“Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne”

  • Der strahlende Ausblick auf das LICHT der AUFERSTEHUNG
  • „In Jesus sehen wir das Antlitz Gottes. Das erleuchtete, das strahlende Antlitz.“
  • Predigt Michel Aupetits über das Evangelium der Verklärung Christi (Mt 17,1-9)

Von Dr. Juliana Bauer

Auferstehung. Aus dem Isenheimer Altar, 1512-16. Von Matthias Grünewald

Auch wenn dieses Evangelium in die Fastenzeit und somit in die Vor-Osterzeit gehört, ist sein Inhalt unmissverständlich ein

Präludium des Osterlichtes, ein Ausblick auf den in neuem LICHT erscheinenden AUFERSTANDENEN.

Die Begegnung der Frauen mit dem Engel bzw. den Engeln im Felsengrab verkündet es, das Licht des von Gott auferweckten Jesus von Nazareth. Von Jesus, der lebt. Die Erscheinung der Engel vor den Frauen und ihre Botschaft ist Licht – leuchtend wie ein Blitz und weiß wie Schnee (Lk 24,4; Mt 28,3). Weiß, in dem sich alle Farben wie Sonnenlicht verdichten. „Weiß wie das Licht“ erscheinen auch die Kleider des verklärten Jesus (Mt 17,2).

Es ist Gottes Licht, wie es der emeritierte Pariser Erzbischof in der hier vorgestellten Predigt über die Verklärung Christi ausdrückt, das Licht, das auch andere erstrahlen lässt, das Licht, welches das Innere des Menschen erfassen kann, das ihn zum österlichen Menschen werden lässt. Wie Paulus, über den das Licht des auferstandenen Christus hereinbrach, so Mgr Aupetit in einer Osterpredigt, und sein ganzes Wesen durchdrang (Homélie 01/04/2018).

Im Folgenden seien die wesentlichen Auszüge von Mgr Aupetits Predigt über Jesu Verklärung widergegeben, einer Predigt, die er in der Fastenzeit 2020 hielt und die von sprachlicher Schönheit, von großer Hoffnung, vor allem aber von strahlender Überzeugung geprägt ist.

„Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne (Mt 17,2). Ja, das strahlende Angesicht Christi zeigt uns die Präsenz Gottes.“ Mit diesen Worten begann Erzbischof Aupetit seine Predigt. Ausgehend von den Psalmen, die von der Suche des Menschen nach Gottes Angesicht sprechen, und ausgehend von Moses, dessen Wunsch es war, das Antlitz Gottes schauen zu können (Ex 33,18), führte er ins Zentrum seiner Gedanken, die er am Tagesevangelium orientierte: „Niemand kann das Angesicht Gottes sehen, ohne zu sterben‘, war Gottes Antwort an Moses (Ex 33,20).

Doch in Jesus sehen wir das Antlitz Gottes. Das erleuchtete Antlitz, das strahlende Antlitz.“

Aus der göttlichen Sphäre schuf Michel Aupetit dann die Verbindung zum Mitmenschen: „Wenn wir jemanden sehen und wenn wir ihm wirklich begegnen wollen, schauen wir zuerst in sein Gesicht… Das Gesicht ist der Ausdruck des Menschen, es drückt aus, ob wir mit anderen kommunizieren wollen. Ein verschlossenes Gesicht gibt uns zu verstehen, dass man den Betreffenden nicht stören möchte. Ein lächelndes Gesicht hingegen sagt uns, dass die betreffende Person offen für die Begegnung ist. Der eine oder andere kennt diese Erfahrung sicher aus der Metro oder auch anderswoher.

Unser Gesicht spiegelt unser Herz wider, unsere Disposition, unsere innere Wirklichkeit. Das Angesicht Jesu zeigt uns die Klarheit Gottes. Und diese scheint in seiner Verklärung auf, …über sein Menschsein hinaus scheint seine Göttlichkeit auf.“ An dieser Stelle rief Michel Aupetit seiner Gemeinde die andere Seite der Gestalt Jesu ins Gedächtnis, die ebenso zu seinem Menschsein gehörte, zum Menschsein, das er leben wollte, welches er total angenommen hatte bis zu seinem Tod am Kreuz: die Verunstaltung, die er auf seinem Kreuzweg erlitt, seine Verunstaltung, wie sie der Prophet Jesaja vorhergesagt hatte (Jes. 53,2-5).

(c) Maria Schneider

Wir würden nun verstehen, folgerte der Erzbischof hieraus, dass Christus, der dieses, unser ganzes Menschsein auf sich genommen hatte, uns damit zeigen wolle, dass auch unser Leib verklärt werden könne, denn durch unseren Leib könne die Botschaft des Lichtes dem anderen mitgeteilt werden. Nicht allein durch unsere Reflexionen, Gedanken, Worte, nein, durch unseren Leib, welcher das Licht Gottes zum Ausdruck bringe: „Erinnern wir uns an Moses, dessen Gesicht die anderen leuchten sahen, als er nach seiner Begegnung mit Gott vom Berg herunterstieg, sodass er sein Angesicht zunächst verhüllte (Ex 34,29-30, 33) … Die Begegnung mit Gott erleuchtet uns, lässt unser Gesicht strahlen.

