Von Peter Helmes
Zur Generaldebatte im Bundestag: Scholz scheut Führung bei der „Zeitenwende“ Olaf Scholz hat der Ukraine die Solidarität Deutschlands zugesagt, dies aber nicht präzisiert. Fragen zu Waffenlieferungen und Geflüchteten hat er in der Generaldebatte nicht beantwortet. Die selbst ausgerufene Zeitenwende zu gestalten, erfordert aber mehr als eine scholzomatenhaft vorgetragene Zustandsbeschreibung.
Der Eindruck täuscht nicht: Der russische Überfall auf die Ukraine hat die Politik der Ampel-Koalition auf den Kopf gestellt. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck bittet Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate um Gaslieferungen, die Bundeswehr wird plötzlich als Teil der Landesverteidigung wiederentdeckt – und soll mit viel Geld aufgerüstet werden. Das ist der Zeitenwende geschuldet, von der Bundeskanzler Olaf Scholz spricht.
Doch seine Präsenz als Kanzler hat sich seither nicht verstärkt. Scholz hätte die Generaldebatte im Parlament nutzen können, um klarzumachen, wie schwer es zu ertragen ist, nicht mehr für die Menschen in der Ukraine machen zu können, weil ansonsten der Frieden in Deutschland gefährdet ist. Stattdessen referierte er knapp, was die Ukraine nicht vom Westen erwarten kann. Diese Art der Sachlichkeit wirkt wie Ignoranz.
Die „Ampel“ vermittelt den Eindruck, es stünde vieles zum Besten. Die internationale Zusammenarbeit, die Wirkungen der Sanktionen, die Bemühungen, sich von russischen Öl-und Gasimporten unabhängig zu machen. Diese altväterliche Beruhigungstaktik ist unangemessen und wirkt angesichts der Gefahren verniedlichend. Der Krieg in der Ukraine tobt mit unverminderter Heftigkeit. Man wird ihn nicht mit einschläfernden Ansprachen beenden. Kanzler, „Vizekanzler“ und die gesamte Ministerriege müssen endlich aufwachen!
Das klang am 27. Februar noch anders, da wuchs Olaf Scholz im Angesicht des Krieges in einer historischen Regierungserklärung über sich selbst hinaus. Putins Überfall auf die Ukraine drängte ihn zu einer 180-Grad-Wende der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Jetzt zögerter aber, diese von ihm selbst so bezeichnete Zeitenwende mit Leben zu füllen. Der Sozialdemokrat läßt Bundestag und Bürger ratlos zurück.
Aufwachen, liebe Bundesregierung!
Europa ist nun in einer Phase, in der es um grundsätzliche Fragen geht. Es ist ein Krieg der Systeme. Die Frage ist, ob sich ein Despot durchsetzen kann, der jede Form des zivilisierten Miteinanders verlassen hat und Krankenhäuser beschießen läßt.
Die Frage ist doch jetzt, ob wir diese dramatische Herausforderung annehmen. Jetzt geht es ums Grundsätzliche, um Demokratie und Freiheit. Es muß endlich aufhören, daß Deutschland Intoleranz toleriert. Wer Intoleranz toleriert, zerstört auf kurz oder lang unseren Wertekanon und damit uns selbst.
Natürlich muß man verhandeln und immer wieder versuchen, friedlich miteinander auszukommen. Aber eine Beschwichtigungspolitik, also eine Politik der ständigen Toleranz zerstörenden Machtpolitik, scheitert komplett. Sie funktioniert weder bei innerer noch bei der äußeren Sicherheit. Es gibt Menschen und Regierungen, die kennen nur klare Ansagen. Nur wer stark ist, wird nicht angegriffen.
Hierzu ein passendes Zitat: „Wandel durch Handel“, diese Form der Außenpolitik, die Kanzlerin Angela Merkel ja sehr stark gegenüber Russland und auch China betrieben hat – war im Nachhinein betrachtet blauäugig, gar naiv”, sagte Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag (Quelle: dpa, 27.3.22)
Fragen, ob Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg nicht gewissermaßen verlängerten, sind für die Menschen in der Ukraine zynisch. Einen Angriff über sich ergehen zu lassen und sich nicht zur Wehr zu setzen, damit der Krieg ein Ende habe und mehr Menschen überleben, würde bedeuten, daß der brutale Angreifer sich immer durchsetzt.
