Benedikt Baur* / Michael van Laack
165 Jahre Lourdes – kein runder Jahrestag. Und doch erwähnens- und vor allem erinnernswert in unseren Tagen, in denen mit Maria 2.0 in Deutschland und einigen unserer Nachbarländer ein schwarzes Zerrbild der Mutter unseres Herrn Jesus Christus im Verein mit anderen die Kirche in ihrem Fundament erschüttern wollenden Kräften (manchen Bischöfen, dem ZdK, dem BDKJ und dem „Synodalen Weg“) zahlreiche Gläubige verunsichert.
Deshalb wollen wir den Gedenktag der Erscheinung der Unbefleckten Jungfrau Maria, den die römisch-katholische Kirche am 11. Februar begeht, zum Anlass nehmen, unsere lose im Jahr verteilte Reihe mit Texten von Ildefons Schuster, Pius Parsch, Moritz Meschler, Hans Hümmeler und Benedikt Baur mit einem Text des Letzgenannten dieser herausragenden Liturgen und/oder Verfasser von Betrachtungsbüchern fortzusetzen, die im Netz – falls überhaupt – nur in Auszügen zu erreichen sind, schon seit längerer Zeit nicht mehr nachgedruckt werden und auch antiquarisch kaum mehr in gutem Zustand erworben werden können.
Für den heutigen Mariengedenktag habe ich aus meiner Bibliothek einen Text von Benedikt Baur ausgewählt, der übrigens unsere Gesellschaft schon vor etwas weniger als 70 Jahren als in einer „Zeit des Unglaubens und des Unchristentums“ befindlich beschrieb. Denn bereits in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatten sehen Wollende den Beginn jener Entwicklung vor Augen, deren Fundament der Sozialismus des 19. Jahrhunderts gelegt hatte und die in unseren Tagen dem wohl entscheidenden – weil endgültig die Spreu vom Weizen trennenden – Höhepunkt zustrebt.
Bernadette Soubirous und die Gottesmutter
Der vierzehnjährigen Müllerstochter Bernadette Soubirous erschien ganz unerwartet am 11. Februar 1858 in einer Felsengrotte von Lourdes die seligste Jungfrau Maria, mehr als drei Jahre nach der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis Marias durch Papst Pius IX. Dieser ersten Erscheinung folgten noch siebzehn weitere. Seit jenem 11. Februar ist in Lourdes so viel Großes geschehen, dass die heilige Kirche sich veranlasst sah, 1891 das Fest der Erscheinung für die Kirchenprovinz Aix, zu der Lourdes gehört, zu genehmigen. Pius X. dehnte es 1907 auf die ganze Kirche aus. Pius XI. anerkannte 1925 ausdrucklieh die Wahrheit der Erscheinungen und sprach Bernadette 1925 selig, 1933 heilig.
In Lourdes berühren sich unaufhörlich Himmel und Erde
„Ich sah die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel heruntersteigen von Gott, Bereit wie eine Braut.“ (Introitus). Die Heilige Stadt, das neue Jerusalem“, ist Maria, die unbefleckt empfangene, die reine Wohnung des menschgewordenen Sohnes Gottes, „bereit wie eine Braut, geschmückt für ihren Bräutigam“, die Gnadenvolle. „Es öffnete sich der Tempel Gottes im Himmel und es erschien (in Lourdes) die Lade seines Bundes: das Weib mit der Sonne umkleidet, den Mond unter den Füßen und auf dem Haupt einen Kranz von zwölf Sternen.“ Maria ganz in das Licht der himmlischen Gnade und Schönheit gehüllt. „Ich bin die Unbefleckte Empfängnis.“, sagte sie zu Bernadette. „Und ich hörte eine gewaltige Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist gekommen das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes und die Macht Seines Gesalbten (Christus).“ Hier in Lourdes wirkt Gott durch Maria unaufhörlich Wunder.
Hier heilt Er die Kranken, hier wirkt Er Bekehrungen und Gnaden ohne Zahl. Da thront unsichtbar Maria, das Wahrzeichen des Übernatürlichen, der Güte und souveränen Macht Gottes und seines Gesalbten. Lourdes ist ein fortwährendes Wunder, hineingestellt in unsere Zeit des Unglaubens und des Unchristentums: ein neues Glied in der Kette der übernatürlichen Tatsachen, die für Gott, Christus und die Kirche Zeugnis geben – und zum Segen für die Kirche, deren Gebet erhört und deren Glaube bestätigt wird.
