Peter Helmes
Schon lange unterdrückt Peking systematisch die Volksgruppe der Uiguren in China – eine muslimische Minderheit unter der Knute der herrschenden Han-Chinesen. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere Ostturkestan, Heimat der Uiguren, China einverleibt.
Die Uiguren sind eine turksprachige Volksgruppe in Zentralasien. Chinesische Quellen erwähnen sie um das Jahr 300. In diese Zeit reichen ethnische Verbindungen zu den heutigen Türken. Seit dem 15. Jahrhundert sind die Uiguren überwiegend muslimisch.
Die „Xinjiang Police Files“ – Harte Beweise für Chinas Gewalt und Freiheitsberaubung
Rund 90 Prozent aller Uiguren weltweit leben in der chinesischen Provinz Xinjiang, die formal „Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang“ heißt. Die Uiguren selbst bezeichnen ihr angestammtes Gebiet als Ostturkestan. 1949 annektierten Chinas Kommunisten mit sowjetischer Einwilligung das kurzzeitig unabhängige Ostturkestan.
Auf der Zeichnung in der oberen linken Hälfte ist die chinesische Provinz Xingjiang, Hauptsiedlungsgebiet der Uiguren, schraffiert eingetragen. Urumxi (Urumtschi) ist die Hauptstadt von Xingjiang (Quelle: Deutschlandradio)
Die Provinz Xinjiang liegt im Nordwesten der Volksrepublik. Während ein Großteil der Bevölkerung in Xinjiang in Armut lebt, ist die Provinz an der historischen Seidenstraße eigentlich reich an Bodenschätzen wie Erdöl und Erdgas. Neben Tibetern und Mongolen zählen die Uiguren zu den größten Minderheiten Chinas und stellen die zweitgrößte muslimische Bevölkerungsgruppe.
Insgesamt gibt es weltweit schätzungsweise bis zu 20 Millionen Uiguren. Etwa 300.000 siedeln im Nachbarland Kasachstan. Auch in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken wie etwa in Usbekistan und in Russland gibt es eine uigurische Minderheit.
„Berufsbildungseinrichtungen“ zur Zwangsumerziehung
Peking wirft uigurischen Gruppen Terrorismus vor und geht gegen sie vor. Die US-Regierung schätzte die Zahl der in Umerziehungslagern inhaftierten Angehörigen muslimischer Minderheiten zeitweise auf mehr als eine Million. China spricht bis heute von „Berufsbildungseinrichtungen“, die freiwillig besucht würden.
Mit der Publikation der sogenannten „China Cables“ wurde die Weltöffentlichkeit Ende November 2019 auf diese bis dahin geheim gehaltenen Lager aufmerksam. Im Mai 2022 folgten mit den „Xinjiang Police Files“ Bilder, die die dortigen Mißhandlungen belegen. Ende August 2022 veröffentlichte das UN-Menschenrechtsbüro einen Bericht, in dem von möglichen „internationalen Verbrechen, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ die Rede ist. Ein Datenleck bei Polizei- und Behörden zeigt hunderte Photos von Umerziehungslagern in Xinjiang. Dort werden Angehörige der Minderheit der Uiguren nicht nur haftähnlich festgehalten, sondern offensichtlich auch gefoltert. (Quelle: (AFP / The Victims of Communism Memorial Foundation).
Seit den 1990er-Jahren siedelt Peking in Xinjiang Han-Chinesen an – ähnlich wie in Tibet. Das befördert erhebliche Spannungen zwischen den Uiguren und den zugewanderten Han-Chinesen. Die Uiguren wurden so in ihrer Heimat zur Minderheit.
Bei Protesten und Auseinandersetzungen zwischen chinesischer Polizei und Uiguren hat es immer wieder Tote gegeben. Seit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York im Jahr 2001 stellt Peking den Konflikt mit den Uiguren in den Kontext des internationalen Kampf gegen des Terrorismus. 2014 verübten uigurische Terroristen im Bahnhof von Kunming im Süden Chinas ein Attentat mit 31 Toten. Die Machthaber in Peking reagierten darauf mit brutaler Härte.
Totaler Überwachungsstaat
Heute gleicht die Provinz Xinjiang einem Überwachungsstaat. Jeder Schritt der Uiguren wird mit Hilfe modernster Überwachungs-Technologien beobachtet. Die Sicherheitsbehörden der Provinz bauen außerdem eine umfassende Biometrie- und DNA-Datenbank aller Bürgerinnen und Bürgern zwischen 12 und 65 Jahren auf. In dieser Datenbank werden Blutgruppe, Fotos des Gesichts, ein Iris-Scan, Fingerabdrücke und DNA-Proben gespeichert.
Außerdem gibt es ein System von Zwangspaten, die in die uigurischen Familien hineingehen. Mehr als 100.000 Zwangspaten, meist chinesische Regierungsbeamte oder Funktionäre aus Staatsunternehmen, sind in das System mit eingebunden. Sie sollen besonders in den ländlichen Regionen sicherstellen, daß die Uiguren die Sprache und die Kultur der chinesischen Mehrheitsgesellschaft pflegen.
