Alex Cryso
Nach dem nun auch die Coronakrise zumindest vordergründig weitestgehend behoben ist, sollte es auch mit den Abschiebungen vorangehen, sollte man meinen. Doch während man allerorts ein dramatisches Rekordhoch zu verzeichnen hat, was die Asylanträge betrifft, so ist in die andere Richtung herzlich wenig los.
Nun hatte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) mehr Abschiebegefängnisse gefordert: Nach den Messerattacken des Palästinensers Ibrahim A. waren zwei junge Menschen ums Leben gekommen und fünf schwer verletzt worden.
Monate zuvor hatte der Täter immer wieder Andeutungen ob eines möglichen Terroranschlages gemacht. Bereits ein halbes Jahr vor dem Messerangriff im Zug vom Brokstedt hatte sich Ibrahim sogar mit Anis Amri verglichen, der Ende 2016 mit einem gestohlenen Lastwagen in den Berliner Weihnachtsmarkt fuhr, dabei 13 Menschen töte und dutzende weitere verletzte. „Es gibt nicht nur einen Anis Amri, es gibt mehrere, ich bin auch einer“, so ein Zitat aus der Gefangenenpersonalakte (Untersuchungshaft, Hamburger Justizbehörde) des Ibrahim A., die auf den August 2022 datiert.
Konsequentes Handeln und Ampelkoalition – Zwei Welten begegnen sich
Die Polizeigewerkschaft möchte auf diese Weise vorausschauend agieren, um als gefährlich eingestufte Asylbewerber wieder loszuwerden. Schon alleine Ibrahim A. hätte gar nicht mehr in Freiheit gelangen dürfen, so Gewerkschaftschef Rainer Wendt.
Wir brauchen ein konsequentes Abschiebegewahrsam für gefährliche Flüchtlinge bis zum Tag ihrer Abschiebung – und wenn das Jahre dauert.
wird der 66-Jährige zitiert. Wendt kann sich sogar vorstellen, Abschiebegefängnisse im Ausland anzumieten, sollten die Asylsuchenden in ihren Heimatländern nicht mehr angenommen werden.
Eine bundesweite einsehbare elektronische Gemeinschaftsakte aller beteiligten Behörden für illegal Eingereiste wurde zudem gefordert. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte sich für weitere Abschiebegefängnisse stark:
Jemand, von dem derart Gefahr ausgeht, der so unmissverständlich klar gemacht hat, dass er extremistisches, terrorbereites Gedankengut hat, darf nicht wieder auf freien Fuß kommen.
Unterdessen wurde der grünen Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina der Rücktritt nahe gelegt. Aufgrund der oben genannten Aussagen des bereits erwähnten Ibrahim A. hält man ihr Verhalten untragbar, eine solche Person der Öffentlichkeit auszusetzen. Gallina hätte von den Terrordrohungen gewusst, aber nicht entsprechend reagiert. Von der Hamburger CDU bis zur Linkspartei wurden die entsprechenden Konsequenzen gefordert.
“Sie muss sich fragen, ob sie nach all den früheren Problemen rund um ihre Person und ihre Behörde und angesichts der Tat in Brokstedt in der Lage ist, ihr Amt weiter auszuüben. Es reicht jetzt“, so Cansu Özdemir, justizpolitische Sprecherin der Linkspartei. Die AfD sprach derweil von Justizversagen:
Wie kann es sein, dass ein mehrfacher Straftäter im Stile eines Anis Amri Attentatspläne ausspricht und die Behörden nicht alarmiert sind?
fragte der AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein forderte Galina auf, Verantwortung zu übernehmen und sich nicht mit Nichtwissen herauszureden. “Wenn sie dazu nicht bereit ist, ist sie als Justizsenatorin ganz eindeutig am falschen Platz”, erklärte von Treuenfels-Frowein.