(www.conservo.wordpress.com)
Die Franzosen wählten heute, einen Monat nach der Präsidentschaftswahl, in den Wahlbezirken Kandidaten für die Französische Nationalversammlung („Assemblée Nationale“). Über die Gesamtzusammensetzung der Nationalversammlung wird aber letztlich erst eine Woche später, am 18. Juni, entschieden. Die Kandidaten in den 577 Wahlkreisen benötigen eine absolute Mehrheit. In der zweiten Runde (nächste Woche) reicht die relative Mehrheit.
Die Meinungsforscher sind sich samt und sonders einig, daß die erstmals antretende Partei Macrons, „La République en marche“, als Favorit gilt. Man rechnet den Umfragen zufolge mit einer Zunahme von Sitzen beim Front National, während die Konservativen und die noch regierenden Sozialisten von Amtsvorgänger Hollande Verlusten entgegensehen mußten.
Nach den Sozialisten verloren in den letzten Wochen auch die Republikaner immer mehr prominentes Personal an Präsident Emmanuel Macron: Der große Aufschrei konservativer Wähler blieb aber aus, was den Schluß zuläßt, daß die konservative Partei (Repulikaner) vor dem Niedergang steht. Den Republikanern bleibt nur noch die Rolle als stärkste Oppositionsfraktion. Und die bislang regierenden Sozialisten stehen letztlich vor dem Endkampf um die Existenz. Der Linksaußen-Politiker Jean-Luc Melenchon, der bei der Präsidentenwahl vor den Sozialisten lag, gab als Parole aus: „Ich möchte die Sozialisten nicht schwächen, ich möchte sie ersetzen.“ Und nun liegen beide am Boden.Auch für die anderen Parteien stand viel auf dem Spiel, etwa für den Front-National (FN) von Marine Le Pen. Das schwache Ergebnis kann ihren Führungsanspruch schwächen. Dem FN machte eine Vereinbarung der übrigen Parteien zu schaffen, in ihren Hochburgen zugunsten des jeweils stärksten demokratischen Kandidaten zurückzustecken, um ein Mandat für die Rechten zu verhindern. Marine Le Pens Partei kam auf 13,5 bis 14 Prozent und dürfte wieder nicht in der Lage sein, eine Fraktion zu bilden, zu der mindestens 15 Abgeordnete nötig sind.
Und so kam es denn auch: Macrons Lager gewinnt erste Wahlrunde
Das Lager des neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat dementsprechend die erste Runde der Parlamentswahl klar gewonnen und steuert auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu. Nach ersten Hochrechnungen kamen seine Partei „La République en Marche“ und ihre Verbündeten auf mehr als 32 Prozent der Stimmen. Damit können sie im zweiten Wahlgang am kommenden Wochenende laut Meinungsforschern auf mindestens 390 der 577 Sitze in der Nationalversammlung hoffen. Das wäre eine deutliche absolute Mehrheit. Damit bekäme der sozialliberale Staatschef klaren Rückhalt für sein Reformprogramm.
Die Wahlbeteiligung war historisch schwach: Nur jeder zweite Wahlberechtigte ging zur Abstimmung, das ist der niedrigste Wert für eine Parlamentswahl seit Gründung der Fünften Republik 1958. Vor fünf Jahren hatte die Beteiligung noch bei 57,2 Prozent gelegen.
Abgestürzt: Desaster für Sozialisten
Für die beiden traditionellen französischen Regierungsparteien ist das Ergebnis eine weitere herbe Schlappe. Die konservativen Republikaner kamen mit 21,0 bis 21,5 Prozent wie gesagt auf Platz zwei. Die Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger François Hollande, die bislang in der Nationalversammlung den Ton angaben, stürzten laut dem Institut Kantar Public-Onepoint sogar auf 7,8 Prozent ab.
Das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen macht es kleinen Parteien in Frankreich schwer, Abgeordnetensitze zu erobern. Gewählt sind nur die Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis am Ende vorne liegen. Die Stimmen für die jeweils unterlegenen Kandidaten werden somit bei der Sitzverteilung im Parlament nicht berücksichtigt.
In den meisten der 577 Wahlkreise dürfte die Entscheidung erst in Stichwahlen am kommenden Sonntag fallen. Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, braucht ein Kandidat eine absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis. Das schaffen nur die wenigsten.
