Postchristliche Doppelmoral: Das verstörende Kreuz und der barmherzige Islam

Dr. Udo Hildenbrand *)

Unlängst schwadronierte er in einem Interview über das umstrittene Kombinations-Zitat aus dem Neuen Testament an der 70 m hohen Kuppel des in den Jahren 2013 bis 2020 wiederaufgebauten Berliner Stadtschlosses: Honorarprofessor Michel Friedman, Jurist, (ehemaliger?) CDU- Politiker, von 2000 bis 2003 stellvertretender Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland, Talkmaster u.a.m.:

„Religionskulturelle Vielfalt“ – aber nicht für das Christentum

In diesem etwa 4-minütigen Interview zur Inschrift-Diskussion stellt er zunächst fest: Die Inschrift repräsentiere nicht „die kulturelle und religionskulturelle Vielfalt, in der wir heute leben“. Er unterstützt damit in dieser Angelegenheit die derzeitigen Aktivitäten von Claudia Roth, der Kulturbeauftragten der Bundesregierung und Mitglied der Grünen. Sie will künftig den biblischen Text mit „alternativen, kommentierenden und reflektierenden Texten“ überblenden lassen.

Offensichtlich hat sie sich von analogen Überblendungs-Aktionen des türkischen Präsidenten in der HAGIA SOPHIA vor zwei Jahren in Istanbul beeindrucken lassen, der christliche Motive einfach verschwinden ließ. Die deutsche Kulturministerin dürfte ja ohnehin mit der deutschen Kultur nichts oder nur recht wenig am Hut haben, dafür umso mehr mit der türkischen. Wie träumte sie doch einst vor der Kamera in kindlicher Freude von diesem schönen Land mit seiner reichen Kultur: „Türkei … Sonne, Mond und Sterne“!

Der Islam – ein Trumpf im Kampf gegen das Christentum

Wo waren eigentlich Friedman und die Bundesministerin vor wenigen Wochen mit einer entsprechenden kritischen Stellungnahme, als bundesweit heftig über den Muezzin-Ruf in Köln diskutiert wurde? Wird im islamischen Eroberungs- und Schlachtruf „Allahu akbar“ nicht etwa allen anderen Religionen und Weltanschauungen zumindest indirekt die Existenzberechtigung abgesprochen, und dabei – wenn auch an dieser Stelle unausgesprochen – insbesondere die Existenzberechtigung des Judentums bestritten? Der Muezzin-Ruf ist m.E. ein religionskultureller Monopolismus in höchster Potenz!

„Religionskulturelle Vielfalt“ wird von Friedman beim offenkundigen intoleranten Muezzin-Rufes wohl nicht angemahnt und eingefordert. Anders als bei Muslimen, die ihm bei Kritik am Islam zusetzen könnten, scheint für ihn Kritik bei den weithin lasch und gleichgültig gewordenen Christen doch eher komplikationslos zu sein. Jedenfalls zeigt sich am Beispiel Inschrift am Berliner Stadtschloss und Muezzin-Ruf in Köln und anderswo auch die heute ständig feststellbare Doppelmoral insbesondere bei Staatsvertretern und Politikern.

Der umstrittene Text: Eine neutestamentliche Zitat-Kombination

Kein Geringerer als der „tieffromme“, von der pietistischen Erneuerungsbewegung, also nicht von der katholischen Kirche geprägte Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) hat den heute umstrittenen Text für das blaue Spruchband am Fuß der Kuppel ausgewählt.  Dabei handelt es sich nicht um ein zusammengehörendes Bibel-Zitat, sondern um eine neutestamentliche Textkombination, bestehend aus Vers 4,12 der Apostelgeschichte und dem Christushymnus aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper (2,10). Der König soll den Text sogar selbst montiert haben:

„Es ist in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“

Kritik an der Inschrift

Nach den Kritikern mit ihren Cancel-Absichten, zu denen auch das Humboldt-Forum, die Stiftung des Schlosses gehört, komme in diesem Text der politische Herrschafts- und Alleingültigkeitsanspruch des Christentums zum Ausdruck,  die Forderung zur Unterwerfung unter das Christentum.  Der Bibel-Text sei unangemessen, monarchistisch, nicht weltoffen, er spalte die Gesellschaft. Andere Religionen würden darin ausgegrenzt und ausgeschlossen. Interessant wäre es, zu erfahren, ob und wie sich das Humboldt-Forum sowie alle Kritiker der Inschrift am Berliner Stadtschloss  bei der jüngsten Debatte über die Genehmigung des Muezzin-Rufes in Köln geäußert haben. 