Jesus lehrt uns durch seine Menschwerdung, dass unser menschlicher Leib das erste Spiegelbild der Herrlichkeit Gottes ist, die in uns wohnt. Der Mensch ist dazu berufen, Gott zu offenbaren und so zeigt unser Gesicht, unser Lächeln die Gegenwart Gottes in uns. Es geht letztlich darum, das Lächeln der Zärtlichkeit Gottes weiterzugeben. Denn wir sind dazu berufen, Gott auszustrahlen, die Schönheit Gottes, das Licht Gottes, das Strahlen Gottes…“

…das Licht Gottes, das Strahlen Gottes… Die Worte Michel Aupetits lassen das meisterhafte Gemälde der Auferstehung Jesu des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald vor meinem Auge erstehen. Der über dem Grab schwebende Jesus, dessen Antlitz ins Licht der Sonne getaucht ist, im Licht der Sonne erstrahlt, ja die Sonne selbst ist, die einen Abglanz Gottes symbolisiert (Abb.). „Der ganze Leib Christi ist verklärt… Der Maler hat es verstanden, die Mysterien von Verklärung, Auferstehung und Himmelfahrt zu verschmelzen“ (Wikipedia, Isenheimer Altar). Die künstlerische Inspiration für seinen Auferstandenen fand der Maler wohl in der Tat im Matthäus-Evangelium, als Jesu Angesicht bei seiner Verklärung, seiner Verwandlung „leuchtete wie die Sonne…“ (Mt 17,2).

Folgen wir wieder Michel Aupetits Predigt. „Unser Problem aber ist, dass wir glauben, Gott sei außerhalb von uns und wir haben eine oft angespannte, zwanghafte Beziehung zu ihm… und wir könnten ihm allein im Gebet begegnen… … Hier verwies Mgr Aupetit auf den Heiligen Geist, der überall im Alltäglichen sei, der in der Banalität unseres Lebens Gott erstrahlen lasse… und fuhr mit einem Zitat des Kirchenlehrers Augustinus aus dessen Confessiones fort, mit Worten, mit denen dieser seine Suche nach Gott, den er als „Urheber der Schönheit“ sah, bekannte: ‚…Oh unsagbare Schönheit, alt und neu… Du warst in mir, ich war es, der draußen war.‘ „Wenn Gott außerhalb von uns ist,“ erläuterte der Erzbischof, „dann ist Gott fremd für uns und für das, was wir sind. Aber wenn Gott in uns ist, können wir uns selbst nur durch ihn wirklich erkennen…

Gott ist dieses innere Licht, das wir zum Strahlen bringen müssen. Und der einzige Weg, es zum Leuchten zu bringen, ist diese unermessliche Liebe, die uns Christus offenbarte, …Christus, der das Licht der Völker ist und der uns lehrte, einander zu lieben, so, wie er uns geliebt hat.“ Der Erzbischof erinnerte an weitere Worte Jesu, welche die Liebe und die Nähe Gottes verdeutlichen, von der dieser sprach „Wenn mich jemand liebt, werden mein Vater und ich zu ihm kommen und wir werden bei ihm wohnen“ (Joh. 14, 23) …

„Gott ist in uns“, so Michel Aupetit, „und wir müssen ihn in unserem Gesicht zum Strahlen bringen. Unsere liebevollen Impulse, unsere natürlichen Zuneigungen suchen nur dieses eine, das in uns wohnt, diese Gemeinschaft der Liebe, welche die Quelle unserer Liebe, unserer Zärtlichkeit ist. Diese Quelle, die der lebendige Gott ist, Gott, der in uns lebt.“

Michel Aupetits weitere Gedanken führten an dieser Stelle zu Notre Dame. Der er jedoch die lebendige Kathedrale überordnete, …jenes aus den Getauften bestehende, geistliche Haus Gottes (wie es im ersten Petrusbrief mit dem aus Stein errichteten Gebäude anschaulich verglichen wird, 1 Petrus 2,5):

„…diese Kathedrale zu erbauen“, rief Michel Aupetit den Gläubigen zu, „ist noch wichtiger, als der Aufbau von Notre Dame… Wenn jeder von euch eine Kathedrale erbaut, welche die Gegenwart Gottes in sich trägt, die leuchtende Gegenwart Gottes, dann ist alles erfüllt. Dann ist es nicht einmal mehr nötig auf das Jahr 2024 zu warten, um in die Kathedrale einzutreten. Wenn ich in euer Gesicht blicke, kann ich die leuchtende Gegenwart Gottes betrachten…

…Das ist die Kathedrale, die erbaut werden muss und die Gottes würdig ist“ ergänzte er in der Schriftfassung seiner Predigt.

