Michael van Laack
104.000 Ungeborenen wurde 2022 die Möglichkeit verwehrt, ihre Eltern kennenzulernen. Das ist nicht einfach nur eine Zahl, die so hoch ist wie seit 2012 nicht mehr: das sind 104.000 Einzelschicksale von Menschen, deren Tod Frauen, denen von ihren Müttern das Recht auf Geburt nicht verwehrt wurde, beschlossen haben. Inwieweit die Abschaffung des §219 StGB zu diesem Anstieg beigetragen hatß
Darüber zu diskutieren, ist müßig; denn primär ist die Ursache eine sich zunehmend entchristlichende – ja gar enthumaniisierende – Gesellschaft, die von Politik seit vielen Jahrzehnten so gewollt ist. Nicht einmal CDU/CSU haben zu einem Zeitpunkt, als sie es machtpolitisch noch konnten, §218 StGB verschärft oder zumindest so belassen, sondern durch den Beratungsschein aufgeweicht. Nun will die Ampel das von den C-Parteien weiter aufgewertete blutige Handwerk perfektionieren, Abtreibung straffrei stellen und das Töten eines ungeborenen Menschen gar als “Gesundheitsleistung” einstufen, welche die Krankenkassen zu finanzieren hätten.
“Aus einer Notlage heraus!”, sagen die meisten der Mütter, die sich entscheiden, ihr Kind nicht auszutragen. “Dankenswerterweise” macht es der Gesetzgeber auch relativ leicht, diesen Weg zu gehen. “Soziale Indikation” ist ein sehr schwammiger Begriff. Unter ihm lässt sich nahezu jede Lebenssituation, in der ein Kind “gerade gar nicht geht” subsumieren.
Von der “eugenischen Indikation”, die in der medizinischen Indikation versteckt wird und nichts anderes bedeutet als “Behindertes Leben braucht unsere Gesellschaft nicht.” will ich hier gar nicht ausführlich reden.
Nach Beratung am Tisch lasse ich Dich töten, liebes Kind!
Deutschland ist eines der wenigen Länder, in dem man eine schwere Straftat (§ 218 StGB) durch eine Beratung legalisieren lassen kann. Den rotgrünen Sozialisten geht das freilich noch nicht weit genug. Sie würden gern den Paragrafen aus dem Strafrecht entfernen und wenn möglich die Tötung des Kindes möglichst bis sehr nah am errechneten Geburtstermin legalisieren lassen. Wer sich dagegen ausspricht, ist selbstverständlich frauenfeindlich, religiös-fundamentalistisch und/oder rechtsradikal. Denn er ist ein Feind der Freiheit und des Rechts auf Selbstbestimmung. Nichts neues unter der schwarzen Sonne!
Nichts Neues bringt auch der hier noch einmal angedruckte Artikel aus meiner Feder, den ich erstmals am 9. Mai 2021 auf Philosophia Perennis veröffentlicht habe. Man muss aber auch nicht immer Neues schreiben, wenn bisher Gesagtes von zu vielen noch nicht verinnerlicht wurde. Dann ist Redundanz das oberste Gebot.
Es folgt – in leicht veränderter Form – der erwähnte Artikel, den ich seinerzeit unter der Überschrift „Muttertag: Der Tag, an dem sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft überschneiden“ veröffentlicht hatte, der sich aber nur nebenbei mit dem jährlich wiederkehrenden Feiertag beschäftigte und stattdessen hauptsächlich den Zustand einer Gesellschaft und das Selbstverständnis nicht weniger Mütter, Väter und dem Staat als deren scheinbar nur mit den besten Absichten ausgestatteten Erziehungshelfer beschreibt.
Immer weniger Frauen wollen Mutter werden
„Keine Weisheit, die auf Erden gelernt werden kann, vermag uns das zu geben, was ein Wort, ein Blick der Mutter gibt.“ schrieb vor fast 150 Jahren Wilhelm Raabe. Und sogar die radikale Feministin Simone de Beauvoir musste zugestehen: „Durch die Mutterschaft findet die Frau zur vollständigen Erfüllung ihres physiologischen Schicksals. Darin liegt ihre »natürliche« Berufung, da ihr ganzer Organismus auf Arterhaltung ausgerichtet ist.“
Verhütungsmittel – vor allem die chemischen – schützen Paare und auch manchen „spontanen“ Single, die zwar „Spaß haben“ aber keine „Kinder machen“ wollen, vor der Elternschaft. Auch wirtschaftliche Gegebenheiten (zu geringer Verdienst) lassen immer mehr potenzielle Mamas oder Papas vor einer Elternschaft zurückschrecken.
