Michael van Laack
Eine Woche nach Pfingsten feiert die römisch-katholische Kirche das Fest der heiligsten Dreifaltigkeit. – Mysterien und Wunder kennen alle, die an Christus glauben, in großer Zahl. Im Alten Testament lesen wir z.B. von der Sintflut und der Teilung des Meeres, in dem der Pharao mit seinem Heer ertrank. Und vom Manna, dem Himmelsbrot, das zuvor in der Wüste auf das Volk Israel herabgeregnet war und den durch Gott persönlich auf Steinplatten gemeißelten Zehn Geboten.
Im Neuen Testament verkündet ein Engel Maria die Empfängnis des Sohnes Gottes und ihrem Gatten, dass sie vom Heiligen Geist empfangen habe. Ein Stern, der nach naturwissenschaftlichen Maßstäben nicht dort sein konnte, wies den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe.
In den drei Jahren, in denen Christus predigend und von den Aposteln begleitet durchs Land zog, wirkte er zahlreiche Wunder (z. B. die Heilung von Blinden, Tauben und Stummen oder gar die Auferweckung des Lazarus), die von Medizinern oder Biologen nur durch unterirdisch anmutenden Konstruktionen zu rational erklärbaren Vorgängen erklärt werden können. Die Wandlung von Wasser in Wein und die Vermehrung von Brot und Fischen entziehen sich allerdings sogar den Bemühungen dieser Wissenschaftler, weshalb Psychologen und Soziologen auf den Plan gerufen werden müssen, um die Hl. Schrift zu “entzaubern” und zu “entmythologisieren”.
Glauben bedeutet „Für wahr halten“!
Noch von manch anderem Überirdischen kündet die Bibel: Christus führte seine Jünger auf den Berg, wo er vor ihnen „verklärt“ wurde (also sich als Sohn Gottes zeigte) und redete dort mit Moses und andere Propheten, die sich – da die Erlösung noch nicht vollbracht war – noch in der sogenannten „Vorhölle“ befanden.
Jesus starb am Kreuz, stand nach drei Tagen aus eigener Kraft von den Toten auf, durchschritt Wände und konnte doch angetastet werden. Er fuhr vor ihren Augen in den Himmel auf und sandte wenig später, den Geist Gottes auf sie alle, damit sie das Evangelium aller Welt in allen Sprachen glaubwürdig verkünden könnten.
Glaube an die „Deutsche Bank“ größer als an Gott
All das glauben heute immer weniger „Christen“, da ihnen viele Priester in ihren Predigten erklären, all dies könne gar nicht so gewesen sein. Sie verweisen dabei gern auf die Naturwissenschaften. Auch behaupten sie, Christus habe dieses oder jenes gar nicht gesagt, vieles wäre späterer Einschub, denn bekanntlich seien die Evangelien allesamt von „Teams“ und nicht von den Evangelisten aufgeschrieben und auch immer wieder verändert worden. Priester und Bischöfe, die diese und ähnliche Meinungen vertreten, haben ihren Glauben längst verloren. Sie feiern die Messe, sie wandeln Wein und Brot in Leib und Blut (auch ein Mysterium), weil sie dafür bezahlt werden oder weil sie sich gut dabei fühlen, von den Gläubigen als „aus dem Gottesvolk Herausgehobene“ betrachtet zu werden.
Dreifaltigkeit – Das Ur-Mysterium
Am heutigen Sonntag feiert die katholische Kirche das „Fest von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit” (Vater, Sohn und Heiliger Geist). Drei „Personen“ und doch nur ein Gott. Die Atheisten belächeln uns als „Schizophrenie-Gläubige“, die Muslime schreien „Gott hat keine Kinder“, viele Anhängern anderer Religionen fehlt völlig der Zugang zu diesem Thema. Schon manch ein kluger Kopf hat versucht, den Christen zu erklären, was Dreifaltigkeit ist, hat es definiert und in epischer Breite erklärt. Was mich betrifft: Ich glaube! Selbstverständlich versuche auch ich hin und wieder, mir vorzustellen, wie das möglich ist., wie das „aussieht“. Doch es macht keinen Sinn, es geht über die Erfahrungswelt des Menschen so weit hinaus wie der Begriff „Unsterblichkeit“.
