Michael van Laack
Manch einer hat mir in den letzten Monaten gesagt oder geschrieben: “Stephan Anpalagan? Nicht einmal ignorieren!” Doch halte ich es für einen fatalen Fehler, politische Profile mit mehr als 100.000 Followern auf X-Twitter vor sich hin schwallen zu lassen, ohne zumindest hin und wieder auf ihr unseliges Wirken mit einer öffentlichen Reaktion aufmerksam zu machen.
Gestern hat der Kommunist (regelmäßiger Kolumnist für „Neues Deutschland“, der einstigen Parteizeitung der SED) im Gewand eines aufrechten und anständigen Journalisten wieder einmal einen Tweet in die “soziale Netzwerkwelt” geschickt, der unter die Kategorie “Radikal Linker versucht, Hamas-Kritiker hinters Licht zu führen” fällt:
Anpalagan führt den Leser geschickt hinters Licht!
Bei einem so intelligenten Menschen wie Anpalagan darf man davon ausgehen, dass die zweite Aufzählungsreihenfolge nicht zufällig gewählt ist, sondern mit der ersten Aufzählung Bezugspaare bildet:
Wer Islamkritik übt, ist ein Rassist (erinnert stark an Sawsan Cheblis Lieblingsthema “antimuslimischer Rassismus“), wer Kritik an Israel übt, ist ein Antisemit und wer Kritik an der deutschen und europäischen Asylpolitik übt, entsprechend ein Rechtsradikaler.
Sehr praktisch! Denn wie sang schon Danger Dan in “Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt”: Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu ein, man diskutiert mit Ihnen nicht hat die Geschichte gezeigt.“
Somit dürfte sich aus Anapalgans Sicht jegliche kritische Diskussion über den Islam oder die Asyl- und Migrationspolitik erledigt haben. Diese Sicht zieht sich übrigens auch durch zahlreiche andere Tweets des regelmäßigen Gastes im sonntäglichen ARD-Presseclub. – Die weise Regierung ruft “Wir haben verstanden!”, schiebt dann aber ein “Weiter so!” hinterher und die Bürger unserer Republik sollen dankbar antworten und tun diese leider auch immer noch in zu großer Zahl: “Wir wollentäglich bunter werden!”
Israelkritiker/Antisemiten – Honeypot, ick kann dir riechen!
Aber wie sieht es aus mit dem Begriffspaar Israelkritiker/Antisemiten. Ist Anpalagan tatsächlich der Ansicht, wer Kritik an Israels Siedlungspolitik oder an der Härte des Angriffs auf die Hamas übt, sei deshalb automatisch Antisemit? Interpretiert er also das “Nie wieder!” radikal im Sinne des jüdischen Volkes? Es scheint so, hat er doch erst neulich für ein paar Tage seinen Account an die “Jüdische Studierendenunion Deutschland” übergeben, weil er den Terror der Hamas scharf verurteilt.
Doch Anpalagan hat nicht nur ein Gesicht auf Twitter. Er geriert sich häufig wie ein Chamäleon. So erinnert er hier trotz tatsächlicher oder nur öffentlichkeitswirksam vorgespielter mangelnder Sympathie für die Hamas die Leser geschickt an die judenfeindlichen Unterstützungs-Demos und “from the River to the sea”, auf dass sie – sich empörend über seinen beiden anderen Begriffspaare – zu dem Schluss kommen: “Israelkritik” ist nicht zwingend antisemitisch und das Verbot solcher Demos deshalb ungerecht.
Der Tweet stellt also nichts anderes dar als einen Honeypot: Wenn ihr die zwei anderen Begriffspaare empört zurückweist, müsst ihr das auch mit dem mittleren tun. Das ist unerbittliche und zunehmend ermüdende linke Logik und in gewisser Weise auch bösartig.
Denn im Subtext und durch diesen üblen semantischen Trick verharmlost Anpalagan die Taten der Hamas dann doch irgendwie. Es ist mehr als nur bedauerlich, dass immer mehr intelligente Menschen auf zahlreichen Themenfeldern zur dunklen Seite der Macht tendieren und so ihre Talente eher in den Dienst des Bösen als des Guten stellen.