Michael van Laack
Karfreitag, ein Leidenstag! Als ob die Menschen nicht schon genug Leid zu ertragen hätten, erwartet die Kirche, dass wir als Christen uns alljährlich mit der Passion dieses vor über 2.000 Jahren von den Römern hingerichteten Zimmermannssohns beschäftigen (also mit ihm leiden und um ihn trauern), um dann zu allem Überfluß einige Tage später auch noch den nichtchristlichen Teil der Gesellschaft mit der Botschaft von der Auferstehung zu behelligen und seine Osterhasenverehrung zu “verdunkeln”? Ja, das tut sie – aus guten Gründen!
Z. B., um die jedem Menschen innewohnende Furcht vor dem Sterben zu nehmen und die Hoffnung zu schenken, das mit dem biologischen Tod nicht alles endet. Erst dann erhält unser Tun und Lassen Sinn und Ziel! Nur durch den Glauben an Christus vermögen wir, gutes und schlechtes Handeln effektiv voneinander zu unterscheiden und gewinnen die Kraft, Böses zu unterlassen und Gutes zu tun, obwohl Satan redundant und aggressiv Ersteres als den für uns einfacheren und erfolgversprechenden Weg bewirbt.
Dieser Tag ist für die Kirche zu ernst und auch traurig, als dass ich einen Artikel bieten möchte, der die aktuelle politische und innerkirchliche Situation mit Weg Christi zum Kreuz verknüpft. Deshalb setze ich vor den “frommen” Text von Pater Benedikt Baur OSB lediglich einige Gedanken, die (auch) mit theologischen und philosophischen Fragen zu tun haben.
Ein Leben – geopfert für das Leben von Milliarden
Baurs Gedanken zum Karfreitag (“Werde Licht” – II. Teil: Osterfestkreis, Freiburg i. Br., Ausgabe letzter Hand 1959) werden die wenigsten Nichtchristen verstehen – manch einen werden sie vermutlich auch verstören: Ein Einziger opfert sein Leben für alle Menschen bis zum Ende der Menschheitsgeschichte. Bis zu dem Tag, an dem der letzte Mensch seinen letzten Atemzug tun wird, bis zur Wiederkunft eben dieses am Kreuz Gestorbenen am sogenannten „Jüngsten Tag“? Das ist doch abenteuerlich, oder? Ja, für jene, die nicht an Gott glauben, ist es das zweifellos.
Denn für sie ist das alles nur Teil oder Variation einer größeren Erzählung, die sich von der Suche der Höhlenmenschen nach Erklärungen für Naturerscheinungen über die Geschichte der bereits untergegangenen großen (Assyrisches, Ägyptisches, Griechisches und Römisches Reich) und die aktuell dominierenden Weltreligionen bis zu den esoterischen Gruppen der Neuzeit zieht. Sie sehen keine Spur Gottes und wollen auch lieber gar nicht danach suchen. Denn das könnte ihr Weltbild erschüttern.
Gott würfelt nicht!
All jene sollten also hier vielleicht aufhören zu lesen. Oder aber – wenn sie es nicht tun wollen (schon deshalb nicht, weil der Autor es ihnen vorschlägt) – zumindest Verständnis dafür aufbringen, dass immer noch die große Mehrheit der Menschen auf dieser Welt die Entstehung des Universums samt Urknall und dem, was vor diesem gewesen sein muss, nicht als einen Zufall betrachtet, sondern einen Pantokrator annehmen.
Einen ersten Urheber, den ersten Beweger, der Energie nicht übertragen bekam, sondern aus sich heraus – aus seinem Wollen – andere Dinge in Bewegung brachte. Damit das riesige Dominospiel namens Schöpfung Stein um Stein umfallend zunächst Materie, dann Leben und zum Schluss denkende Wesen hervorbrachte. Wesen, die nun wieder auf der Suche nach ihrem ersten Ursprung sind.
Das Leben vom Ende her denken schadet nicht!
Und – liebe Atheisten, Humanisten oder als was auch immer Ihr Euch “lest”: Sterben müssen wir alle! Deshalb ist das Überkübeln der Christen und anderer gläubiger Menschen mit Eurem Spott und Eurer Häme letzten Endes nur Windhauch. Denn erst nach dem biologischen Tod wird klar, wer recht hatte. Wenn Ihr recht haben solltet, spielt es keine Rolle, denn Ihr könnt dann nicht mehr in Triumphgeheul ausbrechen.
Sollten hingegen wir, die wir an diesen Gott glauben, recht haben, wird das für den ein oder anderen nicht nur ein Augenöffner sein, sondern der erste Blick in die für ihn vermutlich trostlose – weil gottferne – Ewigkeit. So mag jeder auf dieser Erde nach seiner Façon selig werden. Wir Christen können Euch nur ein Beispiel geben, den Glauben an Christus verteidigen und ihn Euch anbieten! Erkennen und entsprechend der Erkenntnis handeln wäre dann Euer Job. Verrichtet ihn oder lasst es!
Nun aber sollen endlich die angekündigten Gedanken von Benedikt Baur folgen:
Der Ungerechte sündigt, der Gerechte wird gestraft!
Jesus stirbt für uns, für jeden von uns persönlich. Der Tod ist der Sünde Sold. Alle Folgen der Sünde, aller Schmerz, alle Not des Lebens drängen sich im Tod zusammen. Gottes Gerechtigkeit hat in nichts so tief und so greifbar den Menschen erfasst wie in der Angst und in den Schauern des Todes. Vor dem Tode bebt jede Kreatur. Nichts ist so sehr die natürliche Strafe der Sünde wie der Tod, der gewaltsam die Fäden durchschneidet, welche die Seele an den Leib und an die Erde fesseln: Denn die Sünde hat zuerst das Band zerrissen, mit welchem sie an Gott gebunden war. Und Er, unser Heiland, gibt sich um unseretwillen, freiwillig in den Tod. Das ist Seine Liebe, „stark wie der Tod“. Der furchtbarste Ausdruck der göttlichen Gerechtigkeit, der Tod, wird die höchste Tat Seiner Liebe. Sein tiefstes Leiden wird Seine höchste Tat der Liebe zu uns; zu mir!
Jesus stirbt für uns. Er opfert Seinen Leib. Und indem Er Seinen Leib opfert, hat Er den Leib der Menschheit, den Leib des Todes, in dem die Sünde wohnt, ans Kreuz geschlagen. Er hat unsere sündige Natur in die reinigende, sühnende Glut Seiner Opferflamme, in das reinigende, heilende Bad Seines Blutes eingetaucht: sie geht wiedergeboren, reif für die Kindschaft Gottes und für die ewige Verklärung, daraus hervor.
Was tue ich für Gott?
Jesus stirbt für uns, an unserer statt! Geheimnisvolle Ordnung! Der Ungerechte sündigt, der Gerechte wird gestraft. Der Schuldige begeht das Verbrechen, der Unschuldige büßt es. Der Herr bezahlt, was der Knecht verbrochen. Gott übernimmt, was der Mensch verschuldet. Meine Ungerechtigkeit, und Gottes Gerechtigkeit und Liebe. Das tut Gott für mich. Was tue ich für Ihn?
Deine lebenspendende Liebe, o Jesus, benetzt gleich der Quelle im Paradies Deine Kirche und bewässert sie wie einen geistlichen Garten. Der Strom aus dieser Quelle teilt sich in die vier Evangelien, befruchtet den Erdkreis, erfreut die Schöpfung und lehrt die Völker, Dein heiliges Reich zu suchen.
Antiphon aus der griechischen Liturgie