Omikron-Variante: Sie wissen nicht, was sie tun sollen

(www.conservo.blog)

Von Peter Helmes

Same procedure as last year – die gleiche Prozedur wie vergangenes Jahr

Die Ausbreitung der Omikron-Variante bereitet weltweit Sorgen. In Europa wissen viele Regierungschefs, was aktuell auf ihre Länder nach Weihnachten zukommt: ein neuer Lockdown. Man wollte – unverständlicherweise – Weihnachten vorüberziehen lassen, wohl um den Bürgern die Festtage nicht zu vergällen. Doch so naiv sind wir Bürger (und Bürgerinnen!) nicht. Wir ahnen es ohnehin längst.

Doch manche Politiker tun so, als ob sie so etwas wie Wunsch-Weihnachten verheißen könnten. Boris Johnson z.B. verschwieg den Briten die bittere Wahrheit aus Rücksicht auf seine bröckelnde Macht bei den Tories. Olaf Scholz bereitete Deutschland in Merkel-Manier Stück für Stück auf einen harten Lockdown vor, wie ihn Karl Lauterbach, sein Gesundheitsminister, in Aussicht stellt. Nur der Niederländer Mark Rutte zögerte nicht lange  und verzichtete auf taktische Spielchen, als er seinem Land kürzlich den Pausen-Modus verschrieb.

Die „Weihnachtsbotschaft“ kam in diesen Tagen indessen aus dem Heiligen Land. Naftali Bennett, Israels Premier, gab wie beim Boostern im Hochsommer den Trendsetter: Er forciert die vierte Impfung für die Über-60-Jährigen. Daran wird sich der Rest der Welt orientieren, Fakten her oder hin:

Die Daten zeigen, daß die Omikron-Rekordzahlen der derzeitigen Corona-Welle im Vergleich zu früheren Wellen nur ein Fünftel so viele schwere Erkrankungen verursacht haben. Zu Beginn des Jahres belegten in Südafrika 5.000 Covid-19-Kranke die dortigen Intensivbetten; in der jetzigen Welle sind es bloß 1.000. Das sind immer noch 1.000 zu viel. Aber es handelt sich um eine Zahl, mit der das Gesundheitssystem besser umgehen kann.

Kurz: Das Worst-Case-Szenario, das hierzulande herumgereicht wird, ist aufgrund der neuesten Datenlage nur eines von vielen möglichen Szenarien. Ob die Fallzahlen-Spitze tatsächlich in eine Überlastung des Gesundheitssystems übersetzen, ist unklar. Es gibt deshalb keinen Grund, in Endzeitstimmung zu verfallen.

Etwas allerdings ist heikel bei Omikron: Wir wissen noch viel zu wenig. Wir wissen, daß die Variante hochansteckend und nicht aufzuhalten ist. Aber das ist auch schon fast alles. Erste Erfahrungen aus Südafrika – in Studien dargelegt – deuten darauf hin, daß die Infizierten nicht allzu schwer erkranken, aber das Land hat eine sehr junge Bevölkerung.

Aufschlußreicher werden die Daten aus Großbritannien und den USA sein, wo Omikron in kürzester Zeit die Oberhand gewonnen hat. Unser bislang zögerliches Handeln ist nur unter einer Bedingung vertretbar: daß viel größere und härtere Schritte unternommen werden, sobald es wirklich nötig wird.

Auch in den USA infiziert die Omikron-Variante viele Menschen. Die Vereinigten Staaten haben den Lockdown als Bekämpfungsstrategie aufgegeben. Ein neuer Ansatz basiert nun auf Schnelltests und einer weiteren intensivierten Impfkampagne. US-Präsident Biden zielt dabei auch auf den Glauben und den Patriotismus ab, um die Menschen von der Impfung zu überzeugen. Er will damit vor allem die rechte Wählerschaft ansprechen, in der es viele Skeptiker bezüglich der Impfstoffe gibt.

Eine Frage ist hier wie dort nicht zu überhören: Wie kommt es, daß wir fast zwei Jahre nach Pandemiebeginn wieder ganz am Anfang stehen? Mit überforderten Testzentren und widersprüchlichen und verwirrenden Ratschlägen der Regierung. Wieder müssen die Menschen zu Hause bleiben, wieder wurde ihnen das Weihnachtsfest gestohlen. Diesmal fühlen sich die Dinge sogar noch viel schlimmer an, da die Bevölkerung viele Opfer gebracht hat und noch erbringt, um sich gegenseitig zu schützen.

Wir sind also gewarnt. Es liegt an uns allen, auf Schutz zu achten – was nicht heißt, daß eine allgemeine Impfpflicht die letzte aller Möglichkeiten bedeutet. Die Politik muß weiter für die freiwillige Impfung werben. Zwangsimpfungen darf es nicht geben. Und niemand darf etwa  mit körperlicher Gewalt zu einer Impfung gezwungen werden. Ja, das ist ein sehr emotionales Thema, das auch mit einem drohenden Vertrauensverlust in den Staat verbunden ist.

Die bisherige Impfstrategie der Bundesregierung hat viele Menschen nicht erreicht und erreicht sie in Teilen immer noch nicht. Also sollte der Staat erst ´mal seine Hausaufgaben machen, bevor er eine Ausweitung der Impfpflicht wirklich ernsthaft in Erwägung ziehen darf.

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