Sparplan im Gaskrieg: Am Ende wird Putin und nicht die EU-Bürger der Verlierer sein!

Peter Helmes*

Europa hat, wenn auch nicht ohne Mühen, endlich zu einer Einigung gefunden, um sich in der Frage der Gaslieferung der Erpressung durch Putin zu widersetzen. Der ursprünglich vorgeschlagene Gas-Notfallplan der EU-Kommission, der allen Mitgliedstaaten viel abverlangte, ohne den Hauptnutznießer der Solidarität allzu stark in die Pflicht zu nehmen, erwies sich allerdings als Rohrkrepierer.

Jener Teil der EU, der seine energiepolitischen Hausaufgaben gemacht hat, will nicht für die Bundesrepublik frieren. Ob der jetzt vereinbarte, mit Schlupflöchern garnierte Plan B reichen wird, sollte Moskau infolge einer ukrainischen Gegenoffensive alle Gaslieferungen stoppen, ist alles andere als sicher.

Abhängigkeit von russischem Gas verringern

Der Kreml will durch die erneute Drosselung von russischem Erdgas für Europa offenkundig die Sanktionsfront des Westens zum Bröckeln bringen. Der jüngste Nadelstich könnte auch eine direkte Retourkutsche für die von Brüssel verhängten Sanktionen, nämlich den Boykott von russischem Gold, sein. Die Reduzierung der Liefermenge konnte Russland durch gleichzeitig gestiegene Gaspreise wieder ausgleichen, sodaß sich die Einnahmen des Landes aus Öl- und Gasexporten seit Ausbruch des militärischen Konflikts gar verdoppelt haben.

Langfristig gesehen dürfte es aber für Moskau immer schwieriger werden, diese Trumpfkarte zu ziehen, da die Energiewende in Europa bereits auf den Weg gebracht wurde. Putin bleibt also nicht mehr viel Zeit, in der er am Gashahn drehen kann.

Zugleich muß entschieden werden, wie wir mit dem Gasmangel umgehen sollen. Werden nur Leute mit einem dicken Geldbeutel die Heizung einschalten können? Werden wir das knappe Gas nutzen, um Blumen in einem Gewächshaus zu züchten oder um Brot zu backen? Die Nachfrage nach Gas muß stark gesenkt werden, sowohl in der Industrie als auch in den Haushalten. Dabei darf es keine Blankoschecks für alle geben, sondern es braucht gezielte großzügige Entschädigungen für gefährdete Haushalte.

Verhindern, dass Putin oder der unregulierte Gasmarkt den Preis bestimmen!

Der neue EU-Plan hat das unverrückbare Ziel, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Aber je nachdem, wie lange der Krieg noch dauert und wie sich die Krise im Winter gestaltet, stehen der europäischen Solidarität weitere Feuerproben bevor.

Der europäische Plan zur Gas-Rationierung wird automatisch zu steigenden Energiepreisen und einer höheren Inflation führen. Dies könnte neue soziale Spannungen verursachen. Das wäre aber das kleinere Übel im Vergleich zu der Rezession, die ein Gasmangel in Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Eurozone, auslösen würde.

Ein kleiner Punktsieg der EU gegen Putin

Doch es braucht weiterhin ein geschlossenes europäisches Vorgehen, um den Aggressor in die Schranken zu weisen. Es wäre ein fataler Fehler, jetzt auf Drängen Moskaus bei den Sanktionen lockerzulassen. Einmal mehr zeigt sich, daß Putin nicht über den Weg zu trauen ist.

Zugleich ist der Kompromiß als politische Geste an Moskau zu werten. Dahinter steht das Bemühen, Einigkeit zu demonstrieren und sich nicht von Russland, das die Ukraine angegriffen hat und die Gaslieferungen an Europa drosselt, einschüchtern zu lassen. Wie sehr das beim Kreml Wirkung zeigen wird, steht auf einem anderen Blatt.

Damit könnte Putin letztlich – wenn auch ungewollt – einen Beitrag dafür leisten, daß die Europäer – wenn auch in Trippelschritten – ihre Zusammenarbeit im Energiebereich ausbauen. Oder aber sie verpassen eine große Gelegenheit, ihre Abhängigkeit zu überwinden. Krisen bieten auch Chancen – also sollten wir sie nutzen.

Wir gehen zum Gas-Gegenangriff über!

Der wichtigste Aspekt der EU-Entscheidung ist ein Signal an die Energiemärkte, daß Europa nicht tatenlos zusehen und grenzenlos teure Rohstoffe bezahlen wird. Eine solche Geste soll die Märkte beruhigen, Preisanstiege abmildern und den Spekulanten zumindest ein wenig die Hände binden. Denn nicht der Gasmangel ist heute unsere größte Sorge. Die Speichermengen in den europäischen Lagern steigen allmählich. Es geht vielmehr darum zu verhindern, unsere Staatskassen, die Geldbörsen der Bürger und die Unternehmensbudgets zu ruinieren. Und einen aggressiven Diktator weiter zu füttern.

Übergewinnsteuer?

In diesem Zusammenhang ein klares Wort zur sog. „Übergewinnsteuer für die Profiteure der Energiekrise“. Widerspricht die Idee nicht marktwirtschaftlichen Grundregeln? Nein – denn am Energiemarkt geht es nicht marktwirtschaftlich zu. Er wird derzeit von einem Akteur mit fast monopolistischer Macht manipuliert, der russischen Gazprom. Diese treibt auf Geheiß Putins den Gaspreis hoch, an dem auch der Strompreis hängt.

Die immensen Gewinne liegen also keineswegs an richtigen unternehmerischen Entscheidungen – sie rühren einzig daher, daß Putin aus politischen Gründen den Europäern den Gashahn langsam zudreht. Eine Übergewinnsteuer kann dazu beitragen, in einer fast beispiellosen Energiekrise die notwendigen Hilfen für die Menschen zu finanzieren. Sie ist dringend geboten – und angesichts eines manipulierten Energiemarktes auch marktwirtschaftlich zulässig.

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*Die Artikelüberschrift und das Video sind nicht Teil des von Peter Helmes verfassten Textes, sondern wurden von der Conservo-Redaktion gesetzt bzw. eingefügt.

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