Die Regierung hat auch die Religionsfreiheit der Muslime immer weiter eingeschränkt. Der Besitz eines Korans ist den Uiguren von der Kommunistischen Partei ebenso verboten wie die Benutzung muslimischer Symbole wie Stern oder Halbmond. Eltern dürfen ihren Kindern zudem keine muslimischen Namen mehr geben.
China gibt nur scheibchenweise die Wahrheit über Lager preis
Ende 2019 wurde durch geleakte Dokumente aus dem Machtapparat der chinesischen Kommunistischen Partei die Existenz von Umerziehungslagern bekannt, in denen insgesamt eine Million Menschen, unter ihnen Uiguren, aber auch Angehörige anderer muslimischer Turkvölker wie Kasachen oder Kirgisen, interniert wurden. In Deutschland waren NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ an den Recherchen beteiligt.
Die Enthüllungen durch das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) und der beteiligten Medien liefen damals unter dem Schlagwort „China Cables“. Die Dokumente beweisen u.a. die Verletzungen, Folterinstrumente und insgesamt haftähnliche Bedingungen in den angeblichen „Berufsbildungszentren“ für Uiguren. Demnach wird der Vorwurf „Vorbereitung terroristischer Aktivitäten“ aus nichtigsten Gründen wie etwa dem Besuch eines Fitnesscenters als Vorwand für teilweise jahrelange Internierung benutzt.
Peking hatte die Existenz der Lager zunächst bestritten. Später hieß es, die Lager seien Berufsbildungszentren zur Deradikalisierung. Sein Vorgehen in der Provinz Xinjiang rechtfertigte das Land mit dem Verweis auf die erfolgreiche Armutsbekämpfung und die Eindämmung des Terrorismus in der Region. Dem britischen „Guardian“ teilte die chinesische Botschaft in London mit, die geleakten Dokumente seien „reine Fälschung“.
Experten sprechen von einem Gulag-System
Exil-Uiguren haben Anfang Juli 2020 vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Ermittlungen gegen China wegen der Behandlung ihrer Volksgruppe gefordert. Dazu kam es bisher nicht.
Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat im Dezember 2021 eine Chinastrategie angekündigt, im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir thematisieren klar Chinas Menschenrechtsverletzungen, besonders in Xinjiang.“ Um eine Positionierung komme die Bundesregierung nun nicht mehr länger herum, dafür seien die enthüllten Menschenrechtsverletzungen zu eindeutig und zu krass, sagte der frühere China-Korrespondent für deutsche Medien Felix Lee im Mai 2022 im Dlf-Podcast „Der Tag“. Unter einer grünen Außenministerin und auch unter der FDP stünden die Chancen gut, daß sich etwas am Umgang mit Chinas Menschenrechtsverletzungen ändere. In der Vergangenheit habe vor allem die SPD dieses Thema nach Möglichkeit gemieden.
Für DAX-Konzerne bleiben Menschenrechte zweitrangig
In Deutschland sorgten die Enthüllungen über die Umerziehungslager auch deswegen für Empörung, weil auch deutsche Unternehmen in der chinesischen Provinz Xinjiang aktiv sind, zum Teil in unmittelbarer Nähe der Lager. Unter anderem die Dax-Konzerne Volkswagen, BASF und Siemens sind in Xinjiang ansässig.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, glaubt an die Eigenverantwortung der in Xinjiang vertretenen Mitgliedsunternehmen, wenn es Menschenrechtsverletzungen in ihrer Lieferkette geben sollte. „Das müssen diese Unternehmen sich anschauen und dort, wo es nachweisbar ist, die Konsequenzen ziehen.“ In erster Linie sei die Politik in der Verantwortung, Entscheidungen zu treffen, Richtlinien vorzugeben, gegenüber autoritären Regimes auf Beachtung der Menschenrechte hinzuwirken. Die Wirtschaft werde diesem „Primat der Politik“ selbstverständlich folgen.
Offene Fragen
Wann wehrt sich die zivilisierte Welt gegen diese Barbarei? Wann ist Schluß mit dem China-Gesäusel aus Wirtschaft und Politik? Wann schließen wir die Konfuzius-Institute, die der CDU-Politiker Michael Brand MdB offen den „Arm der Kommunistischen Partei Chinas mitten in Deutschland“ nannte und wegen seines Eintretens für die Menschenrechte in China, u. a. für Tibeter, Uiguren und Christen, dann vom chinesischen Regime an der Einreise gehindert wurde?
Und wann hat ein Politiker den Mut, öffentlich China als das zu bezeichnen, was es ist:
EIN BRUTALER UNRECHTSSTAAT!
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Vertiefende Informationen zum Thema China
Conservo – Konfuzius-Institute: Schluß mit dem Peking-Diktat! UND Conservo – Wie blind sind wir eigentlich? – Konfuzius-Institute an deutschen Unis, ferngesteuert von Chinas KP?)