Michael van Laack
“Mein Name ist Kinderbuchautor. Ich weiß von nichts!” lautet ein den aktuellen Vorgängen angepasstes geflügeltes Wort. Robert Habeck, der Erklärbär der Nation, vor wenigen Wochen von der Hauptstadtpresse hochgelobt für seine Interviews und Videos, in denen er in einfachen Worten dem “einfachen Volk” komplexe Vorgänge rund um das Thema Energieknappheit und Inflation nähergebracht hat, entpuppt sich als Unwissenheitsbeauftragter für Wirtschaftsfragen.
Es muss eine der ersten Vorlesungen gewesen sein, die ich besucht habe. Ganz sicher aber war es unser Dogmatikprofessor, der die (mir damals noch nicht bekannte) Binsenweisheit verkündete: “Als Theologiestudenten und auch später müssen Sie nicht alles wissen; aber Sie müssen wissen, wo sie das Wissen finden können, dass Sie zur Lösung des ein oder anderen Problems benötigen.”
Ein Ministerium ohne Expertise ist wie eine Kirche ohne Strukturen
Weg von der Theologie, hin zu Politik. Immer weniger Minister in Bund und Land besitzen ausreichend Expertise für ihr Ressort. Nicht erst seit der Einführung der unseligen Quote. Zum Glück besitzen noch immer viele Mitarbeiter in den Ministerien – oft altgedient und durch mehrere Regierungen (auch verschiedener Farben) mitgetragen – diese Expertise noch. Dort, wo auch sie an ihre Grenzen stoßen (oder dem jeweiligen Hasuherrn der Rat der eigenen Mitarbeiter aus ideologischen oder anderen Gründen nicht gefällt), kauft man fehlende Expertise für viel Geld bei externen Beratern ein.
So weit so gut (oder schlecht). Weil es aber nun mal so ist, wie es ist, sind die Einlassungen von Robert Habeck zum Thema Gasumlage in keinster Weise nachvollziehbar: „Weil wir aber nicht wussten, das muss man ehrlicherweise sagen – und niemand wusste das – wie dieser Gasmarkt verflochten ist, wie er im Undurchsichtigen, welche Firmen irgendwelche Anteile an Töchtern und so weiter haben, ist durch diese im Prinzip richtige Entscheidung, ein Problem entstanden, dass sich dann nämlich ein paar Unternehmen reingedrängt haben, die nun wirklich viel Geld verdient haben und die Umlage der Bevölkerung nicht brauchen.“
Auf ein Wort, sehr geehrter Herr Wirtschaftminister!
Lieber Robert Habeck! Selbst ich, der ich nicht Ihre Weihen zum Bundeswirtschaftsminister besitze, sondern lediglich in den 80er-Jahren eine Ausbildung zum Industriekaufmann/Wirtschaftsassistent bei Thyssen Stahl in Deutschland und der Budd Company in den USA absolviert habe, weiß, dass es ein Verzeichnis gibt, in dem die Besitzverhältnisse aller deutschen Unternehmen und deren nichtdeutsche Töchter fortwährend aktualisiert aufgelistet sind. Sollten ihre Mitarbeiter davon keine Kenntnis haben?
Nein, Herr Habeck! Ihnen, dem Kanzler und auch dem Finanzminister ging es darum, eine schnelle und einfache Lösung über das Uniper-Problem hinaus zu finden, mit der die in Unruhe geratene Energieindustrie zufriedengestellt werden konnte. Geld erledigt bekanntlich stets jegliche Bedenken! Welche Folgen das für die Bürger haben würde bzw. ob Unternehmen über Gebühr profitieren könnten, war Ihnen und den anderen Beteiligten aus dem Kreis der Bundesregierung vollkommen egal. Sie vertrauten darauf, dass dies niemandem auffallen würde. Und falls doch, dann erst, wenn es endgültig zu spät wäre, um die Kuh vom Eis zu holen.
Habeck ist allerdings lediglich ein Produkt des langen Niedergangs
Bereits seit der Euro- und Bankenkrise ist es purer Aktionismus, der die Bundesregierungen antreibt, wenn es gilt, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Die Bürger erwarten rasche Entscheidungen? Hier sind sie! Die Bauern und der Mittelstand erwarten Bewegung? Hier ist unser halber Schritt! Der Kampf gegen den Klimawandel muss beschleunigt werden? Dann lasst uns mit Blick auf die bevorstehende Energiekrise im Herbst und Winter lieber keine Entscheidungen treffen, die unser jeweiliges Wählerklientel verärgern könnten.