Deshalb versuche ich hier auch nicht, den Lesern mit eigenen Worten die Dreifaltigkeit vorzutanzen, sondern lasse einen Franziskaner des letzten Jahrhunderts zu Wort kommen, der manches liturgische Werk verfasst oder übersetzt hat.
Nachfolgende Überlegungen sind dem Werk „Das Breviergebet – Deutsche Ausgabe des Breviarium Romanum“, Band 2, Freiburg, 1965 von Peter Morant entnommen.
Unergründlich und doch zentrales Glaubensgut des Christen
Die großen Heilsereignisse, welche die Kirche in der ersten Halbzeit des Kirchenjahres einzeln gefeiert hat, sind nur Auswirkungen, Geschenke eines noch viel tiefer liegenden Geheimnisses, nämlich des dreipersönlichen Gottes. Die heiligste Dreifaltigkeit ist das innerste und zentralste Geheimnis, von dem alles Wirken Gottes ausgeht und zu dem es wieder zurückkehrt und einmündet. Die Dreifaltigkeit ist insofern die Kernwahrheit des christlichen Glaubens, als sie die letzte und umfassendste Aussage ist, die Gott von sich selber macht.
So tiefsinnig und unergründlich dieses Geheimnis ist, es kann in eine erstaunlich einfache Formel zurückgeführt werden: In dem einen, wahren Gott sind drei Personen, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist; jede einzelne Person ist unendlicher, ewiger, liebender Gott, und doch sind es nicht drei Götter, sondern nur ein Gott; sie alle leben in der einen göttlichen Natur, sie erkennen in dem einen göttlichen Verstand und lieben, wollen und freuen sich ihres unaussprechlichen Glückes in dem einen gemeinsamen Willen. Dieser ganz und gar immanente Gott ist nicht etwa vornehm und teilnahmslos in sich abgeschlossen, sondern unterhält äußerst lebendige und mitteilsame Beziehungen nach außen; deren wichtigste sind die Erschaffung der sichtbaren Welt, die Menschwerdung des Gottessohnes und die Heiligung des Menschen, bei der die Selbstmitteilung Gottes so weit geht, dass sie sich zu einem dauernden, gnade- und liebeerfüllten Innewohnen steigert.
Es gab viel Streit über die Bedeutung
Man muss es verstehen, dass nach Abschluss der langwierigen Glaubenskämpfe und der allmählichen Klärung der theologischen Begriffe Bestrebungen wach wurden, ein liturgisches Fest dieses Geheimnisses einzuführen. Die Römische Kirche war diesen Wünschen zunächst nicht gewogen, da hier erstmals nicht ein Heilsereignis, sondern ein Glaubensgeheimnis Gegenstand eines Festes werden sollte. Schließlich führte aber Johannes XXII. im Jahre 1334 doch das Fest der heiligsten Dreifaltigkeit für die ganze Kirche ein.
Das Gebet bringt es auf den Punkt
Das Stundengebet dieses Festes schmiegt sich in Anordnung und Struktur eng an ein Sonntagsoffizium an; majestätisch und ehrfurchtgebietend strömt das Lob des dreipersönlichen Gottes dahin. Vor der Größe und Unergründlichkeit Gottes fühlt sich der Mensch hilflos und klein; immer wieder stottert er demütig anbetend die Worte: „Ehre sei Dir, wesensgleiche Dreifaltigkeit, eine Gottheit, wie vor aller Zeit, so auch jetzt und in Ewigkeit“ (1. Antiphon zur Vesper). “O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind Seine Urteile und wie unaufspürbar Seine Wege“ (Röm 11, 33). In der Prim wird den Festpsalmen das Athanasianische Glaubensbekenntnis beigefügt; dieses theologisch scharf geprägte und doch volkstümlich anmutende Bekenntnis zum dreieinigen Gott und zum menschgewordenen Gottessohn bringt wie kein anderes Gebet ungekünstelt und echt unsere Huldigung vor dem dreifaltigen Gott zum Ausdruck.
