Abgrund, Schisma, Zeitenwende? Quo vadis, katholische Kirche?

Michael van Laack

Wenn man die Entwicklung der Auseinandersetzung zwischen dem Vatikan auf der einen und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Limburger Bischof Georg Bätzing und seiner Majorität im Bischofskollegium auf der anderen Seite betrachtet, versteigt man sich nicht, wenn man zu dem Fazit gelangt:

Noch vor Ostern wird entschieden, ob sich größere Teile des römisch-katholischen Klerus und zahlreiche Ordensgemeinschaften mit dem Synodalen Weg aufmachen, dass faktisch in wichtigen Fragen der Lehre und der Leitungsstruktur schon seit einiger Zeit bestehende Schisma in ein konkretes zu überführen, und dem Papst gar keine andere Möglichkeit mehr lassen, als öffentlich zu verkünden, dass ein solches nun tatsächlich eingetreten sei aufgrund hartnäckigen Ungehorsams und de Verbreitung häretischer Lehren.

Der Todeszug der Deutschkatholiken fährt in den Abgrund

Lokführer Bischof Bätzing hat nach dem ad limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom (14.-18.11.22) mit seiner Besatzung und zahlreichen Helfern in Stellwerken und Energieversorgungszentralen den ICE “Bonifatius” gekapert und rast mit Höchstgeschwindigkeit auf den Kopfbahnhof “Roma Termini” zu.

All die Warnungen und Einwände der vergangenen drei Jahre lächelten Bischof Bätzing und die Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken permanent weg, interpretieren Rügen gar in Ermutigungen um. So z. B. ein mahnendes Schreiben des Papstes aus dem Jahr 2019, sich im “Synodalen Weg” auf Evangelisierung und Mission zu konzentrieren statt auf Änderung der Strukturen oder Lehrfragen (Homosexualität, Priesterweihe der Frau, Zölibat, Wiederverheiratete Geschiedene. Stellung des Bischofs usw.). Ganze Bischofskonferenzen (z. B. die nordische und die polnische) und zahlreiche einflussreiche Kardinäle der Weltkirche äußerten ebenfalls Bedenken. Diese wurden teilweise empört als Einmischung zurückgewiesen, teils ignoriert, teils geschickt im eigenen Sinn neu interpretiert.

Nicht hören, nicht sehen, aber viel schwätzen

Spätestens nach dem ad limina-Besuch hätten dem Vorsitzenden DBK und seiner Legion innerhalb des Bischofkollegiums klar sein müssen, dass es dringend geboten wäre, die Geschwindigkeit zu reduzieren, manche Forderungen und Projekte vom Tisch zu nehmen, um sich dann genauso gemäßigt in die Vorbereitungen zur Weltsynode einzubringen wie alle anderen Bischofskonferenzen.

Doch blieben er und die seinen hartnäckig. Zunächst versuchten sie, die Stellungnahmen wichtiger Dikasterien im Verlauf des ad limina-Besuchs zu verschwiegen. Als Rom jedoch gegen seine Gewohnheit die Ansprachen zweier Kardinäle veröffentlichte, gab es zum einen wieder Relativierungsversuche, zum anderen zeigten die Deutschkatholiken sich entschlossen, ihren Weg trotz allem weiterzugehen: Denn es sei wohl so, dass man in Rom zu blöd ist, zu verstehen, was ZdK, Synodaler Weg und DBK wirklich erreichen wollen: Heil für die Weltkirche, blühende christliche lanmdschaften, tiefe Frömmigkeit und überbordene Nächsten- und Feindesliebe.

Der “Synodale Rat” würde anders wirken als behauptet und die Bischöfe eben nicht – wie von der bösen Kurie behauptet – schwächen, sondern stärken. Darüber hinaus würden der Papst und die Seinen nicht verstehen, wie heilbringend die Genderideologie sei und wie überdurchschnittlich wertvoll und sündenarm alle Mitglieder der LGBT-Community. Auch die Frage des Frauenpriestertums sei noch lange nicht entschieden, nur weil ein toter polnischer Papst das mal so niedergeschrieben hätte . Die deutsche Kirche könne selbstständig darüber entscheiden, wann Diskussionen beendet seien.

