Michael van Laack
Oskar Lafontaine kann “das Gejammere von Steinmeier, Scholz und anderen über die sozialen Verwerfungen, die entstehen werden, wenn der Gaspreis sich verdreifacht, nicht mehr hören.” erklärte er gestern seinen über 120.000 Followern auf Facebook. Ganz abgesehen davon, dass aus technischen Gründen frühestens im April 2023 Gas durch diese Leitung fließen könnte, ist Lafontaines Forderung instinktlos und hat als Hauptziel, das Furchtlevel der Bürger vor dem totalen wirtschaftlichen Niedergang zu erhöhen.
Da alle Staaten, von denen man aktuell Energie beziehe oder zu beziehen beabsichtige, schon einmal völkerrechtswidrigere Kriege geführt hätten oder noch führen würden, sollte man doch bitte schön nun den im Angebot günstigsten unter allen zur Verfügung stehenden Kriegsverbrecher wählen und Nord Stream 2 endlich öffnen, meint Sahra Wagenknechts holder Lebensabschnittsgefährte.
Der preisgünstigste Kriegsverbrecher
Ich habe mal ein wenig gegoogelt und finde in der Geschichte keine Nation, der man solche Völkerrechtswidrigkeiten vorwirft oder die sie tatsächlich begangen hat, welche durch ihre Akte die Sicherheit Westeuropas bedroht hätten. Einen Umstand, den Lafontaine geflissentlich übersieht, wenn er sinngemäß fordert: Kauft Gas bei Putin, damit er sich militärisch und strategisch so aufstellen kann, dass auch Finnland nicht mehr vor ihm sicher ist. Denn sein Gas ist billig und mein süßer Kommunistenpopo möchte im Winter auf gar keinen Fall frieren.
Darüber hinaus sei kein Land für mehr Menschenrechtsverletzungen verantwortlich als die USA, meint der gewesene SPD-Vorsitzende und Ex-Linkspartei-Fraktionsvorsitzende. Ok, wenn man China, Nordkorea, die islamischen Staaten Afrikas und Russland sowohl in der Ära Putin als auch von Lenin bis Tschernenko weglässt, passt das möglicherweise so.
Zurück in Putins schützende Arme?
Lafontaine will nicht nur Westeuropa in die weiter verstärkte Energieabhängigkeit eines Faschisten bringen, der schon vor fast zwei Jahren angekündigt und im vergangenen Herbst noch einmal vertieft erklärt hat, das Rad der Geschichte mindestens auf das Jahr 1993 zurückdrehen zu wollen, um so die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes schutzlos seiner Armee ausgesetzt sehen zu können. Der Saarländer beabsichtigt darüber hinaus, einen Keil zwischen die ihm verhasste USA und die EU zu treiben; denn ohne Russlands fossile Brennstoffe und seltene Erden seien wir auf immer verloren, die Amerikaner wollten uns nur ausbeuten.
Gezielt greift er die Furchtstrategie auf, die man bis dato hauptsächlich von rechts außen wahrnahm , was die Hufeisen-Theorie einmal mehr bestätigt. Deutschland – meint Lafontaine – in seinem Facebook-Beitrag, sei süchtig nach Unterwerfung. Unter die USA selbstverständlich, unseren Staatsfeind Nr. 1. Putin hingegen würde uns nie unterwerfen wollen, so der Subtext. Für ihn sei friedlicher Handel und ein gutes Nebeneinander das einzige Ziel.
An Verlogenheit und Ignoranz ob Putins Gebaren in den letzten 20 Jahren (Tschetschenien, Georgien, Krim) kaum noch zu überbieten. Auch dort, wo er de Gaulle zitiert, der einst darauf hinwies, Staaten hätten keine Freunde, sondern ausschließlich Interessen. Aber, so erklärte der ehemalige französische Staatspräsident – und das unterschlägt Lafontaine wohlweislich – an einem anderen Ort: Mit Feinden lassen sich gemeinsame Interessen niemals dauerhaft und nur selten vollumfänglich durchsetzen.
Geschäfte mit „Feindstaaten“ sind nur von kurzer Dauer
Für den russischen Präsidenten gehören wir zu den Feindstaaten, weil wir seine Expansionsgelüste nicht ohne Reaktion hinnehmen. Dass er selbstverständlich bereit wäre, auch seinen Feinden Gas zu liefern (solange sich für ihn dadurch keine Nachteile ergeben und er die Strategie der scheibchenweisen Eroberung neuen Lebensraumes im Westen weiterverfolgen kann) steht außer Frage.
Denn Putin ist zwar nicht mehr jung, aber er braucht das Geld. Deutschland und die EU dürfen aber – wie hart auch immer die Folgen wären – ihren Henker nicht bezahlen, damit er sich ein schärferes Schwert kaufen und ihnen den Kopf abschlagen kann.
Wer in diesem Tagen empfiehlt, mit Putin wirtschaftlichen Frieden zu machen, ist ein Feind der Freiheit und der Demokratie und hätte (meiner Ansicht nach) für eine warme Wohnung oder einen sicheren Arbeitsplatz im dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte jeden Juden und “Politischen” an die Gestapo verraten.
Unsere wirkliche Freiheit steht auf dem Spiel
Putin und auch seine Nachfolger werden – wenn wir ihm nicht mit allem entgegentreten, was wir haben (das sind ohnehin nicht viele Optionen) – eine Demokratie nach der anderen auslöschen; entweder militärisch oder ideologisch-psychologisch. Um Staaten “friedlich” zuerst wirtschaftlich und dann politisch an sich zu binden, braucht der russische Präsident selbstverständlich viele nützliche Idioten. Einer von diesen ist Oskar Lafontaine. Und alle, die ihn wegen seines Facebook-Kommentars bejubeln und hypen, sind auf dem besten Weg, ebenfalls zu Putins ehrenamtlichen Helferlein “aufzusteigen”.
“Angst fressen Seele auf.” – Damit arbeiten all jene, die Deutschland für 2023 einen Sturz in den Abgrund voraussagen und so die Bürger verunsichern und ängstigen. Ja, wir haben Inflation – Ja, sie wird wohl noch größer – Ja, viele werden auf manches über einen längeren Zeitraum verzichten müssen – Ja, mögliche Kettenreaktionen können wir nicht einmal auf theoretischer Ebene präzise voraussagen…
Verweichlichte Erben der Wunderkinder
Na und? Unsere Großeltern bzw. Urgroßeltern haben Deutschland aus den Trümmern wieder aufgebaut. Niemand hat gejammert, alle haben angepackt. Ob unsere weichgespülten und auf dem Kunstdünger scheinbar unendlichen Wohlstand aufgewachsenen Generationen dazu auch im Stande gewesen wären? Ich glaube nicht! Wir haben es uns in den vergangenen Jahrzehnten „auf Kosten Weiterentfernter, gut genährt und gut gelaunt“, wie Heinz-Rudolf Kunze in seinem „Wunderkinder“-Song beschreibt, gemütlich eingerichtet.
Niemand muss in Deutschland verhungern, alle sind im Sozialstaat weich gebettet und für die Fleißigen gibt es permanent irgendwelche Belohnungen: Mein I-Phone, Mein Auto, Mein Haus. – Für die meisten von uns war alles zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar. Diese Zeit bewegt sich nun auf ein schmerzhaftes Ende zu. Nichts ist für die Ewigkeit!
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