Peter Helmes
China leidet derzeit unter den höchsten Corona-Zahlen seit Beginn der Pandemie. Auch am Samstag (26.11.) meldete die Gesundheitskommission in Peking mit knapp 35.000 neuen Fällen einen Rekordwert. In Millionenstädten wie Peking, dem schwer betroffenen südchinesischen Guangzhou oder in Chongqing gelten weitgehende Bewegungsbeschränkungen.
Während der Rest der Welt längst mit dem Virus lebt, hält China weiter an seiner strengen Null-Covid-Strategie fest. Schon bei einzelnen Fällen werden Wohnviertel abgeriegelt. Kontaktpersonen kommen in Quarantänelager. Infizierte werden im Krankenhaus isoliert.
Der Internationale Währungsfond ist entsetzt!
In Xinjiang hat China wegen der neuen Corona-Welle einen der längsten Lockdowns verhängt. Doch trotz strenger Maßnahmen sind die Corona-Fallzahlen auf Höchstwerte gestiegen. Nach Schätzungen von Experten legen die Quarantänevorschriften derzeit weite Teile der chinesischen Wirtschaft lahm.
Die Bevölkerungsdichte, großflächige Quarantäne, Massen-Corona-Tests sowie die Versorgungsengpässe fordern nach Angabe der chinesischen Behörden besonders strenge Maßnahmen. Der IWF forderte deshalb das Land bereits auf, die Isolationsmaßnahmen zu überprüfen, um zum normalen Wachstum zurückzukehren. Denn all das hat Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
Demonstranten fordern ein Ende des Lockdowns
Die seit drei Jahren andauernden strengen Isolationsmaßnahmen sorgen in der Bevölkerung inzwischen für Unmut. Die Rebellion von Arbeitern in der iPhone-City in Zhengzhou etwa wird sicherlich die Verkaufszahlen des Smartphones beeinflussen. Die Probleme haben damit zu tun, daß China für die mRNA-Impfungen kein grünes Licht gegeben hat. Die eigenen Impfstoffe bieten allerdings wenig Schutz gegen Covid-19. Daß die mRNA-Vakzine nicht erlaubt sind, hat mit Stolz zu tun. Denn importierte Impfstoffe zu benutzen, wäre ein Eingeständnis, daß China in Sachen Technologie nicht auf dem gleichen Stand ist wie der Westen.
Der Unmut in der chinesischen Bevölkerung wird noch geschürt durch einzelne Vorfälle, die nicht direkt mit Corona zu tun haben, aber ins allgemeine Frust-Raster passen. Ein typisches Beispiel ist ein Vorfall, der sich in der vier Millionen Einwohnerstadt Ürümqi ereignete. Dort dürfen viele Bewohner ihre Wohnungen bis zu 100 Tage lang nicht verlassen.
Aus Protest gegen die strengen Corona-Maßnahmen der chinesischen Regierung sind in der Provinz Xinjiang im Nordwesten des Landes Hunderte Menschen auf die Straßen gegangen. In chinesischen Online-Medien waren am Samstag auf mehreren Videos aus der Millionenstadt Ürümqi zu sehen, wie Menschen Lockdown-Metallzäune durchbrechen und protestieren. Einige schreien: „Beendet den Lockdown!”.
Protestaktionen auch in Peking
Auch in der Hauptstadt Peking, in dem etliche Wohnanlagen ebenfalls im Lockdown sind, kam es zu Protestaktionen, wie Videos zeigen. In mehreren Nachbarschaften durchbrachen Bewohner die Zäune ihrer Siedlung.
Auch dort wurden die örtlichen Behörden aufgefordert, die strikten Maßnahmen gegen eine Weiterverbreitung der Pandemie aufzuheben. Solche offenen Proteste sind in der kommunistisch regierten Volksrepublik mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern ungewöhnlich.
Auslöser für die Proteste war ein Feuer in einem Hochhaus, bei dem zehn Menschen ums Leben kamen. In sozialen Netzwerken hieß es, das Gebäude sei teilweise verschlossen gewesen – angeblich eine behördliche Auflage zur Corona-Bekämpfung. Vertreter der Stadt erklärten dagegen, die Corona-Maßnahmen hätten die Menschen nicht daran gehindert, aus dem Haus zu entkommen.
Noch deutlicher wird der Volkszorn angesichts vieler TV-Übertragungen der WM-Fußballspiele. Jetzt sehen die Chinesen im Fernsehen, daß bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar sehr viele Menschen zusammenkommen können. Deswegen stellen sie die Maßnahmen im eigenen Land immer öfter infrage. Mal sehen, wie lange sich die chinesische Führung gegen die Wissenschaft stellen kann. Man kann selbst in diktatorischen Regimen den Menschen vielleicht Informationen vorenthalten oder verfälschen, aber das Denken verbieten kann man ihnen nicht.