Offener Brief an Reinhard Kardinal Marx zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit!

Michael van Laack

Der hier vorab veröffentlichte Brief an den Erzbischof von München und Freising wird zeitnah dem Generalvikar Christoph Klingan per-E-Mail und dem Herrn Erzbischof als eingeschriebener Brief mit Rückschein (in einer von der hier vorliegenden Fassung aus technischen Gründen (Links) entsprechend abweichenden Fassung zugehen.

Reinhard Kardinal Marx

Erzbischof von München und Freising

Palais Holnstein – Salvatorstraße

80333 München

19.09.2022

Eminenz,

wie Ihnen nicht entgangen sein dürfte, fand am 17.09.22 in Berlin der alljährliche Marsch für das Leben statt. Hierzu hatte auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz – Dr. Georg Bätzing – ein Grußwort verfasst, dass Ihnen zweifellos bekannt ist.

Am Veranstaltungstag veröffentlichte die Tübinger Studentin der katholischen Theologie Kira Beer einen Tweet, in dem sie mit einem Plakat zu sehen ist, welches die Aufschrift “Als Christin bin ich gegen den Marsch für das Leben” trägt. Nachgeschoben begründete sie ihre Aktion damit, dass bei der Veranstaltung auch Vertreter der AfD und diverser Gruppierungen anwesend gewesen seien, die den Marsch für ihre Zwecke instrumentalisiert hätten. Eine Distanzierung der Organisatoren des Marsches von diesen Gruppen sei nicht erfolgt, weshalb sie sich gegen die Veranstaltung aussprechen müsse.

Daraufhin solidarisierte sich DDr. Wolfgang F. Rothe (Pfarrvikar des Pfarrverbandes Perlach) mit Frau Kira Beer und spitzte in einem Tweet mit den Worten

“Ich solidarisiere mich hiermit ausdrücklich mit @kira__beer. Wenn den Veranstaltern des Marschs für das Leben egal ist, was da für ein Gesindel mitrennt, spottet der Marsch seinem Namen.”

deren Intention noch einmal zu.

Nachdem er zuvor bereits una voce mit Frau Beer erklärt hatte, dort würden AfD-Leute auf Stimmenfang gehen, so dass der Bezug zum Begriff Gesindel unzweideutig hergestellt war, führte Rothe in der bis in den Folgetag hineinreichenden auf vielen Twitter-Profilen zu Frau Beers Tweet geführten Diskussion auf dem Account der “Christdemokraten für das Leben e.V.” (CDL) weiter aus…

und fügte so der bereits erfolgten diskreditierenden Bezeichnung einer Menschengruppe als Gesindel (AfD-Mitglieder und Sympathisanten) bildlich einen Kothaufen als Symbol hinzu, womit er etwas vollständig anderes zum Ausdruck bringen wollte als bloße scharfe Kritik an einer politischen Partei und/oder ihren Anhängern.

Den Begriff “Gesindel” und das Symbol zusammenlegend schrieb ich DDr. Rothe dazu:

Man kann auch als katholischer Priester Kritik üben, ohne den Begriff “Gesindel” zu verwenden oder ein Fäkal-Emoji für eine Partei zu verwenden, in und hinter der Menschen stehen. Ich dachte immer, Sie führen einen bedingungslosen Kampf gegen Menschenfeindlichkeit.

worauf Ihr Priester unmissverständlich antwortete:

DDr. Rothe nimmt hier für sich in Anspruch, als römisch-katholischer Priester, dem nicht nur aufgrund seines überdurchschnittlichen Engagements für queere Menschen als Person des öffentlichen Lebens eine besondere Verantwortung zukommt, sondern der stets allen Menschen unvoreingenommen zugewandt sein soll, zu definieren, wer ein “Menschenfeind” ist. Aus dieser sich selbst verliehenen Definitionshoheit heraus rechtfertigt er dann die Bezeichnung “Gesindel” für Menschen, die eine ihm nicht genehme politische und/oder religiöse Auffassung vertreten und glaubt, eine demokratisch gewählte Partei in Bezug zu Fäkalien setzen zu dürfen.

Ich bitte Sie, Eminenz, dass Gespräch mit DDr. Rothe zu diesem Thema zu suchen oder zu veranlassen, dass ein Dritter es in Ihrem Namen sucht und ihn darauf hinweist, dass er mit solchen Äußerungen dem Ansehen der römisch-katholischen Kirche in Deutschland – die ohnehin wahrlich weder in einer guten inneren Verfassung ist noch in der Öffentlichkeit mehrheitlich positiv wahrgenommen wird – nicht nur nicht nutzt, sondern Schaden zufügt. DDr. Rothe spricht in seinem Twitter-Format nicht als Privatperson. Ohnehin lassen sich bei Personen des öffentlichen Lebens private und andere Äußerungen voneinander kaum unterscheiden.

In der Hoffnung, dass Sie sich nicht nur DDr. Rothes Ansichten nicht zu eigen machen werden, sondern auf ihren Priester zumindest im oben genannten Sinn einwirken werden, verbleibe ich

Hochachtungsvoll

Michael van Laack

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