So wird überdeckt, dass unserer Regierenden bei Lösungen großer Probleme tatsächlich nur im Schneckentempo vorankommen. “Wir müssen und werden mehr tun.” ist ein Code für: “Wir agieren halbherzig, unvollständig oder unausgegoren, weil uns der richtige Weg nicht klar ist oder wir uns intern ausführlich abstimmen müssen, um die Befindlichkeiten all unserer Wähler vollumfänglich berücksichtigen zu können.”
Zuerst die Partei, dann der Staat, dann die Bürger. Dieses Prinzip hat seit dem Ende der Ära Kohl immer getragen. Es war genug Geld da, es konnten immer wieder Arbeitsplätze aus dem Hut gezaubert werden, wenn es zuvor mal eine kleine Flaute gab. Der Wohlstand war für die deutliche Mehrheit gesichert, die Minderheit würde schon stillhalten, wenn sie grundversorgt wird.
Eine multiple Krise ist nie beherrschbar
Nun aber droht der ultimative Kollaps. Bei den Finanzen, weil Kosten für die Euro- und Bankenrettung, die Migration, Corona, den Green Deal und nun für die Energiekrise mindestens zwei dreistellige Milliardenpakete zu viel sind. Zudem droht die Abwanderung wichtiger Industrien, die Überalterung der Gesellschaft lässt sich nicht mehr umzukehren, was mit Blick auf die Rente und die steigenden Kosten für die Sozialversicherungen verhehren ist. Und das Recht auf unendlichen Konsum samt Ressourcenverbrauch (das viele Bürger mittlerweile mit “Freiheit” verwechseln), kann nicht mehr gewährleistet werden. Das Ende des Schlaraffenlandes ist nahe.
Der Blick auf all das kann Politiker verzweifeln und Fehler machen lassen. keine Frage. Deshalb wird es Zeit offen zu kommunizieren. Das Deutschland, welches die Wunderkinder aufgebaut und die Nachfolgegenerationen zu erhalten verstanden und teilweise auch lieben gelernt haben, kann nicht mehr fortbestehen, ohne im Finanzbereich Weimarer Verhältnisse zu erzeugen. Und Nein, das hat nichts mit den Entscheidungen zu tun, die EU, USA und unsere Bundesregierung seit dem 24. Februar zu Russland getroffen haben.
Der Ukrainekrieg ist nur der Tropfen, der das Faß überlaufen lässt!
Die sind nur der Brandbeschleuniger. Deutschland lebt – weil seine Politiker das (teilweise auf drängen und verlangen zahlreicher Bürger) so entschieden haben – seit sehr vielen Jahren über seine Verhältnisse. Um wiedergewählt zu werden, hat jede Regierungspartei ihre Klientel bedient, so gut es möglich war. Alles sollte so bleiben, wie es ist! Trotz der Flüchtlingswelle, trotz dem Kohle- und Atomausstieg, trotz der aberwitzigen Kosten für eine teils reale und teils konstruierte Pandemie, trotz steigender Energiepreise und zusammenbrechender Lieferketten.
Selbst jedem Schüler einer sonderpädagogischen Einrichtung ist klar, dass das nicht funktionieren kann. Die tumbe “Bauch voll, toll!”-Mehrheit der Bürger hat dass verdrängt, so sie es überhaupt sah. “Läuft doch! Ist uns sch… egal, wo die Kohle herkommt. Hauptsache, es geht uns gut!” Jetzt, kurz vor dem Zusammenbruch, geht das Geschreie los. Viele suchen die Schuld einmal mehr allein bei der Regierung, die letztendlich über Jahrzehnte nichts anderes getan hat, als die Begehrlichkeiten aller Schichten unseres Gemeinwesens zu erfüllen.
Zur kurz greift daher, wer die aktuelle Regierung allein verantwortlich macht. Zu kurz greift auch, wer Putin verantwortlich macht. Die Geschichte des Niederganges der Bundesrepublik Deutschland begann an dem Tag, als die Mauer fiel. Denn fürderhin glaubte man, ewiger Friede und ewiger Wohlstand würde in Europa Einzug halten und er könne kosten, was er wolle. In den kommenden Monaten wird er das auch tun. Er wird uns kosten, was er will! Der Preis ist mehr als nur hoch: Finis Germania!