 2G-Regelung für Lebensmittelläden ermöglicht und damit Menschen ihrer Grundversorgung beraubt und in den Hunger treibt.

Die Freude über Jesu Botschaft und seine Erlösung.

Aber auch das Gericht des „Menschensohnes.“

Ja, es gibt auch die andere Seite der christlichen Botschaft. Es gibt auch jene des Gerichts. Jene der Apokalypse. Aber nicht für die Ausgestoßenen einer lieblosen Gesellschaft, sondern für jene, die dieser Gesellschaft Lieb-Kind sein wollen und dabei Gottes Wort mit Füßen treten. Für diese „Hirten“ könnte das Wort aus der Offenbarung Wirklichkeit werden: „Weil du aber lau bist und weder warm, noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde“ (Off. 3,16).

Die Freude!

Und eine Hommage an die Lieder und Choräle.

Ich bin ja ökumenisch aufgewachsen. Mit Schwerpunkt katholisch. Mein katholischer Großvater war ein sangesfreudiger Mann, er sang häufig, er sang sämtliche Volkslieder, aber auch sämtliche Kirchenlieder. Sang er letztere, wusste man die gerade aktuelle Festzeit. Und er sang voller Begeisterung, an Weihnachten, an Ostern. „Auf Christen, singt festliche Lieder und jauchzet mit fröhlichem Klang!” So empfing er uns oft an den Weihnachtstagen.

Seine Freude über Jesu Auferstehung war nicht zu überhören, wenn er nach dem Osterkaffee das frohmachende Lied, das die gesamte Osterbotschaft enthält, anstimmte „Freu dich, erlöste Christenheit, freu dich und singe!”

Meine Mutter, einst evangelisch, auch sie sangesfreudig, brachte mir die Choräle Paul Gerhardts nahe, jenes Pfarrers und nach Martin Luther größten Choral-Dichters der evangelischen Kirche, eines Mannes, der unendliches Leid im 30jährigen Krieg wie auch in seiner Familie ertragen musste. Dennoch überwog bei ihm die Freude, die Freude an Christus, am Leben, an der Schöpfung, der er in zahlreichen Liedern Ausdruck verlieh. „Geh aus mein Herz und suche Freud’ in dieser schönen Sommerszeit, an deines Gottes Gaben” dichtete er oder er besang die Freude von Geburt und Auferstehung Jesu und damit die Freude über die Zukunft des erlösten Menschen. „Fröhlich soll mein Herze springen” – so beginnt Gerhardts Jubel über die Ankunft Christi auf der Erde; seine Freude über die Erlösungstat Jesu für die Menschheit bricht sich in einem der schönsten Osterchoräle Bahn, dem Lied „Auf, auf mein Herz mit Freuden.“

In allen Chorälen wird von der Freude gesprochen, stellt die Freude das Zentrum dar. Choräle, Lieder verkünden die Frohbotschaft von Gott, von seiner Welt, seiner Schöpfung. Eine meiner evangelischen Großtanten erfreute während ihres Krankenhausaufenthaltes eine ganze Reihe von Mit-Patienten mit ihren Liedern, bevorzugt mit Paul-Gerhardt-Chorälen. „Ihre Tante singt so wunderbar“, erzählte eine der Patientinnen meiner Mutter, „und ihre Lieder sind so tröstlich.“

In den vergangenen 20 Monaten aber unterbanden die Kirchen vielerorts das Singen.

Jegliche Freude und jeglicher Trost wurden den Menschen genommen.

Welch eine jämmerliche, eine erbärmlich-armselige KIRCHE!

Hierbei eine wichtige Anmerkung am Rande:

In den Messen des Pariser Erzbischofs fehlte nie das freudige Singen! Auch nicht in der harten Corona-Zeit. Auch nicht hinter den Masken.

Ihr christlichen Kirchen! Wacht auf!

Verlasst die bösen Pfade von Katastrohen-Alarm und Freudlosigkeit, vom wahnhaften Ausstoßen der Menschen aus der Gemeinschaft!

Werdet eurem Auftrag wieder treu! Dann kommen die „neuen, kreativen Ideen“ (Bischöfin Breit-Keßler) von selbst.

Getragen und durchflutet vom Geist Gottes, dem SCHÖPFER GEIST.

Und singt! Singt aus vollem Herzen und verkündet die Frohbotschaft mit euren Liedern! Auch in der Corona-Periode. Auch im so genannten Toten-Monat November. Denn die Heilsbotschaft Jesu kündet von der Auferstehung!

Dann zieht ihr die Menschen an, gebt ihr ihnen wieder Hoffnung und Lebensfreude:

Fröhlich soll mein Herze springen
Dieser Zeit, da vor Freud alle Engel singen.
Hört, hört, wie mit vollen Chören
Alle Luft laute ruft: Christus ist geboren!

Freu dich, erlöste Christenheit!
Freu dich und singe!
Der Heiland ist erstanden heut, alleluja.
Singt fröhlich alleluja!

(www.conservo.wordpress.com)

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