– Warum am 13. Januar 2012 „nur“ 32 Passagiere den Tod fanden
– Sogar Muslime waren an Bord, berichtet die „Badische“ – warum?
– Womit Sie reisen sollten, solange das noch möglich ist
Von Albrecht Künstle
Ein wundersames Glück im Unglück hatten 4197 Menschen an Bord der Costa Concordia, als das stattliche 290-Meter-Schiff am Freitag, dem 13. Januar 2012 ein Felsenriff auf der Ostseite der Isola del Giglio zwischen Italien und der Insel Korsika schrammte. Weitere 32 Menschen überlebten das Schiffsunglück leider nicht. Pech war, dass das Schiff nicht zwei Meter weiter steuerbord fuhr. Denn zwischen einem Schiff und einem Riff reicht eigentlich die Dicke einer Zeitung, selbst wenn man die Seiten mit Halbwahrheiten herausreißt.
Eine solche Halbwahrheit verkündet wieder einmal die Badische Zeitung vom 10. Januar: „Das Schiff schlug leck, drehte sich aufgrund der Strömung und des Windes in das Hafenbecken und blieb dort mit Schlagseite auf den Felsen liegen.“ Als ob das Schiff nach der Havarie bewusst in den Hafen steuerte, wie es der Kapitän glauben machen wollte.
Nein, es war anders, was an ein wahres Wunder grenzt. Das Schiff befand sich vom römischen Hafen Civitavecchia aus Richtung Nordwest zum Hafen Savona in Norditalien. Um 20:45 Uhr kam es zur Kollision, bei welcher der Rumpf backbordseitig auf einer Länge von 70 Metern über fünf Kammern aufriss. Drei Kammern zu viel, denn zwei lecke Kammern überlebt so ein Schiff. Es fuhr zuerst mit 15 Knoten, fünf Minuten nach der Havarie mit noch fünf Knoten am Hafen Porto Giglio Richtung Norden vorbei. Eine Meile später setzten die gefluteten Motoren aus, exakt 15 Minuten nach der Havarie an genau der richtigen Stelle um 21 Uhr! Was dann geschah ist ein Novum der Seeschifffahrt.
Der Nordostwind drehte den Rumpf mit der Breitseite vor sich her, was ich als Bootsbesitzer gut kenne, wenn der Motor aussetzt. Zehn Minuten nach dem Motorausfall trieb das Schiff auf wundersame Weise auf das kleine Kap Punta Gabbianara zur letzten Ruhe – nur eine Schiffslänge vom kleinen Hafen Porto Giglio entfernt. Dort konnten viele fast trockenen Fußes an Land gehen.
Hätten die Motoren zwei Minuten früher oder später ausgesetzt, wäre das Schiff auf den unbewohnten schroffen Teil der Inselküste zugetrieben und dort gestrandet. Eine schnelle Hilfe wäre nicht möglich gewesen. Und zehn Minuten später wäre das Schiff vom Wind an der Nordspitze der Insel vorbei auf das offene Meer getrieben und dort gesunken. Ob es dann bei 32 Ertrunkenen geblieben wäre? Die Rettungsboote wären wahrscheinlich auf Korsika oder Sardinien gestrandet.
Meines Erachtens war es ein Wunder, so exakt wurde das Schiff wie von Geisterhand (oder eine andere?) in den Hafen getrieben. Doch statt darüber etwas zu philosophieren und die rhetorische Frage zu stellen, ob es vielleicht doch ein Wunder war, ist es dem Autor des Zeitungsartikels wichtig zu erwähnen, dass auch Muslime an Bord waren und die Katastrophe überlebten. Auch Hindus. Es waren aber auch Juden an Bord, die nicht erwähnt wurden. Diese spielen im Gegensatz zu Muslimen in den Medien auch kaum eine Rolle.
Ich kannte dieses Schiff recht gut, weil ich zuvor mit einem der baugleichen „Schwesterschiffe“ unterwegs war. Die Costa Concordia wurde nur sieben Jahr alt, aber immerhin älter als die Titanic. Ich meldete mich damals bei der Costa Crociere und stellte mich als ausgebildeter Rettungstaucher zur Bergung der vermissten Passagiere zur Verfügung, weil ich das Riesenschiff auch inwendig kannte. Daraus wurde nichts worüber ich eigentlich froh war, denn Wasserleichen bergen schlägt aufs Gemüt. Auch wenn ich mit dem Meer eins bin und auf Schiffen jeder Größe daheim, möchte ich doch einen – nicht ganz ernstgemeinten – Rat geben:
Reisen Sie mit dem Flugzeug, nicht mit dem Schiff. Denn jeder Flieger kommt wieder runter, aber nicht jedes Schiff wieder hoch. Aber egal, ob per Flugzeug oder Schiff, die neuen drei Könige in Berlin vergrämen uns das Reisen jeder Art, bis es ganz verboten wird. Das Corona-Reglement für die Hotels, und für Auslandsreisen mit den Quarantäne-Hürden bei der Rückkehr, dürfte der Probelauf sein. Sonderbarer Weise stehen Reisen aus Afrika und Asien zu Lande, mit Booten oder Fliegern nach Deutschland nicht auf dem Index. Solche Migrationsreisen sind laut Koalitionsvertrag sogar erwünscht.
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