Das Recht zur Selbstverteidigung ist ja genau deshalb in der Charta der Vereinten Nationen in Artikel 51 festgeschrieben. Allen Despoten, allen Putins dieser Welt, muß klar sein, daß ihre Machtgelüste einen hohen Preis kosten.
Wird Putin nicht bald in der Ukraine gestoppt, werden noch Millionen Menschen Richtung EU flüchten. Derzeit (Ende März ´22) sind bereits mehr als 6 Millionen Ukrainer auf der Flucht – im Inland und ins Ausland. Die europäische Friedensordnung, die wir seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges kennen, wird es nicht mehr geben. Die EU wird obendrein weiter auseinanderdriften, weil der Staatenbund alle Zentral- und Osteuropäer entfremden wird, die den Ernst der Lage seit Langem erkannt haben und noch immer auf taube Ohren stoßen.
Und was Putin territorial gesehen noch vorhat, weiß niemand – einiges deutet nämlich daraufhin, daß er kaum in der Ukraine haltmachen wird. Und jedes Zögern des Westens ermutigt ihn auch dazu. Demnach müssen Politiker in Berlin, Luxemburg und anderen EU-Hauptstädten, in denen Regierungen auf der Bremse stehen, endlich aufwachen. Es wird Zeit, daß die deutsche Bundesregierung das Embargo auf russische Rohstoffe in die Wege leitet und so als glaubwürdige Drohkulisse aufbaut
Scholz trägt wesentliche Mitverantwortung bei Abhängigkeit vom russischen Gas
Ohne große Empathie liest er vom Blatt, nicht von einem einzigen Zwischenruf läßt er sich ablenken, nicht eine einzige der vielen Fragen, die ihm Friedrich Merz als Oppositionsführer entgegenhält, vermag er zu beantworten. Welche Waffen wird Deutschland kaufen, um sie an die Ukraine zu liefern, wieviel Geld steht dafür bereit? Kein Wort dazu.
Scholz lobt die deutsche Bevölkerung für das Einstehen für Demokratie in Europa, lehnt gleichzeitig aber einen Energieboykott ab, weil das Hundertausende von Arbeitsplätzen in Deutschland kosten würde. Wieviel Wohlstand aber sind wir bereit für unsere Freiheit zu opfern? Scholz will es nicht beantworten. Der Sozialdemokrat hat die Abhängigkeit von russischem Gas wesentlich mitzuverantworten, daß wir uns nun bei anderen Despoten eindecken müssen, hätte er selbstkritisch ansprechen müssen.
Die „Ampel“ läßt alles laufen, Scholz schaut zu
Bei der Hilfe für die Ukraine-Flüchtlinge bewegt sich der Bund im Schneckentempo.
Auch nach 24 Tagen gibt es im Bund keine Klarheit über Finanzierung, Verteilung, Versorgung, Wohnraum und Lehrkräfte für 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine. Viele Ehrenamtliche haben dem Bund Zeit verschafft, auf die notwendige Betriebstemperatur zu kommen. Jetzt aber ist höchste Zeit zum Handeln.
In Bund, Ländern und Kommunen hielt man zunächst die Füße still. Gibt es da nicht ein Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das BAMF, in dem die Expertinnen und Experten sitzen? Mehr als 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten beim BAMF – eine große Behörde mit einer Menge Expertise – sollte man meinen. Am 1.März – also am Tag 6 des Krieges – hieß die Einschätzung dieser Bundesbehörde mit Hauptsitz in Nürnberg: Man rechne nicht mit einer großen Flüchtlingsbewegung nach Deutschland. Ein Sprecher sagte, der größte Teil der Kriegsflüchtlinge verbleibe in den an die Ukraine angrenzenden Staaten. Kein Grund, vom Schreibtisch aufzustehen, sollte das wohl heißen.