Auch während der kontinentalen Phase der Weltsynode hielt die deutsche Delegation eisern an ihrer Forderung nach dem Frauenpriestertum fest und bekam nicht nur dafür alles andere als Applaus:

Im neuen Jahr geschah dann jedoch etwas, das die buntkatholischen Männlein und Weiblein nicht erwartet hatten. der Vatikan gab nicht kleinbei. Stattdessen flatterte per Briefpost eine glasklare Ansage des Papstes im Auftrag der drei wichtigsten römischen Dikasterien ins Haus, welches die Gründung eines “Synodalen Rates”, in dem gleichviele Vertreter der Kader des ZdK und der Bischöfe sitzen sollen, die in struktur- und Lehrfragen Entscheidungen treffen sollen, die die Bischöfe in allen Bistümern umzusetzen hätten, ganz egal, ob sie selbst zugestimmt hätten oder nicht, unmissverständlich untersagte.

Unmissverständlich – Diesen Begriff müssen Bätzing und die seinen googeln

Doch auch davon ließen sich Bätzing und manch anderer Bischof nicht beeindrucken. Wir machen das trotzdem, tönten neben dem Vorsitzenden der DBK die (Erz-)Bischöfe Dieser, Marx, Overbeck, Feige, Bode und andere. Feige verstieg sich sogar dazu, die Weisung zu unterlaufen: Wenn die Bischofskonferenz so etwas nicht kann, dann machen wir es halt einzeln in den Bistümern. Denn es steht ja nicht in dem Dokument, dass der jeweilige Ortbischof nicht in seiner Diözese einen solchen Rat installieren darf.

Nun aber hat Nikola Eterović – der Apostolische Nuntius (Botschafter des Heiligen Stuhls in Deutschland mit Sitz in Berlin) – in seinem in normalen Zeiten nur als obligatorisches Schönwetter-Grußwort wahrgenommenen Schreibens zu Beginn der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe in Dresden klargestellt:

Darüber hinaus machte er den deutschen Bischöfen klar, dass die Priesterweihe der Frau kein Thema mehr ist, über das in der Weltkirche diskutiert wird. Oder – um ein altbekanntes Wort, dass bei immer mehr Katholiken in Vergessenheit zu geraten scheint: Roma locuta, causa finita – Rom (der Papst, der Vatikan) hat entschieden, die Sache ist erledigt.

Ich will, ich will, Ich will!

Doch auch davon will sich dem Vernehmen nach die Mehrheit des deutschen Episkopats nicht beeindrucken lassen. Der Vatikan wird in den nächsten Tagen und vor allem in der kommenden Woche, in der in Frankfurt vom 9. bis 11. März die fünfte Vollversammlung des Synodalen Weges stattfinden soll, sehr intensiv hinschauen, hinhören und Dokumente lesen. Vor allem wird man noch genauer als bisher schon geschehen in den Blick nehmen, welche eigenen von der Lehre der Kirche trennenden oder deren Strukturen verändernden Maßnahmen der ein oder andere Bischof leise, still und heimlich durchzusetzen versucht.

Sollte Bätzing in den nächsten Tagen und der kommenden Woche nicht erkennen (oder besser einsehen), dass er und die seinen nicht tun und lassen können was ihnen gefällt und daraus Konsequenzen ziehen, wird Deutschland mehr als 500 Jahre nach der Reformation wieder Bischofenthebungen in größerer Zahl sehen.

Gott möge das verhüten. Doch fürchte ich, dass er daran kein Interesse hat. Er wird zulassen, dass sich eine Teilkirche spaltet. Zur Mahnung für die vielen anderen, damit sie begreifen, dass “Ut unum sint” eine Aufgabe ist, an der wir alle stets arbeiten müssen – und eben nichts, was schon fix ist.

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