Kritik an der Überblendungs-Aktion

Der Plan der Bundesregierung zur Überblendung des kombinierten Bibel-Zitates  an der Kuppel des Stadtschlosses hat zugleich aber auch zu vielfältigen meist negativen  Reaktionen  aus Gesellschaft und Politik und kirchlichen Gruppierungen  geführt. Dabei wurden u.a. folgende Vorwürfe formuliert:   Kampf gegen die eigene Kultur –  Kulturelle Selbstverleugnung – Unverständnis gegenüber der eigenen Geschichte  – Hass auf die christliche Kultur und Tradition – Verbannung christlicher Symbole aus dem öffentlichen Raum.      

Hinweise zum Verständnis des Textes mit Bemerkungen zum Islam

Aus dem Wort Jesu: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört“ (Matthäus 22, 21) ist deutlich herauszuhören: Jesus hatte – anders als der Religionsstifter des Islams – kein Interesse an weltlich-politischer und militärischer Macht und Herrschaft. Das Neue Testament kennt dementsprechend keinen Weltherrschaftsanspruch des Christentums. Das Reich Gottes „ist nicht von dieser Welt“ (Johannes 18,36). Es hat weder etwas mit Landesgrenzen noch mit Landesbesitz zu tun, erst recht nicht mit Eroberungen fremder Länder und Kontinente, wie die Islam-Geschichte triumphierend dokumentiert, wobei  der Erfolg der kriegerischen Eroberungen und Versklavungen auch noch als Beweis für die Wahrheit der Religion Mohammeds gefeiert wurde bzw. wird.   

So spiegelt sich weder im kombinierten Zitat am Berliner Stadtschloss  noch in einem anderen Wort des Neuen Testamentes eine Aufforderung zur Unterwerfung  oder gar zum Vernichten der Ungläubigen,  Aufforderungen, die im Koran vielfach nachweisbar sind.   Das oben zitierte Jesus-Wort aber eröffnet die Möglichkeit, dass sich in der Geschichte nach zahlreichen Kompetenzüberschreitungen von Staat und Kirche die Trennung von Staat und Kirche herausbilden konnte. Im Islam sind dagegen doktrinär Religion und Staat untrennbar miteinander verflochten. Dabei ist die Herrschaftsordnung Allahs der Welt ggf. auch mit Gewalt aufzuzwingen.

  • Jede Religion, jede Weltanschauung beansprucht für sich, die allein gültige Wahrheit zu besitzen, was sich aktuell bestätigt in den fanatischen Aktionen von Anhängern der „Klima-Religion“, die auch mit Gewalt ihre ideologischen Ziele durchzusetzen versuchen. Die Botschaft Jesu und sein Auftrag zu deren Verbreitung ist ganz und gar gewaltfrei im Gegensatz zur Lehre des Korans. Formen der Gewalt im Raum des Christentums – wie etwa gewaltsame Missionierung und Religionskriege – waren immer gegen die Botschaft Jesu gerichtet, im Islam dagegen waren und sind sie koranadäquat und legitim.
  • Wegen der christlichen Botschaft an der Schlosskuppel den Christen als den größten Globalplayern pauschal mangelnde Weltoffenheit zu unterstellen, wie es das Humboldt-Forum tut, ist schon recht merkwürdig. Thomas Rachel (CDU) gibt dazu die zutreffende Antwort: „Weltoffenheit schließt ein klares und sichtbares Bekenntnis zu den eigenen christlich-kulturellen Wurzeln keineswegs aus.“
  • Nach der Intention von Friedrich Wilhelm IV. war die christliche Religion das grundlegende Prinzip der gesellschaftlichen Ordnung. Deshalb ließ der Preußenkönig auch in die Kuppel, die von einem goldenen Kreuz gekrönt war/ist, eine Kapelle bauen, so wie alle Schlösser und Burgen eine Kapelle als privaten Andachtsraum der Schlossherren hatten.
  • Mit dem Bibelzitat wollte der preußische König gewiss keinen Gottesstaat legitimieren, sondern wohl eher zum Ausdruck bringen: Auch die mächtigsten Herrscher der Welt, auch die größten Könige müssen eines Tages  vor Gott für ihr Tun und Unterlassen Rechenschaft ablegen. So war und ist das Bibelwort an der Kuppel sicher auch als ein königlicher Akt der Demut und der Selbstbescheidung zu verstehen. 