Nackte Säuglings-Zahlen
Für das Jahr 2022 zählte das Statistische Bundesamt von Januar bis November 675.600 Geburten. Das klingt nach viel, ist aber doch zu wenig, um den Bestand des Gemeinwesens zu erhalten. Die durchschnittliche Kinderzahl liegt bei 1,42 pro Paar. Zwei Menschen zeugen also in ihrem Leben knapp 75% von sich weiter. Augenscheinlich funktioniert in unseren Tagen der Organismus der Frau, der nach Simone de Beauvoir auf Arterhaltung ausgerichtet ist, oft nicht mehr „artgemäß“. Zudem ist bei vielen Männern zwar der Trieb weiterhin ungebrochen vorhanden, doch der Wille, den Akt zur Zeugung zu nutzen, ist ebenfalls nicht in dem Maß vorhanden, der zur Arterhaltung notwendig wäre.
Hoheit über die Kinderbetten
Jene Frauen, die sich entscheiden, ein Kind auszutragen (ca. 120.000 tun dies übrigens jedes Jahr nicht, sondern lassen eine Abtreibung vornehmen – über 90% davon nicht aus medizinischen, kriminologischen oder anderen Gründen, sondern aus „sozialen“) haben oft kaum Zeit, eine tiefe Liebe zu ihrem Kind zu entwickeln. Immer früher werden die Kinder in Krippen gegeben, weil Mama arbeiten muss.
Unserer Regierung (und jenen in zahlreichen anderen Staaten) ist das sehr recht. Je früher Bindung zur Mutter verringert und die Erziehung von staatlich geprüftem Personal übernommen werden kann, umso zeitiger kann der Staat Einfluss nehmen: Auf Rollenbilder und somit auch auf das, was das Kind prägend als „meine Familie“ wahrnehmen soll. Frühkindliche Sexualerziehung, Anleitung zu Kreativität im Sinn der jeweiligen Staatsdoktrin und eine neutrale (also gottfeindliche) Erziehung tun ihr übriges.
Ob Krippe, Kita, Schule, Vereinsleben: Mütter und Väter sehen ihre Kinder mittlerweile von der Wiege bis zu Volljährigkeit seltener als das pädagogische Personal, Vereinstrainer und Mitschüler. Das Dorf erzieht die Kinder. Das Dorf aber sind primär alle in staatlichen Einrichtungen charakterlich und ideologisch geprägten Individuen, die ihre Prägung tradieren. Wenn dieses System drei Generationen (oder 60 Jahre) vollumfänglich eingeführt ist, ist die Eltern-Kind-Bindung mit der Muttermilch abtrainiert, denn es wird eben dann eine Generation Mütter geben, die nicht nur selbst nicht mehr erlebt hat, dass es anders geht, sondern nicht einmal mehr Omas hat, die es in Erinnerung rufen könnten. In Deutschland sehe ich uns in der Mitte dieses Prozesses.
Oft wird Erziehungsleistung freiwillig delegiert
In einem freien Land hat jeder Mensch das Recht, sich selbst zu verwirklichen. Dazu gehört die freie Berufswahl ebenso wie die Entscheidung, ob man erwerbstätig sein möchte, auch wenn man finanziell nicht muss.
Grund dafür, dass viele Frauen (zumeist in Absprache mit dem Partner, aber immer häufiger auch gegen ihn), sich gegen das Mutterwerden entscheiden, ist die „Karriereoption“. Auch steigt das Alter, in dem Frauen erstmals gebären, seit knapp 50 Jahren kontinuierlich an, liegt laut dem Statistischen Bundesamt aktuell bei 27,87 Jahren. In diesem Alter sind die ersten Steine auf dem Berufsweg gepflastert. Aber der mittlerweile erreichte Lebensstandard inkl. aller Konsum- und Freizeitgewohnheiten soll selbstverständlich erhalten bleiben.
Während die einen Mütter (Alleinerziehende, Geringverdienende) ihr Kind betreuen lassen müssen, tun es immer mehr andere freiwillig, weil es um Erhöhung und oder Absicherung des eigenen Wohlstands-Niveaus geht. Auch bei deren Kindern sehen wir oft fehlende Bindung an die Eltern, besonders die Mutter. Taschengeld als Liebesersatz.