Auch bei einer klaren Mehrheit in der Nationalversammlung würde Macrons Lager nicht das ganze Parlament dominieren. Im Senat als zweiter Kammer hat die bürgerliche Rechte die Mehrheit. Die Senatoren reden bei der Verabschiedung von Gesetzen ebenfalls mit – aallerdings sitzt die Nationalversammlung letztlich am längeren Hebel, wenn die beiden Kammern sich nicht auf einen Kompromiss einigen können.
Was die von Macron angekündigten Reformen anbelangt, traut man dem Präsidenten durchaus zu, dies schaffen zu können. Das bedeutet: Arbeitsmarkt-, Renten- und Sozialreformen anzupacken – und damit französische Tabus zu brechen. Mit Macron könnte „eine Renaissance für Frankreich“ anbrechen – und alle Parteien würden gezwungen, sich neu zu erfinden.
Diesmal war alles neu für Franzosen: Eine Art „Große Koalition“ trat da an: Parteiübergreifend und gleichermaßen männlich wie weiblich besetzt. Auch Polit-Neulinge aus der Zivilgesellschaft sind vertreten. Eine solche Regierung hat es in der Fünften Französischen Republik noch nicht gegeben.
Zentrale Ressorts wie das Innen- und das Außenministerium wurden mit Gerard Collomb und Jean-Yves Le Drian erfahrenen Politikern anvertraut. Ein klares Zeichen für Kontinuität. Mit diesem Plan wurde Präsident Macron den Versprechungen des Wahlkämpfers Macron durchaus gerecht.
Schon daß er mit Edouard Philippe jemanden aus dem konservativen Lager der „Republikaner“ zum Premierminister machte, kam einem Frontalangriff auf das Parteiensystem Frankreichs gleich.
Macrons Kalkül, für das Erreichen der Parlamentsmehrheit auch konservative Abgeordnete dazu zu bringen, sich seiner Zentrumspartei „La République en marche!“ anzuschließen, ging auf. Allen verzweifelten Aufrufen der Republikaner-Parteiführung zur “Geschlossenheit” zum Trotz.
Angesichts des großen politischen Zentrums, das sich mit „La République en marche“ herausbildet, wird es für sie schwer bis unmöglich werden, ein eigenes Profil zu entwickeln.
Um sich von den Zentristen abzugrenzen, müßten sie sich radikalisieren, allein: auf beiden Seiten des politischen Spektrums gibt es bereits radikale Parteien; ihre Kandidaten Jean-Luc Mélenchon und Marine Le Pen bekamen bei den Präsidentschaftswahlen jeweils rund ein Fünftel der Wählerstimmen; beide streben nach den Parlamentswahlen die Rolle des Oppositionsführers an – welche Rolle bliebe da noch für Sozialisten und Konservative?
Der Umbau Frankreichs
Das Vorgehen Emmanuel Macrons hat etwas Atemberaubendes. Er meint es ernst mit dem Umbau Frankreichs und Europas. Er wird zunächst den Franzosen sehr viel abverlangen. Es wird heftige Auseinandersetzungen, anhaltende Protestwellen geben.
Macron wird Unterstützung brauchen, und die wird er insbesondere von Deutschland erwarten. Bisher hat man in Frankreich von deutschen Politikern nicht viel mehr gehört als Loblieder auf die solide Haushaltspolitik im ganzen Euro-Raum. Das muss sich ändern.
Immerhin: Gleich drei Mitglieder von Emmanuel Macrons Regierung – Premierminister Edouard Philippe, Verteidigungsministerin Sylvie Goulard und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire – sprechen fließend deutsch. Das sollte die deutsche Gesprächsbereitschaft doch deutlich erhöhen.
Mit der Personalie Hulot zeigt Macron einen fast beängstigenden Machtinstinkt
Das prominenteste Regierungsmitglied, das kein Berufspolitiker ist, findet sich mit Nicolas Hulot im Umweltressort. Hulot gilt dabei als unberechenbar. Aber er ist in Frankreich sehr populär und soll der Macron-Bewegung “La Republique en Marche” bei der Parlamentswahl im Juni Stimmen aus dem grün-linken Lager zuführen. Mit dieser Personalie zeigt Macron erneut einen fast beängstigenden Machtinstinkt.