Maria hat der Schlange den Kopf zertreten
Freudig begrüßen wir die in Lourdes erschienene unbefleckt empfangene Jungfrau mit den Worten des Offertoriums: „Gegrüßet seist du, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern.“ Wir freuen uns, dass jährlich Hunderttausende von Pilgern zur Gnadenstätte nach Lourdes kommen und bekennen: „Heimgesucht hast du die Erde und sie mit Wasser (Gnade) getränkt. Du hast ihr verliehen die Fülle des Segens.“ (Communio).
„Du bist der Ruhm Jerusalems, du die Freude Israels, du die Ehre unseres Volkes.“ (Tractus). Maria in Lourdes, die Judith des Neuen Bundes, die Siegerin über Holofernes, den Führer und Beherrscher des Reiches des Bösen. – Ihre Waffen sind das Lichtkleid der Unschuld und reinsten Jungfräulichkeit und die gefalteten Hände mit dem Rosenkranz. Sie ruft uns unter ihre weiß-blaue Fahne und führt uns zum Sieg über das Böse in uns und das Böse, das uns von außen her verfolgt. „Glückselig bist du, heiligste Jungfrau Maria und alles Lobes gar würdig: Das Haupt der Schlange hast du mit jungfräulichem Fuße zertreten.“
Gerade in Lourdes mit seinen Heilungen, mit seinen vielen inneren Umwandlungen und Bekehrungen, mit seiner wirksamen Kraft zur Neubelebung des christlichen Denkens und Lebens in unserer Zeit tritt die Unbefleckte dem Satan entgegen und zertritt ihm den Kopf. Das ist der tiefere sinn dessen, was sich in Lourdes abspielt. Deshalb ist Satan auch unaufhörlich am Werk, Lourdes und seine Wunder zu bekämpfen und Männer aufzurufen, die im Namen einer sogenannten exakten Forschung die übernatürlichen Vorgänge in Lourdes zu leugnen sich bemühen. Umso mehr stehen wir zur Kirche, die durch die heutige Festfeier sich zu Lourdes und seinen Wundern bekennt. Ave, Maria!
Satan, Feind Christi und der Kirche vom Anbeginn bis zum Jüngsten Tag
Maria ist Typus der heiligen Kirche. Sie, die Kirche, ist „die heilige Stadt, das neue Jerusalem, bereit wie eine Braut, geschmückt für ihren Bräutigam.“ Die heilige Kirche ist die Unbefleckte, die Erscheinung des Göttlichen in dieser Welt, ins Sonnengewand der Gnade und Christusdurchlebtheit gehüllt. Sie tritt dem Holofernes des Heidentums und der Gottlosigkeit von heute entgegen. Ihre Waffen sind Reinheit, Gebet und Opfer. Buße und Sühne. Wir schließen uns ihr an.
„An die Kleinen ergeht sein Wort.“ (Spr 3, 32). Wo Gott in Maria seine Geheimnisse enthüllen und Seine Macht und Güte in unverkennbaren Wundern zeigen will, das sucht er das Kleine auf; das arme Hirtenmädchen Bernadette und den abgelegenen Winkel in den Pyrenäen. Nach wenigen Jahren findet sich die ganze christliche Welt dort ein: sie glaubt, sie betet, sie bewundert das Große, das Gott in Lourdes durch Maria wirkt. „Das Kleine erwählt Gott, um das Große zu beschämen.“ (1 Kor 1, 26)
Gott, wie groß und wunderbar bist Du!
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*Der Text ist dem vierten Band (Liturgische Betrachtungen zu den Festen der Heiligen des Römischen Meßbuchs) des Werkes “Werde Licht!” – Benedikt Baur OSB, Freiburg, 1956 – entnommen. Antiquarisch ist das Werk (vier Bände) aktuell in verschiedenen Auflagen zum Preis von € 40 bis 50 im mittleren und ca. € 100 im guten bis sehr guten Zustand erhältlich. – Die Zwishenüberschriften wurden von der Redaktion eingefügt.