Eine zweite Geschichtsklitterung?

Der interviewte Kritiker des neutestamentlichen Bibelzitates am Berliner Stadtschloss, Michel Friedman, ist mit allen Kritikern zu fragen: Hat der Bundestag damals nicht den originalgetreuen historischen Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses auf dem ehemaligen Gelände des asbestverseuchten DDR-Regierungspalastes beschlossen? Immerhin zählte das Schloss zu den bedeutsamsten Baukunstwerken der mitteleuropäischen Renaissance.

Zu diesem Wiederaufbau gehört doch gewiss auch die originalgetreue historische Inschrift. Oder etwa nicht? Andernfalls  steht  der Vorwurf der Geschichtsklitterung im Raum, sowie auch der begründete Verdacht, dass bestimmte politische Kreise alles abschaffen möchten, was für die (christliche) Geschichte und Kultur unseres Landes steht.

Will man aus ideologischen Gründen tatsächlich Geschichte erneut auslöschen, wie es bereits das kommunistische DDR-Unrechtssystem 1950 in einem Akt der Willkür vorexerziert hat? Nämlich die Sprengung des Stadtschlosses, das 1945 zwar durch Bomben schwer beschädigt und ausgebrannt, jedoch stabil und  „festgefügt“ war. Die preußische Geschichte sollte nach dem Willen des DDR-Staates jedoch durch die Sprengung ausgelöscht werden. Wenn auch auf andere Weise, könnte sich jetzt erneut dieser Vorgang des Auslöschens wiederholen.

Ein weiterer Bezug zum Kölner Muezzin-Ruf

War nicht bei der Baugenehmigung der Ditib-Zentralmoschee in Köln vereinbart worden: KEIN Muezzin-Ruf! Nach ein paar Jahren sagten sich Muslime und Politiker dort wohl: Was gehen uns die Vereinbarungen von gestern an! Gerade auch durch einen Vertragsbruch dieser Art, durch Täuschung, Lüge und Betrug wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik massiv untergraben. Muezzin-Ruf in Köln und christliche Inschrift in Berlin stehen dafür. Vertragsbruch und Täuschung ermöglichen den Muezzin-Ruf, auch den Versuch, die christliche Inschrift unsichtbar zu machen.  Werden sie demnächst auch den Schriftzug „Dem deutschen Volke“ vom Reichstag entfernen? Gegenüber Verneinungen ist Misstrauen angesagt, auch aufgrund dieser aktuellen Erfahrungen in Köln und Berlin.

Kann man überhaupt vom „christlichen Abendland“ sprechen?

In seinem Statement bezweifelt Friedmann, ob das Narrativ „Europa als christliches Abendland“ überhaupt stimme. Dabei faselt er vom Osmanischen Reich und von der Türkei, deren „riesiger“ europäischer Teil bekanntlich nur etwa mickrige 3 Prozent der Landesfläche umfasst. Friedmann will damit wohl suggerieren, dass der Werde-, Wachstums- und Reifungsprozess Europas durch die Türkei bzw. durch das Osmanische Reich positv-prägend beeinflusst worden wäre. Dabei sollte ihm doch eigentlich folgender geschichtlicher Vorgang im Blick auf den Einfluss des Christentums einerseits und des Islams andererseits klar bewusst sein:

Der Islam war keine kulturprägende Kraft in Europa

Ohne das Christentum, ohne das christliche Menschenbild ist Europa nicht denkbar. Auch die europäische Aufklärung mit ihren zentralen, universal bestimmten Idealen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verdankt sich grundlegend dem Christentum, der neutestamentlichen Botschaft.  Der Islam dagegen hatte und hat im weit überwiegendenTeil dieses Kontinents zu keiner Zeit eine kulturprägende, identitätsstiftende Kraft. Er ist kein Teil jenes kulturellen Erbes, das Europa prägte und immer noch prägt. Ganz im Gegenteil!

Den Wurzelgrund des europäischen Kontinents beschreibt Papst Benedikt XVI. mit den klassischen Worten:

Die Kultur Europas ist aus der Begegnung von Jerusalem, Athen und Rom – aus der Begegnung zwischen dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms entstanden.

Und erst viele Jahrhunderte später hatte Mohammed seine Religion gestiftet. Der geschichtlichen Wahrheit entsprechend ist hier nirgendwo vom Islam die Rede. 