Am meisten überrascht die neue Regierung durch ihre Deutschkenntnisse: Der Premier Edouard Philippe hat in Bonn Deutsch gelernt. Die Verteidigungsministerin Sylvie Goulard drückt sich auf Deutsch so gut aus wie auf Französisch und der Finanzminister Bruno Le Maire liebt es, deutsche Literatur im Original zu lesen. Sogar der Minister für den regionalen Zusammenhalt, Richard Ferrand, spricht die Sprache Goethes, wie man in Frankreich sagt. Macrons diplomatischer Berater ist Philippe Etienne, bis vor kurzem Botschafter in Berlin und ebenfalls perfekt germanophon. So viel deutsch-französische Verständigung war noch nie, zumindest, was die Sprache angeht.
Macron könnte Bundespolitik anders herausfordern als Hollandes Regierung
Die neue Mannschaft versteht nicht nur Deutsch, sondern sie versteht auch Deutschland. Macron selber hat schon seit fünf Jahren enge Beziehungen zur Bundesregierung. Er und seine Mitstreiter werden anders als die Vorgänger nicht mit unerfüllbaren Forderungen aufwarten oder gar den Konflikt mit Merkel suchen, wie man es 2012 aus Paris hörte.
Doch vielleicht wird Macrons Regierung gerade wegen ihrer intimen Kenntnisse über Deutschland die Bundespolitik ganz anders herausfordern, sie möglicherweise sogar unter Stress setzen. Merkel und Wolfgang Schäuble konnten Hollandes Regierung leicht auflaufen lassen, weil deren Vorstöße etwa gegen den Fiskalpakt so plump waren. Bei der eigentlich nötigen Weiterentwicklung der Eurozone dann hatte Berlin jeden Vorwand, um auf stur zu schalten, weil Hollande bei der Haushaltssanierung und bei Reformen so zögerlich war.
Macron und seine Leute kennen aber nicht nur die deutschen Stärken, sie kennen auch unsere Schwächen: die mangelnden Investitionen in die Infrastruktur, den jämmerlichen Zustand der Streitkräfte, die ungenügende Vorbereitung auf den digitalen Wandel und die alternde Bevölkerung. Gegenüber einem Präsidenten Macron wirkt die deutsche Politik plötzlich wie um Jahre gealtert. Bringt er sein eigenes Land en marche, in Bewegung, wird auch die Bundesregierung bald mobiler werden und Übereinstimmungen mit Frankreich suchen müssen. Die gemeinsame Sprache spricht man ja schon.
Viel Respekt verschafft
Doch in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft gelang es dem früheren Investmentbanker, sich durch minuziös inszenierte staatstragende Auftritte bei seinen Landsleuten trotz seines jugendlichen Alters präsidiale Autorität zu verschaffen und auf internationaler Bühne Akzente zu setzen.
Ob sein bis an die Grenze zur Handgreiflichkeit gehender kräftiger Händedruck mit US-Präsident Donald Trump, die Verkündung einer roten Linie im Syrien-Konflikt oder seine klaren Worte über russische Einflussversuche in den französischen Wahlkampf in Anwesenheit von Präsident Wladimir Putin: Der junge Präsident signalisiert, dass er sich als politisches Schwergewicht auf der Weltbühne sieht.
Auch in den Beziehungen zu Deutschland setzte Macron umgehend Akzente. Dass er seine Forderungen nach massiven Investitionen der Europäischen Union und tiefgreifenden strukturellen Veränderungen wie der Schaffung eines Euro-Finanzministers und eines eigenen Budgets für den Euro-Raum auch bei seinem Antrittsbesuch in Berlin offensiv vertrat, verschaffte ihm zu Hause Respekt.
Die wichtigste Bewährungsprobe steht Macron aber nun bevor. Die Chancen stehen gut, dass er für die Umsetzung seiner ambitionierten Agenda auf eine ausreichende Hausmacht im Parlament zurückgreifen kann. Dabei wird er um die Einleitung schmerzhafter Reformen nicht herum kommen.
Deshalb setzt er auf den Gewinn möglichst vieler der 577 Parlamentsmandate und auf Tempo bei der Umsetzung seines wichtigsten Projekts, dem Umbau des französischen Arbeitsrechts. Macron hat angekündigt, die Gesetze unternehmerfreundlicher zu gestalten, um mehr Jobs zu schaffen. Im Klartext bedeutet das, Entlassungen und befristete Einstellungen zu erleichtern.