Not auch in Berlin
Nicht einmal ein Blick auf die Versorgung der Flüchtlinge kann überzeugen. Es paßt eben nicht zusammen, den Bürgern für ihr Engagement zu danken und zugleich zuzulassen, daß der Berliner Senat einer privaten Unterbringung von Menschen aus der Ukrainer nur zustimmt, wenn diese für zwei Jahre garantiert wird. Wenn die Länder nicht in der Lage sind, eine angemessene Unterbringung zu gewährleisten und zugleich Bürger derart vor den Kopf stoßen, muß der Kanzler ganz einfach die Führung zeigen, die er einmal versprochen hat. Doch Scholz läßt alles laufen.
Das Land Berlin brauchte nicht ganz so lange wie der Bund – aber immerhin dauerte es auch im Senat sechs Tage, bis die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, SPD, aufwachte und versprach, 20.000 Plätze für Kriegsflüchtlinge zu schaffen – um als nächstes laut auf ihre Parteikollegin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, einzureden.
„Berlin ist die Drehscheibe für die Flüchtlinge aus der Ukraine, wir brauchen dringend Hilfe – bitte sorgt dafür, daß die in erster Linie aus Polen Kommenden nicht in Berlin aussteigen, sondern gleich in andere Bundesländer gebracht werden.“ Mehr als zwei Wochen mußte Giffey dies täglich wiederholen, bis Unterstützung vom Bund endlich eintraf – unter anderem Bundeswehrsoldaten für die Registrierung und Busse, die Kriegsflüchtlinge in andere Bundesländer bringen.
Schneckentempo der Bundesverwaltung: Finanzierungsfragen auch nach 24 Tagen ungeklärt
Und noch sind die Finanzierungsfragen ungeklärt – die Ministerpräsidentenkonferenz hatte zwar viele wolkige Beschlüsse gefaßt, die dringende Frage, wer was bezahlt, ist allerdings auf den 7.April verschoben.
Noch ein Beispiel gefällig für das Schneckentempo der Bundesverwaltung? Mehr als drei Wochen brauchte das Bundesinnenministerium, um ein Hilfe-Portal für Geflüchtete aus der Ukraine auf Deutsch, Englisch, Russisch und natürlich Ukrainisch online zu stellen. Erst am 17.3. war es endlich soweit. Auch hier waren Ehrenamtliche schneller – Flüchtlingsräte und andere Initiativen haben schon vor Wochen notwendige Informationen auf Ukrainisch veröffentlicht.
Keine Lehrer, kein Wohnraum, mangelnde Digitalisierung
Die viel zu lange Reaktionszeit ist das eine. Das andere: Genau wie in der Corona-Pandemie rächen sich jetzt nicht gemachte Hausaufgaben. War es in der Pandemie die mangelnde Digitalisierung nicht nur der Gesundheitsämter, sind es jetzt fehlende Lehrkräfte und nicht gebaute Wohnungen, die besonders in Großstädten wie Berlin zu massiven Problemen führen werden. Es sei denn, die Kriegsflüchtlinge kehren in Kürze wieder in die Ukraine zurück, womit kaum jemand rechnet.
Wie Berlin tausende Flüchtlingskinder unterrichten will, ist völlig schleierhaft. Weder gibt es genügend Platz in den Schulen noch ausreichend Lehrkräfte. Ein Desaster mit Ansage – daß zu wenige Lehrkräfte ausgebildet werden und zu viele Schulen marode sind, ist seit Jahren bekannt. Genau wie die Tatsache, daß bezahlbarer Wohnraum Mangelware ist. Vor sechs Jahren aus Syrien eingereiste Kriegsflüchtlinge müssen immer noch in Gemeinschaftsunterkünften hausen, weil sie auf dem freien Wohnungsmarkt nichts finden.
Seit mehr als drei Wochen arbeiten nun Ehrenamtliche ohne Pause, viele haben ihre Türen geöffnet, Flüchtlinge bei sich zuhause aufgenommen. Sie haben vor allen Dingen dem Bund Zeit verschafft, auf die notwenige Betriebstemperatur zu kommen. Viel Zeit zum Handeln wurde vertan!