Jahrhundertelang war Europa im „Zangengriff“ des Islams

Europa als christliches Abendland wäre unter dem Islam nie entstanden oder längst untergegangen. So stellt der Historiker Bernard Lewis fest: Fast 1000 Jahre lang war Europa „ständig der Bedrohung des Islam ausgesetzt“, nämlich „von der ersten Landung der Mauren in Spanien bist zur zweiten Belagerung Wiens durch die Türken … Der Islam ist die einzige Kultur, die das Überleben des Westens hat fraglich erscheinen lassen, und zwar gleich zweimal.“

Europas Entwicklung: Im Widerstand und Kampf gegen den Islam

Vom 8. bis zum 17. Jahrhundert hat diese angebliche „Religion des Friedens“ gegen Europa und seine Kultur angekämpft, deklariert als Verteidigungskriege, die in Wahrheit jedoch nichts anderes als Eroberungskriege waren.  So gesehen, hat sich die europäische Kultur weithin geradezu im jahrhundertelangen Widerstand gegen die Religion Mohammeds entwickelt. Ausschließlich in diesem negativen Sinne ist so die meist gegenläufig geäußerte Behauptung richtig:  der Islam gehöre zu Europa bzw. zu Deutschland.

Jedenfalls ist die Entwicklung der Kultur Europas hin zu ihrer heutigen freiheitlich geprägten Form mit den Prinzipien der rechtlichen Gleichheit der Geschlechter, der Rassen, der Religionen, der Freiheit der Ideen, der Demokratie, der Gedanken-, Meinungs- und Pressefreiheit unter der alles bestimmenden Einflussnahme des Christentums entstanden und indirekt im Widerstand gegen den Islam, der all den genannten Prinzipien widersprach und heute widerspricht. 

Welches der 57 islamischen Länder ist eine Demokratie?

So kann Friedman auch kein einziges der 57 OIC-Länder benennen, das sich durch eine freiheitlich-demokratische Verfassung auszeichnen würde. Denn alle diese Länder stehen ausnahmslos unter der zwar unterschiedlich gestuften, doch immer koranorientierten Herrschaftsordnung des Islams – mit allen Folgen auch für die häufig problematischen, auch desolaten gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und bildungsmäßigen, ökonomischen und technischen Verhältnisse in fast allen diesen Ländern.

Bezeichnend: Die Vorgänge in Köln und Kassel, Münster und Berlin

Vier Ereignisse in jüngster Zeit gehen in die gleiche Richtung: Der Muezzin-Ruf in Köln, das (vorübergehende) Entfernen des Ratkreuzes aus dem Friedenssaal des Historischen Rathauses in Münster, die antisemitistischen Zeichnungen bei der „Documenta“ in Kassel sowie schließlich die Vorgänge um das Bibelzitat am Berliner Stadtschloss verbinden sich primär mit bekannten Namen einer bestimmten Partei. Diese Vorgänge könnten mit nur wenigen Worten in drei gegenläufigen Begriffspaaren, in denen sich auch konkrete Erfahrungen mit bestimmten Politikern und Parteien spiegeln, wie folgt umschrieben werden:

  • Den Antisemitismus tolerieren – Das Christentum auslöschen
  • Den Islam fördern – Das Christentum zurückdrängen
  • Den Islam anhimmeln – Das Christentum verteufeln.  

Ein frommes Schlusswort eines bekannten Gelehrten

Zum Anspruch Gottes auf den Menschen notierte dieser Gelehrte folgende Worte:

Wer die Größe und väterliche Güte Gottes mit bewundernder Anbetung und mit tiefer Dankbarkeit in sein Gemüt aufgenommen hat, daß er alles von selbst zurückstößt, was nicht mit der reinsten und edelsten Gesinnung übereinstimmt wie der Gedanke, daß, was Pflicht und Tugend von ihm fordern, zugleich der Wille des Höchsten und die Forderung der von ihm gegründeten Weltordnung ist, der hat die wahrhaft religiöse und gewiß tugendhafte Gesinnung.

Der Autor dieser Worte, die auf einen tiefen Glauben verweisen, ist der preußische Gelehrte, Schriftsteller und Staatsmann Wilhelm von Humboldt. Zusammen mit seinem Bruder Alexander ist er Namensgeber des Humboldt-Forums. Ob die Verantwortlichen des Humboldt-Forums diese Worte überhaupt kennen bzw. wirklich verstehen? Zumindest Letzteres sieht leider nicht danach aus!

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*) Der Publizist Dr. Udo Hildenbrand ist katholischer Theologe (Priester) und Publizist (u.a. bei conservo)

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