Auch treibt er die starken Gewerkschaften mit seinem Plan auf die Barrikaden, die Unternehmenssteuer zu senken. Zustimmung erhält er für sein Vorhaben, über fünf Jahre 50 Milliarden Euro in die Ankurbelung der Wirtschaft zu investieren – von Qualifizierungsmaßnahmen bis hin zum Ausbau der Erneuerbaren Energien reicht das Spektrum. Mit der Wirtschaftsreform will er sofort nach der Wahl beginnen. Um sie durchzusetzen, setzt er auf seine große Macht als Präsident: Die wichtigsten Teile sollen per Erlass – wahrscheinlich in der schläfrigen französischen Sommerpause – durchgesetzt werden.
Reaktionen zur Frankreich-Wahl: „Frankreich hat ein neues Kapitel aufgeschlagen“
Die Deutschen werden ihren Anteil tragen, also in gewisser Weise Verzicht üben müssen, um die krassen wirtschaftlichen Ungleichgewischte zwischen den Ländern der Währungsunion auszubalancieren, oder zumindest nicht immer weiter zu vergrößern. Die Arbeitslosigkeit in Frankreich: zehn Prozent, in Deutschland: sechs Prozent. Staatsverschuldung in Frankreich: 96 Prozent des BIP, in Deutschland: 68 Prozent.
Deutschland und Frankreich können nicht weiter die zentrale Kraftachse der Union sein, wenn beide Seiten der Achse nicht halbwegs rund und synchron laufen. Mit anhaltenden oder gar wachsenden Ungleichgewichten kann die Union mittelfristig nicht fortexistieren.
Aber es fragt sich eben, wie viel die Deutschen zu dieser Resynchronisation, so sie denn überhaupt möglich ist, beitragen und was Frankreich und die anderen Problemkinder aus eigener Anstrengung leisten. Die Gefahr für die deutschen Steuerzahler, Sparer und künftigen Rentner ist, dass man sie im Taumel der Feierlichkeit einer erneuerten deutsch-französischen Freundschaft über den Tisch zieht. Die Erfahrungen mit der entgrenzten „Rettungspolitik“ der beiden Regierungsparteien sowohl in der Währungsfrage als auch bei der Einwanderung haben gezeigt: Einerseits haben die Deutschen (wir sprechen hier nicht von deutschen Unternehmen!) in der Bundesregierung keine besonders hartnäckige Verteidigerin ihrer profanen finanziellen Interessen auf europäischer Ebene; andererseits lassen sie sich auch im europäischen Vergleich besonders gut durch das Beschwören hehrer Ideale und moralische Apellen besänftigen. Bevor ein abwägender, sachlicher Diskurs in Parlament und Öffentlichkeit über diese beiden Felder ernsthaft stattfinden konnte, waren die Entscheidungen stets schon in der Exekutive gefallen. Der deutsche Wahl- und Steuerbürger ließ sich trotz unterschwelligen Unmuts und dem ein oder anderen Landtagssitz für die AfD letztlich seit 2010 immer wieder sedieren – mit Beschwörungen der Notwendigkeit von Solidarität und der Behauptung, dass Deutschland selbst vom Euro am meisten profitiere.
Merkel will mit Macron Investitionsprogramm anstoßen – und Schulz noch mehr
Die Reformpläne des neuen französischen Präsidenten Macron sind in der Union und der FDP auf Kritik gestoßen. Nun steckt die Kanzlerin Felder für eine konkrete Zusammenarbeit ab. Ein Investitionsprogramm ist geplant.
Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte in einem Interview, daß sie gerne mit Emmanuel Macron ein Konzept gegen Arbeitslosigkeit entwickeln möchte. (Quelle: Reuters)
Die Kanzlerin und das so genannte politische Berlin inklusive Journalisten hält das alles wohl für alternativlos – auch wenn das Wort nicht mehr ausgesprochen wird. Vielleicht ist es das sogar. Aber die Bereitwilligkeit, ja fast Euphorie, mit der große Teile der deutschen Öffentlichkeit und politischen Klasse diese neuen Belastungen begrüßen, ist schon bizarr.
Schulz: Eurozonen-Budget – aus Angst vor Le Pen
Vermutlich in keinem anderen Land Europas würde der Spitzenkandidat einer Partei (und sogar einer, die sich als Anwalt der kleinen Leute sieht) im Wahlkampf offen fordern, das Geld der eigenen Bürger (und Wähler!) für die Zwecke anderer Länder einzusetzen. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat schon lange vor Merkel offen Macrons Wünsche eines Eurozonen-Budgets unterstützt. Schulz‘ Parteifreund, Außenminister Sigmar Gabriel hat sich schon ähnlich geäußert. Er forderte schon vor Wochen außerdem, Deutschland solle von sich aus anbieten, deutlich mehr in den Brüsseler Topf einzuzahlen als bisher. Seine Begründung klingt wie eine Erpressung: „Emmanuel Macron muß Erfolg haben – wenn er scheitert, wird Frau Le Pen in fünf Jahren Präsidentin, und das europäische Projekt ginge vor die Hunde.“
Jetzt hat Gabriel, wie der Spiegel berichtet, sogar schon einen Entwurf für „eine gemeinsame Initiative“ geschaffen. Er kann es offenbar kaum erwarten, das Steuergeld seiner Mitbürger locker zu machen. Kritische Stimmen nennt er „engstirnig und kleinherzig“.