Die Regierung unterstützt selbstverständlich alle Mütter bei ihrem Arbeitswunsch, da im Industrie- und Dienstleistungs-Kapitalismus die Bereitschaft jedes einzelnen Individuums zur Erwerbtätigkeit eingefordert werden muss, damit das System nicht in Schieflage gerät. Du bist nichts, Deine Arbeitskraft ist alles. Persönliche Interessen haben zurückzustehen. Familie als Keimzelle der Gesellschaft, die Mutter als ihr Herz? Keimzelle ist der Arbeitsmarkt und das Herz das BIP.
Die Liebe vieler Mütter versiegt
Selbstverständlich bleibt die Bindung an die Mutter (und umgekehrt die Aufmerksamkeit für das Kind) immer eine anders gefühlte als die zum Vater. Die Mutter hat das Kind – wie es so schön heißt – unter ihrem Herzen getragen und (oft) unter Schmerzen geboren. Dennoch nehmen wir in der Gesellschaft mehr und mehr wahr, dass Kindern die Mutterliebe – somit die tiefste Liebe – fehlt. Die Zahl der Beziehungsgestörten Nachkommen steigt. Die Zahl der aufgrund von steigendem psychosozialem Stress (von den Arbeitsplätzen in die Wohnstuben importiert) durch die Eltern körperliche Gewalt erlebenden Kinder ebenfalls. Diese Gewalt wird von dort dann oft durch das Kind bzw. intensiver durch den Jugendlichen auf die Schulhöfe und die Straße exportiert. So entsteht ein Liebe vernichtender Kreislauf, der alle Beziehungsstränge der Gesellschaft durchpulst.
Von immer weniger Menschen darf folglich in den kommenden Jahrzehnten Liebes- bzw. Erziehungsfähigkeit erwartet werden, Dauerhafte Partnerschaften werden immer seltener. – Hinzu kommt: Die stetig wachsende Bereitschaft, sich scheiden zu lassen (oft des lieben Geldes oder einer neuen Beziehung wegen,) ist neben des zu laxen Familienrechts Resultat einer bindungsarmen Erziehung. So sind nicht wenige Mütter und Väter oft der Ansicht, Krippe, Kita, und Nachmittagsbetreuung hätten den Kindern nicht nur Nahrung und Bespaßung zu liefern, sondern eben auch echte Gefühle und Nähe zu „vermitteln“. Ein folgenreicher Irrtum!
Soziale Kompetenz lässt sich erwerben, Liebe nicht!
In diesen Einrichtungen wird zur Gemeinschaft erzogen, dort werden gewiss auch Werte wie Rücksicht auf den Nächsten den Kindern und Jugendlichen vermittelt, keine Frage. Die lieben Kleinen oder auch Pubertierenden erwerben in diesen Einrichtungen zweifellos eine ganze Palette sozialer Kompetenzen. Liebe geben aber können (mal ganz abgesehen vom Wollen) die meisten im pädagogischen Bereich Arbeitenden nicht. Ihnen fehlt (ganz abgesehen von der Zeit, im notwendigen Umfang individuell zu betreuen) die Tiefe, die genetische Bindung und jene, die sich am besten mit „Leib in einem anderen Leib gewesen sein“ umschreiben lässt.
So werden Jahr um Jahr immer mehr Kinder erwachsen, denen es an Mutterliebe mangelt und ebenso an dem ergänzenden Part, dem auf andere Art und Weise Liebe schenkenden Vater. Papas kommen noch weniger vor in der Lebenswirklichkeit vieler Kinder. Fast 40 % der in Deutschland lebenden unter 14jährigen wachsen mittlerweile in so genannten „Alleinerziehenden-Haushalten“ auf. Oder in beziehungsdiffusen Patchwork-Strukturen. Tendenz steigend!
Sarkastisches Fazit
Wenn weiterhin der Egoismus unsere Gesellschaft in allen Bereichen dominiert, werden die Deutschen und manche anderen Staaten des Westens (vor allem Industrienationen) schon in wenigen Generationen einen wertvollen Beitrag zur Erreichung des 1,5-Grad-Zieles leisten. Denn ihre Bevölkerungen sterben peu a peu aus. So könnten wir deutschen vielleicht doch das Weltklima retten, indem wir einfach das Atmen einstellen? Na ja, das klappt natürlich nur, wenn der afrikanische Kontinent, China, Indien und manch andere unserem Vorbild folgen. Die Zukunft wird es zeigen. Vielleicht wird man “Letzte Generation” bald aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten müssen.