Rot-Grün-Gelb nicht einheitlich für 100-Milliarden-Euro-Sonderschulden
Der Tankrabatt seines Finanzministers war von Anfang an nicht durchdacht. Statt Lindner umgehend in die Schranken zu weisen, muß am Abend ein Koalitionsausschuß her, um eine Einigung zu erzwingen. Scholz redet schön. Und CDU-Chef Friedrich Merz legt den Finger in die Wunde. Die Ankündigung des CDU-Vorsitzenden, bei der Grundgesetz-Änderung für die 100-Milliarden-Euro-Sonderschulden der Bundeswehr nur genau die Stimmen „aufzufüllen“, die die Ampel nicht zusammenkommt, offenbart zwar ein fragwürdiges Parlamentsverständnis, zeigt aber: Rot-Grün-Gelb steht nicht geschlossen hinter dem Geldsegen. Doch statt zu überzeugen, schiebt der Kanzler das Problem auf die lange Bank. Eine Zeitenwende zu gestalten, erfordert mehr als eine scholzomatenhaft vorgetragene Zustandsbeschreibung.
Die Zeitenwende ist noch längst nicht vollzogen
Drei Wochen nach seiner „Zeitenwende“-Rede muß Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Kommandobrücke für Stabilität und Klarheit sorgen, kommentiert Stephan Detjen. Die Regierung bewege sich auf dem Weg in ihre neue verteidigungspolitische Rolle unsicher – etwa beim Thema Militärhilfe für die Ukraine. (Ein Kommentar von Stephan Detjen, Dlf, 22.03.2022:
„Die Ankündigung, das Ruder herumzureißen, bedeutet noch nicht, daß das Schiff auf einem anderen Kurs segelt. Seeleute unterscheiden in ihrer Kommandosprache ebenso wie Soldaten vom Ankündigungs- und Ausführungsbefehl. Erst danach zeigt sich, ob in der Wirklichkeit geschieht, was geschehen soll. Ähnlich verhält es sich in der Politik. Die Zeitenwende, die der Bundeskanzler Ende Februar angekündigte, ist damit eingeleitet, aber noch längst nicht vollzogen.
Im Ukraine-Krieg vollzieht die Bundesregierung zunächst das Ende einer Rüstungsexportpolitik, die den Sinn für einträgliche Waffengeschäfte mit allen möglichen Ländern und Regimen dieser Erde in der Vergangenheit stets mit der Illusion verband, das habe nichts mit Kriegen zu tun. Nur unter dem massiven Druck der NATO-Partner entschloß sich Olaf Scholz, der Ukraine jetzt mit Waffen beizustehen. Die Hoffnung, es bei einer einmaligen Lieferung belassen zu können, zerstob innerhalb von Stunden.
Thema Militärhilfe wie eine heiße Kartoffel behandelt
Zunächst wurden weitere Raketen aus ehemaligen NVA-Beständen angekündigt, am Wochenende dann erklärte Verteidigungsminister Lambrecht, die Bundesregierung bereite inzwischen den Ankauf weiterer Waffen für die Ukraine vor. Angeblich aus Sicherheitsgründen äußert sich die Regierung nicht zu Umfang und Art der neuen Militärhilfe.
Zugleich aber scheint vor allem vielen Sozialdemokraten das Thema so unangenehm zu sein, daß ihnen jeder Grund willkommen ist, nicht weiter darüber reden zu müssen. Wie eine heiße Kartoffel warf die Verteidigungsministerin das Thema dem Wirtschaftsminister zu, der sich bereits vor einem Jahr zum Unmut seiner grünen Parteifreunde dafür ausgesprochen hatte, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. Damals wäre es um Abschreckung gegangen. Dafür ist es jetzt zu spät.
Lambrecht mußte sich korrigieren lassen
Wie unsicher die Regierung sich auf dem Weg in ihre neue, verteidigungspolitische Rolle bewegt, illustrierte Verteidigungsministerin Lambrecht auch Anfang letzter Woche mit der Ankündigung, Deutschland werde ein Jahr lang eine schnelle Eingreiftruppe der EU stellen. Schnell mußte das Verteidigungsministerium die Chefin korrigieren: nicht das gesamte Kontingent von 5.000 Mann und Frau, sondern nur „den Kern“ der neuen Einheit will Lambrecht aus Deutschland mobilisieren.
