Böhms Albträume, Folge II: Ich, der Gutmensch

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boehm-albtrVon Thomas Böhm

Letzte Nacht war wieder richtig böse. Ich träumte, ich würde als Gutmensch aufwachen. Das Bett war zerwühlt, das geblümte Laken an einigen markanten Stellen etwas durchnässt. Auf dem Nachttisch glimmerte noch der Joint von gestern Abend vor sich hin.

Ich schaute auf die Uhr und erschrak. Es war bereits Mittag durch, es rief zwar keine Arbeit, aber der Magen meldete sich zu Wort.

Aber erstmal musste ich mich mit Lindenblütenöl einreiben, um den fortgeschrittenen Tag mit reinem Gewissen und Körper begrüßen zu können. Anschließend schaufelte ich einen Teelöffel grob geschrotetes Müsli und eine Handvoll Malzkaffee in mich hinein und überlegte mir, wie ich diesen Tag am besten herumkriegen konnte.

Natürlich mit einer guten Tat, das war ich mir und der Welt als der mit einer Schwesig-Nadel ausgezeichnete Gutmensch schließlich schuldig.

Zufällig lief im Radio gerade eine Eilmeldung. Mehrere hunderttausend Flüchtlinge sollten am Bahnhof angekommen sein und sich nun auf den Weg durch die Stadt machen.

Das war mein Zeichen. Ich sprang aus der Hängematte, riss sämtliche Fenster und Türen aus Rahmen und Angeln, zerrte mein Laken aus dem Bett, schrieb voll Inbrunst und künstlerischer Leidenschaft mit meinem Kajalstift „Refugees welcome“ drauf und hing den Fetzen draußen vor meiner Tür auf.

Es dauerte auch nicht lange, bis sich mehrere tausend junge Männer durch meine weltoffene und deshalb ausgehängte Tür drängten, nachdem sie alle ihre Parole „Flüchtling“ genannt hatten. So viel Kontrolle musste sein, ich lasse ja nicht jeden Hanswurst in mein eigenes Heim.

Es waren wirklich überwiegend alles nette Kerle, die mir glaubhaft versicherten, eine anstrengende Reise und eine schlimme Vergangenheit gehabt zu haben. Sie kamen aus Afghanistan, Syrien, Libyen, Irak, Tunesien, Marokko und Eimsbüttel, ihre Pässe zierten wunderhübsch gemalte Bildchen aus Tausend und einer Nacht.

Eigentlich wollte ich jedem die Hand schütteln, doch wurde mir höflich aber bestimmt erklärt, dass solche Begrüßungszeremonien in ihrer Heimat nicht üblich sein. Stattdessen hielten sie alle die Hand auf und baten mich, eine Münze hineinzulegen. Was ich natürlich gerne tat. Wie aufregend doch fremde Kulturen sein können – vor allen Dingen, wenn sie sich in meinen eigenen vier Wänden ausbreiten können.

Während ich immer noch am Eingang die Nachzügler hereinwinkte, machten es sich die anderen bereits gemütlich. Den Willkommenssatz „My Home is your Castle“, der mein T-Shirt zierte, schienen meine neuen sprachbegabten Mitbewohner verstanden haben.

Der Kühlschrank war im Nu ausgeräumt, meine halal-Speisen genüsslich verzehrt, auf dem Herd kochten in einem riesigen Topf Socken im Salzwasser, zwei Flüchtlinge rissen eine Zwischenwand ab und drei weitere strichen die Wände neu mit grüner Farbe. Das Gemälde im Wohnzimmer war verschwunden, stattdessen hing dort jetzt ein Wandteppich, eine schwarze Fahne mit arabischen Schriftzeichen in weiß und ein Halbmond mit Sichel an der Wand.

Um Platz zu schaffen, hatten einige tüchtige junge Männer Fernseher, Stereoanlage und den Tresor nach draußen verfrachtet, wo man alles auf einen Lkw lud. „Für unsere Familien daheim“, erklärte mir einer von ihnen.

Was für eine fürsorgliche Kultur nun in meinem Hause erblühte. Nur mein Iphone 6s ließ man mir, sie chatteten bereits mit dem neuen Galaxy S7 mit ihren Nächsten in der fernen Heimat.

Nun spielten wir ein kleines Spielchen, das ich noch aus meiner Kindheit kannte: „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“. Das war vielleicht lustig. Meine Frau, meine zwei Töchter, ja selbst meine Oma im Rollstuhl mussten um ihr Leben rennen, doch die schwarzen Männer waren schneller und vergnügten sich auf ihre ganz eigene Art und Weise. Multikulti als Heidenspaß, vor allen Dingen für meine liebenswerten, fröhlichen und temperamentvollen Gäste.

Als nach einigen Stunden nichts mehr stand und kaum noch lebte, zogen sie einer nach dem anderen wieder ab. Mein Herz war rein, ich fühlte mich wie im siebten Himmel und der letzte, der das nicht mehr vorhandene Licht ausmachen wollte, ein Imam, nahm mich zum Abschied in die Arme und bedankte sich. Ich flüsterte ihm zu: „Geben ist seliger denn nehmen.“

Er nickte, öffnete seinen Mantel, überreichte mir den Sprengstoffgürtel und gab die Sporen, während ich mir das Leben nahm.

Leider wurde ich wach, bevor die ersten Jungfrauen vor meinen Augen herumtänzelten. Ich sprang aus dem Bett, torkelte ins Bad und übergab mich.

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*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ (kurz: „JouWatch“) und ständiger Kolumnist bei conservo.
http://www.conservo.wordpress.com   7.11.2016
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