Das Athanasische Glaubensbekenntnis
Wer immer selig werden will, * der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten. / Wer diesen nicht in seinem ganzen Umfange und unverletzt bewahrt, * wird ohne Zweifel ewig zugrunde gehen. / Es ist aber katholischer Glaube, * dass wir einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit anbeten. / Ohne Vermengung der Personen * und ohne Trennung der Wesenheit. / Denn verschieden ist die Person des Vaters, die des Sohnes * und die des Heiligen Geistes. / Aber nur eine Gottheit ist im Vater und im Sohne und im Heiligen Geiste, * gleich ist Ihre Herrlichkeit, gleich ewig Ihre Majestät. / Wie der Vater, so der Sohn, * so der Heilige Geist. / Unerschaffen ist der Vater, unerschaffen der Sohn, * unerschaffen der Heilige Geist. / Unermesslich ist der Vater, unermesslich der Sohn, * unermesslich der Heilige Geist. / Ewig ist der Vater, ewig der Sohn, * ewig der Heilige Geist. / Und doch sind es nicht drei Ewige, * sondern nur ein Ewiger. / Wie auch nicht drei Unerschaffene und nicht drei Unermessliche, * sondern ein Unerschaffener und ein Unermesslicher. / In gleicher Weise ist allmächtig der Vater, allmächtig der Sohn, * allmächtig der Heilige Geist. / Und doch sind es nicht drei Allmächtige, * sondern ein Allmächtiger. / Ebenso ist der Vater Gott, der Sohn Gott, * der Heilige Geist Gott. / Und doch sind es nicht drei Götter, * sondern es ist nur ein Gott. / Ebenso ist der Vater Herr, der Sohn Herr, * der Heilige Geist Herr. / Und doch sind es nicht drei Herren, * sondern nur ein Herr. / Denn wie wir nach Vorschrift der christlichen Lehre jede Person einzeln für sich als Gott und Herrn bekennen, * so verbietet uns anderseits der katholische Glaube, drei Götter oder Herren anzunehmen. / Der Vater ist von niemand gemacht, * auch nicht geschaffen, auch nicht gezeugt. / Der Sohn ist vom Vater allein, * nicht gemacht, nicht geschaffen, sondern gezeugt. / Der Heilige Geist ist vom Vater und Sohn, * nicht gemacht, nicht geschaffen, nicht gezeugt, sondern hervorgehend. / Es ist also ein Vater, nicht drei Väter; ein Sohn, nicht drei Söhne; * ein Heiliger Geist, nicht drei Heilige Geister. / Und in dieser Dreieinigkeit ist nichts früher oder später, nichts größer oder kleiner, * sondern alle drei Personen sind sich gleich ewig und vollkommen gleich. / So ist in allem, wie schon vorhin gesagt, * die Einheit in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit anzubeten. / Wer daher selig werden will, * muss in dieser Weise an die heiligste Dreifaltigkeit glauben. / Zum ewigen Heil ist es weiterhin notwendig, * dass man auch an die Menschwerdung unseres Herrn Jesus Christus aufrichtig glaube. / Der wahre Glaube fordert also, dass wir glauben und bekennen: * dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, Gott und Mensch zugleich ist. / Gott ist Er, weil Er aus der Wesenheit des Vaters von Ewigkeit her gezeugt, * und Mensch ist Er, weil Er aus dem Leibe der Mutter in der Zeit geboren ist. / Vollkommener Gott und vollkommener Mensch, * der aus einer vernünftigen Seele und einem menschlichen Leibe besteht. / Er ist dem Vater gleich der Gottheit nach, * Er ist geringer als der Vater der Menschheit nach. / Obgleich Er Gott und Mensch zugleich ist, * so sind doch nicht zwei, sondern nur ein Christus. / Einer aber, nicht als ob die Gottheit in Fleisch verwandelt wäre, * sondern weil Gott die Menschheit angenommen hat. / Einer ganz und gar, nicht durch Vermischung der Wesenheit, * sondern durch Einheit der Person. / Denn wie die vernünftige Seele und das Fleisch nur einen Menschen ausmachen, * so ist auch Gott und Mensch nur ein Christus. / Um unseres Heiles willen hat Er gelitten, ist zur Hölle abgestiegen * und am dritten Tage wieder von den Toten auferstanden; / Er ist in den Himmel aufgefahren, sitzet zur rechten Hand Gottes, des allmächtigen Vaters, * von dannen Er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten. / Bei Seiner Ankunft werden alle Menschen auferstehen mit ihren Leibern * und Rechenschaft ablegen über ihre eigenen Handlungen. / Und die, welche Gutes getan, werden hingehen zum ewigen Leben; * die aber Böses getan, werden eingehen ins ewige Feuer. / Das ist der katholische Glaube; * wer diesen nicht getreulich und fest bekennt, kann nicht selig werden.