Es wäre jedoch völlig falsch, die Worte Mgr Aupetits dahingehend zu interpretieren, Notre Dame sei ihm nicht wichtig genug. Dass ihm „seine geliebte Kathedrale,“ wie er sie oft nennt, die Kathedrale, die „dem Können unserer größten Künstler geschuldet ist,“ wo „die Präsenz des Herrn erfahren“ werden kann, immer am Herzen lag, beweist u.a. sein Aufruf an die Kinder seiner Stadt Paris, die Kinder Frankreichs und der ganzen Welt, Notre Dame zu malen und ihre Bilder an die Diözese zu senden. Dem Aufruf kamen rund 6.000 Kinder nach, deren wunderbaren, ausgesprochen liebenswerten und auch künstlerisch hochwertigen Bildern sich der Erzbischof voller Freude widmete (s.u. Links, insbesondere Link 2).

Seine Predigt abschließend setzte er ein wesentliches Element des gotischen Kathedralbaus zum Licht Gottes und zu dessen Widerspiegelung im Lächeln des Menschen in Bezug: die farbigen Glasfenster, die „Fenster Gottes“, die auch wir verkörpern sollen. Es gehe dabei nicht um rein natürliche Fenster, die das Licht einfach nur hereinlassen, sondern vielmehr um Fenster, die das Licht von innen hervorbrechen lassen, das Licht Gottes … jene „Schönheit, alt und neu.“

Denn „…das ist unser Auftrag, das ist es, was uns die Verklärung Christi heute sagen will:

Seid verklärte Menschen und seid das Lächeln Gottes!

Quellen

  • KTOTV, Messe du dimanche 8 mars 2020 à Saint-Germain l’Auxerrois, 08/03/2020
  • Homélies – Diocèse de Paris. Homélie de Mgr Michel Aupetit. Messe à St Germain l’Auxerrois, Paris, Dimanche 8 mars 2020. L‘église catholique à Paris.

Übersetzung: Juliana Bauer

BESONDERE KOSTBARKEITEN

KINDER MALEN NOTRE DAME

Es sei noch auf zwei Foto-Shows hingewiesen, die in deutschen Medien damals offenbar keinen Niederschlag fanden: auf die zahlreichen künstlerischen, von Kindern gestalteten Bilder, die Notre Dame zeigen. Bilder in vielen leuchtenden Farben.

Es sind vor allem kolorierte Zeichnungen (Bleistift, Buntstift, Tusche), Zeichnungen und Malereien mit Wachsmalkreide oder Pastellkreide sowie Wasserfarbenmalereien und Aquarelle. Das Thema lautete:

„Male mich, die Notre Dame! Die Kirche, die ihr kennt oder die Kirche, die ihr euch vorstellt.“

Mgr Michel Aupetit startete im Herbst 2019 einen Aufruf an die Kinder Frankreichs und der Welt, Notre Dame zu malen. Er erhielt über 6.000 wundervolle Bilder von Kindern und Jugendlichen aus zahlreichen Ländern, deren Alter sich zwischen 4 und 16 Jahren bewegte. Eine umfangreiche Auswahl wurde ab Juni 2020, ab dem Weihetag der Kathedrale, auf dem Vorplatz von Notre Dame und im Collège des Bernardins, einem Bildungshaus der Diözese und ehemaligem Zisterzienserkloster, in Ausstellungen gewürdigt.

Dazu zwei Links zu den äußerst sehenswerten Fotoshows.

Link 1, Bericht von Aleteia:

https://fr.aleteia.org/2020/03/11/6-000-enfants-declarent-leur-amour-a-notre-dame-de-paris/

siehe DIAPORAMA

Link 2, Bericht der Diocèse de Paris:

https://www.paris.catholique.fr/operation-dessine-moi-notre-dame.html

mit ALBUM-PHOTOS siehe unter dem umfangreichen Text

KINDER SPENDEN für NOTRE DAME

„Monseigneur, hast du meinen Euro erhalten?“

Sie ist liebreizend und bewegend, die Geschichte des 4jährigen Kindes, aber auch jene des Achtjährigen, von denen Mgr Aupetit bei der Eröffnung der Kindermalereien berührt und glücklich erzählte.

„Ich erinnere mich besonders an diesen kleinen, vierjährigen Jungen, der zu mir kam und sagte: ‚Monseigneur, hast du meinen Euro erhalten‘? Er gab ihn für Notre Dame. Oder an jenen anderen, der zu mir sagte: ‚Es ist mein 8. Geburtstag. Ich bat meine Freunde, mir kein Geschenk zu machen, sondern etwas für Notre-Dame zu geben.“

Mit der wiedererstehenden Schönheit der Kathedrale NOTRE DAME, „der alten und der neuen“, der Kathedrale, die ihrer Auferstehung entgegengeht, wünsche ich allen die

FREUDE des OSTERFESTES.