Corona-Pandemie und Abtreibung
Von Reinhard Wenner
Seit der Corona-Pandemie in Deutschland, nämlich seit etwa März 2020 bis zum 15. Dezember 2021 – also in 21,5 Monaten – sollen in Deutschland 106.680 Personen an oder mit Corona verstorben sein, im Durchschnitt monatlich also etwa 4.961 Personen.
Bei dieser hohen Zahl von Toten ist es verständlich, dass Bundesregierung und Bundestag sowie die Regierungen der Bundesländer um Gesundheit und Leben der Bewohner besorgt sind.
Um eine Ansteckung mit Covid 19-Viren zu verringern, ja möglichst ganz zu vermeiden, wurden Kindergärten, Schulen und Geschäfte geschlossen, Home Office erweitert und Bußgelder für das Nichtbeachten von Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes erhöht. Inzwischen wird von verschiedenen Seiten sogar gefordert, die Impfung gegen das Virus zwingend vorzuschreiben.
Ein völlig anderes Verhalten des Staates ist dagegen festzustellen, wenn es um den Schutz ungeborener Kinder geht.
Nach einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes hat es im Jahr 2020 in Deutschland 99.948 Abtreibungen gegeben. Damit sind im Durchschnitt 8.329 Kinder pro Monat getötet worden. Die Zahl der Abtreibungen ist also fast doppelt so hoch wie die Zahl der an oder mit Corona verstorbenen Menschen.
Aber die hohe Zahl von Abtreibungen hat die Deutsche Bundesregierung und den Deutschen Bundestag bisher nicht veranlasst, sofort die (Un-)Rechtslage für die Ungeborenen zu überprüfen und umgehend dafür zu sorgen, dass mit den Abtreibungen Schluss ist.
Auch den meisten Medien (einschließlich Kirchenzeitungen?) ist die hohe Zahl der getöteten Ungeborenen offensichtlich kaum eine Zeile wert. Das himmelschreiende Unrecht der Abtreibungen wird verschwiegen.
Über die psychischen Auswirkung einer Abtreibung auf die abtreibenden Frauen und die zustimmenden oder sogar fordernden Männer wird meines Wissens ebenfalls nicht berichtet und nichts darüber, welche Kosten alljährlich für diejenigen Frauen und Männer anfallen, die durch eine Abtreibung bzw. das Fordern einer Abtreibung schwer traumatisiert worden sind.
Geschwiegen wird weiter über die Folgen der Abtreibungen für die gesellschaftliche, wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Unter den jährlich ca. 100.000 abgetriebenen Kindern dürften etliche gewesen sein, die hochbegabt waren und hervorragende Künstler, Forscher, Lehrer, Kaufleute, Handwerker geworden wären – auch Ärzte und Krankenpflegepersonal und sogar Virologen, die möglicherweise längst bessere Mittel gegen die Corona-Pandemie entwickelt gehabt hätten, als derzeit zur Verfügung stehen.
Möglicherweise waren etliche dieser getöteten Kinder zum Priester berufen oder für den Ordensstand. Priestermangel wäre möglicherweise in Deutschland kein Thema geworden.
Ein verstärkter Schutz für die Ungeborenen ist in den kommenden vier Jahren wohl kaum zu erwarten und damit auch keine allmählich steigende Zahl qualifizierter Leute in Gesellschaft, Staat und Kirche. Denn im Koalitionsvertrag, den SPD, FDP und GRÜNE am 24. November 2021 veröffentlicht haben, heißt es:
„Reproduktive Selbstbestimmung
Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.“
Mit anderen Worten: Das Töten eines ungeborenen Kindes soll nach entsprechender Beratung (weiterhin) straffrei sein und auf Kosten der Allgemeinheit erfolgen. Das Volk zahlt selbst für seine Defizite.
Künftig sollen sogar Personen belangt werden, die auf ihre Weise vom Töten ungeborener Kinder abraten, nämlich jene, die sich vor sog. Abtreibungs-Praxen stellen und u.a. auf das Unrecht der Tötung Ungeborener hinweisen. Denn „Gehsteigbelästigungen“ will die Ampel-Koalition durch „wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen“ treten.
Das Verweigern von Nothilfe ist gewöhnlich strafbar. Wer aber Schwangere vor einer Tötung durch Abtreibung bewahren will, soll künftig rechtlich belangt werden können. Hilfsangebote sollen also sanktioniert und damit ein ethischer Grundsatz auf den Kopf gestellt werden.
Im Amtseid gemäß Art. 56 GG heißt es: „Ich schwöre, dass ich mein Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen … Schaden von ihm wenden … und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Was mag die „Ampel-Koalition“ wohl unter „Wohl des deutschen Volkes“ und „Gerechtigkeit gegen jedermann“ verstehen, wenn sie beim Töten ungeborener Kinder lediglich für mehr ärztliche Professionalität sorgen, Proteste gegen Abtreibungen vor sog. Abtreibungspraxen und Abtreibungskliniken aber als „Gehsteigbelästigungen“ ansieht und unterbinden will?
Das Vorhaben von SPD, GRÜNEN und FDP dürfte zu einer „gesellschaftlichen Eiszeit“ und vielen seelischen Erkrankungen beitragen.