Islamische Bedrohung
Es geht in Frankreich aber nicht nur um Prosperität oder wirtschaftliche Fragen. Das Land steht wie kein anderes europäisches Land vor einer Zerrüttung durch den Islamismus.
Denn es gibt eine wachsende Liebe zum Islam einerseits und eine zunehmende Schwäche gegenübet der islamistischen Kriminalität. Diese Schwäche wird von einem politisch korrekten Wunsch getragen, eine multikulturelle Politik zu betreiben. Das Ergebnis? Dschihadisten-Angriffe gehören in Frankreich zu den schlimmsten in der Geschichte. Man zählt etwa 751 No-Go-Zonen im Land (“Zones urbaines sensibles”), Orte, an denen von Zeit zu Zeit extreme Gewalt ausbricht und wo die Polizei, Feuerwehr und andere öffentliche Akteure nicht hingehen aus Angst davor, weitere Gewalt zu provozieren.
Viele nationale Behörden und viele Medien weigern sich anzuerkennen, daß solche Enklaven existieren, aber wie der norwegische Experte Fjordman vor kurzem erklärt hat:
„Wenn Sie sagen, daß es einige Gebiete gibt, wo sogar die Polizei Angst hat davor, da hineinzugehen, wo die normalen, weltlichen Gesetze des Landes kaum noch gelten, dann ist es unbestreitbar, daß solche Gebiete in einigen westeuropäischen Ländern existieren. Frankreich ist eines der am härtesten getroffenen: Es hat eine große Bevölkerung von arabischen und afrikanischen Einwanderern, darunter Millionen von Muslimen.“
Ungeachtet dessen hat Emmanuel Macron hat die Behauptung des (ehemaligen) französischen Präsidenten François Hollande zurückgewiesen, daß “Frankreich ein Problem mit dem Islam hat”. Er ist dagegen, die Staatsbürgerschaft der Dschihadisten auszusetzen und behauptet, daß der islamische Staat nicht islamisch sei: “Das Problem ist nicht der Islam, sondern bestimmte Verhaltensweisen, die man als religiös bezeichnet, und die dann Personen, die die Religion praktizieren, aufgezwungen werden.”
Macron predigt eine Art multikulturelles Buffet. Er spricht vom Kolonialismus als “Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. Er ist für “offene Grenzen”, und für ihn gibt es, wieder entgegen aller gegenteiligen Beweise, keine “französische Kultur”.
Macrons blauäugige Wirtschaftspolitik
Auch die wirtschaftspolitischen Forderungen verheißen nicht nur Gutes: Die Forderungen des französischen Präsidenten laufen auf eine europäische Transfer- und Haftungsunion hinaus. Das wäre politisch fragwürdig und ökonomisch kontraproduktiv.
Die Freude über den französischen Wahlausgang ist groß in Europa – aber sie sollte speziell die Deutschen nicht dazu veranlassen, ihren Verstand auszuschalten. Der neue Präsident Macron will für die Euro-Zone ein eigenes Parlament und ein eigenes Budget mit einer eigenen Steuerhoheit und der Möglichkeit, in gemeinsamer Verantwortung Schulden zu machen. Er will zudem über eine gemeinsame Einlagenversicherung für die Banken und eine europäische Arbeitslosenversicherung einen direkten Geldfluss vom Norden in den Süden organisieren. Das liegt im ureigenen Interesse der französischen Wirtschaft, weil im Süden viele Auslandskunden der französischen Banken und der französischen Industrie zu finden sind.
Europa stehen stürmische Zeiten bevor. Aber die verantwortlichen deutschen Politiker tun so, als ob alles zu unserem Besten sei. Und 51 Prozent der Deutschen sind laut Spiegel-Umfrage für “gemeinsame Investitionen”. Über die Deutschen und ihren Idealismus kann man nur staunen.