Drei Wochen nach seiner Zeitenwende-Rede muß Olaf Scholz jetzt erst einmal auf der Kommandobrücke für Stabilität und Klarheit sorgen. Erst am 23.3. traf sich der Bundeskanzler gemeinsam mit der Verteidigungsministerin mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn. Ein gutes Zeichen zwar, daß sich der Regierungschef selbst die Bedürfnisse und Einschätzungen der Truppe anhört. Zugleich aber muß Scholz schon jetzt Vertrauensschäden reparieren, die auf den ersten Meter des neuen verteidigungspolitischen Kurses entstanden sind. Vor allem aber müssen der Kanzler und seine Regierung erst noch bestimmen, wie weit der politische Wendekreis wirklich reichen soll, auf den sie das Land in dieser neuen Zeit führen wollen.
Die Auswirkungen auf die weltweite Lebensmittelversorgung durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine
Der Krieg hat die Kornkammer der Welt in vollem Umfang erreicht. Zusammen stehen Russland und die Ukraine für ein Viertel der globalen Weizenexporte, außerdem sind beide Länder wichtige Lieferanten von Rohstoffen wie Ölsaaten. Gleichzeitig sind viele Länder im Nahen Osten und in Afrika stark von Getreide aus den beiden kriegführenden Staaten abhängig.
Eigentlich hätten die Landwirte in der Ukraine in Kürze zur Frühjahrs-Saat schreiten müssen, kurz darauf fällt auch anderswo die Entscheidung über den diesjährigen Anbau. Für Weizen braucht man allerdings auch mehr Kraftstoff und Dünger, und in diesen Bereichen sind die Preise ebenfalls explodiert. Der Krieg in der Ukraine ist dabei aber nur das letzte Glied in einer langen Kette von Ereignissen, die die globale Lebensmittelversorgung gefährden, von der Klimakrise bis zur Pandemie. Nun könnte wegen des russischen Angriffskrieges die Ukraine als wichtiger Getreidelieferant ausfallen – und damit auch die grüne Agrarwende. Die grünen Träume platzen.
An Warnungen hat es nicht gefehlt, wohl aber an den notwendigen Vorbereitungen. Aber während wir die Folgen dieser Entwicklung in erster Linie in der Form von höheren Lebensmittel- und Kraftstoffpreisen spüren, drohen in Ländern mit einer weniger stabilen politischen Lage gefährliche Konflikte – und deren Folgen werden wir in Form von höheren Flüchtlingszahlen zu spüren bekommen. Eine Hungersnot droht. Die Geschichte lehrt, daß Hunger die gefährlichste Waffe in fast allen Kriegen ist. Deshalb ist es gerade in Ländern, die auf Lebensmittelimporte angewiesen sind, die zentrale Aufgabe einer jeden Regierung, eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.“
Die Friedensdividende ist verbraucht
Wer erinnert sich noch an die ‚Friedensdividende‘? Wer unter 40 ist, muß vielleicht seine Eltern fragen, was dieser Begriff bedeutet. Aber zu seiner Zeit stand es für ein glorreiches neues Zeitalter, in dem die enormen Kosten für die Rüstung, von der angenommen wurde, daß sie die westlichen Demokratien während des Kalten Krieges brauchten, freigegeben werden konnten, um alle möglichen wunderbaren Dinge zu bezahlen: Gesundheitsversorgung, Sozialleistungen, die Erforschung unzähliger wissenschaftlicher Fortschritte – all dies könnte finanziert werden, wenn nicht ein so enormer Anteil des BIP für die Verteidigung ausgegeben wird.
Das ist jetzt alles vorbei. Der Kommunismus ging, aber die russische Bedrohung bleibt bestehen, und dieses Mal ist sie für westliche Köpfe völlig unverständlich. Die gegenwärtige Krise deutet darauf hin, daß wir jetzt einer größeren Gefahr durch die russische Aggression ausgesetzt sind als zu Zeiten des Kalten Krieges. Putins Russland ist im wahrsten Sinne des Wortes außer Kontrolle: Es gibt kein Argumentieren oder vernünftiges Diskutieren mit seinen wahnsinnigen Impulsen. Die Bewaffnung seiner gegenwärtigen und potenziellen zukünftigen Opfer ist die einzige Option.
Wenn diese Drohung nicht lebendig bleibt, dann verliert jede Diskussion über Einheit und Solidarität an Bedeutung.
www.conservo.blog 29.03.2022
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Bitte beachten Sie bei den Kommentaren die goldene Regel: “Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu.” (Danke für diese Anregung, Dr. Hildenbrand)